Donnerstag, 4. Juli 2013
An sich eine schöne Idee: Ein Passagierflugzeug kreist wegen eines Schadens im Getriebe schier endlos über Spanien, um eine Panik zu verhindern hat ein Haufen erzschwuler Stewarts zumindest die Economy Class per großzügigem Drogeneinsatz dem Reich der Träume überantwortet. Nur die wenigen wachen Leute in der Business Class riechen langsam Lunte, bestehen auf telefonischen Kontakt zu ihren Leuten daheim (was nur über das Bordtelefon geht, das blöderweise den ganzen Raum beschallt), verlangen Zutritt zum Cockpit (wo sich der ziemlich heterosexuelle Co-Pilot dann doch als leidenschäftliche Bläser des verheirateten, aber ziemlich bisexuellen Piloten herausstellt) und genehmigen sich schließlich gemeinsam mit den Stewarts diverse illegale Substanzen, nachdem diese zuvor mit einer campigen Performance von "I'm so excited" von den Pointer Sisters an der Stimmung gearbeitet haben. Alles exciting also? Alas, kein Stück. [weiterlesen beim perlentaucher]



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Mittwoch, 26. Juni 2013
Trautes Familienglück beim morgendlichen Frühstück: reich gedeckt der Tisch, liebevoll stupsig der Umgang miteinander - wattierter Wohlstand in Weltwirtschaftskrisenzeiten. Im Hintergrund berichtet ein Fernseher von Katastrophen weit weg - Television im Wortsinn, ein Blick in die Ferne. Doch zwischen Familienidyll und der Krise liegen nur wenige Schnitte und eine Autofahrt ins Zentrum Philadelphias. Dort lässt eine Explosion mitten in der Stadt an jüngste Terrorbilder aus Boston denken und in sich überschlagender Rasanz mündet ein Stau in wuselndes Chaos: Tollwütige Ex-Menschen überrennen die Stadt, beißen um sich, infizieren andere. Kollaps im rasenden Vollzug. In diesen Momenten ist Marc Forsters äußerst lose Adaption von Max Brooks' gleichnamiger Romanvorlage am stärksten [weiterlesen bei der taz]



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Donnerstag, 20. Juni 2013
Und eine schmerzhafte Kinoempfehlung:

"Die Welt ist zu groß", jammert der kleine Junge, der sich unter einer Sintflut nicht mehr verarbeitbarer Sinneseindrücke mitten im Schulunterricht erst in einen Nervenzusammenbruch und dann in eine Abstellkammer gerettet hat. Der Junge ist Kal-El vom Planeten Krypton, der von seiner Herkunft und Schicksal noch nichts weiß, also Clark Kent, der später einmal Superman sein wird, beziehungsweise der titelgebende "Mann aus Stahl". Sinneswandel als Herausforderung: Dem (beinahe) letzten Überlebenden einer außerirdischen untergegangenen Hochkultur verhilft unsere mutagene gelbe Sonne zur Vollimplementierung jener "extensions of man" im Sinnesapparat, für die unsereins auf Technologie angewiesen ist. Röntgenblick und überempfindliches Gehör - Trademarks des Superman - sind keine Fähigkeiten, die der zentralsten Figur der modernen Superheldenmythen schmerzfrei in den Schoss gefallen wären, von ihrem souveränen Gebrauch ganz zu schweigen. Vielmehr stellen sie eine Form der sinnlichen Überwältigung dar, die einen aus der Welt zu drängen droht. "Die Welt ist zu groß", weint der Superjunge in deren letzten WiInkel, irgendwo in Kansas. Wie dieser Junge über diese Welt hinauswächst, davon handelt der Film. [weiterlesen beim perlentaucher]



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Höchstens eine halbe Kinoempfehlung:

