Thema: Berlinale 2004
19. Januar 04 | Autor: immo | 0 Kommentare | Kommentieren

Die Jury wird am 14. Februar die verschiedenen Auszeichnungen des Wettbewerbs verleihen.
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Thema: Berlinale 2004
19. Januar 04 | Autor: thomas.reuthebuch | 0 Kommentare | Kommentieren

Es geht also um die Zwiespältigkeit von Moralbegriffen und deren Verfall, die beinahe exemplarisch anmutend in der Dreiecksbeziehung zwischen dem verschlossenen Sissy, dessen bescheuerter Name wohl auch im chinesischen ähnlich dämlich klingt, seiner kindlichen Verlobten Qing Hua und dem Waisenknaben Chun Sheng. Qing Hua träumt von einer rot gekleideten Frau, von Menschen umringt, Chun Sheng wird etwa zur selben Zeit dazu angestiftet das "Grab der Jungfrau" zu plündern, jener Ort, an dem der Legende nach eine Frau auf der Flucht vor Räubern von einem Felsen sprang um ihre Jungfräulichkeit zu retten. Bereits in der Hochzeitsnacht sitzt Chung Sen mit am Tisch, heimlich versteht sich, und stößt mit Qing Hua und ner Pulle Hochprozentigem aufs Leben an. Wenig später ist Sissy spurlos verschwunden. Nachdem er kurzerhand von den Dorfältesten für Tod erklärt wird, soll ihm Qing Hua ins Jenseits folgen. Die eigene Mutter mischt ihr den Giftcocktail. Für das unerkannte Liebespaar ist die Zeit reif um aus dem Nest zu fliehen und das Glück in der großen Stadt zu suchen.
Der Film besteht aus zwei etwa gleich großen Teilen. Die erste Hälfte spielt im Dorf, in den selbst für chinesische Verhältnisse ärmlichen Lehmhöhlen, die in die hügelige Landschaft getrieben wurden - in einem mittelalterlich anmutendem Sozialverbund, inmitten einer kargen Landschaft, der Kameramann Wong Ping Hung immer wieder Bilder von bemerkenswerter Schönheit abringen kann. Die Erzählung braucht sehr viel Zeit um zu sich zu kommen, ist zunächst damit beschäftigt das Setting zu beschreiben, uns die Lebensumstände und die befremdlichen Rituale der Menschen näherzubringen. Die Einstellungsgrößen lassen uns kaum Luft, der abgeschrittene Raum, auch wenn wir häufig den Handlungsort wechseln, bleibt überschaubar. Dann jedoch, immer wiederkehrend, über den ganzen Film verteilt, löst sich der Blick. Wir gewinnen Distanz zu den Figuren, zu ihrer Welt und begreifen dadurch erst ihre Umstände. Mal ist es eine Kranfahrt, mal ein Dollyshot, immer jedoch sind es freischwebende, gleitende Kamerafahrten, die einen krassen Kontrast abgeben, zu dem was der Film dazwischen an Sozialstudie betreibt.
Im zweiten Teil dann die Stadt. Sissy wird zunächst gezeigt, der sich mit der Animierdame Yan Yan angefreundet hat, ihr die Kunden zutreibt und dabei von einer Gaunerbande instrumentalisiert wird, die den Freiern das Geld abpresst. Er trinkt zum ersten Mal Cola, findet gefallen an Kentucky Fried Chicken. In einer erbärmlichen Unterkunft trifft er schließlich auf Qing Hua und Chung Sheng, die in die Stadt gekommen sind um ihn zu suchen. Wie zu erwarten reagiert Quing Hua eifersüchtig auf Yan Yan, die den beiden Männern bald den Kopf verdreht hat.
