Donnerstag, 28. März 2013
Eine Kinoempfehlung:

Das erste Bild: Ein Alpenpanorama - im Hintergrund die weiße Pracht, im Vordergrund, auf einem grauen Plateau, neben einem Haufen dicker Industriekabelrohre eine Frau und ein Mann in traditionellen Kostümen. Beide beginnen mit einem Lied auf die Heimatliebe, die Kamera nähert sich ihnen schleichend aus dem Panorama in die Totale an. Der Wandel der Einstellungsgrößte entbirgt den galligen Gehalt des Bilds: Die Skianlagen im Hintergrund treten deutlicher hervor, man sieht Menschen und Skifahrer auf dem Berg, die Kabelrohre nehmen mehr Raum im Bild ein. Die unberührte Heimat der Berge: Ein Kitschbild im Spielkasten vor den beiden, von dem keine Spur mehr zur faktischen Realität führt, Sache der Sachwaltung von Heimatvereinen und Nostalgikern. [weiterlesen beim perlentaucher]

Hinweis auch auf drei Kommentare des Regisseurs zu drei Bildern aus dem Film, zu finden hier (runterscrollen) bei Revolver.



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Donnerstag, 21. März 2013
Heute in der taz: Ein paar Zeilen zu den Fantasy Filmfest Nights, die derzeit durch Deutschlands Städte touren und am kommenden Wochenende in Berlin Rast einlegen. Mit besonderem Fokus auf Don Coscarellis vielleicht nicht unbedingt gutem, aber doch respektabel absonderlich geratenen John Dies at the End.



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Mittwoch, 20. März 2013
Unsere Mütter, unsere Väter - eine Zumutung zum Preis von 10 Millionen Euro Gebührengeldern. In Prunk und Glorie des Eventfilms wird hier etwas zelebriert, was hinter vieles fällt, was die deutsche Nachkriegsgeschichte sich in Film und Fernsehen an Zugängen zur Geschichte erarbeitet hat. Und die Feuilletons stehen dazu stramm bei Fuß, rufen das nationale Hochamt aus. In der Welt - dafür nun wahrlich kein Link - rät man noch glatt, das Bier kalt zu stellen, so mache Geschichtsaufarbeitung schließlich Spaß. Mutti, bring' doch noch Schnittchen aus der Küche mit, heut' gibt's wieder irgendwas mit Nazis im Fernsehen!


Ein Gruselfilm zwischen Historienbombast, der sich Deutungshoheit und Repräsentationsanspruch erbombt, und Bläterrauschen, ein transmedialer Gruselfilm, der nochmal eindrücklich unterstreicht, dass hierzulande noch immer viel im Argen liegt.

Und nachdem im Großereignis viele brave Deutsche überhaupt erst unter den Strapazen des Russlandfeldzugs zu bösen Deutschen wurden, was ihnen - wie der Film mit allen Mitteln stets zu unterstreichen sich beeilt - deutlich mehr Leid zufügt, als den Menschen, die unter ihnen zu leiden haben, dürfen dann auch im anberaumten Diskussionsevent Schulkinder dem Drehbuchautor brav Bericht erstatten, was ihnen nun klar geworden ist: Nämlich wie sehr die Menschen seinerzeit zu leiden hatten. Wohlgemerkt: Menschen übersetzt sich hier sehr widerstandsfrei in: die braven Wehrmachtssoldaten-Deutschen. Echte Nazis, nun gut, die gibt es hier auch: Sie tanzen gelegentlich geckenhaft durchs Bild, geben Schmiere aus dem Groschenheft, aber "unsere Mütter, unsere Väter" sind sie jedenfalls nicht. Selbst noch die prolligen Wehrmachtssoldaten, die sich nicht direkt wie die Vorhut der ehrbaren Bundesrepublik benehmen, sind im Grunde fast schon bloß kernige Jungs im maskulinistischen Überschwang. Der jüdische Freund aus der Clique, um die es hier geht, hat's zumindest im ersten Teil der Schmonzette ja noch einigermaßen kommod im Vergleich zu den entbehrungsreichen Abenteuern, auf die sich die anderen vier einlassen. Dazu bitte etwas American Beauty-Emo-Musik - ach, schön habt ihr das gemacht.

Sehr gerne hätte ich mit viel Ärger noch einiges mehr dazu geschrieben, gottlob hat aber Ekkehard Knörer diesen Job bereits übernommen. Seinen Darlegungen kann ich mich vollkommen anschließen.