Steve Butler ist ein Mann, der morgens in den Spiegel schauen kann. Im amerikanischen Hinterland aufgewachsen, in der Großstadt was geworden, sind zuletzt auch die höheren Etagen der Global Crosspower Solutions auf ihn aufmerksam geworden: Keiner in der Firma bringt die Farmer auf dem Land so kostensparend dazu, dem Konzern Grund und Boden zum intensiven Abbau von Erdgas zu überlassen. Sein Geheimnis? Er kennt seine Leute, sie kennen ihn. Sagt er. [weiterlesen beim freitag]



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Mittwoch, 19. Juni 2013
Eine ausdrückliche Kinoempfehlung:

Geradezu kafkaesk ist das Tonstudio, in das es den britischen Tontechnikmeister Gilderoy (Toby Jones) im Italien der 70er verschlägt: Eine äußere Welt gibt es nicht, beklemmende Enge, drückendes Braun. Die kulturellen Differenzen und Sprachbarrieren zwischen Italienern und Briten tun ihr Übriges. Der britisch verschnupfte Gilderoy: gefangen im Bauch des Wals, untergebracht in einer kargen Kammer neben dem Mischpult. [weiterlesen bei der taz]


(alternate poster design by Beyond Horror Design)


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Samstag, 8. Juni 2013
Nun wäre gegen eine Neuauflage der Heldenreise im Kino nichts zu sagen. "After Earth" legt auf dieses Strukturskelett nur reichlich lustlos Fleisch. Ahnungen des Wunderbaren - das rochenartige Raumschiff zieht ins All, Millionen von Büffeln beim Panoramablick über die alte Erde, die Gnade des guten Tiers, das sich dem Helden auf seiner Bewährungsreise zur Seite stellt, der Abstieg in die Höhle samt Überwindung des letzten Monsters - wirken wie sinnlos in einem weiten Raum zurückgebliebenes Mobiliar und verpuffen bei der langen Reise durch Wald und Flur. [der ganze text beim perlentaucher]



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Donnerstag, 9. Mai 2013
... Doch liegt vielleicht gerade darin, dass der Film von Langeweile schlagartig auf gute Unterhaltung umstellt, ein zu denken gebender Knackpunkt: Kenntlich wird darin der Zierrat als Zierrat - und zugleich auch, dass ein einst von einer treuen Fankultur umhegtes Franchise sich auf diese, ähnlich wie die lange Reihe an jüngeren Comicverfilmungen, schon aus Investitionsgründen längst nicht mehr allein verlassen kann. Das Resultat überzeugt am Ende zwar - zum Preis einer gewissen Stromlinienförmigkeit allerdings, in der Distinktion und Differenz höchstens noch als nostalgische Spur für den Abgang zu haben sind. Auch eine Form von Konvergenz, die sich abzeichnet: Die Spezialeffekte stammen eh schon von Lucas Films, als nächstes dreht J.J. Abrams "Star Wars". [der ganze Text beim Perlentaucher]



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Donnerstag, 2. Mai 2013
Soviel Service vorneweg: Wer einen dramaturgisch ausgewogenen, von großartigen Schauspielerleistungen getragenen, plausibel erzählten und schlussendlich mitreißend spannenden Thriller im KIno sehen will, der zudem noch seiner Location - Berlin - Facetten abgewinnt, wie sie im Kino noch nicht zu sehen waren - ist gut beraten, zu Brian De Palmas "Passion" auf Abstand zu gehen. Wer mit solchem, ja ohne weiteres legitimen Anspruch den Kinosaal betritt, wird ihn aller Wahrscheinlichkeit nach verwundert bis verärgert wieder verlassen: Was, bitte, soll das denn nun gewesen sein? Nicht anders mag es Leuten ergehen, die mit dem Namen "De Palma" einen diffusen Begriff von Qualitäts- oder gar Autorenkino verbinden und dann in einem mittig dramaturgisch arg hängenden Amphibienfilm deutsch-französischer Produktionsprovenienz landen: Fürs Fernsehen schon wegen des Namens zu groß, fürs Kino ästhetisch aber eigentlich schon wieder viel zu klein.

