Thema: ad personam
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24. April 04 | Autor: thgroh | 0 Kommentare | Kommentieren
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Thema: Blaetterrauschen
24. April 04 | Autor: thgroh | 0 Kommentare | Kommentieren
Dinge, die ich nicht verstehe: Warum spart man sich in einer elegant, flüssig und dennoch anspruchsvoll geschriebenen Filmkritik wie dieser hier in der Neuen Zürcher Zeitung nicht einfach so alberne, nichtssagende und vollkommen unnötige Flaxereien wie "die amerikanische Filmtarantel" - dann schon lieber fünfmal in zwei Sätzen "Quentin Tarantino" schreiben als, mal ehrlich, so'nen Kindergarten-Bockmist und sich damit den ganzen Text versauen.
Kill Bill 2 firmiert für mich im übrigen schon jetzt unter den Enttäuschungen des Jahres, da hat sich der Meister leider gründlich verhoben. Später mehr.
Kill Bill 2 firmiert für mich im übrigen schon jetzt unter den Enttäuschungen des Jahres, da hat sich der Meister leider gründlich verhoben. Später mehr.
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Thema: Filmtagebuch
23. April 04 | Autor: thgroh | 0 Kommentare | Kommentieren
21.04.2004, Heimkino
Mal so ganz nüchtern betrachtet ist der Film sehr egal, eine (zumindest hierzulande) unerhebliche Direct-to-Video-Premiere durch und durch: Das, was man in den 90ern gerne (unberechtigterweise) "Tarantino-Style" nannte vor 60ies chicer Kulisse, ein bißchen "viel Geld im Spiel", ein paar Gewaltausbrüche, Spielereien mit der Kamera, die nicht wirklich viel bringen, Farbfilterspielereien, die über "orange ist das Bild, wenn wir in der Wüste stehen" nicht hinauskommen und dann John Goodman als dicker Italo-Amerikaner mit Pizza-Attitüde down under in Australien. Coen meets Tarantino könnte man sagen und natürlich: Ach Gottchen, haben wir das nicht langsam durch?
Aber dann ist's doch irgendwie ganz anders: Nicht der Film natürlich, sondern das persönliche Erleben desselben. Da kam für manche Momente wirklich das recyclete Gefühl von damals auf, als ich das erste Mal Pulp Fiction (USA 1994) sah oder meinetwegen auch Trainspotting (GB 1996), damals also, als in meiner Filmsozialisation so richtig und erstmals - ich war damals noch nicht sonderlich alt - formale Elemente und deren Coolness bewusst wahrgenommen wurden. Nicht dass ich Dirty Deeds wirklich mit den beiden Filmen vergleichen möchte - dafür bleibt er eben doch zu sehr Abziehbild. Aber er verströmt etwas von der Liebe seiner Macher zu Film im Allgemeinen, die seinen Mitstreitern im Fahrwasser in ihrer eigentlich schon wieder mediokren Konventionalität kaum nachzusagen ist. Vor allem aber war da etwas, was den Dutzenden Klonen nicht attestierbar ist: Liebe zu den eigenen Figuren, nicht nur zu Bildeffekten und einem ansehnlichen Portfolio. So bleibt die Geschichte spannend und der Film angenehm ambitioniert, ohne zu nerven.
Kurzum: Kein Meisterwerk, auch kein über die Maße brillanter Film. Aber ein sympathischer, netter, kurzweiliger allemal, der mir für einige Momente ein paar schöne sentimentale Anwandlungen herauszwicken konnte. Mir hat's gefallen.
imdb | mrqe
Mal so ganz nüchtern betrachtet ist der Film sehr egal, eine (zumindest hierzulande) unerhebliche Direct-to-Video-Premiere durch und durch: Das, was man in den 90ern gerne (unberechtigterweise) "Tarantino-Style" nannte vor 60ies chicer Kulisse, ein bißchen "viel Geld im Spiel", ein paar Gewaltausbrüche, Spielereien mit der Kamera, die nicht wirklich viel bringen, Farbfilterspielereien, die über "orange ist das Bild, wenn wir in der Wüste stehen" nicht hinauskommen und dann John Goodman als dicker Italo-Amerikaner mit Pizza-Attitüde down under in Australien. Coen meets Tarantino könnte man sagen und natürlich: Ach Gottchen, haben wir das nicht langsam durch?