Auch in der Stadt verfolgt Kwok Wai Lun das gleiche Prinzip. Wir sehen immer nur Ausschnitte, eine desolate Wartehalle, der winzige Fiseursalon, in dem Yan Yan unterschlüpft, die Gießerei, in der Chung Seng Arbeit findet. Der allgegenwärtige Verfall wird zum ästhetischen Prinzip erhoben. Hier beschränken sich die beschriebenen Fahrten auf Hinterhöfe oder Fußgängertunnel. Die einzige Totale zeigt ein Kraftwerk, vor dessen Hintergrund Betonpfeiler aus der Erde ragen. Nicht nur hier, auch bereits vorher, wenn ein verdörrter Baum das Bild dominiert, kommt einem Tarkowskij in den Sinn - die Stadt erinnert an die verbotene Zone aus "Stalker" - oder vielleicht sogar Lars von Trier, was die tableauartigen, durch die Kadrierung wie gerahmt wirkenden Bilder anbelangt. "Darkness Bride" ist aber zuallererst unabhängiges chinesisches Kino, wie man es ähnlich auch schon in den Jahren zuvor im Forum beobachten konnte. In der letzten Einstellung etwa sitzt Sissy in der Polizeistation. Kurz zuvor erst hat er Bekanntschaft gemacht mit der alltäglichen staatlichen Willkür, die Kleinkriminelle oder einfach nur Pechvögel auf Lieferwägen verlädt und vom plärrenden Megaphon begleitet durch die Stadt karrt. Als er da so sitzt, auf der Bank, entfernt sich die Kamera von ihm und zeigt uns zum ersten und einzigen Mal die Stadt im zusammenhängenden Kontext. Vor unseren Augen verschwindet die Häuserzeile hinter einer Wegbiegung, auf den unbefestigten Straßen verstreut liegt verlorengegangenes Transportgut - saftig rote Tomaten, die in ihrer Farbe an das Mädchen aus Qing Huas Träumen erinnert. Der Film kommt schließlich mit diesem Bild zu seinem ursprünglichen Anliegen zurück und es ist beinahe als stünde er sich mit diesem bemüht wirkenden thematischen Überbau selbst im Weg.
Darkness Bride (You Gow, Hong Kong/Taiwan 2003)
Regie: William Kwok Wai Lun; Buch: William Kwok Wai Lun, Wing Wang; Kamera: Wong Ping Hung
Darsteller: Fang Jing (Qing Hua), Tang Lu (Yan Yan), Wu Jian (Chun Sheng), Gao Fei (Sissy)
Länge: 104 Minuten
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Doch in Hard-Luck Hero mag dieses Konzept diesmal nicht wirklich überzeugend aufgehen. Wo in vergangenen Filmen die Struktur der Anordnung lediglich die Matrix für ein Feuerwerk absurd-witziger (Monday) oder absurd-charmanter (Blessing Bell) Ideen bildete, ist sie in Hard-Luck Hero nur noch Erkennungsmerkmal ohne weitere Referenz, das sagt: "Dies ist ein Sabu-Film." Und danach auch schon verstummt. Nachdem seine Filmografie bislang als Archiv von Fortbewegungsstudien angesehen werden darf - eine Binsenweisheit, natürlich -, scheint sich ein zweites Konzept abzuzeichnen: Sabus Filme gleichen mehr und mehr filmischen Pendants zu jener Sorte von Witz, die meist genüsslich lang und mit eindeutigen Absichten umständlich erzählt werden, um sich dann zuletzt in einer nicht vorhandenen Pointe zu erschöpfen, die in erster Linie, nach all dem Aufwand, zunächst nur für den Erzähler witzig ist. In Blessing Bell ging dieses Auflösungskonzept noch gut auf: Hier hatte Sabu die Lacher in dieser eigentlich recht unbefriedigenden Auflösung ohne weiteres auf seiner Seite. Nach Hard-Luck Hero aber, wo alles nur noch altbekanntes Schema ist und der Witz sich dann, auch in der Organisation des Zeitablaufs der Geschehnisse, nur darin erschöpft, als finales Bild einen in der Tat spektakulär inszenierten Crash zu zeigen, wundert man sich indes eher über diesen wunderlichen Erzähler. Dass es sich lediglich um einen kleinen Ausrutscher in einer ansonsten ohne Zweifel beeindruckenden Filmografie handelt, bleibt zu hoffen.
Der Film läuft auf den 54. Internationalen Filmfestspielen Berlin im Rahmen des Internationalen Forums des jungen Films.