Wer solche Ansprüche beiseite legt, kommt dann womöglich aber doch auf seine Kosten - und im Grunde war De Palma eh immer ein Auteur, bei dem stets kaum Vereinbares verquer montiert zusammentraf: Meta-Genrereflexion und Unterhaltungskino, Virtuosität und wirrer B-Movie-Trash, Hitchcock und Bahnhofskino - ein Kino, das das Hollywood-Zentrum immer wieder mit den Obsessionen des Kinos der Peripherie zu neuen Monstren vernähte. [weiterlesen beim perlentaucher]



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Dienstag, 23. April 2013
Am vergangenen Wochenende luden Ralf und Andreas von Vintage Movie Posters und Monstercon zum mittlerweile vierten Monster machen mobil-Festival ins schöne Hamburger Metropolis-Kino und damit zu einem Kino-Wochenende mit alten Trailern, alten Synchros, altem 35mm-Material und vielen netten Menschen, die aus der ganzen Bundesrepublik angereist waren. Im folgenden meine Notizen:

... und vor Lust zu sterben (Roger Vadim, Frankreich/Italien 1960) - Trailer
Ein Technicolor-Gothic-Märchen nach Motiven aus Le Fanus Carmilla, von Roger Vadim virtuos in Szene gesetzt: Teils traumwandlerischer Edel-Sleaze.
Konsequent arbeitet Vadim an der Aufhebung verlässlicher Koordinaten: Da ist die Rahmung durch einen Erzähler, der das, was er erzählt, mangels Zeugenschaft im Grunde gar nicht erzählen kann. Da ist ein zeitgenössisches Setting, in das sich die Vergangenheit geradezu reinsprengt, bis man sich oft aktiv daran erinnern muss, dass der Film im 20. Jahrhundert spielt.
Auch ein Film über Farben im Widerstreit: Da steht das blutrote Auto wie in eine herbstlich-graugrüne Landschaft hineingetupft, da künden nicht minder blutrote Kerzen als dem Bild fremd bleibende Striche wie ein Menetekel von drohender Gefahr - bis schließlich, in einer unfassbar deliranten Traumsequenz, alle übrigen Farben gänzlich aus dem Film weichen und nur saftig strahlendes Rot in den Film schießt und am Ende eine Rose in Händen verwelkt.
Ärgerlich allein: Eine Reihe etwas angestrengt amüsierwilliger Filmfreunde, die sich, trotz hochgradiger Filmkunst, im Mystery Science Theater 3000 wähnten und sich in bravem Pflichterfüllungsgehorsam über die gesamte Strecke des Films zu lautstarken Unterhaltungen aufgefordert sahen.





Flesh Gordon (Michael Benveniste/Howard Ziem, USA 1974) - Trailer
Die große Sexgaudi im Weltall ist im Grunde ein Film, der Sex eigentlich ziemlich hasst. Aus aller demonstrativen Albernheit und Infantilität spricht eigentlich eine sonderbare Lustfeindlichkeit, die sich schon im Plot - Flesh Gordon muss die Erde vor Sexstrahlen vom Planeten Porno retten - ausbuchstabiert, sich aber auch im Bemühen zeigt, den Eros möglichst hässlich aussehen zu lassen. Man fühlt sich mitunter schon auch etwas angeherrscht davon als Publikum: Man soll keine Lust empfinden oder gar kriegen, vielmehr geht es eigentlich bei allem Schangel um eine maximalstmögliche Ablenkung von Geilheit und Erotik.
Was nicht heißen soll, dass der Film im Kino nicht auch Spaß macht und vieles - die Penisaurier z.B. - geradezu entwaffnend hinreißend beknackt ist, auch wenn sich das Geschick des Films, Gags zünden und damit auf sich bewenden zu lassen, durch erstaunliche Abwesenheit bemerkbar macht: Hier wird wirklich alles zu Tode geritten - pun intended.
Sonderbar auch die Unentschlossenheit des Films: Neben Szenen, die fast schon bewusst schlampig und hingerotzt aussehen, stehen etwa die sorgfältigen Stopmotion-Animationen, die zu Ray Harryhausens Meisterstücken nicht gar so sehr auf Distanz gehen wie der restliche Film zur Qualitäts-Science-Fiction.