Aber dann ist's doch irgendwie ganz anders: Nicht der Film natürlich, sondern das persönliche Erleben desselben. Da kam für manche Momente wirklich das recyclete Gefühl von damals auf, als ich das erste Mal Pulp Fiction (USA 1994) sah oder meinetwegen auch Trainspotting (GB 1996), damals also, als in meiner Filmsozialisation so richtig und erstmals - ich war damals noch nicht sonderlich alt - formale Elemente und deren Coolness bewusst wahrgenommen wurden. Nicht dass ich Dirty Deeds wirklich mit den beiden Filmen vergleichen möchte - dafür bleibt er eben doch zu sehr Abziehbild. Aber er verströmt etwas von der Liebe seiner Macher zu Film im Allgemeinen, die seinen Mitstreitern im Fahrwasser in ihrer eigentlich schon wieder mediokren Konventionalität kaum nachzusagen ist. Vor allem aber war da etwas, was den Dutzenden Klonen nicht attestierbar ist: Liebe zu den eigenen Figuren, nicht nur zu Bildeffekten und einem ansehnlichen Portfolio. So bleibt die Geschichte spannend und der Film angenehm ambitioniert, ohne zu nerven.Kurzum: Kein Meisterwerk, auch kein über die Maße brillanter Film. Aber ein sympathischer, netter, kurzweiliger allemal, der mir für einige Momente ein paar schöne sentimentale Anwandlungen herauszwicken konnte. Mir hat's gefallen.
imdb | mrqe
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Thema: Alltag, medial gedoppelt
Ganz und gar fürchterlich übrigens: Auf Radio Fritz die derzeitige "Neunziger-Woche". Nicht nur, dass dieses Revival ein verfrühtes ist, es wird angesichts der Ansammlung musikalischer Fehlleistungen und schlechter Anekdoten, die die dort nahezu durchweg in meinem Alter tätigen Sprecher zum Besten geben, es wird obendrein offensichtlich, dass ein solches auch für die Zukunft ganz und gar nicht wünschenswert bleibt. Der Ruf der 80er als Prototyp einer geschmacklich bestenfalls unsicheren Dekade ist jedenfalls nachhaltig zu revidieren und ich bin - nicht zuletzt, weil ich jeden Abend aufs neue beim Stellen des Radioweckers vergesse, den Sender zu wechseln - erleichtert darüber, dass heute Freitag ist.
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» Spannung
23. April 04 | Autor: thgroh | 0 Kommentare | Kommentieren
SLEEPAWAY CAMP star Felissa Rose gave Fango the scoop on the next horror film she'll take part in, titled MOTH TO THE FLAME. "It's the debut film of [director] Scott Symons," Rose tells us. "It'll also star Edwin [TEXAS CHAINSAW] Neal, Judith [NIGHT OF THE LIVING DEAD] O'Dea, Reggie [PHANTASM] Bannister, John Steiner from Dario Argento's TENEBRAE and Mario Bava's SHOCK, who hasn't acted in about 13 years, and I believe David Hess. It's being produced by Zerita Entertainment and shot on Super-16, and it's a murder mystery that will be done in the style of an Argento film. We start shooting at the end of July."
imdb
Ich bin, der Titel sagt's, gespannt.
[via filmforen.de]
imdb
Ich bin, der Titel sagt's, gespannt.
