Thema: Kinokultur
12. September 06 | Autor: thgroh | 0 Kommentare | Kommentieren
Hervorragende und hochauflösende Materialien hier. Zu der wundervollen Dokumentation über Vogel und seinen legendären Filmclub in New York hatte ich hier bereits etwas geschrieben; ich würde den Film unwahrscheinlich gerne mal wieder sehen, hoffentlich erschient hier bald eine DVD. Hier gibt es noch mehr zu lesen (und von dort habe ich auch den Link).
Nachtrag: Dort gibt es auch ein Transkript der Gespräche aus der Dokumentation, sowie ein kleines snippet, wenn man auf "watch the clip" klickt. Fein!
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Thema: Kinokultur
Es ist mal wieder soweit: Drei Monate sind ins Land gezogen und also liegt wieder pünktlich eine neue Ausgabe des allseits bekannten und beliebten Berliner "Magazins für den unterschlagenen Film" im Briefkasten. Und wie stets ist's proppenvoll gestopft und schon beim ersten Durchblättern spannend anzusehen.
Filmwissenschaftler Marcus Stiglegger hat sich diesmal das Cape des rasenden Reporters umgeworfen und berichtet exklusiv vom 10. Pifan-Festival in Südkorea, wo es nicht nur Filme, sondern auch Frühstück gab. Auch Christian Keßler hat diesmal wieder entlegene Gefilde, wenn auch filmhistorischer Art, besucht und präsentiert eine kunterbunte Auswahl von Filmen, in denen es stets um die Wurst geht, weil man zu solcher im, genau, Kannibalenfilm nämlich gemacht werden soll, wenn man nicht aufpasst. In der DVD-Ecke schreibt er dann noch mehrseitig über Schlingensiefs Filmtreiben, das nun, der Filmgalerie 451 sei Dank, gebündelt auf DVD vorliegt. Überhaupt die DVD-Ecke: Was da in letzter Zeit alles rauskommt - es ist ja schier nicht zu fassen - Splatting Image hilft und orientiert! Selbes gilt auch für die Bücherecke, wo allerneueste Filmpublizistik zu Woo, Lee, Miyazaki - neben einigen anderen - besprochen wird. In der Pornoecke hingegen wird ein neuer Regisseur der Alt.Porn-Szene nicht etwa besprochen, sondern angesprochen: Im Gespräch gibt Benny Profane ordentlich Auskunft über sich selbst. Jung mutiert sich's schließlich bei den Jungmutationen der Ausgabe: Ein Amateurfilm namens Moabit Vice klemmt sich schamlos ans aktuelle Hochpreiskino - ich vermute niedere Beweggründe! Und Mise en Abyme von Björn Last, der auch Mitternachtskino.de macht, ist so ein höllisch guter Kurzfilm geworfen, da habe ich ihn kurzerhand selbst besprochen - und ich sage mal: Anschauen sollten Sie den auch. Ansonsten das übliche Gekröse in der Rubrik: Blut und Zeug aus deutschen Wohnzimmern wohin man schaut, das ist doch nicht mehr schön.
Was sonst noch? Natürlich noch zusätzlich massenmäßig Kritiken zum aktuellem Filmgeschehen, davon einiges aus Asien. Obligatorisch liegt wieder die neue Lieferung der Ergänzung zum Die Angst sitzt neben Dir-Kompendium bei und in der Baddie Ecke gibt es vorbildlich Schlechtes zu bemäkeln. Auf einer Seite gibt's Wissenswertes über den Stand der DVD-Dinge zum berühmtesten japanischen Gummianzug. Und von meiner Wenigkeit gibt es ebenfalls das eine oder andere zu lesen, quer über alle Rubriken verstreut - und zwar exklusiv nur dort!
Bestellbar wie immer über die Website und hie und da auch im gepflegten Einzelhandel erhältlich. Viel Spaß beim Lesen!
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Thema: Kinokultur
Die chinesische Kinematographie mag viele Preziosen bergen; immer aber auch ist sie, dem dort herrschenden Regime ist's gedankt, zensiert, genehmigt, abgesegnet. Die Machtinhaber lassen sich eben von kleinen Filmemachern - und wenn sie auch nur für Festivals drehen - nicht ins Gehege kommen.
