Eine große Freude ist es mir, die nächste Staffel der Freunde des Schrägen Films im Kino Babylon-Mitte anzukündigen. Kein geringerer als der Maestro des italienischen Horror- und Thrillerkinos, Dario Argento, wird in einer ausführlichen Filmreihe ab 07.03. geehrt. Der Akzent der Reihe liegt besonders auf der frühen Phase mit einigen Ausblicken in die 80er und frühen 90er Jahre. Dass die Reihe mit dem mir liebsten Argento-Streifen, Inferno, beginnt, ist wundervoll. Außerdem wird der zweite Teil von George A. Romeros Night of the Living Dead gezeigt, dessen europäische Schnittfassung von Argento besorgt wurde.

Im folgenden der Ankündigungstext der Freunde des Schrägen Films mit den Vorführungsterminen:
Dario Argento ist der große Magier des modernen Horrorkinos. Kein anderer Regisseur reißt die Dinge aus ihrem Kontext und definiert sie so radikal um: aus spritzendem Blut macht er rote Pinselstriche, aus schreienden Frauen werden antike Göttinnen, aus freigelegten Organen Wegweiser zum Über-Ich und aus Palästen und Gebäuden finstere Mitspieler. In Argentos Filmen ist alles in Bewegung. Nicht von ungefähr lauert hinter jeder Tür und unter jeder Diele ein urgewaltiger Wasserstrudel, der alle Fixpunkte einfach mit sich fortreißt. Wahnsinn, Terror und Exzess geben den Bildern ihre Macht über den Zuschauer zurück und stehen gleichzeitig für Frauen- und Männerphantasien, in deren Zentrum die Sexualität steht. Und für Argento hat der Verlust der sexuellen Unschuld viel mit Gewalt zu tun. Seine Krimiplots sind oftmals nur das geschönte Alibi für eine Logik, die jenen grausamen Träumen verpflichtet ist.

Dario Argento, geb. 1940, wächst mit der Filmkamera auf. Sein Vater, Salvatore Argento, ist im Filmgeschäft tätig und produziert später Dario Argentos erste Filme. Die Mutter, Elda Luxardo, eine gebürtige Brasilianerin, arbeitet als Fotografin. Sein Onkel schließlich ist einer der berühmtesten italienischen Fotografen der 30er Jahre, der mit seinen Porträts von Benito Mussolini zu zweifelhaftem Ruhm kommt. Erste Erfahrungen mit dem neuen Medium sammelt Argento in den 60er Jahren als Filmkritiker in Rom. Sein Interesse gilt nicht dem neorealistischen, sozialkritischen Kino, sondern Alfred Hitchcock und den abseitigen, schmuddeligen, von der etablierten Filmkritik belächelten Genreproduktionen Italiens. Neben Mario Bavas Horrorfilmen und Sergio Leones Spaghetti-Western fasziniert Argento eine spezifisch italienische Variante des Thrillers, der Giallo: „Niemand redete damals viel über diese Arbeiten, sie wurden als rein kommerziell und ein bisschen vulgär angesehen. Niemand schien zu bemerken, dass eine Art Revolution vor sich ging - zum ersten Mal wurden in Italien einige unrealistische Filme gemacht. Das war sehr wichtig. Nur die jungen Kritiker verstanden das."

Es ist das symbolträchtige Jahr 1968, in dem sich alles ändert: der große Sergio Leone verpflichtet Dario Argento und den ebenfalls filmisch unerfahrenen Bernado Bertulucci als Drehbuchautoren für sein Meisterwerk „Spiel mir das Lied vom Tod" (1968). Argento schreibt fortan professionell Drehbücher, insgesamt für zehn Filme, darunter Italowestern, Kriegsfilme und einen Sexualaufklärungsfilm. 1969 debütiert er als Regisseur. Der Giallo „Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe" nach Bryan Edgar Wallace wird von seinem Vater und von Artur „Atze" Brauner produziert. Die Produktionskosten sind gering, das Filmteam jung und unerfahren. Nur für die Musik verpflichtet Argento mit Ennio Morricone einen großen Namen. Umso überraschender ist es heute, dass die besten Filme Dario Argentos, „Profondo Rosso" (1975), der in München spielende „Suspiria" (1977) und „Unsane" (1982), nicht von den stark emotionalen Klängen Morricones, sondern von den lauten Beats der Rockband „Goblin" untermalt sind. Bei den Dreharbeiten zu „Profondo Rosso" lernt Argento die Schauspielerin Daria Nicolodi kennen. Nicolodi wird seine Lebensgefährtin und arbeitet an den Drehbüchern von „Suspiria" und „Inferno" (1980) mit.

1977 produziert Argento den zweiten Zombiefilm seines Freundes George A. Romero. Der Einfluss Argentos zeigt sich vor allem bei der Auswahl der Filmmusik: „Night of the Living Dead (Teil 2)" (1977) und die italienische Fassung von „Martin" (1977) begleiten Argentos Hausband, die „Goblin". Romero verzichtet allerdings für die amerikanische Fassung und den Director's Cut von „Night of the Living Dead (Teil 2)" auf diese Musik. Sattdessen unterlegt er den Film mit rechtefreier Library-Musik.

