Mittwoch, 20. August 2008


» ... because he's not a Hero.
He's a silent Guardian....
A watchful Protector...
...a Dark Knight.«

- James Gordon

Christopher Nolans Sequel zum auch schon ziemlich guten Batman Begins hat mich in der Pressevorführung - trotz deutscher Synchronisation, herrgottzack - schwer begeistert. I'd say: Masterpiece!

Eine ausführliche Kritik von mir steht heute beim Perlentaucher; mainfränkische Mitlesende können morgen am Kiosk die neue Ausgabe von Neun7 erstehen und darin meine (allerdings wirklich knappe) Kurzbesprechung lesen.





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Montag, 28. Juli 2008
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» angelaufen.de ~ filmz.de

Vor der Pressevorführung zum neuen Superhypeheldenfilm Dark Knight wollte ich mir Nolans Franchise-Reboot von vor drei Jahren nochmals vergegenwärtigen; seinerzeit hatte ich den Film mit großer Freude im Kino gesehen und als "sehr gelungen" abgespeichert - konkrete Erinnerungen waren indes kaum mehr abzurufen.

Schön, dass auch die zweite Sichtung nicht enttäuscht: Batman Begins ist wunderbar düster und gerade jene besondere Spur zu pathetisch, die ich persönlich am reizvollsten empfinde - weniger wäre allein dem guten Geschmack verpflichtet gewesen (was wirklich keiner ernsthaft wollen sollte), mehr wäre nur mehr aufgeblasen und unerträglicher Kindermist. Nolan - der gerade bei vor allem um die Filmkunst besorgte Kritiker schnell im Verdacht steht, eigentlich nur ein geschicktes Kleverle zu sein (und sicher, mehr als, aber eben, wie ich finde, sehr gediegene, Unterhaltung fabriziert er nicht) - ist in Sachen elegisch-lyrischem noir erfahren genug, um diesem für mich faszinierendsten aller Superhelden (des stehenden Ensembles jedenfalls) genau den richtigen Tonfall zu verpassen.

Dabei unternimmt er einen recht sonderbaren, aber brillanten Zweischritt: Zum einen lässt er Batmans dunklen Seite, in den vorangegangenen, knallig-bunten und schrecklich unansehbaren Batman-Filmen so schmerzlich vernachlässigt, viel Raum und mythologisiert sie regelrecht; zum anderen aber entmythologisiert Nolan nachgerade jene "dunkle Seiten" des Titelhelden, die stets konkret vor Auge standen: Wo hat er seine Gadgets her? Wer bastelt ihm das tolle Auto? Und wieso eigentlich eine Fledermaus? Wurde Batmans Maschinenpark in früheren Filmen stets mit Bruce Waynes unglaublichem Reichtum (allerdings eben unbefriedigend) erklärt, erfährt dieser hier nun eine (wenngleich nicht völlig konsequente) materielle Verankerung im Hier und Jetzt der Figur: Die Batcave ist eine solche ganz buchstäblich und (noch?) weit von jenem unterirdischen Fort Knox mit dem Nimbus des mad scientist entfernt; sämtliche Gadgets müssen erst in Hand- und (dann doch) Laborarbeit erstmal hergestellt und herangeschafft werden. Ein besonderer Aspekt Batmans war schon immer dessen Verwundbarkeit - Batman ist eher man als super: Der Akzent, den Nolan nun in seiner schon im Titel als solche ausgewiesenen Entstehungsgeschichte der Figur nicht nur auf deren seelische Beschädigungen, sondern besonders auf ihre Symbolwerdung und -heranreifung legt, verleiht diesem neuen Batman eine ganz neue Determination: Der Trash-Batman der TV-Serie aus den 60ern bezog seinen Reiz mithin daraus, dass er zu jedem Zeitpunkt und in jeder Problemlage ein (vor allem namentlich) völlig hirnverbranntes, aber gerade jetzt ganz besonders hilfreiches Gadget aus seinem Gürtel zu zaubern vermochte: Technologie als materiell geronnene Magie. Nolans Batman indessen beginnt fürwahr bei Null, wenn jedes Ding zunächst geschaffen, gefertigt und produziert werden muss: Batman, in die Welt geworfen, ent-wirft sich.