[via filmforen.de]
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Thema: Filmtagebuch
23. April 04 | Autor: thgroh | 0 Kommentare | Kommentieren
20.04.2004, Heimkino
Panik am roten Fluß, so der unsägliche deutsche Titel dieses Films, den ich hier ganz bewusst nicht in der Überschrift führe, gibt sich als formal und ausstattungsästhetisch meisterhaft inszeniertes Skelett des Westernkinos zu erkennen: Nichts anderes als das Grundgerüst des ältesten Kinogenres offenbart sich hier. Dieses ist zwar wohl noch jedem Genrefilm - welcher Gattung er sich auch immer zugehörig fühlen mag - zu extrahieren, doch ist das besondere an Red River wohl der Umstand, dass hier die Knochen nicht mit Fleisch belegt werden, sondern in einer episodisch orientierten Erzählstruktur nurmehr die Knochen präsentiert, das Skelett montiert wird: Wo andernorts der grundlegendste Genrekontext versteckt wird, wird er hier offengelegt. Die hohle Phrase - was heißen soll: sie ist nicht intellektuell wertlos, sondern erfährt nur in der Narration keine wirklich tiefe Entsprechung - ist ihm dabei alles, von Anbeginn an: Sowohl in dem seltsam leeren, deshalb eigentlich schon amüsanten Dialog zu Beginn zwischen John Wayne und seiner Geliebten, die die Exposition ohnehin nicht überleben wird, wie auch später, beispielsweise in der ersten Indianerbelagerung, die viel Schrecken behauptet (und in ihrer Kürze dennoch einige Aspekte des Zombiefilms schon vorweg nimmt), aber eigentlich nur wenig Effekt hat, geschweige denn, dass sie nennenswerte Schauwerte auffährt. Der Verdacht erhärtet sich zunehmend: Hier werden Situationen durchdekliniert.
Was sich hier bislang als Kritik im Sinne des Wortes interpretieren lassen könnte, beschreibt im Gegenteil die Güte des Films: Red River ist ein Meta-Western avant la lettre, der nicht verlegen ist, sich auch in andere Genres zu kleiden: Szenen wie aus einem Film Noir stehen hier gleichberechtigt neben dem Gruselfilm entnommenen Schauerszenen bei Nacht und Nebel - und erinnert dieser seltsam abrupte Schluß, der die ganze epische Aufgeladenheit beinahe schon abwürgt, nicht auch irgendwie schon an Hollywoods Screwball-Comedies jener Tage? Dem Genreauteur Hawks hier bei seiner Meditationsarbeit über den Western und dessen Bedingungen und Implikationen zuzusehen, ist jedenfalls eine wahre Freude.
Ein großes Dankeschön auch an Arno für die Beamervorführung in seinem Hause. Mögen dieser noch viele folgen.
imdb | mrqe
Panik am roten Fluß, so der unsägliche deutsche Titel dieses Films, den ich hier ganz bewusst nicht in der Überschrift führe, gibt sich als formal und ausstattungsästhetisch meisterhaft inszeniertes Skelett des Westernkinos zu erkennen: Nichts anderes als das Grundgerüst des ältesten Kinogenres offenbart sich hier. Dieses ist zwar wohl noch jedem Genrefilm - welcher Gattung er sich auch immer zugehörig fühlen mag - zu extrahieren, doch ist das besondere an Red River wohl der Umstand, dass hier die Knochen nicht mit Fleisch belegt werden, sondern in einer episodisch orientierten Erzählstruktur nurmehr die Knochen präsentiert, das Skelett montiert wird: Wo andernorts der grundlegendste Genrekontext versteckt wird, wird er hier offengelegt. Die hohle Phrase - was heißen soll: sie ist nicht intellektuell wertlos, sondern erfährt nur in der Narration keine wirklich tiefe Entsprechung - ist ihm dabei alles, von Anbeginn an: Sowohl in dem seltsam leeren, deshalb eigentlich schon amüsanten Dialog zu Beginn zwischen John Wayne und seiner Geliebten, die die Exposition ohnehin nicht überleben wird, wie auch später, beispielsweise in der ersten Indianerbelagerung, die viel Schrecken behauptet (und in ihrer Kürze dennoch einige Aspekte des Zombiefilms schon vorweg nimmt), aber eigentlich nur wenig Effekt hat, geschweige denn, dass sie nennenswerte Schauwerte auffährt. Der Verdacht erhärtet sich zunehmend: Hier werden Situationen durchdekliniert. Was sich hier bislang als Kritik im Sinne des Wortes interpretieren lassen könnte, beschreibt im Gegenteil die Güte des Films: Red River ist ein Meta-Western avant la lettre, der nicht verlegen ist, sich auch in andere Genres zu kleiden: Szenen wie aus einem Film Noir stehen hier gleichberechtigt neben dem Gruselfilm entnommenen Schauerszenen bei Nacht und Nebel - und erinnert dieser seltsam abrupte Schluß, der die ganze epische Aufgeladenheit beinahe schon abwürgt, nicht auch irgendwie schon an Hollywoods Screwball-Comedies jener Tage? Dem Genreauteur Hawks hier bei seiner Meditationsarbeit über den Western und dessen Bedingungen und Implikationen zuzusehen, ist jedenfalls eine wahre Freude.