Erneut hat es nun den Regisseur Lou Ye getroffen. Bereits sein schöner Suzhou River brachte ihm eine Sperre ein, da er es wagte, den Film noch vor der Genehmigung durch die Staatsbehörden auf dem Rotterdamer Filmfestival zu zeigen. Ähnliche Streitigkeiten hatte es vor dem Festival in Cannes gegeben, wo Lou Ye erneut einen Film präsentieren wollte, ohne noch das leidge "Ok" der Bürokraten einzuholen.
Nun liegt die Quittung auf dem Tisch: Wenn es nach den Zensoren in China geht, darf der Regisseur fünf Jahre lang keinen Film mehr drehen. Die Sperre wurde auch auf den Produzenten des Films, Nai An, ausgeweitet. Kaiju Shakedown hat weitere Informationen zu dem Vorfall.
Lou Yes Verhalten war richtig und notwendig; eine solche Gängelung der Kunst durch den bürokratischen Apparat eines diktatorischen Regimes ist in keiner Weise hinzunehmen. Ich fordere alle sich der Film- und Kinokultur verpflichteten Institutionen dazu auf, gegen dieses faktische Berufsverbot zu protestieren und Lou Ye und Nai An gegebenenfalls soweit zu unterstützen, dass es ihnen möglich ist, weiter Filme zu drehen. Und wenn ich schon mal dabei bin, darf sich auch China aufgefordert sehen, seine Zensurbehörden ersatzlos abzuschaffen und seinen Filmemachern die Möglichkeit einzuräumen, frei Filme drehen und präsentieren zu können. Und die Internetzensur soll auch weg.
Nachtrag: Lou Ye äußert sich in diesem Interview.
Erneut hat es nun den Regisseur Lou Ye getroffen. Bereits sein schöner Suzhou River brachte ihm eine Sperre ein, da er es wagte, den Film noch vor der Genehmigung durch die Staatsbehörden auf dem Rotterdamer Filmfestival zu zeigen. Ähnliche Streitigkeiten hatte es vor dem Festival in Cannes gegeben, wo Lou Ye erneut einen Film präsentieren wollte, ohne noch das leidge "Ok" der Bürokraten einzuholen.
Nun liegt die Quittung auf dem Tisch: Wenn es nach den Zensoren in China geht, darf der Regisseur fünf Jahre lang keinen Film mehr drehen. Die Sperre wurde auch auf den Produzenten des Films, Nai An, ausgeweitet. Kaiju Shakedown hat weitere Informationen zu dem Vorfall.
Lou Yes Verhalten war richtig und notwendig; eine solche Gängelung der Kunst durch den bürokratischen Apparat eines diktatorischen Regimes ist in keiner Weise hinzunehmen. Ich fordere alle sich der Film- und Kinokultur verpflichteten Institutionen dazu auf, gegen dieses faktische Berufsverbot zu protestieren und Lou Ye und Nai An gegebenenfalls soweit zu unterstützen, dass es ihnen möglich ist, weiter Filme zu drehen. Und wenn ich schon mal dabei bin, darf sich auch China aufgefordert sehen, seine Zensurbehörden ersatzlos abzuschaffen und seinen Filmemachern die Möglichkeit einzuräumen, frei Filme drehen und präsentieren zu können. Und die Internetzensur soll auch weg.
Nachtrag: Lou Ye äußert sich in diesem Interview.
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Thema: Kinokultur
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Was macht man als Filmjournalist aus deutschen Landen mit Bezahlposten, wenn man auf einem internationalen Festival hockt und nicht so recht weiß, was man eigentlich schreiben soll? Richtig. Lamentieren, dass "der deutsche Film" mal wieder nicht mit rotem Teppich, Kusshand, priviliegierten Programmschienen, Vorab-Laudationes und Hernach-Honorationes begrüsst und allgemein verbindlich abgefeiert wurde. Geht immer, zieht immer, und die Kulturbeflissenen können dann mal wieder alle artig nicken und jammern. Es sind halt immer alle gegen Deutschland.
Weiß der Henker, warum es interessieren sollte, wie es "dem deutschen Film" geht. Das ist ein Filmfestival und kein Wettbewerb der Kulturförderanstalten. Ich will solche Blockwarterei im Dienste Neumann'scher Kulturverwaltung nicht lesen müssen, schon gar nicht als Filmjournalismus getarnt. Ich will wissen, welche Güte Filme - und dann gerne auch welche aus Deutschland - haben. Möglichst viele deutsche Filme auf einem Festival machen noch lange keine Freude, nur weil es sich dabei um deutsche Filme handelt. Was für eine, mit Verlaub, debile Anspruchsdenke steckt hinter solchem Quatsch? Wie wird man mit solchem Denken Filmjournalist und nicht vielmehr Botenjunge bei Bernd Neumann?
