Samstag, 19. August 2006
Am Montag, 21.08., ist in Berlins schönstem Hinterhofkino, dem Kino Central, Klaus Lemkes hervorragender (Kutten-/Kult-)Film Rocker aus dem Jahr 1972 zu sehen. Auch wenn beider Arbeiten sehr unterschiedlich ausfallen, steht Lemke, ähnlich wie Roland Klick, für eine Art "Kino von unten", das sich bewusst vom seinerzeitigen deutschen Autorenfilm abzugrenzen versuchte, ohne dabei in die Fließbandfalle des industrialisierten Genrekinos zu tappen. Zum großen Teil improvisiert und mit nur wenigen Drehbuchvorgaben erzählt Rocker die Geschichte der Freundschaft des gerade aus dem Knast entlassenen Rockers Gerd mit dem 14jährigen Mark, der von sauberer Lebenslaufplanung nichts hält. Im und mit Figuren aus dem Milieu gedreht, ist Rocker nicht nur ein Stück von Grund auf ehrliches Handwerkskino jenseits öffentlich-rechtlicher Fördertöpfe, sondern auch die gelungene Studie eines marginalisierten Soziotops. Unter den Rockern selbst avancierte Lemkes Arbeit zum Kultfilm.

Bis heute ist Lemke sich und seiner eigenwilligen Konzeption von Film treu geblieben und produziert seine Arbeiten auch weiterhin eher am Rande des Filmbetriebs mit geringem Budget und möglichst effizienter Direktheit. Ein spannendes Interview gab es vor einiger Zeit in der Süddeutschen zu lesen, das glücklicherweise noch immer online abrufbar ist.

Mit Dank an meinen aufmerksamen Leser Tschill für den Hinweis!


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Montag, 7. August 2006
»Das Festival DOKU.ARTS findet zum ersten Mal vom 14.-17. September 2006 in Berlin statt. Hier finden Sie Informationen zum Festival, die wir in den nächsten Wochen kontinuierlich erweitern und ergänzen werden.«


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Montag, 26. Juni 2006
Sommerzeit heißt in Berlin: Freiluftkino-Zeit. Üblicherweise wird in den Freiluftkinos dann immer der durchschnittliche Arthouse-Kram der vergangenen Saison aufgewärmt - ich will mal sagen: mäßig interessant.

Eine kleine Ausnahme ist freilich das Freiluftkino Insel, das sonst immer, daher ja auch der Name, auf der Treptower Insel der Jugend sein Programm präsentiert, diesen Sommer aber, aus mir nicht bekannten Gründen, auf dem Gelände des Friedrichshainer Clubs Cassiopeia, unweit des RAW Tempels, sein Glück versucht.

Mir kann eine solche Annäherung natürlich nur recht sein, als kiezbewusster Mensch in Berlin verlässt man sein sein eng abgestecktes Sozio-/Biotop so bekannter- wie gewöhnlicherweise ja nur sehr selten und das Programm des Freiluftkinos ist ja auch durchaus vorweisbar: Schon am 2.Juli wird dort Seijun Suzukis schlicht hervorragender Tokyo Drifter gezeigt, Ende Juli ist Antonionis Blow Up zu sehen. Im August schließlich folgen aufeinander Tears of the Black Tiger und der Blaxploitation-Reißer Coffy. Im September gibt es schließlich einen Ausklang mit klangvollen Klassikern wie Kubricks Dr. Seltsam und Philip Kaufmans tollem Körperfresser-Film, in dem eine eklige Blume dem müden Sutherland senior an die Wäsche will (zur ekligen Blume bei Kaufman, die Sutherland an die Wäsche will, siehe im übrigen auch Robnik, 2003). Und zwischendrin noch sehr viel anderes, auch eben der übliche Arthouse-Kram, aber Sie können ja selber lesen: Steht alles hinter dem Link da oben.