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Mittwoch, 6. März 2013
Wir erinnern uns: Der Zauberer von Oz aus dem gleichnamigen Technicolor-Hollywood-Klassiker (respektive dem Kinderbuchklassiker von L. Frank Baum) war ein Scharlatan, ein Mann des faulen Budenzaubers, der hinter Vorhängen für den maximalen Effekt an Drehrädchen kurbelte, auf Knöpfchen drückte und sich von avancierter Technik sein an sich recht umgängliches Stimmchen böse aufblasen ließ. Der neueste "Oz"-Film - bereits in den 80ern drehte Disney eine Art Sequel, an das sich heute allenfalls von dessen düsterer Atmosphäre traumatisierte Kinder erinnern - erzählt nun die Vorgeschichte: wie der Scharlatan wider Willen zum Helden wurde, im Grunde seines Herzens aber Scharlatan blieb.

Der Beginn erfolgt stilecht in Schwarzweiß mit leichtem Sepia-Stich und im (zumal für einen 3D-Film) beengten 4:3. Wie im "Zauberer von Oz" ist Kansas bildästhetisch als Residuum einer Unzeitgemäßheit gekennzeichnet, zu dem die (auch hier nur im fürchterlichsten Sturm betretbare) Zauberwelt von Oz einen bonbonfarbenen Gegenentwurf bildet - allein aus Technicolor ward Digitaleffekt im Breitbildformat. [weiterlesen beim perlentaucher]



Bonus: The Wonderful Wizard of Oz (1910)


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Mittwoch, 27. Februar 2013
"The Sweeney" ist die Londoner Polizeieinheit fürs Grobe, ein Überfallkommando. Wenn sie zum Zugriff auf den Mob ansetzt, kommt keiner ohne Blessuren davon, am allerwenigsten die Tatverdächtigen: Fäuste, Baseballschläger sausen durch die Luft. Ein Schlägertrupp, bei dem - in Aktion mit dem Gegner - nicht mehr unterscheidbar ist, wer es wie mit Recht und Gesetz hält: Ein Überfall durch ein anderes Verbrechersyndikat sähe kaum anders aus. An der Spitze der Einheit steht der alte, bullige Jack Regan (Ray Winstone), der mit an der Grenze zur Unverständlichkeit gebrummten Satzfetzen, seiner wuchtig physischen Präsenz (einmal aalt er sich dickbewampt auf der Couch, beim Sex ist er animalisch gierig, bei den körperlichen Auseinandersetzungen so knorpelig rüstig wie agil) und der schwarzen Lederjacke selbst aussieht, wie das, was man in Mafiamob-Kreisen "muscle" nennt: Der Mann, der die Straße frei fegt. [weiterlesen beim perlentaucher]



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Sonntag, 24. Februar 2013
»»» wikipedia ° imdb ° filmportal ° werbematerial ° trailer

Das erste Bild: Gemalte Kulisse, ein britisches Anwesen, künstlicher Nebel steigt auf. Ein Bild, dessen Künstlichkeit so offenbar ist, dass der Film den sich im Nu einstellenden Spott des Zuschauers bekräftigt und zugleich unterwandert: Eine Art Theatervorhang hebt sich und gibt den Blick frei auf ein Bild, das noch viel grotesker ist. Ein kleiner Hans Clarin vor großer Büste am Klavier und dahinter steht ein Pferd.



Das fröhliche Spiel mit Bildern, doppelten Böden und allerlei anderem herzigen Unsinn setzt sich im weiteren fort, passend zum knobeligen Whodunnit, der rein auf dem Papier dröge hausbacken wirken muss, in den Händen eines Regie-Ekstatikers wie Alfred Vohrer aber zum tollen Spiel mit dem Wahnwitz gerät: Auf einem Anwesen auf einer schottischen Insel winkt das Testament eines verstorbenen Patriarchen, dessen Erben (untereinander buchstäblich reichlich uneins: der eine hat nur reingeheiratet, der andere - Klaus Kinski in der Paraderolle als nervöser Künstler - stammt aus einer Liaison am Rande) nur dann Aussicht auf den Reichtum haben, wenn sie es ein paar Tage und Nächte miteinander aushalten. Schon bald lichten sich die Reihen, mittendrin Heinz Drache als Anwalt und Testamentsvollstrecker, der nun als Ermittler alle Hände voll zu tun hat.