Der größte Hohn dann freilich der letzte Satz. In Locarno waren 17 deutsche Filme zu sehen, in Venedig ist's indes nur einer. Ein "gewisses Missverhältnis" sei darin zu erkennen, und weil es ein "gewisses" ist, handelt es sich dabei freilich auch nicht um die ja schon durch bloßen Augenschein erkennbare Asymmetrie der Zahlenverteilung, die man nun Missverhältnis nennen mag oder halt auch nicht. Nein, das "gewisse" Missverhältnis, so darf die Raunerei durchaus zu verstehen sein, ist implizit auch Vorwurf. Darüber darf man sich freilich auch nur wundern; so lange schon ist man doch nun Filmjournalist - und noch immer nichts begriffen? Dass die deutsche Filmproduktion beispielsweise stark limitiert ist, was den zahlenmäßigen Output per anno betrifft, dass die großen Festivals zueinander in Konkurrenz stehen, dass sie deshalb selten und ungerne auf jene Titel zurückgreifen, die von anderen Festivals bereits genutzt wurden, dass zahlreiche Gesellschaften gezielt für Festivaltermine produzieren? Davon indes kein Wort. Denn es sei "gewiss", dieses Missverhältnis, so raunt sich's jedenfalls in den deutschen Hain, und wie so oft, wenn daselbst mancherlei Gewissheiten geraunt werden, ist man von Vernunft und eben Gewissheiten mit am weitesten entfernt.
Weiß der Henker, warum es interessieren sollte, wie es "dem deutschen Film" geht. Das ist ein Filmfestival und kein Wettbewerb der Kulturförderanstalten. Ich will solche Blockwarterei im Dienste Neumann'scher Kulturverwaltung nicht lesen müssen, schon gar nicht als Filmjournalismus getarnt. Ich will wissen, welche Güte Filme - und dann gerne auch welche aus Deutschland - haben. Möglichst viele deutsche Filme auf einem Festival machen noch lange keine Freude, nur weil es sich dabei um deutsche Filme handelt. Was für eine, mit Verlaub, debile Anspruchsdenke steckt hinter solchem Quatsch? Wie wird man mit solchem Denken Filmjournalist und nicht vielmehr Botenjunge bei Bernd Neumann?
Der größte Hohn dann freilich der letzte Satz. In Locarno waren 17 deutsche Filme zu sehen, in Venedig ist's indes nur einer. Ein "gewisses Missverhältnis" sei darin zu erkennen, und weil es ein "gewisses" ist, handelt es sich dabei freilich auch nicht um die ja schon durch bloßen Augenschein erkennbare Asymmetrie der Zahlenverteilung, die man nun Missverhältnis nennen mag oder halt auch nicht. Nein, das "gewisse" Missverhältnis, so darf die Raunerei durchaus zu verstehen sein, ist implizit auch Vorwurf. Darüber darf man sich freilich auch nur wundern; so lange schon ist man doch nun Filmjournalist - und noch immer nichts begriffen? Dass die deutsche Filmproduktion beispielsweise stark limitiert ist, was den zahlenmäßigen Output per anno betrifft, dass die großen Festivals zueinander in Konkurrenz stehen, dass sie deshalb selten und ungerne auf jene Titel zurückgreifen, die von anderen Festivals bereits genutzt wurden, dass zahlreiche Gesellschaften gezielt für Festivaltermine produzieren? Davon indes kein Wort. Denn es sei "gewiss", dieses Missverhältnis, so raunt sich's jedenfalls in den deutschen Hain, und wie so oft, wenn daselbst mancherlei Gewissheiten geraunt werden, ist man von Vernunft und eben Gewissheiten mit am weitesten entfernt.
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Thema: Kinokultur
03. September 06 | Autor: thgroh | 0 Kommentare | Kommentieren
Heute vor fünf Jahren starb die Filmkritikerin Pauline Kael. Das Weblog If Charlie Was A Gun Slinger... stellt aus diesem Anlass das mp3 einer ihrer Radiosendungen aus den frühen 60ern online bereit.