Ein bisschen, zugegeben, leidet darunter die Dramaturgie des Films. Nolans noireske Auslotung dieser Person, die sich mühsam zum Symbol aufbaut, nur um - wie Katie Holmes's Figur es am Ende auf einen Satz herunterbricht - darin selbst als persona einzugehen, während seine eigentliche Identität zur Maske wird, greift reichlich Raum; der Blockbuster-Zuckerguss gegen Ende - Gotham droht nach Initiative des teuflischen Scarecrow im Chaos zu versinken - wirkt nachgeschoben, aufgepropft, hektisch auf der Liste abgehakt. Doch dieser Film ist, der Titel sagt es schon, nur der Beginn, das Vorspiel zur eigentlichen Oper: Der Schlussdialog zwischen Commissioner Gordon (großartig und viel zu wenig präsent: Gary Oldman) und Batman ist inhaltlich und funktional ein direkt überleitendes Scharnier zum zweiten Teil und verweist so bereits auf den umfassend epischen Charakter der neuen Batman-Reihe.

Auf deren Fortgang nun bin ich gespannt.


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Donnerstag, 29. Mai 2008
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» siehe auch lukas



Das saß - Indiana Jones is back! Und die ehrliche Liebe zum Stoff, die das Dreamteam Lucas/Spielberg, die eben doch keine geekigen Fetischisten sind, auszeichnet, ist Garant dafür, dass das mittlerweile ja auch nostalgisch vererhrte franchise sich in besten Händen befindet. Dieser neue Indiana-Jones-Film setzt die Reihe würdig fort, nicht im Sinne eines hinterher geschobenen Anhängsels, sondern als tatsächliche Fortschreibung: Indy 4 ist eben genau das, der vierte Teil und nicht Indy re-visited und verabschiedet.

Alles an dem Film ist, von dieser Perspektive aus, erfreulich. Natürlich gibt es den einen oder anderen Nexus zu den vorangegangenen Filmen (wodurch sich die Reihe bislang eigentlich kaum auszeichnete), doch das bleibt im Rahmen und übersteigt sich nicht zur steten Augenzwinkerei; die Geschichte ist ganz wunderbar groschenheftig und bekennt sich voll zum pulp, wie man es sich nur wünschen kann. Statt Comic-Nazis, wie bislang, nun Comic-Kommies hier, Comic-McCarthyisten dort (und, dazu passend, eine Comic-Atombombenexplosion noch gleich dazu, und mit der fängt das ganze Spektakel ja überhaupt erst an). Das Verfahren von Lucas/Spielberg, sich dem Kosmos der phantastischen Trivialliteratur, die hier nun, ganz 50s, Aliens mit Mayas, Kommunisten mit Atombomben und PSI-Experimente mit Rosswell-Verschwörungstheorien pulpig kombiniert, zu nähern, ist dabei nicht so sehr bibliophil, so wie etwa Guillermo del Toro ans Werk geht; vielmehr geht es um emblematische Verdichtungen: Die Versprechen der früheren Pulp-Hefte und Comics endlich einmal auf der großen Leinwand eingelöst.

So erklärt sich auch die mangelnde Ironie des Films sich selbst gegenüber, die mangelnde Ambition, aus der Verdichtung der Trivialstoffe eine Art postmodern-subkutanes Wissensgeflecht zu bilden. Lucas/Spielberg wollen Achterbahn vor exotischer Kulisse, freilich uneigentlich insofern, dass es sich hier nicht um ein Aussagesystem gegenüber der Beschaffenheit von Welt handelt, aber doch insoweit eigentlich, was den ehrlichen Unterhaltungswert betrifft. Und der ist, boy oh boy, enorm.


