Thema: Berlinale 2006
Sechs Schönheiten amüsieren sich zu Beginn dieses kleinen, leicht schrägen, aber charmanten Films über die Bilder, die ein angesehener Maler von ihnen angefertigt hat. Der sucht in seiner Kränkung den Freitod. Ein Jahr später werden die sechs Hübschen eine nach der anderen um die Ecke gebracht; der Meisterdetektiv Dandy Sashichi, gespielt von dem jungen Tomisaburo Wakayama, der in den Kozure Okami-Filmen den Ogami Itto gab, wird auf den Fall angesetzt und kommt zu verblüffenden Ergebnissen. Der Film endet auf einem Piratenboot!Kein Whodunnit, dieser Film; mitraten - keine Chance! Viel Geheimniskrämerei gibt es zu sehen, bis Sashichi die Lösung präsentiert, auf die zu kommen durch die vom Film gegebenen Informationen nicht möglich ist. Dafür beschließt die Überfühung des intriganten Schuldigen auch nicht den Film, sondern bildet erst den Autakt für ein kleine, letzte Schnitzel- und Verfolgungsjagd, bei deren charmant naiv inszenierten Scharmützel auch gerne mal gelacht werden darf.
Dandy Sashichi denkt sich ganz vom Bild her; sehr zu seinem Vorteil, denn die fadenscheinig konstruierte und vermittelte Story ergäbe lange keinen guten Film. Immer ist da diese kleine Finesse zu spüren, durch die auch die anderen Nakagawa-Filme - fünf, diesen hier miteinbezogen, habe ich bislang gesehen - bestechen. Sei es eine zwar unaufgeregte, aber doch einnehmend hübsche Bildkomposition, eine elegante Erweiterung des Raumes durch eine sachte Bewegung der Kamera oder aber die für Nakagawa wohl als beinahe auktoriales Stilmittel anzusehende Ansicht einer Szenerie von einer leichten Kranhöhe hinab: Diese isometrische Perspektive, die auch in anderen Filmen auftaucht, erzeugt eine eigentümliche Tiefe des Bildes, die gezielt genutzt wird, etwa um einen aus dem Bildhintergrund Herannahenden in der Tat eine Strecke im Bild zurücklegen zu lassen (was mithin auch die Zeit dehnt). Ferner sind auch hier wieder auffallend häufig ganze Personengruppen in voller Körpergröße im aus Distanz gefilmten Bild zu sehen.
Besonders schön sind die Morde gefilmt, bzw. gerade die eben nicht. Wie auch bei Lynch aus dem Jahr 1949 findet das eigentliche einer Aktionshandlung zwischen zwei Einstellungen statt und verschwindet in der Montage. Jede Mordsequenz aber ist eine kleine, hübsche, mit Bedacht gefilmte Eleganz. Das Großartige wird nicht gesucht, auch das Spektakuläre kommt nicht so richtig zu seinem Recht - eine Szene etwa, in der Sashichi im Alleingang rund 20 Ninjas in Schach hält, wird in einer einzigen, wenig dynamischen Einstellung gefilmt; als wäre es ohnehin zu heikel, in solch einem Kuddelmuddel noch bildoptische Eleganz zu erzielen. Dafür sind die ruhigen Sequenz oft genug von einem Liebreiz des Flüchtigen, der einen jegliche Story-Stolperei vergessen lässt.
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Thema: Berlinale 2006
(Quelle: Berlinale)Auf einem mit Leichen übersäten Schlachtfeld wäscht ein Mädchen die Toten. Sie wird von einem älteren Jungen gefangen genommen, der sie für ein paar Brocken Essen zu seiner Sklavin machen möchte. Das Mädchen tut so, als ob sie damit einverstanden ist, rennt jedoch bei der nächsten Gelegenheit weg. Auf ihrer Flucht begegnet sie einer wunderschönen Zauberin. „Möchtest du eine Prinzessin werden, der die Männer einmal zu Füßen liegen werden?“, fragt sie. „Doch der Preis ist hoch, du wirst niemals eine glückliche Liebe erfahren.“ Trotzdem willigt das Mädchen in den Handel ein.