>> Hard Luck Hero (Japan 2003)
>> Regie: Sabu
zur Berlinale-Kritikenübersicht | kritik von e.knörer
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Thema: Berlinale 2004
Thomas Reuthebuch und Thomas Groh berichten gemeinsam von den Filmen der 54. Internationalen Filmfestspiele Berlin. Im folgenden alle besprochenen Filme im direkten Überblick mit Links zu den Kritiken und als besonderen Service noch die Links zu den Besprechungen unserer Kollegen von jump-cut.de. Diese Übersicht wird im Verlauf natürlich ständig aktualisiert.
A Day on the Planet (Isao Yukisada, Japan 2003) [Panorama]
Thomas Groh A Tale of Two Sisters (Kim Jee-Woon, Südkorea 2003) [Forum]
Thomas Reuthebuch | Thomas Groh | Ekkehard Knörer (jump-cut.de) Akame 48 Waterfalls (Genjirou Arato, Japan 2003) [Panorama]
Thomas Reuthebuch | Ekkehard Knörer (jump-cut.de) Badlands (Terrence Malick, USA 1973) [Retrospektive]
Thomas Groh Baytong (Nonzee Nimibutr, Thailand 2003) [Forum]
Ekkehard Knörer (jump-cut.de) Before Sunset (Richard Linklater, USA 2004) [Wettbewerb]
Thomas Groh Capitalist Manifesto: Workin Men of All Countries, Accumulate! (Kim Gok/Kim Sun, Korea 2003) [Forum]
Thomas Groh Chicken is Barefoot, The (Morisaki Azuma, Japan 2003) [Forum]
Thomas Groh (Kurzkritik) Cold Mountain (Anthony Minghella, USA 2003) [Wettbewerb]
Thomas Reuthebuch | Thomas Groh | Ekkehard Knörer (jump-cut.de) Country of my Skull (John Boorman, GB/Irland 2003)
Thomas Reuthebuch Darkness Bride (William Kwok Wai Lun, Hong Kong/Taiwan, 2003) [Forum]
Thomas Reuthebuch David Holzman's Diary (Jim McBride, USA 1967)
Thomas Groh | Thomas Reuthebuch Demain, on déménage (Frankreich 2003, Chantal Ackerman) [Panorama]
Thomas Reuthebuch Film as a Subversive Art (Paul Cronin, Großbritannien/USA 2003) [Forum]
Thomas Groh | Ekkehard Knörer (jump-cut.de) French Connection (William Friedkin, USA 1971) [Retrospektive]
Thomas Groh | Thomas Reuthebuch Hard Luck Hero (Sabu, Japan 2003) [Forum]
Thomas Groh | Ekkehard Knörer (jump-cut.de) Last Detail, The (Hal Ashby, USA 1973/73) [Retrospektive]
Thomas Reuthebuch Lost in Time (Derek Yee, Hongkong 2003) [Panorama]
Thomas Groh Machinist, The (Brad Anderson, Spanien 2004) [Panorama]
Thomas Groh | Ekkehard Knörer (jump-cut.de) Monster (Patty Jankins, USA 2003) [Wettbewerb]
Thomas Groh My Girl (div., Thailand 2003) [Forum]
Thomas Groh Nacht singt ihre Lieder, Die (Romuald Karmakar, Deutschland 2004) [Wettbewerb]
Thomas Groh Night of the living Dead (George A. Romero, USA 1968) [Retrospektive]
Thomas Groh One Missed Call (Takashi Miike, Japan 2003) [Forum]
Thomas Groh Panic in Needle Park, The (Jerry Schatzberg, USA 1970/71) [Retrospektive]
Thomas Reuthebuch Proteus (John Greyson, Jack Lewis, Südafrika 2003) [Panorama]
Ekkehard Knörer (jump-cut.de) Running On Karma (Johnnie To/Wai Ka Fai, Hongkong 2003) [Forum]
Thomas Reuthebuch | Ekkehard Knörer (jump-cut.de) Samaria (Kim Ki-Duk, Südkorea 2003) [Wettbewerb]
