27.10.2003, Kino Arsenal

Was für ein exklusives Vergnügen, Tsui Harks kunterbunten wilden Genre-Mix auch mal im Kino sehen zu können. Das unterstreicht noch die Dame von der Arsenal-Belegschaft, die vor dem Film verkündet, wie mühselig es doch gewesen sei, eine Kinorolle des Films aufzutreiben. Man hatte eigentlich die Hoffnung schon aufgegeben!

Das China, das Hark in seinem gewiss nicht vordergründig politisch intendierten Film zeigt, ist ein Land des Chaos: Militärführer kommen und gehen, da braucht es gar nicht viel Hintergrundwissen. "Das ist ganz einfach", kommentiert ein Chinese das ganze gegen Ende, kurz bevor er, die Äußerung war wohl zu subversiv, eingebuchtet wird. Dieses soziale Chaos findet Entsprechung im hektischen Schnitt des Films: Kaum eine Einstellung, die eine Laufzeit von 5 Sekunden überdauert, Bewegungen werden nicht lange in Szene gesetzt, oft nur der letzte Abschnitt einer Bewegung wird überhaupt gezeigt. Die wunderbare Szene, in der die subversiv umtriebige Tochter ihren Vater, den General, durchs Fenster beobachtet, verdeutlicht dies sehr anschaulich. Es geht nicht um das Dazwischen, es geht nur ums Ergebnis. Ein Kino der Hast, der Eile tut sich da auf. Tsui Hark, ein Ökonom der Erzählung.

Wie überhaupt Ökonomie das bestimmende Thema des Films zu sein scheint: Längst schon kanonisierte Schlüsselfilme der Postmoderne geben sich im direkten Vergleich direkt handzahm aus. Peking Opera Blues ist bald Actionfilm, bald Kostümdrama, bald Melodram, bald Gangsternfilm, bald Slapstick-Komödie, bald Crossdress-Burleske. Der Ton des Films ändert sich beinahe schon analog zu seiner Schnittfrequenz im atemberaubenden Tempo, ohne aber ins bloß Manieristische drögen kunstgewerblichen Filmemachens abzudriften.

Im Gegenteil, Peking Opera Blues ist ein durch und durch kommerziell ausgerichteter Film und verneint diese Intention in keiner Weise. Aber es ist eine bis zum gewissen Grad ehrliche Ausrichtung, vor allem eine aufrichtig um den Zuschauer bemühte. Im Zusammenspiel mit den hohen formalen Qualitäten ergibt das einen rundum-glücklich-Film, von dem man lange zehren kann.

imdb | rottentomatoes | mrqe


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