Pauline Kael, March 27, 1963, Pacifica Radio
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Thema: Kinokultur
»Beim „Parfum“ standen wir damit erst einmal vor einem riesengroßen Berg von Problemen, und wir mußten alle Regeln des Filmemachens brechen, um sie zu lösen. Es gibt hier keinen Kampf zwischen Gut und Böse. Es gibt keinen Protagonisten, der für das Gute kämpft. Es gibt keine Liebesgeschichte, es gibt noch nicht einmal eine Geschichte, wenn Sie so wollen, denn es gibt keine Konflikte. Das allerschlimmste für einen Film ist, daß der Held nichts lernt. Unser Film kann damit, anders als neunundneunzig Prozent aller anderen Filme, nicht über Identifikation funktionieren, sondern nur über so etwas wie Faszination. Wir haben lange darüber nachgedacht, ob es einen Film gibt mit einem düsteren Hauptdarsteller, der keine Freunde, kein soziales Umfeld hat, einen Helden, in dessen Seele man nicht reinkommt, weil er keine Gefühle hat.«So kommt das heute Bernd Eichinger im FAZ-Gespräch über die Lippen und anzunehmen ist, dass er dabei noch nicht einmal ein bisschen rot geworden ist. Und es ist bezeichnend für einen - und von einem solchen auch nur erwartbar -, der eben nichts anderes ist als lediglich ein verwaltender Technokrat des Films, von Vision und Feingefühl, oder zumindest aber: Verständnis von Film und seinen Regeln, allerdings so weit entfernt ist wie Benedikt zu Rom von einem Satanistenkonzert. Das Parfum, so konnte man es vorab schon hören und es wundert ja auch nicht im geringsten, sei vor allem vollgestellter Illustrationsfilm geworden, der gerade die Spezifität des Buches außer Acht lasse. Sowas kommt, wenn vorab sich einer zu meinen bemüßigt fühlt, "alle Regeln des Filmemachens" über Bord werfen zu müssen, und damit doch nichts anderes meint als, dass es ja, vor allem eben aus Sicht eines bilanzierenden Buchhalters, doch recht ärgerlich sei, dass Süskind nicht auch noch eine schnuffig-kassenträchtige Liebesgeschichte ins Buch bugsiert hat.
Es ist nur einmal mehr zu betonen: Der größte Nagel im Sarg hiesigen Filmemachens hört auf den Namen Bernd Eichinger.
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Thema: Kinokultur
»Moviedrome is (or "was") a BBC2 series where a cult movie (but what is cult?) was introduced before it was shown. Moviedrome first showed up in 1988 when cult director Alex Cox hosted the introductions (he didn't choose the movies though). Cox hosted Moviedrome (shown every summer) till 1994. In 1997 the show returned from the dead with movies chosen and introduced by Mark Cousins (known for his work at the Edinburgh Film Festival).Moviedrome Archive.
The reason for this page is simple: with a Moviedrome film your chances are slightly higher than 9/10 that what you’ll get to see, will be a very interesting movie. A Moviedrome film will always be "special". In the Cox era Alex Cox described the selection as oddities and gems; Mark Cousins described his choices as "movies you won't forget".«
Etwas minimal ähnliches gab es ja auch mal hier. Eine Reihe auf dem ZDF, die sich "Der phantastische Film" nannte. Natürlich sah man hier nicht unbedingt cult movies im Sinne des Wortes, sondern eher Klassiker mit phantastischem Inhalt oder auch mal Godzilla. Natürlich durfte ich nie wach bleiben, um die Filme zu schauen, aber wofür gab es schließlich Video! Auf die Weise sah ich zum ersten Mal die ganze Planet der Affen-Reihe. Und der Reihe war immer ein eigens produzierter Jingle vorangestellt, den ich immer ziemlich prima auf den VHS-Aufnahmen fand:
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Thema: Kinokultur
16. August 06 | Autor: thgroh | 0 Kommentare | Kommentieren
»Plot Summary for Movie Pests (1944)
This Pete Smith Specialty looks at the annoying types of people we have all come into contact with when going to the movies. They include those who sit down, then take off their coats and scarves; people with aisle seats who stick their feet in the aisle; people who put their knees on the back of your seat; and loud snackers. Smith also fantasizes as to how we would punish such movie-goers.«
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Thema: Kinokultur
»Die Filmkritiken Siegfried Kracauers aus den zwanziger und dreißiger Jahren liegen in einer hervorragenden Gesamtausgabe vor«Rezension im Freitag.
