07.08.2006, Kino Intimes; zum Inhalt

Wo soll man nur anfangen? An Luc Bessons Angel-A ist einfach so rundheraus alles schlecht, dass man einen halben Essay verfassen müsste, worauf man ja auch eigentlich keine Lust haben sollte, weil es doch soviel besseres auf der Welt gibt, als einen, ja, in der Tat sogar verachtens-, wenn nicht bekämpfenswerten Film argumentativ niederzuschreiben. Zum Beispiel Junk Food nicht zubereiten, sondern aus der Dose rauslöffeln, was ich gerade nebenbei mache.

Ein Film ist das, der die ganze Verkommenheit, die ganze Schlechtigkeit des derzeitigen, nur von Leuten, die nicht mehr zu erröten verstehen, noch so genannten "Arthouse"-Segments auf den Punkt bringt. Und wenn Luc Besson das im Sinne hatte, nun, dann, aber auch nur dann mag ihm ein Erfolg gelungen sein. Zu fürchten steht jedoch: Dem war nicht so. Besson klaut sich bei Wenders, beim Berlinhimmelfilm, das Schwarzweiß, das dröge Europastadt-Kolorit und den Engel obendrein (wenigstens GustavBruno Ganz muss man nicht ertragen) und haut so richtig derbe Kunsthandwerk-Sauce und noch viel mehr Sentiment drauf, bis es selbst noch dem emotional Beschädigtsten unter den Kulturindustrieopfern sogar noch im Schwarzweißkino nur mehr zu bunt werden kann, gesetzt den Fall, er hat noch Augen im Kopf und daselbst sogar noch Hirn, das noch ein klein wenig Anstand vor sich selbst aufweist und eine Beleidigung seiner selbst noch registriert.

Alles an diesem Film ist falsch. Sogar noch derjenige, der sich vom Kino etwas Märchen, etwas Tagträumerei, ein bisschen Geheimnis, eine Nuance Weltentrücktheit erwartet, wird hier vom Strauchdieb Besson um sein Recht gebracht; auf alles, was genau dies - ein Grundmovens des Kinos immerhin - ermöglichen könnte, wird von Besson gedroschen, als hätte er damit sein Leben zu verteidigen. Als Zuschauer kriegt man obendrein seine Prügel dabei ab und wird mit zwei blauen Augen aus dem Saal entlassen, wo ein ekelerregender Film stattfand, der von Gefühlen zu handeln behauptet und doch nur in deren grellen Überhöhung deren systematische Abtötung im Sinn hat. Besson, heißt es, wollte mit diesem Film endlich einen Status als Autorenfilmer erreichen; sein filmisches Gebälk ist indes nichts anderes als ein fieser Schlagersong aus den fünfziger Jahren, der sich hinter seiner verrutschten Maske (50 Cent im Autorendiscount) jedoch kaum verstecken kann.

imdb ~ angelaufen.de ~ filmz.de ~ mrqe


° ° °




kommentare dazu:



maz, Dienstag, 8. August 2006, 02:34
Du hast den Film so verrissen...
normalerweise würde ich ihn jetzt von meiner Liste streichen (klar, wenn thgroh, mein Lieblingskritiker sagt, der Film ist ein Scheiß, weshalb da 'ne müde Mark ausgeben!).
Aber Deine Kritik ist so markant, dass ich das missglückte Stück mir nun erst recht ansehen muss, zumindest auf DVD.
:-)

christian123, Dienstag, 8. August 2006, 07:27
Manchmal kann es ja auch einfach vergnüglich sein, einen Film abgrundtief zu hassen. (Nicht zu verwechseln mit dem viel banaleren Vergnügen, einen Film bloß schlecht oder campy zu finden.) (So, also mit dem Hassen, erging es mir bei der Berlinale bspw. mit "Kinetta", den ich mit leidenschaftlicher Begeisterung verabscheute.)

Und ja, irgendwie weckt die Review auch bei mir Lust darauf, den Film zu sehen, um ihn mithassen zu können. Überhaupt, wir sollten alle mehr hassen, dann wäre die Welt vielleicht ein netterer Ort.

(Hm. Es ist spät.)


bogeyscigarette, Mittwoch, 9. August 2006, 19:55
Mir ist noch viel schlimmeres widerfahren, mich hat der Film nämlich gänzlich kalt gelassen. :(



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