Thomas Reuthebuch Sisters (Brian de Palma, USA 1973) [Retrospektive]
Thomas Groh Something's Gotta Give (Nancy Meyers, USA 2003) [Wettbewerb]
Thomas Groh Stratosphere Girl, The (Matthias X. Oberg, Deutschland 2003) [Panorama]
Thomas Reuthebuch | Thomas Groh Sweet Sweetback´s Baadasssss Song (Melvin Van Peebles, USA 1970/71) [Retrospektive]
Thomas Reuthebuch Two-Lane Blacktop (Monte Hellman, USA 1971) [Retrospektive]
Ekkehard Knörer (jump-cut.de) Was nützt die Liebe in Gedanken? (Achim von Börries, Deutschland 2004) [Panorama]
Thomas Groh Wild Angels, The (Roger Corman, USA 1966) [Retrospektive]
Thomas Groh Wild Bunch, The (Sam Peckinpah, USA 1969) [Retrospektive]
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17. Januar 04 | Autor: thomas.reuthebuch | 0 Kommentare | Kommentieren


Weder Chloés schauspielerisches Können noch M.X.Obergs Inszenierung vermögen diesem Ansatz zu folgen - folgerichtig deshalb vielleicht nur, dass es auch dem Drehbuch an Mut mangelt. Anstatt die sexuell aufgeladene Atmosphäre zu nutzen und tiefer zu gehen, dem Tagtraum die dunkle Seite zu entlocken, verliert sich der Film in einem lächerlichen Thrillerplot, in einer idealisierten, naiven Teenagerphantasie (wer hat im übrigen behauptet, dass Teenagerphantasien idealisiert und naiv sein müssen?) - und selbst der traut man dann nicht über den Weg. Der Yakuza-Boss mit dem fehlenden kleinen Finger ist eine Karikatur, von Filip Peeters als Knallcharge dargestellt, die Suche nach der vermissten Larissa, die locker die zweite Hälfte des Films in Anspruch nimmt, verliert sich zunehmend in geschwätzigen dialoglastigen Szenen, mit anderen Worten: der Film läuft auf Grundeis.
Vielversprechend waren die sorgfältig austarierten Szenen im ersten Drittel, die uns im Schwebezustand hielten, unser Interesse am großen Abenteuer anfachten; bemerkenswert ist die Kameraarbeit von Michael Mieke, sind die wunderschön ausgeleuchteten, stilisierten Sets, wenn der Film zurückwill, auf die Ebene der assoziationsgesteuerten Imagination seiner Hauptfigur. Aber es fehlt an Entschiedenheit, das alles zusammenzuhalten; es fehlt auch, fürchte ich, an inszenatorischem Handwerk. Gerade gegen Ende misslingen kleine Momente, wenn ein vielsagender Blick ins Nichts läuft oder die Schauspieler "verkehrt" durchs Bild laufen. Immer sind das natürlich auch Fragen des Geschmacks und der Intention. Mir schien es jedoch als subsummierten sich diese "Kleinigkeiten" zur Ursache für das Umkippen des Films.
Die letzte Szene, in der Angela zeichnend in ihrem Reihenhaus gezeigt wird, in der Blickachse die Protagonisten der Geschichte, als Interieur einer Gartenlandschaft entlarvt, wirkt unter diesem Eindruck beinahe wie eine Entschuldigung.
Ab 02. Septemerb 2004 im Kino.
The Stratosphere Girl (Deutschland 2003)
Regie/Drehbuch: Matthias X. Oberg
Darsteller: Cloé Winkel, John Ng, Tara Elders, Mette Louise Holland, u.a.