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Thema: Kinokultur
So nennt sich derzeit eine Reihe im Feuilleton der taz. Sehr schön ist Cristina Nords Überlegung von vor kurzem über das, was Filmkritik leisten könnte und sollte. Nicht nur, weil ich Cristina Nords Kritiken ohnehin sehr mag (wobei das Gute darin oft gar nicht so sehr das verdict ist, sondern überhaupt die Geste, die den meisten Kritiken zugrunde legt und die sie hier nun, in diese meta-kritischem Text, expliziert). Ich mag den Beitrag, weil meine Überlegungen ganz ähnlich sind: Filmkritik nicht so sehr als abkanzelnde Rede, sondern vor allem als Hinweis verstanden, mitunter als Brief, als Postkarte. "Ich habe da etwas gesehen, und ich möchte Euch davon erzählen, deswegen spreche ich hier zu Euch und vielleicht vermag ich es sogar, Euer Interesse zu wecken." Filmkritik als Erfahrungsschreiben, mithin als Flaschenpost, die einem von Dingen erzählt, die man selbst noch nicht gesehen hat. Wobei es gar nicht so sehr darum geht, dass man zu den selben Schlüssen kommt, im Falle eines Falles. Das hat mich an Filmkritik noch nie interessiert: Dass mir da einer nach meinem Geschmack schreibt. Ich mag das Undogmatische, das Sich-Alles-Offenhaltende, die Entdeckungslust, die in Cristina Nords Darlegungen steckt. Man lässt sich gerne davon anstecken.
Die große Zeit der Filmkritik im klassischen Sinne mag vorbei sein. Der derzeitige Kinobetrieb hier in Deutschland ist an Langeweile kaum mehr zu übertreffen; eine Filmkritik, die brav der Chronistenpflicht nachkommt, also lediglich bespricht, was einem die Verleiher vor die Füße setzen und alles brav einteilt in Sehens- und Abratenswertes, ist abhängig von Saison und Konjunktur, sie muss deshalb in Agonie enden.
Doch dann gibt es DVD und das Internet, und zumal in Berlin Schatzkammern für alle, die graben und wühlen wollen (die AGB am Halleschen Tor, das Videodrom nicht weit davon entfernt, ein paar andere noch). Die Filmgeschichte öffnet ihre Tore in einem Maße, wie das früher nicht denkbar war, und allenthalben stößt man auf interessante Filme des World Cinema, die nun zum Greifen nahe liegen, selbst wenn sie hierzulande nie erscheinen werden. Filmkritik, gerade wie Cristina Nord sie sich vorstellt, könnte hier ansetzen. Sie könnte, befreit von so vollkommen egalen Parametern, wie "Läuft bald bei uns im Kino" oder "Ist jetzt im DVD-Regal bei Saturn erhältlich", aus den vollen schöpfen, entdecken, begeistern, für ein Stückchen Freiheit vom Gebaren der Einzelinteressen alteingesessener Filmverleiher sorgen. Und sie könnte dann schreiben, was sie gesehen hat, flüchtige, doch herausstechende Details, die im Kino allzu schnell vorüberfließen, herausheben, retten, in Sprache bannen und als Erfahrung vermitteln. Wie wundervoll das wäre, wenn nicht mehr von Unternehmern zu solcher erst gemachte Aktualität die Feder der Kritik führt, sondern allein das Ausmaß der Entdeckung. Free Cinema-Beiträge, nun in UK auf DVD, bei Criterion neu im Hause: Filme der Maysles-Brothers, nicht zu verachten: der neue Film von Takeshi Kitano. Ein Stummfilm von Sjöström ist neu aufgetaucht, auf Last Days im Kino ist immer noch, vermutlich hoffnungslos, zu warten. Undsoweiterundsofort. (Alleine, welche Filme ich mir heute von der AGB, der Amerika Gedenkbibliothek, geholt habe: Elgar von Ken Russell, ein Monster-Schmock von Monte Hellman, Gimme Shelter von den Maysles-Brothers, einen japanischen Geisterfilm aus den 60ern von Nobuo Nakagawa, die rekonstruierte Fassung von Peckinpahs Major Dundee, transgressive Hardcore-Kunstpornos von Richard Kern und ein Fantomas-Schmarrn mit Louis de Funes)
Filmkritik muss das leisten, was gute Magazinbeiträge, schöne Reiseberichte, mit Liebe und Leidenschaft geschriebene Essays in den Sonntagszeitungen vollbringen: Für einen Moment Entführen in eine eigene Welt, für Begeisterung sorgen, die hinreicht, das Neue und Andere entdecken zu wollen, die geschilderten Erfahrungen mit der dann eigenen abzugleichen, gegebenfalls schließlich anderen Erfahrungen Gewicht verleihen. Ein parlare auf dem Forum, im öffentlichen Raum. Die derzeitige Krise des Kinos könnte sich hierfür als beste Gelegenheit erweisen; ich bin gespannt.