Toll wäre das jetzt natürlich noch, wenn den Screenings Zelluloid zu Grunde liegen sollte - das steht als letztes noch zu hoffen.


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Auf was ich auch schon seit Tagen hingewiesen haben wollte, aber man kommt ja die letzte Zeit zu nichts mehr (Hitze, WM, Klausur, you name it...): Schon seit den ersten Junitagen ist der neue Newsletter des Videodrom zumindest in der Räumlichkeit genannter Videothek beziehbar und zwar kostenfrei. Was früher eine monatlich ausliegende Broschüre war, ist mittlerweile, auch da es nur mehr quartalsweise erscheint, ein regelrechtes Magazin im A4-Format mit gutem Druck geworden. Auf vielen, vielen Seiten stellt die Schar der Videodrom-Autoren (einer davon, Sie ahnen es bereits, meine Wenigkeit) die neuen Titel der letzten Monate in, von Chef-Seite ausdrücklich so gewünschten, "ehrlichen Reviews" vor (also nix mit "Wir finden alles bombig, damit ihr's auch brav ausleiht" - hier wird noch richtig deftig vom Leder gezogen wenn ein Film mal so gar nicht klar geht...).

Wer das Leihangebot dieser Videothek kennt, wird sich denken können, dass ein solcher kommentierter Novitäten-Katalog nichts weniger darstellt als eine Wundertüte samt Abenteuerfahrt durch alle möglichen Kanäle des Filmgeschehens, sei es historischer oder aktueller Natur. Toll sind freilich auch die Specials (sozusagen die thematischen Filmreihen und Retrospektiven des Hauses), die uns diesmal in die Welt des Bahnhofskinos entführen ("Lesbische Nazi-Nutten von UFOs ins All entführt und dort zu einer Hungerkur gezwungen!"), eine kleine Geschichte der etwas anderen Puppentrick-Filme bringt (daher auch vor kurzem dieser Film und auch auf diese Entdeckung hat mich der Newsletter aufmerksam gemacht) und uns mit einer kleinen Auswahl seines Schaffens den eher etwas unbekannten, aber entdeckenswerten japanischen Regisseur Yasuzo Masumura vorstellt.

Von daher freut mich das jedes Mal, wenn ich einen solchen Newsletter in die Hand bekomme, und dies eben nicht nur, weil ein paar der (wirklich!) vielen, vielen Reviews von mir sind. Als ich noch in der dunklen Provinz lebte, war ich froh über jeden Videodrom-Newsletter, dessen ich aus Berlin habhaft werden konnte (war dann auch immer meine Anweisung für Berlin-Reisende aus meinem Freundeskreis: Bringt mir was vom Videodrom mit!). Und bis heute sind diese Newsletter toll und machen, schlicht und ergreifend, große Lust auf wilde Film-Safari.

Deshalb: Falls Sie da irgendwo in Berlin wohnen oder die Tage dort vorbeikommen, dann schauen Sie da mal vorbei und nehmen Sie so'n Ding mit. Und vielleicht leihen Sie ja gleich noch was aus.


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Mittwoch, 21. Juni 2006


Krrish lautet der Titel des neuen, in Indien anscheinend schon herbeigesehnten Films von Rakesh Roshan, in dem es um den Superhelden Krrishna geht, der sich eben in Superheldendingen zu bewähren hat: Verpatzte Liebe kitten und Superbösewicht mit Weltherrschaftsambition das Handwerk legen. Der 10 Millionen Dollar teure Film startet am 23.Juni in Indien und kann hierzulande bereits ab 30. Juni im Kino Babylon in Berlin/Mitte gesehen werden. Dies ist dem verdienstreichen Verleih Rapid Eye Movies zu verdanken, der sich des Films für die hiesige Auswertung angenommen hat.

Die offizielle Website des Films findet sich hier. Einen Trailer kann man sich hier anschauen, auf youtube.com finden sich außerdem drei Making-Of-Videos: 1, 2, 3.