Länge: 85 Minuten
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Thema: Berlinale 2004
17. Januar 04 | Autor: thgroh | 0 Kommentare | Kommentieren


Die Auflösung dieses, zumal für Genrekenner eher leicht gestrickten Knotens entspricht dann auch den Vermutungen des geschulten Zuschauers von gleich zu Beginn: Könnte alles ja auch ganz anders sein. Vielleicht sehen wir nur Assoziationen eines mit dem Discman durchs Zimmer tanzenden Mädchens, welches vielleicht gerade zuvor einen spannenden Film gesehen hat. So erklärt sich denn auch final, mit eben diesem Bild im Abspann, die immer etwas seltsam verschämte Atmosphäre des Films: Eigentlich ist das alles nur Mädchenkitsch aus dem Jugendzimmer. Das ist an sich noch gar nichts Schlechtes. Sofia Coppolas Filme sind schließlich auch nichts anderes. Nur beide Jugendzimmer sind dann eben doch unterschiedlich eingerichtet: Bei Coppola finden wir orangefarbene Plastikplattenspieler, verkratzte Vinylsingles auf einem fusseligen Flokati und dann noch Lackschuhe, deren abgeplatzte Stellen hastig mit schwarzem Filzer übermalt wurden. In The Stratosphere Girl indes riecht alles nach Dachzimmer mit Schräge, Ikea-Nachttischlampe, Bravo-Hits-CDs und einem Blick in den sauberen Garten, wo Muttern gerade die Hecken schneidet. Etwas Abenteuerkolorit für's Reihenhaus, wie schade um die teils ja sogar wirklich sehr schönen Bilder.
Der Film läuft auf den 54. Internationalen Filmfestspielen Berlin im Rahmen der Panorama-Sektion und ab 02. September 2004 im Kino.
>> The Stratosphere Girl (Deutschland 2003)
>> Regie/Drehbuch: Matthias X. Oberg
>> Darsteller: Cloé Winkel, John Ng, Tara Elders, Mette Louise Holland, u.a.
>> Länge: 85 Minuten
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Thema: Berlinale 2004
16. Januar 04 | Autor: thomas.reuthebuch | 0 Kommentare | Kommentieren


Um den Zuschauer nicht zu verunsichern, da ist man sich einig, muss man möglichst schnell etablieren auf welcher Hochzeit man tanzen will. Man kann auch das genaue Gegenteil davon tun und dennoch davonkommen. To/Fai habens bewiesen.
Der Film läuft auf den 54. Internationalen Filmfestspielen Berlin im Rahmen des Internationalen Forums des jungen Films.
>> Running on Karma (Hongkong 2003)
>> Regie: Johnnie To, Wai Ka Fai
>> Drehbuch: Wai Ka Fai, Yau Nai Hoi, Au Kin Yee, Yip Tin Shing
>> Darsteller: Andy Lau, Cecilia Cheung
imdb | offizielle website | trailer (6.8 MB, Quicktime)
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Thema: Berlinale 2004
16. Januar 04 | Autor: thgroh | 0 Kommentare | Kommentieren

Die Gegenwart des Films erstickt geradezu am Vergangenem: Der Schauplatz des kammerspielartigen Geschehens, ein altes Anwesen irgendwo im koreanischen Nirgendwo, könnte glatt aus dem viktorianischen England stammen. Alles bestickt und geradezu aufdringlich pittoresk. Dann die Figuren darin (grotesk deplaziert vor diesem Hintergrund eigentlich): Vater, zwei Töchter und die böse, böse Stiefmutter (Ja! Genau!). Dass da früher was war, was das Heute nicht so recht funktionabel gestaltet, wird umgehend klar. Alles neurotisch, hysterisch, paranoid. Wer wem wann was angetan hat: Kaum ersichtlich. Andeutungen zwar überall, nie aber Aussagen, Auseinandersetzungen. Ausflüchte und Gemeinheiten am Rande. Stieftöchter in Schränke sperren beispielsweise, ganz wie das Vorbild aus dem Märchen. Und dann in alten Kisten Fotos von ganz früher. Als die leibliche Mutter noch lebte: Schock, Trauma, Gesichter werden durchgestrichen, rausgerissen, weg damit, weg mit dieser Vergangenheit. Verdrängungsarbeit, man kommt ja kaum mehr zu was anderem. Es entstehen auf engstem Raum Dynamiken, die ihren Ursprung in der Vergangenheit haben: "Was zum Teufel hat uns hierher gebracht?", irgendwann als Frage im Raum, kurz bevor man dem anderen die schwere Statue über den Schädel zieht. Lieber keine Antworten abwarten, könnte äußerst unangenehm werden. Draufhauen, aus dem Weg räumen, statt sich erinnern. Bis es soweit kommt, ist man längst schon im Kinosessel versunken, ganz tief drinnen in dieser angespannten Welt, auch wenn man selbst mehr Fragen als Antworten hat. Das ist in dem Moment egal.