Ein großes Dankeschön auch an Arno für die Beamervorführung in seinem Hause. Mögen dieser noch viele folgen.
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Thema: Filmtagebuch
23. April 04 | Autor: thgroh | 0 Kommentare | Kommentieren
umgehend danach, auch im Heimkino
Kaufmans Remake von Don Siegels Invasion of the Body Snatchers (USA 1956; dazu sehr gelungen jump-cut.de) ist intellektuell gesehen schon etwas sattelfester als Boris Sagals Verarbeitung diverser Sozialängste im zuvor gesehenen Omega-Mann (USA 1971). Im fiktionalisierten Rahmen bringt er, ähnlich wie der hie und da etwas an seinen Produktions- und Vermarktungsbedingungen kränkelnde Futureworld (USA 1976), die paranoiden Ängste jener Dekade an deren Endpunkt auf den Pulp-Punkt. Vielleicht stellt diese Fiktionalisierung, die sich also loslöst von dem konsequent auf zeitgenössiche, sozio-politische Phänome verweisenden Gestus des klassischen 70er Paranoia-Kinos, schon eine Überwindung dar: Soziale Krise goes Genrefilm. Die Konventionen haben wir vorher eingeübt, jetzt wollen wir uns nur noch gruseln. Die 80er lugen ja auch schon um die Ecke.
Macht aber alles gar nichts, denn Kaufmans Film ist dennoch erhaben. An manchen Stellen habe sogar ich mich gegruselt und ich möchte behaupten: Als Genrefan muss da schon einiges geschehen, um mich soweit zu bringen. Beispielsweise die letzten Szenen des Films, wie da, im Kontext gesehen, der Terror der Normalität, die Angt der Anonymisierung in der Masse, auf den Punkt gebracht wird, ohne viel technischen Schnick-Schnack, einfach nur durch Präsentation, das ist schon mehr als fabelhaft. Und dann natürlich der Schluß selbst, dieser typischer 70er-Schluß - Erstarren, Verzweiflung, Gänsehaut.
Genrekitsch sicherlich, aber vom Feinsten.
imdb | mrqe
Kaufmans Remake von Don Siegels Invasion of the Body Snatchers (USA 1956; dazu sehr gelungen jump-cut.de) ist intellektuell gesehen schon etwas sattelfester als Boris Sagals Verarbeitung diverser Sozialängste im zuvor gesehenen Omega-Mann (USA 1971). Im fiktionalisierten Rahmen bringt er, ähnlich wie der hie und da etwas an seinen Produktions- und Vermarktungsbedingungen kränkelnde Futureworld (USA 1976), die paranoiden Ängste jener Dekade an deren Endpunkt auf den Pulp-Punkt. Vielleicht stellt diese Fiktionalisierung, die sich also loslöst von dem konsequent auf zeitgenössiche, sozio-politische Phänome verweisenden Gestus des klassischen 70er Paranoia-Kinos, schon eine Überwindung dar: Soziale Krise goes Genrefilm. Die Konventionen haben wir vorher eingeübt, jetzt wollen wir uns nur noch gruseln. Die 80er lugen ja auch schon um die Ecke.Macht aber alles gar nichts, denn Kaufmans Film ist dennoch erhaben. An manchen Stellen habe sogar ich mich gegruselt und ich möchte behaupten: Als Genrefan muss da schon einiges geschehen, um mich soweit zu bringen. Beispielsweise die letzten Szenen des Films, wie da, im Kontext gesehen, der Terror der Normalität, die Angt der Anonymisierung in der Masse, auf den Punkt gebracht wird, ohne viel technischen Schnick-Schnack, einfach nur durch Präsentation, das ist schon mehr als fabelhaft. Und dann natürlich der Schluß selbst, dieser typischer 70er-Schluß - Erstarren, Verzweiflung, Gänsehaut.