Jahre vergehen. Auf einem Schlachtfeld bereitet sich ein General auf die Entscheidungsschlacht vor und zieht seinen prächtigen Brustpanzer an. Der Gegner ist übermächtig. Erst die Geschicklichkeit eines jungen Sklaven sichert den verloren geglaubten Sieg. Noch in derselben Nacht wird der General zurück zu seinem König befohlen, dessen Palast von Feinden belagert ist. Der treue Sklave ist der einzige, der ihn auf dem Rückweg beglei-ten soll. Doch schon bald werden die Männer getrennt. In der Nacht erscheint dem General die schöne Zauberin. Sie warnt ihn davor, in die Stadt zurückzukehren, und weissagt, dass ein Mann in der Rüstung des Generals seinen König töten wird. Kurz darauf wird der Feldherr angefallen und schwer verletzt. Der Sklave findet ihn und verspricht, sich in der Rüstung seines Herrn in die belagerte Stadt durchzuschlagen. Dort hat der König gerade dem Anführer der Belagerer die Prinzessin als Preis für die Freiheit angeboten...
Es ist mir zu dumm, die ohnehin unnötig wirre Handlung des Films in eigener Leistung zu paraphrasieren, man verzeihe mir also die Zitation; wie überhaupt viele Worte über diesen Film zu verlieren eigentlich schon zuviel der Mühe ist. Chen Kaige, sonst eher in der Filmkunst zuhause, treibt es, der nächste Zhang Yimou zu werden; nur will dieser selbst zur Zeit von bunten Flatterfilmen mit viel Liebestragik vor archaisch-pittoresker Kulisse nichts wissen und kehrt gerade gerade wieder zu seinen Wurzeln, den kleinen Programmkinofilmen, zurück. Was sollte auch nach dem den Bogen oftmals schon überspannt habenden House of Flying Daggers noch kommen? Chen Kaige, unberechtigt unerschrocken, präsentiert Wu Ji als Antwort.
Und der ist vor allem eine bodenlose Lächerlichkeit. Doch keine jener Sorte, bei der man sich als insgeheim verbündet mit dem Film ansehen darf. In einer der ersten Sequenzen - die eine ziemlich hirnrissige Actionszene quer durch ein Canyon-System zeigt - mag man noch auf Qualitäten einer Persiflage spekulieren können, auf einen wilden Nonsens, bei dem jeder Umschnitt die Verheißung von vollkommen Unerwartetem, im besten Sinne Verrücktem mit sich bringt. Doch solche Hoffnung wird zu keinem Zeitpunkt erfüllt, Wu Ji nimmt sich toternst und landet damit, sehr zum Nachteil des Publikums, nach Strich und Faden auf der Schnauze.
Kein Schnickschnack wird ausgelassen, kein Schmarren ist ihm zu peinlich. Zwischen dümmlicher Hauruck-Burleske und überspanntem Kitschbild, das sich selbst nie als solches zu begreifen und sich dazu zu verhalten gedenkt, zerfällt dieser Streifen in seine Einzelteile, ohne dass man als Zuschauer auch nur irgendwas davon hätte. Hinzu kommt, dass der Film in CGI badet, die einfach nicht ausgereift sind und deshalb mit den für sich belassenen Sequenzen in keinem Moment die Illusion eines nahtlosen Filmraums ergeben, in dessen Koordinaten Schwerkraft und Physik außer Kraft gesetzt werden könnten. Das Staunen über die Artistik, dass man als Effekt solchen over the top-Filmen aus Fernost ansonsten gern zugute hält, findet hier beim Übergang von Filmkamera zu Computerpixel seine strikte Grenze. Jene Physis, für die man das Kampfkunst-Kino aus Asien einst zu schätzten gelernt hat, findet nicht statt.
Alles in diesem Film ist Kalkül, nichts an den zuckerbunten Bildern stimmt. Jeder Aufwand, jedes Kunststückchen mit der Kamera - und von denen gibt es viele, hopplahopp, über den Baum gehüpft und nun Rolle rückwärts wieder zurück -, alles also, mit dem man regelrecht zugeschissen wird, geschieht nicht aus Lust am Schönen, sondern aus dem Bedürfnis heraus, eine zweifelhafte Erwartungspflicht zu erfüllen. Der Film ist so aufgeregt in dem was er tut, so übereifrig, dass er sich förmlich überschlägt und es dabei doch genausogut sein lassen könnte, so groß ist die vollendete Wurschtigkeit, die diesen Entwurf vom Kino durchzieht.
imdb
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