Dienstag, 20. Juli 2004
War er dann aber doch nicht.


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Dienstag, 6. Juli 2004
Autokorrektur bei Word, das Word Weblog rot unterringelt, Version Word 2000. Ach deshalb.

Dann ein Ordner mit Musik, MP3s, alles unsortiert, er heißt auch Unsorted, da kommt alles rein, was nicht Album oder ähnlich abgeschlossen ist. Vieles noch aus dem Jahr 2000, Sie wissen schon. Nach Datum sortiert anzeigen. Bei den ältesten Files genau wissen, warum die damals. An den Tagen den Verlauf des Liebeskummers sekundengenau ablesen können. Und wie es dann, nach einigen Tagen, wieder besser wurde. Wäre so heute ja nicht mehr möglich, dieses Eingravieren der Zustände in das Dateiordnungssystem. Damals waren es noch 56K. Einzelne Songs, zielgerichtet, genau gewusst warum. Beim Hören gelitten. Heute viel zu viel Bandbreite, und viel zu viel Schiss vor, Sie wissen schon.


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Montag, 5. Juli 2004
Es hat mir in der Tat Spaß gemacht. Bin kein Fußballfan, in keiner Weise, aber dennoch: Es hat mir Spaß gemacht. Und ich habe mich gefreut, dass die griechische Mannschaft den Sieg davon tragen konnte. Weil Otto Rehagel (Bildzeitung: Rehakles, hach ja ... ) die Mannschaft mittrainiert? Nein. Weil es Griechen sind? Nein.

Ganz einfach: Weil ich die Erzählung dieser EM mag. Ihre Dramaturgie, gewissermaßen. Da kommt dann der Filmfreak durch. Bzw. der Freund der Kultur. Whatever.

Man muss sich das mal vorstellen: Wir haben da den Aussenseiter, der das Eröffnungsspiel gegen den Gastgeber spielen darf. Griechenland gegen Portugal. Und Griechenland gewinnt! Na sowas!

Dann der weitere Verlauf: Die Dramatik um den recht alten Mannschaftskapitän der portugiesischen Mannschaft: Figo. Dass jedes Spiel nach der Vorrunde sein letztes Spiel sein könnte. Dass dieser zynische Sack von Trainer ihn unentwegt in den letzten Minuten des Spiels auswechselt. Wie er dann, nach dem letzten Auswechseln, nicht zur Trainerbank geht, sondern in die Umkleide. Was da an Konflikten sich abspielen! Großes Kino. Die Blicke Figos. Wow!

Dann natürlich der Aussenseiter Griechenland. Kommt mal eben ins Finale. Einfach so. Und spielt sich ins Herz aller Fußballfreunde.

Dann der Clou: Finale und Eröffnungsspiel ergeben eine Klammer. Selbe Parie. Das riecht nach Revanche. Nach Angstgegner. Der Außenseiter, der sich einfach so ins Finale spielt - noch dazu mit einem Kopfball in der letzten Sekunde der ersten Verlängerungshalbzeit im Halbfinale -, ist gleichzeitig derjenige, der den Finalgegner und Gastgeber der EM im Eröffnungsspiel bereits geschlagen hat. Nur Leone hätte es besser inszenieren können.

Und dann der Moment des Tores. Für den Aussenseiter. In einer 1A-Wiederholung der Situation, die den Aussenseiter zuvor ins Finale brachte: Ecke, Kopfball, drin. Was da an Schicksalhaftigkeit in der Luft steht. Die Wiederkehr des Immergleichen. Ein Wort: Wow.

Ich mochte das Spiel. Als Endpunkt einer Erzählung. Als guten Showdown. Als Film.

... und weil die griechische Mannschaft hier und da wirklich guten Fußball spielte. Das ist sogar mir, der sonst keinen Blick für die spezifische Ästhetik eines Fußballspiels hat, nicht entgangen.

Mir hat's gefallen. Ich bin auch weiterhin kein Fußballfan.