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Dienstag, 27. Mai 2008
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» filmportal.de



Was das Gewese nur soll, dem deutschen Film gehe es so oder so, und in der Regel nicht gut. Bullshit ist das, es geht ihm prächtig, auch wenn man vielleicht schauen muss, dass man die Diamanten findet. Im Film Eine Stadt wird erpresst findet sich einer auf einem ostdeutschen Feld; im deutschen Filmfeld findet sich Eine Stadt wird erpresst, im Spätprogramm der Öffentlich-Rechtlichen, ein verflucht gutes Stück Genrekino. Und das Schönste: Für Standortpolitik, den deutschen Film betreffend, interessiert er sich nicht die Bohne. Soll man sich im echten Leben ja auch nicht.

Wohl aber interessiert er sich für die Gegend um Leipzig, die Stadt aus dem Titel, und die Leute. Diamanten werden der Stadt abgerungen, in einer konzertierten Sprengstoffaktion, die die Poliizei - vorneweg: Kalinke (Uwe Kockisch), Altlast aus Ostzeiten im Dezernat, dem Oberstaatsanwalt ein Dorn im Auge und gerade vor dem Einsatz noch in einer Drogendisko, wo kein Einsatz ihn hinverschlug, verprügelt worden - zunächst ordentlich nasführt. Doch die Kulisse wechselt: Bald geht's um eine kleine Ortschaft, der Tagebau rückt näher, die Leute sind verzweifelt. Eingeführt wird sie als backwood. Entrückt. Ein wenig wie in einem morbiden grotesken Horrorfilm.

Bei den Ermittlungen bricht zusehends Geschichte auf. Ostgeschichte, Westpolitik. Solidarität und Raubbau. Das Verbrechen steht damit in Zusammenhang, das Ganze, vom Regisseur, hervorragend zusammengeführt. Die Topoi des Polizeifilms, seine Motive und figurativen Konstellationen - mit Leichtigkeit verflicht Graf sie mit der zunächst dafür so ungeeignet erscheinenden Region im Osten der Republik. Die Dialoge sitzen messerscharf, die Kamera sucht sich die Bilder mit eiskaltem Gespür, zugespitzt, pointiert - wie ein hektischer Blick durch's Vesier. Der Schnitt leistet assoziative Höchstarbeit. Alles konzentriert, fokussiert. Der Spannungspegel, die Plotdichte ist enorm, durchgängig. Und der Film ist gebrochen auf

Grafs Film ist, mit einem Wort, großartig. Dass er das italienische Genrekino adaptiert, wie hier vermutet, lässt sich bestätigen; dass Graf dabei nicht nur Stil und Tonfall zuweilen übernimmt, sondern auch die hohe Diskursnähe zumal des italienischen Polizeithrillers adäquat übersetzt, ist in dieser Hinsicht seine große Leistung. Von der verdammt guten Unterhaltung ganz abgesehen: Großes Kino auf kleinem Bildschirm - ein echter Geheimtipp!


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Donnerstag, 8. Mai 2008
» imdb ~ inhaltsangabe
» siehe auch soilworker ~ oli



Zugegeben, es tut schon ein bisschen weh, wenn Argento nach bald 30 Jahren Pause seine beiden gefeierten Meisterstücke des surrealen Horrors, Suspiria und Inferno, an denen auch mein Herz sehr hängt, mit La Terza Madre endlich zur lange angekündigten Trilogie vollendet und dabei so gar nicht an die deliranten und visuellen Qualitäten der Vorläufer anschließt. Keine große Oper, dafür ein blutig-goriges Gehacke, dass man sich in selbstkontrollierten und bundesgeprüften Hinterraum-Büros vermutlich schon die Hände reibt.