Astaron - Brut des Schreckens (Luigi Cozzi, Italien 1980) - Trailer
Ungeschriebenes Gesetz der italienischen Horrorfilme späterer Machart: Sie beginnen in New York und enden irgendwo in Exotic County. So auch Astaron, Luigi Cozzis Alien-Ripoff, das an sein fulminantes opus magnum zwar bei weitem nicht heranreicht, mir aber insbesondere in der ersten, quasi der New Yorker Hälfte gut gefiel: Anders als sein Farbeimer-im-Weltall-Experiment Star Crash, das in alle Ecken und Ende gleichzeitig strebt, herrscht hier ein rigoroser, karger, extrem konzentrierter Minimalismus vor : Ganze Szenen wirken wie vor komplett schwarzem Hintergrund gedreht, der Sound bleibt aufs absolute Minimum - Moooooow! - beschränkt. Das verleiht dem Film eine hölzerne Trockenheit von (gerade zum späten Zeitpunkt des Screenings) fast hypnotischer Qualität. Auch ist es nicht völlig uninteressant, wie Cozzi sich darum bemüht, das Figurenensemble des US-Großstadtthrillers und Films Noir in sein SciFi-Setting zu integrieren: Da ist der abgewrackte Profi, der sich im Elend seiner verbauten Biografie suhlt, und dort der agile New Yorker Cop.
Schade, dass der Film mit dem rigiden Ortswechsel viel von seiner Konzentriertheit verliert - und zwar ganz buchstäblich: Plötzlich laufen da minutenlange fill-in-Sequenzen, das zuvor zur Abstraktion neigende Bild wird plötzlich auf (allerdings nicht sonderlich interessante Art) welthaltig und tastet seine neue Location mit der Kamera geradezu ab. Wobei es auch hier schöne Momente gibt: Die Szene im Badezimmer - Hilfe, hier ist ein Ei! - und im direkten Anschluss Siegfried Rauchs (!) großer Auftritt als delirierender Obi Wan Kenobi des Bösen sind psychotronische Goldnuggets, die man allerdings dem ummantelnden Wüstenstaub erst entreißen muss.





King Kong, Frankensteins Sohn (Ishiro Honda, Japan 1967) - Trailer
Ishiro Honda bedient sich großzügig beim originalen King Kong, den er mit einer hübsch pulpigen Schwachsinns-Story aus der James-Bond-Ablage um ein geheimnisvolles "Element X" vermengt. Das eigentliche Spektakel - neben den unfassbar schlechten Zähnen des Bösewichts Dr. Who (!) - ist aber tatsächlich Kongs Antlitz: Selten sah ein großer Affenmann bemitleidenswerter aus als hier. Der Herr des Dschungels reüssiert als der Quasimodo der Fauna mit schräger Physiognomie, der sich den ganzen Film glupschäugig verwahrlost gerne was befehlen lässt und zum Dank in einer alle Herzen brechenden Panorama-Aufnahme allein zurückgelassen wird: Drama des ewigen Masturbanten, dessen Notgeilheit die Kamera im affizierenden Close-Up seines Gesichts zur Belustigung des Publikums verlässlich denunziert.





FBI jagt Phantom (Hugo Grimaldi, USA 1965)
Geschwänzt, stattdessen auf der Sternschanze in Omas Apotheke eine hervorragende Pizza Milano gegessen. Der zuvor bereits gezeigte, reichlich trübe Trailer, dessen Tonspur vollmundig Sensationen verkündete, die schon in den dazu gezeigten Filmausschnitten allein durch spektakuläre Abwesenheit glänzten, sowie ein knurrender Magen ließen diese Entscheidung vernünftig erscheinen.