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Donnerstag, 24. Juni 2004
In irgendeiner Ecke der Wohnung mit den Fingern eine Staubflocke bilden, dann auf den Balkon damit und sie fliegen lassen. Kucken, wie sie hinabsinkt und dann am Boden, vom Wind dazu angespornt, die Straße hinaufwandert. Dabei Tee trinken und sich gegen den Fluß der Zeit stemmen, mit einigem Erfolg, wie mir dann immer scheint.


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Hinter mir, durch das angelehnte Fenster an mein Ohr dringen, der Ton sachten Regens. Der warme Kaffee schräg vor mir auf dem Tisch, daneben eine aufgeschlagene Zeitung, der Text ist interessant. Das Licht gedämpft, irgendwelche Musik im Hintergrund. Mir gegenüber der liebste Mensch von allen, ebenfalls mit irgendwas beschäftigt. Wohlbefinden.


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har!


har!


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Samstag, 19. Juni 2004
... sagt mir der eine noch hinterher, nachdem ich nach langem Hin und Her und vielem Aus-dem-Regal-ziehen-und-Cover-Beäugen mich endlich für eine VCD entschieden habe. Ich befand mich in einem Afrika-Shop, sogar hier auf dem Kiez, der tatsächlich draußen auf der Straße "Video's" im Sortiment ankündigt. Afrikanische, nigerianische Videofilme. Dort, in Nigeria, dreht man im Jahr zwischen 1000 und 1200 Filmen, grob, schlicht, reißerisch - auf ganz eigene Art und Weise. Ich entscheide mich für einen Film namens Holy Violence - zwecklos, irgendwo im Web danach nach Infos zu suchen. Man könnte mir jetzt sonstwas unterstellen, wegen des Titels, meine ich, die Wahrheit aber ist, dass ich sicher gehen will, auch wirklich einen Horror- oder entfernt verwandten Pulp-Film zu ergattern. Die Cover sind dahingehend nämlich allesamt nichtssagend: Paar Leute drauf, Bilder, die Illustration sein könnten, aus dem Film entnommen oder auch nicht. God knows. Titel wie Wrong Decision können nun wirklich alles heißen und ich will ganz sicher keine nigerianische Version einer telenovela abkriegen. Inhaltsangaben wie "This movie has alot of action and tragedy in it." - öhm, naja. Also Holy Violence - das klingt nach Nummer Sicher. 8 Euro zahle ich für das abgegriffene Ding, vermutlich viel zu viel, vermutlich haut er mich gnadenlos über's Ohr, vermutlich ohnehin eine Raubkopie, mir egal. Draußen begegne ich noch dem Typen, der sich zuvor lautstark mit dem Kassierer unterhalten hat. "Man, you like those movies?", fragt er mich lachend, freundlich oder abschätzig vermag ich nicht zu beurteilen. "Don't know, just read some articles about African movies recently and wanna give it a try", antworte ich und hoffe, nicht wie der letzte Volldepp dazustehen. Wie ich wohl reagieren würde, wenn ein, sagen wir mal, Japaner Filme mit Thomas Gottschalk kaufen würde? "Hey, but you know, it's a movie, it's not real, just wanna say that, because all that voodoo nonsense, you know, it's not real", meint er. "That's why I love movies - they're not real, never" - "... and I would not like to have that movie in my house", er dann plötzlich recht ernst. "Why?" ich darauf, verstaue den erstandenen Film in meiner Tasche. "You know, my kids, my wife, they watch the movie, they think it's real, but it's just not real, it's a movie!" - "Yeah, it's not real, of course", sage ich noch, lache kurz, er wieder ab in den Laden. "Bye!"

Bin gespannt.


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Dienstag, 15. Juni 2004
» ...
Ganz zufällig gestern entdeckt: Den Stadtpark in Lichtenberg. Obwohl ich früher sogar mal wirklich mit dem Arsch dran gewohnt habe. Entdeckt im übrigen nicht beim sinnbefreiten Flanieren, sondern im Internet auf dem Online-Stadtplan. Ganz zufällig eine große Portion Grün da auf dem Bildschirm, sogar mit einem See, gar nicht weit weg von hier, wenn man "oben rum" geht.