Und trotzdem: Auf seltsame Weise hat mir dieser Argento Spaß gemacht. So wie es einem Spaß macht, wenn in der Geisterbahn das Pappmaché bröckelt. Mag dran liegen, dass man vom einstmaligen Maestro, dessen letzter einigermaßen (und auch wirklich nur einigermaßen) passabler Film immerhin auch schon wieder sieben Jahre zurück liegt, mittlerweile einfach von vornherein nichts mehr erwarten kann, auch wenn es um die guten alten Hexenmütter geht. Von solcher Warte aus betrachtet, bekommt man immerhin ordentlichen Italo-Cheese serviert, der sich weniger an Argentos Farbhalluzinationen, dafür aber an die fiesen 80s nasties anlehnt. La Terza Madre scheint mir somit auch wirklich eher eine Ehrerweisung an Lucio Fulci zu sein, als eine wirkliche Fortsetzung der beiden ersten Filme, auch wenn hier in der Tat, rein inhaltlich, der Versuch gewagt wird, die doch recht disparaten Fäden der Hexengeschichte zu einem Miniatur-Epos zu verbinden. Dies kann natürlich nur daneben gehen angesichts eines mit Plots und Stories schon immer völlig überforderten Regisseurs. Sehr kurios (und auf so seltsame Art beschissen, dass man es eigentlich schon wieder interessant finden kann) ist denn auch der Schluss, der ja eigentlich, in Genrelogik, den Höhepunkt darstellen sollte, aber irgendwie, naja, eigentlich nur völlig neben sich steht.

Irgendwie hübsch ist indessen die vollkommene Groschenheftigkeit der dargebotenen Unternehmung. La Terza Madre könnte auch ein Abenteuer von John Sinclair minus dessen alt-bundesrepublikanisch gemütlicher Altbackenheit sein. Zumindest wenn das Abenteuer nach wenig Schlaf und mit viel Kaffee schnell runtergeschrieben wurde. Muss man nicht gut finden, kann man aber, wenn man gerade gut gelaunt ist.

Zeugnis von der allgemeinen Verwirrung legt mitunter auch der Soundtrack ab, der mal alte Goblin-Melodien anklingen lässt, dann wieder diffuse electronic beats anschlägt und neben ein paar hie und da untergebrachten Orchesterscores schließlich auch Bernard Herrmanns Geigerei aus Hitchcock-Zeiten zumindest allusiv in den Film reinholt. Eine große Stolperei also von einem ins nächste, immer so, wie es gerade im Moment so passt, selbst wenn solche Wechsel völlig abrupt aufeinander folgen.

Was noch auffiel: Die unglaubliche Präsenz nicht so sehr von Büchern, sondern von mit Büchern möblierten Räumen. Asia Argento als Sarah Mandy rennt hier von einem Bucharchiv ins nächste. Für mich, der mit Büchern vollgestopfte Räume eigentlich immer schon mal von vornherein gut findet, ist das natürlich prima und die Zukunft, bzw. die (analytische) Rezeption wird zeigen, ob da vielleicht sogar sowas wie System dahinter steckt.

Argentos goldene Zeiten sind nunmal vorbei, das weiß man nicht erst seit La Terza Madre. Von daher kann man sich die Tränen - haha - auch sparen. Im Horizont jüngerer Desaster des guten Mannes ist La Terza Madre immerhin ganz nett geraten. Schwamm drüber.


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Freitag, 4. April 2008
Kein gutes Zeichen, wenn mich ein Film nach rund fünf Minuten dazu inspiriert, ein bisschen nebenbei im Netz zu surfen. In der Regel zieht dabei der Film aufmerksamkeitsökonomisch sehr rasch den kürzeren; bei Hirschbiegels Invasion war das gestern Nacht der Fall - ich glaube, man kann ihn sich schenken, auch wenn Kidmans Australo-Akzent freilich sehr niedlich ist. Kurz ein wenig gelacht habe ich, als bei Laufzeit 06:38 eine Digitaluhr im Bild zu sehen ist, die als Uhrzeit 06:45 anzeigt - nun hab' ich's zwar nicht ausgerechnet, aber wenn man den PAL-Speedup miteinbezieht, könnte es sogar sein, dass die Uhrzeitangabe mit der Laufzeitangabe identisch ist. Wäre immerhin hübsch.