Freilich, als Ermittler taugt er nicht viel. Voreilige Schlussfolgerungen, auf Vorbehalten mutmaßende Einschätzungen und andere Fehlurteile verhelfen dem Film zur vollen Spielzeit. Ungeheure Freude macht er deshalb vor allem auf rein visueller Ebene: Vohrer, als Spezialist fürs moderat Durchgeknallte, hebt dem onkeligen Treiben viel bösen Scherz und - Vohrer war schwul - einen Hauch queeren Witz unter (und wenn es nur die vielsagende Schweigesekunde auf die Frage ist, wie es denn sein könne, dass zwei Männer einander in der Sauna begegnen ohne miteinander ein Wort zu wechseln). So steht hier zweierlei gegenüber: Ein Plot auf dem Papier, dem folgen kann, wer will, und ein wunderbarer Bilder- und Montagereigen, der sich, wo er sich von den Lettern weit entfernt, ganz und gar als Film versteht.



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Donnerstag, 21. Februar 2013
Das Wasser trägt er schon im Namen, aus Meeresrauschen geht er zu Beginn des Films hervor - begleiten wird es ihn den ganzen Film: Freddie Quell (Joaquin Phoenix), Weltkriegsveteran. Seine nackte Aphrodite baut sich der Schaumgeborene am Strand aus Sand. Anfangs johlen die Kumpels noch mit, als er sie lüstern zu fingern beginnt, als er nicht mehr damit aufhört, gehen sie irritiert auf Abstand. Später wichst er sich in äffischer Pose am Wasser.

Ein traumatisierter Körper, ungemaßregelt, linkisch-tierhaft in Haltung und Bewegung, aus dem es so verzwickt wie animalisch unbeherrscht heraus glotzt - Phoenix beherrscht seinen im Method Acting gestählten Körper aufs Sorgfältigste. Eine desorientierte Figur, die - als Berufsfotograf für nostalgisch-cremig patinierte Familienbilder - sich nach einer Zeit zurücksehnt, die im Zweiten Weltkrieg verschüttet wurde. [weiter beim Perlentaucher]



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Mittwoch, 30. Januar 2013
Das erste Bild: Kein Bild, aber ein Datum. 11. September 2001. Die Leinwand bleibt schwarz, die Ikone der qualmenden, schließlich kollabierenden Twin Towers bleibt ausgespart. Stattdessen hört man Aufnahmen von Telefonanrufen aus dem Innern des Gebäudes. Menschen in Lebensangst. In der Überpräsenz der buchstäblich monolithischen Panorama-Nachrichtenbilder vom 11. September verschwindet das Schicksal des Einzelnen - Regisseurin Kathryn Bigelow bricht dieses Bilderregime für einen Moment lang auf. Von vornherein ist klar: Zero Dark Thirty versteht sich als bildpolitische Intervention. [weiterlesen beim Perlentaucher]



Nachgetragen aus letzter Woche:

Nahtlos reiht sich dieser kindliche Victor Frankenstein in die lange Kette autobiografisch geprägter Sonderlingen ein, die Tim Burtons Filme seit jeher bevölkern: Verunsichert und etwas phlegmatisch im Auftreten, hager in der Erscheinung, den Eltern oft ein Rätsel (zumal, was die Monomanie seiner Interessen betrifft: wissenschaftliche Forschung und das Erstellen ruckeliger Super8-Filme, die dem Horrorkino ihren Tribut zollen), in körperlichen Dingen herausgefordert (Sport - ein Graus!) und mit auffälligen, wenngleich als Schrulle noch erträglichen Defiziten, was die soziale Kompetenz betrifft. Was in Burton County, wo auch dieser Film angesiedelt ist, ohnehin nicht allzu schwer ist: Seit jeher ließen sich Burtons Kringel und Kreise als Gegenentwurf zu einer aufgeräumten Welt der rechten Winkeln und geraden Linien lesen. [weiterlesen beim Perlentaucher]



Daneben lief noch der episodisch zwar recht hübsch geratene, im Gesamten dann aber arg christlich-schicksalshaft verbrämte Flight von Robert Zemeckis an, über den ich eine Kurznotiz bei der Stadtrevue verfasst habe. An Gangster Squad sollte man unterdessen keine NeoNoir-Maßstäbe ansetzen, um sich den Film nicht verderben zu lassen: Dass der Film unentwegt Pulphefte wie Detective Stories etc. ins Bild rückt, hat Methode. Dieser Film knallt um sich, wie das nur eine sich um kulturelles Kapital nicht scherende Pulpstory tut, die sich nicht unter Hinweis auf Chandler und Co. um Legitimiation bemühen muss. Auch hier eine Notiz für die Stadtrevue. Selbst noch als Horrorfan schenken kann man sich unterdessen den wenig erfreulichen House at the End of the Street.