Genrekitsch sicherlich, aber vom Feinsten.
imdb | mrqe
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Thema: Filmtagebuch
irgendwann die letzten Tage, Heimkino
Beileibe kein Christ oder anderen Religionen zugetan, gefiel mir die ganz offensichtliche Jesus-Parabel doch sehr gut (zumal sie mir an manchen Stellen auch angenehm gebrochen erschien). Auch und gerade das mehr als nur überdeutliche Bild am Ende - "Trinkt alle daraus! Denn dies ist mein Blut, das Blut des Neuen Bundes, das für viele vergossen werden soll zur Vergebung der Sünden." (Mt.) - behagte mir deshalb sehr. Bei aller cheesiness trägt so ein biblischer Habitus doch immer auch eine grimmige Komponente in sich, die eine ganz bestimmte Saite in mir zum Klingen bringt. Außerdem: Kein Hollywood-Schauspieler scheitert schöner als Heston, keine Frage.
Auch jenseits dessen eine schöne, wenn auch in nicht allen Belangen gelungene Parabel über den Menschen, Kultur und den Begriff von Zivilisation. Einige ideologische Schwächen mögen zeitgeistbedingt sein und sind heutzutage sicher nurmehr anachronistisch. Dennoch ist allein das Spannungsverhältnis zwischen den vampirgleichen Schattenwesen (die im übrigen äußerst campy daherkommen, die sind beinahe schon so gut wie die überlebenden Menschen im zweiten Planet-der-Affen-Film, den ich dem ersten im übrigen beinahe schon vorziehe) als Sinnbild für das Mittelalter und der Einrichtung des Appartements des von Heston verkörperten Erlösers, die die positiven Errungenschaften abendländischer Kultur und des Projekts der Aufklärung beinahe schon archivarisch versammelt, äußerst reizvoll (auch jetzt mal vom bloßen Genre-Standpunkt aus gesehen). Dann natürlich die völkische Komponente des Films, die dann schon wieder Reflexionen über das Dritte Reich zulässt, oder dann wieder der nie aufgelöste Widerspruch, das letztendlich vielleicht ja auch die Schattenwesen die eigentlich Guten des Films sein könnten. Viele Lesarten, die im Zweifelsfalle gegen den Film sprechen müssten (weil: ohne klare Linie, selbstwidersprüchlich, you name it), in diesem Falle aber eher seinen Reichtum begründen: Die frühen 70er als Zeit vieler und großer Reflexionen, oft unausgegoren, oft nur gutgemeint und in alle möglichen Richtungen strebend, kurzum: Ideologische Beliebigkeit, beinahe schon. Bringt das ein Film besser auf den Punkt als dieser?
imdb | mrqe
Beileibe kein Christ oder anderen Religionen zugetan, gefiel mir die ganz offensichtliche Jesus-Parabel doch sehr gut (zumal sie mir an manchen Stellen auch angenehm gebrochen erschien). Auch und gerade das mehr als nur überdeutliche Bild am Ende - "Trinkt alle daraus! Denn dies ist mein Blut, das Blut des Neuen Bundes, das für viele vergossen werden soll zur Vergebung der Sünden." (Mt.) - behagte mir deshalb sehr. Bei aller cheesiness trägt so ein biblischer Habitus doch immer auch eine grimmige Komponente in sich, die eine ganz bestimmte Saite in mir zum Klingen bringt. Außerdem: Kein Hollywood-Schauspieler scheitert schöner als Heston, keine Frage.