Die große Zeit der Filmkritik im klassischen Sinne mag vorbei sein. Der derzeitige Kinobetrieb hier in Deutschland ist an Langeweile kaum mehr zu übertreffen; eine Filmkritik, die brav der Chronistenpflicht nachkommt, also lediglich bespricht, was einem die Verleiher vor die Füße setzen und alles brav einteilt in Sehens- und Abratenswertes, ist abhängig von Saison und Konjunktur, sie muss deshalb in Agonie enden.
Doch dann gibt es DVD und das Internet, und zumal in Berlin Schatzkammern für alle, die graben und wühlen wollen (die AGB am Halleschen Tor, das Videodrom nicht weit davon entfernt, ein paar andere noch). Die Filmgeschichte öffnet ihre Tore in einem Maße, wie das früher nicht denkbar war, und allenthalben stößt man auf interessante Filme des World Cinema, die nun zum Greifen nahe liegen, selbst wenn sie hierzulande nie erscheinen werden. Filmkritik, gerade wie Cristina Nord sie sich vorstellt, könnte hier ansetzen. Sie könnte, befreit von so vollkommen egalen Parametern, wie "Läuft bald bei uns im Kino" oder "Ist jetzt im DVD-Regal bei Saturn erhältlich", aus den vollen schöpfen, entdecken, begeistern, für ein Stückchen Freiheit vom Gebaren der Einzelinteressen alteingesessener Filmverleiher sorgen. Und sie könnte dann schreiben, was sie gesehen hat, flüchtige, doch herausstechende Details, die im Kino allzu schnell vorüberfließen, herausheben, retten, in Sprache bannen und als Erfahrung vermitteln. Wie wundervoll das wäre, wenn nicht mehr von Unternehmern zu solcher erst gemachte Aktualität die Feder der Kritik führt, sondern allein das Ausmaß der Entdeckung. Free Cinema-Beiträge, nun in UK auf DVD, bei Criterion neu im Hause: Filme der Maysles-Brothers, nicht zu verachten: der neue Film von Takeshi Kitano. Ein Stummfilm von Sjöström ist neu aufgetaucht, auf Last Days im Kino ist immer noch, vermutlich hoffnungslos, zu warten. Undsoweiterundsofort. (Alleine, welche Filme ich mir heute von der AGB, der Amerika Gedenkbibliothek, geholt habe: Elgar von Ken Russell, ein Monster-Schmock von Monte Hellman, Gimme Shelter von den Maysles-Brothers, einen japanischen Geisterfilm aus den 60ern von Nobuo Nakagawa, die rekonstruierte Fassung von Peckinpahs Major Dundee, transgressive Hardcore-Kunstpornos von Richard Kern und ein Fantomas-Schmarrn mit Louis de Funes)
Filmkritik muss das leisten, was gute Magazinbeiträge, schöne Reiseberichte, mit Liebe und Leidenschaft geschriebene Essays in den Sonntagszeitungen vollbringen: Für einen Moment Entführen in eine eigene Welt, für Begeisterung sorgen, die hinreicht, das Neue und Andere entdecken zu wollen, die geschilderten Erfahrungen mit der dann eigenen abzugleichen, gegebenfalls schließlich anderen Erfahrungen Gewicht verleihen. Ein parlare auf dem Forum, im öffentlichen Raum. Die derzeitige Krise des Kinos könnte sich hierfür als beste Gelegenheit erweisen; ich bin gespannt.
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lol