In den späten 80er Jahre sucht Argento nach neuen künstlerischen Inhalten, seine Produk­tionen verschlingen gewaltige Budgets. Der Erfolg an der Kinokasse jedoch bleibt aus. Argento arbeitet zeitweise für das Fernsehen und in Amerika. Zusammen mit Romero dreht er die Poe-Verfilmung „Two Evil Eyes" (1990). Ab Mitte der 90er Jahre versucht Argento, mit Krimiproduktionen im Giallo-Muster an seine alten Erfolge anzuknüpfen. Bislang allerdings mit mäßigem Erfolg.

Unsere Filmreihe widmet sich Argentos produktivster Schaffensphase, den Jahren zwischen 1969 und 1982. Chronologisch am Anfang steht Argentos Phase als Drehbuchautor, in der er für Sergio Leone arbeitet, aber auch das Drehbuch für Robert Hosseins außergewöhnlichen Italowestern „Friedhof ohne Kreuze" (1968) schreibt. Neben seinen in Berlin selten gezeigten Gialli „Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe" (1969), „Die neunschwänzige Katze" (1970) und „Vier Fliegen auf grauem Samt" (1971) zeigen wir mit „Inferno" (1980) und „Unsane" (1982) auch zwei Filme aus seiner großen Zeit.

Argento hat Hitchcock verehrt, und Argento hat Bava verehrt. Mit dem ersten verbindet ihn die Dramaturgie des Suspense. Der Episodenfilm „Two Evil Eyes" (1990) entsteht in Amerika als eine Verfilmung nach Edgar Allan Poe. Argentos Episode allerdings ist ein klassischer Thriller und erinnert stark an seine italienischen Gialli. Dazu trägt auch die Musik bei: Das verwundert nicht, arbeitet Pino Donaggio doch auch für einen anderen Hitchcock-Verehrer, für Brian De Palma. Argento hat sich selbst zum Nachfolger Mario Bavas erklärt. In „Inferno" (1980) verpflichtet er Bava für die Effekte. Ein Glücksgriff: Da Argento während der Dreharbeiten erkrankt, übernimmt Bava die Regie einiger hervorragender Szenen, u.a. der düsteren Unterwasserszene. Mario Bava ist mit seinem letzten selbst fertiggestellten Film „Schock" (1977) ästhetisch in den 70er Jahren angekommen. Argentos damalige Lebensgefährtin Daria Nicolodi spielt eine ungewöhnliche Frau, die vom Geist ihres toten Exfreundes terrorisiert wird. Argentos und Nicolodis Tochter wiederum, die Schauspielerin und Regisseurin Asia Argento, bricht ihr Gelübde, an keinem Horrorfilm mitzuwirken, der nicht von ihrem Vater ist, nur für einen Mann: für George A. Romero („Land of the Dead", 2005). Und der Kreis schließt sich.

Mi., 7.3.2007, 22 Uhr
Inferno (Italien 1980, R/B: Dario Argento, Effekte: Mario Bava, D: Daria Nicolodi, deutsche Fassung, 106 Min.)

Mi., 14.3.2007, 22 Uhr
Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe (Italien/BRD 1969, R: B: Dario Argento nach Bryan Edgar Wallace, Musik: Ennio Morricone, P: Artur Brauner, deutsche Fassung , 94 Min.)

Mi., 21.3.2007, 22 Uhr
Friedhof ohne Kreuze (Frankreich/Italien 1968, R: Robert Hossein, B: Dario Argento, Robert Hossein, deutsche Fassung, 86 Min.)

Mi., 28.3.2007, 22 Uhr
Die neunschwänzige Katze (Italien/BRD/Frankreich 1970, R: Dario Argento, B: Dario Argento nach Bryan Edgar Wallace, Musik: Ennio Morricone, P: Salvatore Argento, D: Karl Malden, deutsche Fassung, 91 Min.)

Mi., 4.4.2007, 22 Uhr
Shock (Italien 1977, R: Mario Bava, D: Daria Nicolodi, amerikanische Fassung, 92 Min.)

Mi., 11.4.2007, 22 Uhr
Vier Fliegen auf grauem Samt (Italien/Frankreich 1971, R/B Dario Argento, Musik: Ennio Morricone, P: Salvatore Argento, englische Fassung, 103 Min.)

Mi., 18.4.2007, 22 Uhr
Two Evil Eyes (Italien 1990, R/B/P: Dario Argento, George Romero, M: Pino Donaggio, amerikanische Fassung, 116 Min.)

Mi., 25.4.2007, 22 Uhr
Night of the Living Dead (Teil 2) (Argento-Fassung)
(Italien/USA 1977, P/B/Schnitt: Dario Argento, R/B: George Romero, Musik: Dario Argento, Goblins, deutsche Fassung, 118 Min.)

Mi., 2.5.2007, 22 Uhr
Unsane (Italien 1982, R/B: Dario Argento, P: Salvatore Argento, Claudio Argento, M: Goblins, D: Daria Nicolodi, deutsche Fassung, 96 Min.)

Mi., 9.5.2007, 22 Uhr
Night of the Living Dead (Teil 2) (Romeros Director's Cut) (Italien/USA 1977, P/B: Dario Argento, R/B/Schnitt: George Romero, amerikanische Originalfassung, 140 Min.)


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kommentare dazu:



mutant, Dienstag, 6. März 2007, 00:29
goblin sind sehr gut.



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