Das Bemerkenswerte: Man fasst den Horrorfilm ästhetisch wie inhaltlich zusammen. Das hat man mit Kubricks Shining gemein. Etwas Haunted House, dann Geisterfilm, verdrängte Schuld, also somit dann auch Poe, doch dann wieder die Kehrtwende und weg von all dem Hokuspokus: Also moderner Horrorfilm. Wo der Nachbar der Böse ist. Wie wenig metaphysisch es eigentlich zugeht, sieht man schon etwa, wenn die expressionistischen Traditionen verpflichtete Ausleuchtung zwar vorhanden, doch nie aber, wie beispielsweise bei Bava, eine dem Effekt untergeordnete und gekünstelte ist, sondern ihren Ursprung direkt in der Diegese findet: Ein Lampenschirm wird umgeworfen, bevor er von unten Gesichter in ein seltsames Licht kleiden darf. Und wenn am Ende das Projekt der Auflösung des Raumes weit genug fortgeschritten ist, wenn Verlässlichkeit als Zustand inhaltslos geworden ist, dann ist die Begegnung mit sich Selbst so naheliegend wie, in Folge, gruselig. Und jetzt bitte Geigen! Ganz laut, immer der selbe, gellende Ton. Sie wissen schon.
Der Film läuft auf den 54. Internationalen Filmfestspielen Berlin im Rahmen des Internationalen Forums des jungen Films.
>> A Tale of Two Sisters (Janghwa, Hongryeon; Südkorea 2003)
>> Regie/Drehbuch: Kim Jee-Won
>> Darsteller: Lim Su-Yeong, Mun Geun-Yeong, Yum Jung-Ah u.a.
imdb | mrqe
alle berlinale-kritiken | kritik von th.reuthebuch | kritik von e.knörer
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Thema: Berlinale 2004
15. Januar 04 | Autor: thgroh | 0 Kommentare | Kommentieren

Auch eine ganze Reihe weiterer Filme des Wettbewerbs ist seit heute konfirmiert:
(Weitere Wettbewerbsfilme hier)
Insgesamt werden 26 Filme im Wettbewerb gezeigt, 22 davon werden um die Gunst der Jury buhlen.
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Thema: Berlinale 2004
15. Januar 04 | Autor: thomas.reuthebuch | 0 Kommentare | Kommentieren

Der alles kennende und zitierende Filmbuff mag das vor allem aus dem japanischen Kino der letzten Jahre bereits kennen. Manches erinnert an The Shining, eine lange Steadicam-Fahrt durch das Haus, die in ihrer Nüchternheit auf den heraufdräuenden Schrecken verweisenden ruhigen Totalen. Was solls. Die beschriebenen Mittel sind hier kein Selbstzweck sondern entwickeln sich aus der Geschichte heraus, aus diesem für Su-mi unglückseligsten Moment, der im Film ganz am Ende steht, der augenscheinlich für ihren Rückzug, für ihre zunehmenden Autoaggressionen verantwortlich zeichnet, wenn die Mutter bereits tot ist, die verhaßte Stiefmutter an ihre Stelle getreten ist und die kleine Schwester Su-yeon sich selbst überlassen bleibt. Kim Jee-woon weiß ganz genau was den Psychothriller zum Erfolg führt, wohin sich all der Aufwand an Verschleierungsstrategien und scheinbaren perspektivischen Wechseln richten muss. Manchmal hätte man sich vielleicht ein wenig mehr Ökonomie gewünscht - eine Szene mit dem Bruder der Stiefmutter und dessen Frau etwa wirkt überflüssig ? ein andermal scheint Jee-woon nicht den Ausgang aus einer Sequenz zu finden (wenn Su-mi die Stiefmutter konfrontiert).
A tale of Two Sisters ist vor allen Dingen handwerklich gut gemachtes Genrekino und dazu cleverer als das meiste was Hollywood auf vergleichbarem Terrain zu bieten hat. Kein Wunder dass sich laut Variety Dreamworks die Remake Rechte gesichert hat.
Der Film läuft auf den 54. Internationalen Filmfestspielen Berlin im Rahmen des Internationalen Forums des jungen Films.
imdb | mrqe
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lol