Thema: Hoerkino


Man findet mittlerweile so viele schöne Musik im Netz und das vollkommen umsonst und obendrein legal. Manche Musiken werden mir liebe Begleiterinnen durch Abende und Nächte, als nebenher laufender, nicht ganz easy listening gewordener, aber doch grundierender Soundteppich. Auf eine ganz merkwürdige Weise hat mich dabei die Netlabel-Veröffentlichung Five Jules Verne Herzoes des französischen Akustikbastlers Patrick Wiklacz a.k.a. Ambient Field (hier auch mit Blog vertreten) fasziniert. Der Titel gibt dabei schon das Konzept wieder: Fünf Figuren aus dem Oeuvre Vernes wird musikalisch gehuldigt; und weil Vernes (bekanntere) Romane zumeist von Reisen handeln - hinein in die Sphären des Unbekannten, noch nicht Erschlossenen - reist auch diese Scheibe in Klangwelten.

Und dabei gelingt etwas ganz Entzückendes: Wenn ich das recht verstehe, greift Ambient Field für seine Arbeiten auf analoge und klassische Synthesizer zurück. Es muss an der Haptik dieser Geräte liegen, nicht zuletzt vielleicht an ihrer Taktilität, ihrer Materialität, jedenfalls: Five Jules Verne reist in eine, durchaus retro-futuristisch zu bezeichnende Klangwelt, wie sie in den 70er Jahren etabliert wurde und erweist sich darin anschlussfähig. Da steckt viel Experiment im Klang, vielem kann man zu später Stunde bei gedämpftem Licht nachhören; vielleicht geht das auch deshalb so gut, weil diese Musik nicht am Bildschirm entstand, sondern beim Tasten und Setzen und seinerseitigem Hinhören.

Das Resultat ist geerdet, aber im besten Sinne auch utopisch; wie Verne eben auch utopisch war. Und wie es heute noch ein unbedingtes Vergnügen ist, Vernes Gedankengängen und Verrenkungen nachzuspüren, diesem Glaube an mögliches Zukünftige und der Spekulation, wie es beschaffen sei, so lässt auch Five Jules Verne Heroes Zukunft wieder modellierbar erscheinen - im Rückgriff auf Zukunftsbegriffe des Vergangenen; wie alte Science-Fiction-Hörspiele aus dem Radio. Und dies immerhin ist, als Geste in einem Feld, das unter Zukunft nur mehr kurzfristig wirksame Symptombehandlung versteht, nun nicht eben wenig.
  • Nemo
  • Michel Strogoff
  • Choir for Dardentor
  • Phileas Fogg
  • Ygene
  • Erschienen bei Nishi Records, hier die Release-Seite auf archive.org.



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    kommentare dazu:



    nemo 2, Dienstag, 26. September 2006, 13:01
    Ich bin auch kürzlich bei dieser Musik gelandet. In seinem Blog hat er wunderbare Seiten zu historischen Instrumenten und akustischen Experimenten verlinkt. Auch die Verweise auf befreundete Musiker sind für mich interessant gewesen. Geir Jenssen/Biosphere hat vor zwei Jahren mit "Autour De La Lune" auch einen Versuch unternommen, diskrete Klangflächen in Beziehung zu Jules Verne zu setzen.
    Herzlichen Dank an dieser Stelle auch für die Musik von Alexey Devyanin. Schon das von dir empfohlene Album mit sibirischer Elektronik war gut, bin dann noch ein Stück weiter auf "Gruppa Turistov" von diesem Musiker gestoßen.



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