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Montag, 29. Mai 2006
Das Kino Babylon Berlin-Mitte zeigt am 02., 03. und 07.06 Between the Devil and the Wide Blue Sea, den neuen Dokumentarfilm von Romuald Karmakar. Aus der Pressemitteilung des Kinos:
»Eine fast ethnographische Beobachtung der hochkarätigen elektronischen Musikszene der Saison 2004 / 2005: Vor der Kamera von Romuald Karmakar produzieren sich Actswie Alter Ego, Cobra Killer, Tarwater, T.Raumschmiere, Rechenzentrum und Xlover. In überwiegend langen Einstellungen gefilmt, erhält jede dieser Musikgruppen ihren Auftritt - ohne Kommentar und Interview. Karmakars Anliegen ist es, die gegenwärtig so einflussreiche, jedoch filmisch wenig beachtete Undergroundkultur jenseits gängiger Fernsehclipästhetik zu dokumentieren. Ein Monument der Direktheit.«
Am 07.06. wird der Film obendrein in Anwesenheit des Regisseurs mit anschließendem Gespräch gezeigt. Von Karmakars bisherigen Filmen aus zu schließen, wage ich die Prognose, dass hier ein spannender, sehenswerter Film zu erwarten steht - meine dringende Empfehlung!


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Samstag, 13. Mai 2006
Von Juni bis Juli findet im Berliner Kino Nickelodeon die Filmreihe "Comics im Film" statt. Wöchentlich sind zwei thematisch nahe zueinander stehende Filme zu sehen, am ersten Tag ihrer Programmierung werden sie von hoffentlich kundigen Vorträgen eingangs vorgestellt und kontextualisiert.

Das Programm ist sehr schön zusammengestellt und beachtet erfreulich verschiedene Aspekte des Themas. Genaueren Überblick bietet eine pdf-Datei zur Reihe, die man von dieser Website runterladen kann.


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Dienstag, 9. Mai 2006
The message is clear, that there is growing demand for explicit sex that empowers individuals to make their own decisions and choices free of social stigma.

While filmmakers have used the cinema to explore subject of sex for many decades, the last few years have seen a breakthrough in terms of explicitness. Catherine Breillat's "Romance", Virginie Despentes's "Baise-moi", Michael Winterbottom's "9 Songs", Todd Verow's "Anonymous" and Patrice Chéreau's "Intimacy" are a few of many films in which serious art-house filmmakers have pushed the boundaries of what can be shown as well as filmmakers like Bruce LaBruce, Kris Kramski, Maria Beatty and Wash Westmoreland have pushed the boundaries in pornoland to explore narrative structures within a commercial porn setting.

Is there still a paradox existing where we are encouraged to express ourselves freely, except when it comes to sex? The 1st PORNfilmfestivalBERLIN will challenge this paradox, giving permission to revel in the experience of clever, from all over the World, sexual fantasy.

The heritage of the 1970s "Last Tango in Paris", "Deep Throat", "Emmanuelle" and Oswalt Kolle resonates with us still today yet the cultural landscape has not shifted significantly in forty years. Still we do remember the "PorNo" campaign by our beloved Alice Schwarzer and Andrea Dworkin, but there is an appetite for accessible erotica and sexual explicit images that is no longer limited to the top shelf.

It's about time that pornography becomes actually stimulating, actually erotic and actually sexy, rather than enjoyable and erotic only in theory, unwatchable in reality. The filmmakers, photographers and artists involved in PORNfilmfestivalBERLIN have been exploring sex through their work for years and the fact that they have been invited to be with PORNfilmfestivalBERLIN gives you the experience to participate in a universe that seems so fabulously, tantalizingly exciting.

PORNfilmfestivalBERLIN will showcase the most innovative, risk-taking visionaries from film, photography, performance, music, the art scene, pornoland and even porn karaoke to challenge the genre of erotic film. All works shown form a collection of uncensored responses to the social and aesthetic questions of how we represent ourselves as sexual beings. The curation of diverse talent ensures a wide spectrum of interests and points of view.