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Donnerstag, 3. Januar 2013
Zu Beginn zehn Minuten reine Cine-Faszination: Ein Scharfschütze nimmt Position auf einem Parkhaus ein, streckt fünf Passanten nieder, flieht. Ermittler kommen zum Tatort, finden und sichern Spuren. Sie führen in überwältigender Stringenz zu einem Verdächtigen, der bald missbraucht und zusammengeschlagen, nur noch zu einer Kritzelei auf einem Blatt Papier fähig ist: "Holt Jack Reacher." Währenddessen fällt kein Wort: Bild - Montage - Assoziation. [weiterlesen bei der taz]



Hemingways „A Farewell to Arms“ fliegt im hohen Bogen aus dem Fenster. Nachts um drei. Anlass für solch grobe Literaturkritik: Wie kann der Mann seinen beiden Hauptfiguren nach all den Entbehrungen am Ende das Happy End verweigern? Warum muss die Frau sterben, warum können die beiden nicht einfach miteinander tanzen? Der da so erbost über Kanonliteratur zetert, ist Pat (Bradley Cooper). Die Scheiben, durch die das Buch spätnachts flog, gehören seinen Eltern Pat Sr. (Robert De Niro) und Dolores (Jacki Weaver), die sich um diese Uhrzeit auch Besseres vorstellen könnten als wutschnaubende Textinterpretationen im eigenen Schlafzimmer. [weiterlesen bei der taz]



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Donnerstag, 27. Dezember 2012
In den Achtzigern war die Welt zwar nicht in Ordnung, aber zumindest klar und übersichtlich: Hier Uncle Sam, dort der Ivan. Hier Reagonomics, dort Reich des Bösen. Dass sich John Milius vor diesem geopolitischen Grobraster als Vertreter des reaktionären Flügels von "New Hollywood" in seine 80s-Guerilla-Fantasie "Red Dawn" sonderlich hätte reinreden lassen müssen, ist schwer vorstellbar. Wenn in seinem Film die "Rote Flut" über die USA zieht, wenn also stramme Sowjets über Nacht das Land übernehmen und sich ausgerechnet in der Provinz eine versprengte Schar von Teenies sammelt, die sich dem entgegenstellen (darunter Patrick Swayze und Jennifer Grey bevor sich beide dreckig in aller Herzen tanzten), dann entsprach dies dem Zeitgeist und stellte in solch ironiefreier Zuspitzung angesichts einer unmissverständlich aufgeteilten globalen Wirtschaftslage auch keine Rendite in Zweifel.

Ungleich verzwickter ist die heutige Lage, will man ein Remake des Stoffs in die Kinos bringen. Nicht nur bieten sich die Sowjets aus naheliegenden Gründen ganz gewiss nicht mehr für die Rolle der Bösen an. Auch müssen sich amerikanische Filme heute mehr als früher am internationalen Markt beweisen, um am Ende eine stimmige Bilanz vorzuweisen. Und beim großen Gegenspieler auf internationalem Parkett stehen die USA heute selbst in der Kreide, so dass er sich für den großen Buhmann schlechterdings nicht anbietet. [weiterlesen beim Perlentaucher]



Im Grunde ist Charo (Mariangel Böhnke) ein junges Mädchen wie alle anderen: gelegentliche Reibereien mit der Mutter, spätnachts mit der besten Freundin bei Jungs anrufen, Wetten abschließen, wer wen als Erstes küsst, im Kaufhaus blödeln, kleinere Konflikte mit dem Gesetz, die sie mit viel Tränen wegspült. Ein Wechsel zum Gymnasium steht auch an. Nur dass Charo nicht wie ihre beste Freundin Laura (Mira Aring) ist: Sie stammt aus einer kolumbianischen Familie, mit der sie seit acht Jahren in Berlin lebt. Ohne Papiere, die Abschiebung stets vor Augen. Ihre Freundinnen wissen von nichts. [weiterlesen in der taz]



Sehr gut gefallen hat mir außerdem das Remake von Maniac, das heute anläuft. In der aktuellen Ausgabe der Kölner Stadtrevue habe ich dazu eine Filmkritik, die erst Ende Januar online erscheinen wird. Bis dahin nur ein Kurznotiz.



Außerdem läuft der Kinderfilm Die Vampirschwestern nach der gleichnamigen Kinderbuchreihe an. Eine eher etwas bizarre Veranstaltung mit Tendenz zum Pupshumor. Der letzte Gag besteht aus langgezogenen Diarrhoe-Klängen auf dem Lokus - nun denn. Dazu nur eine kurze Notiz bei der Stadtrevue in Köln.


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lol