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Zuletzt waren ein paar Auffrischungen aus meiner Jugend fällig. Kinder, was habe ich die Mad Max-Streifen früher geliebt! Schön festzustellen, dass die Filme bis heute noch verdammt gute Rocker sind. Zugegeben, Teil 3 sackt etwas ab. Die Kinderei in der zweiten Hälfte ist zwar für den Kultur- und Mythenforscher recht interessant und gar nicht mal dumm angelegt, aber wer bitte will sowas bei Mad Max sehen? Dafür begeistert Teil 1, den ich seinerzeit (ich spreche von Zeiten, als ich den Film rein jugendschutzrechtlich gar nicht hätte sehen dürfen, ich war so 12 oder 13, schöne Grüße an dieser Stelle an die BPjM) eher nicht so prall fand, mit unglaublich rabaukiger B-Movie-Madness auf allen Ebenen: So gehen Maverick-Actionfilme und nicht anders! Schön auch zu sehen, dass der Film eigentlich nichts anderes darstellt als eine origin story im Superhelden-Sinne (freilich ohne Superkräfte, aber die hat Maxens Leidgenosse Punisher ja schließlich auch nicht), wie überhaupt auch das völlig seltsam geratene storytelling fasziniert. Teil 2 potenziert die Rabaukerei schließlich unbekümmert vor apokalyptischer Fantasy-Kulisse (und mit wesentlich mehr Budget...) - rein handwerklich betrachtet sicherlich eine der besten Materialschlachten des 80er Jahre Actiongewerbes und auch heute noch schwer beeindruckend.

Wer möchte, erfreut sich hier an diversen Clips.

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Eher fremdschämen war indes bei der erneuten Sichtung von Running Man angesagt. Zuletzt gesehen, ich weiß nicht wann, irgendwann lange vor DVD jedenfalls. Abgebucht unter: Knorke Action mit Subversionsvorteil. Erneute Sichtung ergibt: Unfassbar plumpe, uninspirierte Inszenierung im Stil von Action-Vorabendserien (was nicht verwundert: Der Regisseur war in den 70er Jahren Starsky in Starsky & Hutch und vor wie nach Running Man vor allem Fernsehregisseur), eine absolut scheußlich-infantile Synchro ohne Charme, Plotschwächen und Logiklöcher, die Auswüchse annehmen, dass man um die Kontinuität von Raum und Zeit zu bangen beginnt, eine Ausstattung, die von fast jedem zeitgenössischen C64-Jump'n'Run geschlagen wird und ein regelrecht schwachsinniger Begriff von Subversion, die sich insofern eigentlich schon wieder selbst subvertiert, da sie ihre dämliche TV-Kritik rein "inhaltistisch" begreift und eigentlich nur eine Art geläuterten Medienfaschismus als Alternative anbietet, ohne das richtig zu bemerken. Hinzu kommt, dass eigentlich fast alle bösen Gladiatoren an eigener Dummheit und Unvermögen krepieren, dass man sich unweigerlich fragt, ob die sich auch beim Schuhezubinden tödlich verletzen.

Aber eigentlich ist es schon faszinierend, wie so ein Film überhaupt produziert werden, sich am Markt durchsetzen und einen derartigen Kult-Status erlangen konnte. Betrachtet man ihn kontextualisiert, ergibt es sich, dass Arnold zu dieser Zeit eigentlich schon ein Superstar war, dass Actionfilme mit zynisch-dystopischem Szenario durchaus Konjunktur hatten und inszenatorisch wie atmosphärisch schon weitaus elaborierter waren, als eine solche Hinkerei am Krückstock, die ohne den Governor vermutlich straight in die Direct-to-Video-Hölle gereist, im Nachtprogramm der Privatsender verheizt und anschließend in die allgemeine Vergessenheit verabschiedet worden wäre. Immerhin lässt sich zugestehen: Man kann sich über die Schwächen des Films auf wirklich allen Ebenen prächtig amüsieren - im Gegensatz zu anderen B-Movies aber eigentlich wirklich nur über und nicht mit ihm.

Passend: Die DVD, von der der Film gekuckt wurde, ist aller Wahrscheinlichkeit nach eine der qualitativ schlechtesten, die mir jemals begegnet ist.