Auch jenseits dessen eine schöne, wenn auch in nicht allen Belangen gelungene Parabel über den Menschen, Kultur und den Begriff von Zivilisation. Einige ideologische Schwächen mögen zeitgeistbedingt sein und sind heutzutage sicher nurmehr anachronistisch. Dennoch ist allein das Spannungsverhältnis zwischen den vampirgleichen Schattenwesen (die im übrigen äußerst campy daherkommen, die sind beinahe schon so gut wie die überlebenden Menschen im zweiten Planet-der-Affen-Film, den ich dem ersten im übrigen beinahe schon vorziehe) als Sinnbild für das Mittelalter und der Einrichtung des Appartements des von Heston verkörperten Erlösers, die die positiven Errungenschaften abendländischer Kultur und des Projekts der Aufklärung beinahe schon archivarisch versammelt, äußerst reizvoll (auch jetzt mal vom bloßen Genre-Standpunkt aus gesehen). Dann natürlich die völkische Komponente des Films, die dann schon wieder Reflexionen über das Dritte Reich zulässt, oder dann wieder der nie aufgelöste Widerspruch, das letztendlich vielleicht ja auch die Schattenwesen die eigentlich Guten des Films sein könnten. Viele Lesarten, die im Zweifelsfalle gegen den Film sprechen müssten (weil: ohne klare Linie, selbstwidersprüchlich, you name it), in diesem Falle aber eher seinen Reichtum begründen: Die frühen 70er als Zeit vieler und großer Reflexionen, oft unausgegoren, oft nur gutgemeint und in alle möglichen Richtungen strebend, kurzum: Ideologische Beliebigkeit, beinahe schon. Bringt das ein Film besser auf den Punkt als dieser?imdb | mrqe
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Thema: Blaetterrauschen
Ein Verriss, der beinahe sogar schon perverse Lust drauf macht, sich das Buch wirklich mal reinzupfeifen. So irgendwie, dann aber eben doch nicht, weil, ach, wie egal das alles ist.
(Mitleid für den armen Rezensenten übrigens)
(Mitleid für den armen Rezensenten übrigens)
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Thema: Alltag, medial gedoppelt
20. April 04 | Autor: thgroh | 0 Kommentare | Kommentieren
Gravity Probe B to Test Eisenstein's Theory, das habe ich dort [via le lounge electronique] tatsächlich gelesen, erstaunt angeklickt und mich dann tatsächlich auch bei Lektürebeginn einen kleinen Moment lang gewundert, warum - und vor allem: wie - die NASA nun im Weltall die Gültigkeit von Filmtheorie erforschen will. Leider habe ich dann meinen durch was auch immer bedingten Lesefehler bemerkt und etwas enttäuscht diese Zeilen hier geschrieben.
Aber NASA und Eisenstein, das wäre doch echt mal was ...
Aber NASA und Eisenstein, das wäre doch echt mal was ...
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Thema: literatur
19. April 04 | Autor: thgroh | 0 Kommentare | Kommentieren
Die Genrefrage dient bis heute immer wieder als Anlass langer, oft langwieriger Diskussionen. Was ist ein Genre? Verbindlicher Katalog, flexibles Bedeutungssystem, eine vermarktungseffiziente Kategorie oder schlicht nur die Summe seiner einzelnen Vertreter? Welche Genres gibt es? Ist beispielsweise der Film Noir schon Genre oder nur eine Spielart des Krimis? Und wie konstituiert sich die Zugehörigkeit eines Films zu einem oder mehreren Genres? Gibt es den perfekten Musterfilm für jedes Genre oder ist jeder Film nur graduell genrezugehörig? Wie werden Genres erweitert und was sagt das über das Verhältnis von Wegbereitern, Epigonen und selbstreflexiven, vielleicht gar widerborstigen Vertretern eines Genres aus?
Kurzum: Ein normativer Genrebegriff ist kaum möglich. Genres sind als permanenter work-in-progress zu begreifen, als ein, an den Rändern deutlich unscharfer, Katalog an Filmen, die sich zumindest graduell berühren, und sei es über eine Vielzahl anderer Filme hinweg. Im wesentlichen sind Genres also ein für das zerstreute oder an schneller Information interessierte Gespräch über Film bequemes, bei genauerem Hinsehen indes schwer zu erfassendes Ordnungssystem, um wesentliches über einen Film oder einen Filmzusammenhang auszusagen, ohne Anspruch, eine tiefere Realität der Filmordnung wiederzugeben.
Solche Fragestellungen fallen auf das Schreiben über Genres zurück. Letzten Endes bilden sie gar dessen grundlegende Basis, auch wenn sie vom Autor, ausgehend etwa von einem eher sorglosen Umgang mit dem Begriff des Genres, nicht reflektiert wurden. Als besonders populär haben sich die Genrebeobachtungen Georg Seeßlens erwiesen, der das Genre vor allem als mythische Kuppel begreift, die sich über eine bestimmte Anzahl von Filmen stülpt und diese zusammenfasst. Diese Kuppel besitzt eine eigene Erzählung, ist mit einer Vielzahl von Motiven ausgestattet und schwebt oft schon als Abstraktum erscheinend über den Filmen, denen in dieser Methode allenfalls noch die Rolle der spezifischen Argumentstütze zukommt. Entsprechend purzeln die Filmtitel durch die betreffenden Publikationen und sind, meist ohne nähere Betrachtung, schnell wieder vergessen. Seeßlens Genrebeobachtungen sind gleichzusetzen mit dem liebevollen Blick auf die gefüllten Regale einer Bibliothek, ohne dabei in den Büchern, die ins Blickfeld geraten, nennenswert zu blättern, wenn sie denn überhaupt aus dem Regal genommen werden.