Die Mühle der versteinerten Frauen (Giorgio Ferroni, Italien 1960) Trailer
Eine Art Wunderkammer des Gothic Horror: Kunst, die aufs Leben übergriffig wird, ein Begehren, das zu Schuld und manischer Raserei führt, eine verkantet-undurchdringliche Architektur, überhaupt eine Welt, in der es kaum ein Außen gibt, sondern immer nur Räume und Türen, die zu neuen Räumen führen, in denen wer weiß welche dunklen Geheimnisse lauern (ein mysteriöser Vorhang, der der weiblichen Scham nachempfunden scheint, ist bedrohlich und verlockend zugleich), ein auf wissenschaftliche Füße gebrachter Vampirismus, bizarr verbrennende Puppen und überhaupt: ein brennendes Haus - ganz bildlicher Niedergang einer ins Bizarre übersteigerten Hybris.
Die etwas ausgebleichte und insbesondere im ersten Akt wegen eines erheblichen Wasserschadens irritierend mit der Ästhetik des materiellen Experimentalfilms flirtende Filmkopie bildete Ferronis dunkel glühende Farben zwar nicht mehr adäquat ab, doch unterstrich diese (zweite) Sichtung meinen Eindruck, dass Die Mühle der versteinerten Frauen zu den besten italienischen Gothic-Horror-Filmen zählt - ein Schauergedicht.





Frankensteins Kung-Fu Monster (Lin Chong-Guang, Taiwan 1975) - Trailer
Schade, ganz so hyperaktiv verstrahlt wie der im letzten Jahr gezeigte, quietschbunte Invasion aus dem Innern der Erde ist dieser Szenenzusammenschnitt einer Fernsehserie leider nicht - auch wenn das wirre Werk auf teils recht vergnügliche Weise Aristoteles und seine Überlegungen zur Geschlossenheit von Zeit und Raum einen guten Mann sein lässt: Mitten im Kampfgetümmel wechseln die Schauplätze, Plotpoints bleiben unterkonturiert und am Ende bereitet ein mächtiger Atompilz dem Treiben ein abruptes Ende. Eigentümlich auch das Zwieverhältnis zwischen ruppiger Hektik samt hyperaktivem Gestikulieren in den kunterbunten Actionszenen und der einschläfernden Bequemlichkeit in den Dialogszenen vor rostroten Treaze-Wohnungseinrichtungen: Grenz-Enz in Taiwan.





Das Grab des Dr. Calligari (Manuel M. Delgado, Mexiko 1958)
Plötzlicher, wenn auch vereinzelter, dafür aber umso lautstarker Jubel im Kinosaal beim Vorspann: "Synchronisation und Dialogregie: Rudolf Lubowksi" steht da für alle Anwesenden überraschend zu lesen - Lubowski, ein noch völlig Unbesungener des deutsches Para-Kinos, dessen Sünde mit Rabatt auf dem Hofbauer-Kongress im vergangenen Dezember verrätselt, fasziniert und begeistert hat (siehe drüben bei Lukas), der nach seiner Karriere beim Film neben einer Robin-Hood-Hörspielreihe auch noch ein völlig delirantes Hörspiel über Kindesmissbrauch sowie später diverse Kinderbücher verfasst hat, zeichnet nun also für die Eindeutschung des mexikanischen Horrorfilms Misterios de la Magia Negra verantwortlich, in dem sich ein verschrobener, der Esoterik verbunden fühlender Professor nicht nur andauernd darum sorgt, dass man ihn loswerden will, sondern mittendrin auch recht abrupt losgeworden wird. "Verschiedenes" an dieser Geschichte ist "oberfaul", gibt der Inspektor zu bedenken, der zugleich der Liebhaber der Professorentochter ist und rätselhafter Weise von der Synchro mit einem etwas sonderbaren spanischen Akzent beschlagen wurde. Erst gegen Ende weist sich des Rätsels Lösung: Eine mit Zaubertinte, in Mexiko natürlich auf spanisch verfasste Nachricht wird dem Publikum in Großaufnahme präsentiert - die im Original stumme Szene wird in der synchronisierten Fassung nun von einem erhellenden "Ah, das ist spanisch, es heißt..." begleitet - und irgendwie muss ja im Vorfeld kenntlich werden, warum Inspektor Raúl des Spanischen mächtig ist.
Auch ansonsten: Schön ins psychotronische spielende Schauderkunst zwischen expressionistischer Lichtsetzung, okkultistischem Firlefanz und Lust am Bizarren. Und mittendrin wie ein stummer Chor: Eine umwerfend großartige Eule, die über weite Strecken lüstern hechelt und einmal, als es der Tür klopft, um die Ecke schaut, was denn da los ist.