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Ganz großer Spaß hingegen: Santo en la Veganza de la Momia, ein grobschlächtiges holziges Trash Movie par excellence, offensichtlich im Dauerlauf runtergekurbelt, ohne Sinn und Verstand alle Zutaten zusammengeschmissen und ab in den Kinobetrieb gekotzt. Resultat: Eigentlich gibt's in fast jeder Sequenz was zu entdecken.

So dachte man sich offenbar, dass man Santos absolute Virilität auch dadurch unterstreichen könnte, dass man ihn ständig mit irgendeinem Instrument in der Hand zeigt, dass Authorität und Souveränität ausstrahlt. So ist er in bestens ausgeleuchteten Szenen mit einer leuchtenden Funzel von einer Taschenlampe zu sehen, die nicht im geringsten einen Zweck erfüllt, aber wichtig rüberkommt. Wenn er den Dschungel verlässt, haut Santo demonstrativ mit der Machete um sich, auch wenn das nur ein harmloses Büschel Gras ist, dem auf diese Weise aus dem Leben geholfen wird. Beim schon recht debilen Showdown in einer Höhle zwischen der Mumie aus dem Titel und dem Helden aus dem Titel wird unter anderem wie blöde mit einer Fackel herumgefuchtelt und geworfen, dass irgendwann sogar der offenbar aus brennbarem Material gefertigte Höhlenstein zu brennen beginnt, was freilich die diegetische Realität des Films schwer in Frage stellt.

Nein, ehrlich, was für ein Spaß. Einer, der nach Dosenbier zwar schmeckt, aber manchmal ist stumpf ganz einfach Trumpf.

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Bei Snakes on a Plane war mir schon der seinerzeitige Internet-Viral-Hype recht suspekt - ich wähnte Gurkiges unterm Kult-Mantel versteckt im Argen. Auf DVD ergibt sich's denn auch, dass der Film zurecht umgangen wurde; hie und da gibt's gewiss hübsche Geschmacklosigkeiten und ein paar nette Bescheuertheiten. Aber echtes Dosenbier-Feeling geht für meine Begriffe einfach anders. Hier steht Snakes on a Plane dem ähnlich uninteressanten Slither, der kurz zuvor vergeblich an die eher geekigen Unterhaltungs-Horrorfilme vornehmlich der 80er Jahre anzuschließen versucht hatte, eigentlich in nichts nach: Ein bisserl hübsch, weitestgehend uninspiriert, insgesamt recht Wurscht und schnell vergessen.


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Donnerstag, 3. April 2008


In eigener Sache: Heute läuft Michel Gondrys neuer, sehr bezaubernder Film Be Kind Rewind (mit Lust zum Doppelsinn in Deutschland Abgedreht benannt, naja...) in den Kinos an, der mir als Videothekar in einer ebenfalls nicht ganz üblichen Videothek natürlich von vornherein schon gefallen muss, aber auch darüber hinaus sehr schön geraten ist. Meine Besprechung erschien gestern beim Perlentaucher im Doppelpack mit Lukas' Text zu Untraceable, einem Serienkillerfilm, mit dem sich wiederum Stefan bei Telepolis mit Serienkillerfilmforscher-Expertise beschäftigt.

Den in meinem Text angesprochenen, von Gondry handgeschwedeten Trailer zum Film habe ich in mein kleines, feines Tumblelog gestellt, das sich immer über Gäste freut: klick! Ebenfalls dort versammelt: Weitere schöne, von Fans im Zuge von Be Kind Rewind geschwedete Blockbuster-Filme - Tron, Star Wars und Jurassic Park.

Zahlreiche weitere geschwedete Filme findet man bei YouTube unter dem Suchbegriff "sweded".


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Mittwoch, 27. Februar 2008


Die Coens zurück in alter guter, wenn nicht besserer Form - nach den blödsinnigen Ein (un)möglicher Härtefall und Ladykillers hätte ich das nicht mehr erwartet. Umso schöner, dass No Country ein wunderbar grimmiger, düsterer Neo-Noir-Western geworden ist, der, zumal auf großer Leinwand, Freunde solcher Filme sehr mitreißen sollte. Mich hat er das jedenfalls. Einer der seltenen Momente, in denen das Sonnenlicht nach Verlassen des Kinos - Pressevorführungen finden ja meist tagsüber statt - anders aussieht, weil man noch halb im Film steckt und für die Realität noch gar nicht gewappnet ist.