Einen dazu geradewegs konträr erscheinenden Weg hat sich die seit kurzem ins Leben gerufene Reihe „Filmgenres“ des Reclam-Verlags ausgesucht. Die im wesentlichen aus dem weitläufigen Dunstkreis der Filmwissenschaft Mainz herausgegebenen Titel rücken vom als Kuppel verstandenen Genrebegriff ab und greifen, um im Bild zu bleiben, mit Lust und Freude in die Regale des jeweiligen Archivs. Eine der Methode Seeßlen erfrischend entgegengerichtete, vielleicht nicht unbedingt bessere, zumindest aber mindestens ebenso interessante Methode, die ein Genre streng vom einzelnen Film ausgehend begreift. Entsprechend eindeutig fällt das Verhältnis zwischen Filmvorstellungen und Theorieteil in den bislang erschienenen Bänden (drei bislang, zehn sollen es werden) aus: Kurzen Erläuterungen und Notizen zum Genre – abhängig vom Herausgeber mit unterschiedlicher Ausrichtung – folgt stets eine erfreulich weitgefächerte, selbstredend nie komplette Auswahl in Form von ausführlichen Besprechungen von für das jeweilige Genre wichtigen und konstituierenden Filmen, ohne dabei Lückenlosigkeit in Aussicht zu stellen oder eine ausdrückliche Kanonisierung zu betreiben. Als Sortierung bot sich die Chronologie der Filme selbst an, wobei Serials – wie etwa in der Science Fiction die Star Wars-Reihe oder in der Fantasy-Ausgabe „Der Herr der Ringe“ – in eigenen Kapitel zusammengefasst und anhand des Produktionsjahres des ersten Films sortiert wurden.
Ein wirklicher roter Faden kann sich aufgrund der zahlreichen Autoren, die sich die Filme untereinander aufgeteilt haben, natürlich nicht aufbauen, doch ist die Lektüre auch nicht für ein klassisches Durcharbeiten angelegt, sondern lädt eher zum gezielten Nachschlagen, etwa nach einer Filmsichtung, oder zur kommentierenden Begleitung einer systematischen Erschließung des Korpus ein. Ein jeder Filmbesprechung hintangestelltes knappes Literaturverzeichnis bietet sich zudem als Anknüpfungspunkt für eigene Untersuchungen an, zumal sich die Empfehlungen auch als angenehm vom einzelnen Film abstrahiert erscheinen. Einer Besprechung eines australischen Films folgt dann beispielsweise auch ein Hinweis auf eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem australischen Kino im allgemeinen. Die in ihrer Form offensichtlich nach Vorgabe normierten Besprechungen sind dabei weniger als feuilletonistische Kritik angelegt, sondern zielen eher auf eine umfassende Portraitierung und Verortung des Films ab. Hierfür ist es unabdinglich einen Film auch inhaltlich komplett, also inklusive sein Ende, synoptisch zusammenzufassen. Diese ausführlichen Plotzusammenfassungen, die sich oft auch mit ästhetischen Betrachtungen verweben, bilden meist den Einstieg in die Besprechung und werden dann im folgenden um Hinweise auf Eigenheiten und Besonderheiten der Inszenierung, Kommentare zur Rezeptionsgeschichte, Verortung in der Filmgeschichte oder Aufarbeitung der intertextuellen Bezüge ergänzt. Persönliche Wertungen oder Geschmäcklerei sind - in den Besprechungen, leider nicht immer in der Auswahl der Filme durch den/die Herausgeber - erfreulicherweise auf ein Minimum reduziert. So können die Besprechungen gut als Bestandsaufnahmen und Einsortierungen in den jeweiligen Genrekosmos fungieren, ohne dabei an Eigenständigkeit zu verlieren. Im Ergebnis ist die Lektüre anregend und informativ, zumal mit den versammelten Autoren – zumeist bekannte Filmpublizisten, aber auch einige Pendler zwischen akademischen und publizistischen Background haben sich eingefunden– auf ihrem Gebiet sichtlich kompetente Mitarbeiter verpflichtet werden konnten. Dass dabei längst nicht alles, was zu diesem oder jenem Film zu schreiben wäre, auch Eingang in die jeweilige Besprechung fand, ist dabei als Prämisse für die Lektüre der nach Verlagsvorgabe kompakt formatierten Büchlein vorauszuschicken.