PORNfilmfestivalBERLIN seeks to harness these developing attitudes and trends by inviting artists, photographers and filmmakers whose work invokes sex, curiosity, desire, fantasy and satisfaction in it's own right. So be part of this adventure and submit your films and other works to create Entertainment for the reasonable Adult.
Das klingt in der Tat mehr als interessant, schon alleine weil Maria Beatty in der Sektion "Spotlight" vorgestellt wird, deren sado-masochistische, zuweilen surreale Anordnungen ich in der Tat für hervorragende Meisterwerke eines sensualistischen , experimentellen Kinos halte. Weiterhin zeigt eine Art Retrospektive in Zusammenarbeit mit den Niederländischen Filmmuseum und dem Holland Filmfestival Beiträge des Landes zum Genre aus den frühen 70ern, die ich für mit die interessanteste Phase ambitionierter Pornographie halte.

In diesem Sinne: Claim back pornography from the vicious industry! [via]

(PS, due to the subject of this posting: Sowohl altherrige Lüsternheiten in sexistischer Fickfleisch-Diktion als auch moralinsaure Erschrecktheiten im Gewand empörter bis selbstgerechter Predigten werden aus den Kommentaren ohne weiteren meinerseits gelöscht. Get a life!)


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Montag, 1. Mai 2006
Seit langem schon wollte ich darauf hingewiesen haben, schon seit der Laden im letzten Spätsommer - zwar noch ohne DVDs, aber schon mal seine Räumlichkeiten - eröffnet hatte, um genau zu sein: Filmkunst, eine neue Video-, bzw. dem Selbstverständnis nach eine Cinethek in Friedrichshain. Nun bin ich gestern daran eher zufällig mit Ekkehard dran vorbeigelaufen, sogar reingegangen und eben schlagartig daran erinnert worden, dass ich darauf ja längst schon hinweisen wollte.

In der hübschen kleinen Entleihstelle in der Revaler Straße, gleich gegenüber dem RAW Tempel, gibt es alles, was das derzeitige internationale Filmgeschehen auf DVD so hergibt zum kleinen Preis zur Mitnahme. Sehr entzückt war ich darüber, dass sogar die Ecke mit den Horror Oldies im hinteren Raum sorgfältig sortiert ist. Auf einem alten Friedrichshainer Kohle-Kachelofen steht ein mindestens ebenso altes TV-Gerät, das dem Laufpublikum Filme kredenzt. Man kann dort auch Kaffee und Saft trinken und in einer Schmökerecke Filmzeitschriften und -bücher wälzen. Gewiss, von einem regelrechten Archiv wie dem Videodrom ist der kleine Laden weit entfernt; dafür aber ist er auch für Ost-Berliner leicht zu erreichen und geschmackvoll sortiert.


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Dienstag, 25. April 2006
Erst vor kurzem habe ich erstmals Grey Gardens von Albert & David Maysles gesehen und war von dieser Dokumentation/diesem Portrait schwer beeindruckt (bzw. gerade das ja nicht, weil der Film von einer Ästhetik des Beeindruckenden dann doch so weit entfernt ist, eher war ich, weiß nicht, "von den Socken", "angetan", "begeistert" - you name it!). Umso erfreulicher, dass das Kino Arsenal den beiden Machern des Films (man müsste im übrigen sagen: den Machern hinter der Kamera, weil die beiden vor der Kamera ja auch ganz entscheidend beitragen) im Mai/Juni eine kleine Reihe namens "Direct Cinema" widmet. Hier der Programmtext.

Außerdem wird begleitend zu einem Seminar an der Berliner Filmwissenschaft das jüngere taiwanesische Kino vorgestellt und im japanischen Filmclub ist Kaneto Shindos Onibaba zu sehen.


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lol