Nach etwas Hin und Her kann ich S. davon überzeugen, da mal hinzugehen. Jetzt. Ihr geht's gerade nicht gut, das typische Existenzangst-Ding halt, wegen des Geldes, wie immer also, jene Sorte, die ich auch oft habe, sich bei mir aber nicht so schnell nach außen hin abspielt. Ich rede ihr zu, dass so eine Entdeckung vielleicht ja die Stimmung zu heben in der Lage ist. Sie will nach Hause in ihr Bett, sich hinlegen, wegsperren von der Welt. Gerade das wäre doch jetzt fatal, meine ich, dann brütest du doch nur. Dann also doch der Park.

Es ist ein ungemein schöner, etwas verrupft vielleicht, aber egal. Von der Art der Anlage her - weiß Gott nicht von der Größe oder der Pflege her! - vielleicht ein klein wenig mit dem Central Park vergleichbar: Geschwungene Wege, lauter kleine Hügelchen, dann mal viele Bäumchen, beinahe schon nutzlose kleine Umweg-Wege, plane Grasflächen dann wieder, alles sehr in sich verschlungen, Bänke mit sorglos zeitlos vor sich hintreibenden Menschen drauf. Es gefällt mir, es ist ruhig, abwechslungsreich, man kann schön lustwandeln darin, es sind nicht allzu viele Menschen da, die wenigen, die da sind, sehen es ähnlich und schweben so vor sich hin.

Komische kleine Oase. So ganz anders als der atmosphärisch an die Liegewiese eines Schwimmbads erinnernde Forckenbeckplatz oder der zwar nette, aber viel zu weit entfernte, an sich aber auch recht langweilige Volkspark. Vom Boxi ganz zu schweigen, der zwar sehr schön ist, um dort ein Bier zu erstehen, um dann dort Zeitung zu lesen, aber mit einem Buch möchte ich da auch nicht unbedingt ankommen.

Der Stadtpark in Lichtenberg dann also. Viertelstunde zu Fuß von hier. Früher sogar noch näher. Man kann noch immer Entdeckungen hier machen, nur ein paar Straßen weiter. Dafür liebe ich diese Stadt, dieses Viertel (und alles, was in direkter Nähe dazu liegt). S. sah das, wesentlich entspannter dann, ähnlich.


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Wie wir um den Tisch sitzen und über Evaluation reden und Bollywood (die Weblogdiskussion ist schon lange vorbei) und M. ist schon lange verschwunden, ohne dass ich es zunächst bemerkt hätte, versumpft in jenem Zimmer, aus dem E. ein Flackern sieht, grünlich, bläulich, wie von einem Kamin, in den jemand etwas Ekliges geworfen hat, das mir perspektivenbedingt allerdings verborgen bleiben muss, so dass ich nicht wissen kann, dass dort ein Fernseher von mir unbemerkt heimlich seinen Dienst verrichtet, wie also M. dort, in diesem Zimmer, sitzt, in dem B. zuvor in einer Kiste saß und unmissverständliche Blicke aus dieser zu werfen wusste, in denen, trotz allem, mehr Weisheit zu liegen schien, als man sie in Blicken etwa auf der Straße erwarten darf, und wie dann immer von drüben Laute herüberschwappen, mal verschämt und unterdrückt, dann jubilierend und, beinahe, schon orgiastisch, wie E. dann immer aufspringt und losstürmt und später dann noch schreibt, er hätte gerne mehr gestürmt, hin zu den Stürmenden (hätte er es doch getan, man ist ja nun kein Unmensch), und wie ich Fussball eigentlich, darüber sprechen dann die dann Verbliebenen, eigentlich gar nicht mag, wie mir aber dieser Laut von drüben gefällt, immer wieder, weil in ihm eine Passion liegt, ein ehrliches Leben und Lebenwollen, das, auch abstrahiert vom primären Auslöser, ankommt, verstanden und geschätzt wird.


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Ob das, dass ich, am 15. Juni 2004, sage und schreibe drei ansonsten recht gut sortierte Buchhandlungen abklappern muss, um mir endlich meine Ausgabe von Ulysses zu besorgen, nun etwas über mich oder über die Läden aussagt, vermag ich nicht zu beurteilen.


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lol