Das Geisterschiff der schwimmenden Leichen (Amando de Ossorio, Spanien 1974) - Trailer
Die reitenden Leichen wechseln zwar das bevorzugte Fortbewegungsmittel, doch sonst ändert sich nichts am bewährten Grundrezept: Junge Leute in klaustrophobischem Setting mit dörrobstgleichen Templerleichen unter zelebrierter Entdeckung der Langsamkeit. Dazu wie gehabt: Bizarre Klangkulisse, das es knarzen und knirschen lässt bis dem Tontechniker die Ohren bluten, und ein Soundtrack, der alle Register vom stöhnenden Kirchenchor bis zur geheimnisvollen Schweineorgel zieht.
Geisterschiff ist sicher nicht der beste Film der Reihe - ganz so harsch wie Christian Keßler würde ich damit allerdings nicht ins Gericht ziehen. Vielleicht liegt es am Effekt von großer Leinwand, leicht ausgetrübter Kopie und Lauflinien: Mir haben die Templer auf hoher See mit ihrem Geknarze und Gestöhne soweit sehr gut gefallen. Man muss den Film vielleicht eher als ambient-artige Klangcollage mit gelegentlich narrativen Einsprengslern betrachten.



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Donnerstag, 4. April 2013
(Eine etwas magere Kinowoche. Daher haben wir uns beim Perlentaucher dazu entschlossen, heute nur eine Aktualität statt wie üblich zwei zu besprechen. Dafür schreibe ich über Ulrich Schamonis tollen Chapeau Claque von 1974, der diese Woche endlich auf DVD erscheint.)



Eigentlich folgerichtig für einen Film, der für sich in Anspruch nimmt, archäologischer Splitter zu sein, dass er auch tatsächlich lange Zeit kaum greifbar war. "Möge dieser Film für Sie so sein wie diese Scherbe für mich", adressiert Regisseur Ulrich Schamoni in der Rolle der Hauptfigur Hanno Giessen ein nicht näher identifiziertes Publikum, "in 1000 oder 10000 Jahren oder überhaupt einer Zeit" und hält dabei mit dem unvergleichlich schiefen, Bös' noch Arg nicht kennenden Ulrich-Schamoni-Grinsen eine im ägyptischen Sand entdeckte Scherbe aus antiken Zeiten hoch. Ein Fragment aus längst vergangenen Zeiten, ephemer und fragil, im Vorbeigehen aufgelesen - Deutungshoheit oder gar repräsentativen Charakter beansprucht es für sich nicht, auch wenn es uns wohl einiges erzählen kann. Wie dieser Film, der bislang ähnlich unaufgehoben im Sand der deutschen Filmgeschichte schlummerte, den man nur bei raren Kinovorführungen oder in Form einer unter Freunden weitergereichten, qualitativ fragwürdigen Fernsehaufnahme aus den 80ern sehen konnte. (...)

Das Fragment, das Übriggebliebene, das Übersehene, Aufgelesene und Aufgehobene, all das ist in der allein auf Schamonis eigene Villa in Berlin-Grunewald beschränkten Welt dieses Films reich vorhanden. Schon Hanno Giessen selbst ist so etwas wie eine Endmoräne großkapitalistischer Unternehmertage, von seinem mit allerlei liebevoll zusammengetragener Curiosae der Alltagskultur aus längst vergangenen Zeiten vollgestelltem Anwesen ganz zu schweigen. [weiterlesen beim perlentaucher]



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lol