Eine ausführliche Kritik habe ich für den perlentaucher verfasst, dazu gibt's unter demselben Link im Bunde noch Ekkehards Besprechung von Todd Haynes' I'm not There, auf den ich mich auch schon freue.

Trailer:



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Freitag, 22. Februar 2008
»Als Sweeney Todd (Johnny Depp) unschuldig ins Gefängnis geworfen wird, schwört er Rache, nicht nur für seine brutale Strafe, sondern auch für das grausige Schicksal, das seine Frau und Tochter erleiden müssen. Eines Tages kehrt er zurück, arbeitet wieder als Frisör und steigt zum dämonischen Barbier der Fleet Street auf: "Er rasiert den Gentlemen die Köpfe, die daraufhin spurlos verschwinden."«
(Text: Warner Bros.)
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Sweeney Todd ist Tom Burtons düsterster, tragischster, mit Gewissheit sein blutigster Film, sein bester indessen leider nicht.



London als Unterwelt zu zeichnen, in die mit dem Boot erst hinüberzusetzen ist (im Original - auf der Bühne, im Film - fehlt diese Anreise meines Wissens), funktioniert zwar; selten war London derart teerig, rußig, dreckig, kurzum: schwarz zu sehen. Schritt für Schritt verdüstert sich das Bild, bis man schließlich im Keller angekommen ist, wo der dunkel dräuende Eisenofen überstundenlang brennt und sich die Leichen stapeln.

Allein fraglich bleibt die Entscheidung, auf das Musical nicht zu verzichten; dass Johnny Depp und Helena Bonham Carter gut singen könnten, mag vermutlich niemand behaupten wollen (Depp, immerhin, gibt sich Mühe). Es mangelt den (viel zu häufigen) Gesangssequenzen auch an Irrsinn, sprühendem Witz oder wenigstens durchchoreografierter Grandezza. Im wesentlichen wirken sie hemmend und stehen dem Film oft im Wege.

Auch scheint Burton langsam, aber sicher in eine Phase seines Schaffens eingetreten zu sein, in dem sein unbedingter Wille zur Gestaltung alles, vor allem den Film, unter sich erdrückt. Das war beim Willie-Wonka-Film schon ähnlich, aus dem ich mit Zahnschmerzen gegangen bin; hier ist's kaum anders: Dem Staunen über die ästhetische Wunderwelt, die Burton einst mit lockerer Hand aus dem Hut gezaubert zu haben schien, steht der Film hier mit all seiner Wucht und Pedanterie entgegen.

Nicht, dass Sweeney Todd ein wirklich schlechter Film wäre. Nur wo früher bei Burton die Funken sprühten, wirkt dieser Film wie ein Basaltstein erstarrt.


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Mittwoch, 20. Februar 2008
Morgen läuft James Grays Helden der Nacht an (original schöner We own the Night betitelt), ein kleiner Genrefilm am Rande des Kinobetriebs, der mich und Perlentaucher-Kollege Lukas ziemlich fasziniert hat. Vermutlich kein Film, den in Jahren noch viele kennen werden, aber als kleiner Rabauke aus Hollywood eben doch sehenswert und mit einigen sehr furios inszenierten Sequenzen (und eben tatsächlich noch inszeniert, nicht designt oder mit 100 Wackelkameras aufgenommen).

Eine komplette Kritik habe ich für den perlentaucher geschrieben. Einen Trailer gibt's hier zum Anwärmen:



Überhaupt schon auffällig, dass Mark Wahlberg - im Großfilm Departed zur Nebenrolle an der Grenze zur Lächerlichkeit verurteilt - in letzter Zeit eher durch kleinere, dafür fulminante Genrefilme von sich reden macht. Letztes Jahr der großartige Shooter, dieses Jahr We Own the Night? Mal schauen, was da noch kommt...


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lol