Die drei bislang erschienenen Bände sollen im folgenden kurz vorgestellt werden:
Thomas Koeber (Hg.): Science Fiction
Thomas Koebner, prominentestes Aushängeschild der Mainzer Filmwissenschaft und Herausgeber der Reihe „Filmschriften“ des Gardez Verlags, zeichnet auch hier als Herausgeber für die Auseinandersetzung mit der Sciene Fiction verantwortlich, deren Wurzeln er in der knappen, aber – wie man es von ihm gewohnt ist – präzisen „Vorbemerkung“ in der Literatur des 19. Jahrhunderts verortet und deren wichtigsten Motive – zB der künstliche Mensch, Begegnung mit Außerirdischen, Technik und Utopie, u.a. – er prägnant und souverän kursorisch umreißt. Dabei begreift er Science Fiction nicht als hermetisches System, sondern verweist auf Berührungspunkte mit dem Horrorfilm, der Fantasy und dem Märchen. Besonderes Augenmerk gilt dann vor allem den eher philosophisch orientierten „Meisterwerken“ der Gattung, die das, wie er schreibt, „früher eher einfältige Genre“ als Form nutzen, um über die bloße Zerstreuung der Phantasmagorie hinaus Überlegungen über den Menschen und sein Verhältnis zum Fremden, zum Universum und seinen Schöpfungen anzustellen, ohne dabei die Anmerkung zu vergessen, dass die Meisterwerke dieser wie jeder Gattung nur die Spitzen in einem ansonsten von Realisationen und Produktionen bestimmten Korpus stellen.
Gewiss hätte man sich, zudem von einem führenden Wissenschaftler wie Koebner, etwas mehr als nur eine Vorbemerkung zu der ungemein reichen und vielfältigen Tradition der Science Fiction gewünscht. Die einführenden Notizen dienen in dieser Form eher einer gegenseitigen Versicherung des grundlegenden Wissensstandes, auf dem das Buch aufbaut. Vielleicht will man in dieser knappen Form aber auch nur auf die Filme selbst verweisen, die hier, als Entsprechung auf den Hinweis auf die Science Fiction als genuin hybride angelegtes Genrekorsett, an den Rändern des Korpus großzügig ausgewählt wurden: Filme wie FRANKENSTEIN (1931) werden ebenso berücksichtigt wie Cormans LITTLE SHOP OF HORRORS (1960) oder Jeunets skurrile Ästhetikübung DELICATESSEN (1991). Die ungeheure Anzahl an Filmen – von allen bislang vorliegenden Bänden der Reihe ist dieser der eindeutig umfangreichste – ist zum einen erfreulich, kann jedoch zum anderen über die Fixierung auf übliche Klassiker und einen gewissen US-Zentrismus nicht hinwegtäuschen. Vor allem der naive Pulp der 50er und 60er wird nur kurz und im üblichen Rahmen – Jack Arnold, Forbidden Planet und dergleichen – umrissen, ohne dabei tiefer zu schürfen. Unverzeihliches Versäumnis: Ed Woods PLAN 9 FROM OUTER SPACE (1959), für das Verständnis einer gewissen Rezeptionshaltung bestimmten Ausformungen der filmischen Science Fiction gegenüber unumgänglich, wird noch nicht einmal erwähnt. Diese Limitierung ist der offensichtlichen Orientierung an hierzulande auf VHS oder DVD erhältlichen Filme geschuldet, die sich auch an der bemerkenswerten Konzentration auf Filme der beiden letzten Dekaden bemerkbar macht. Der Blick auf das Genre wird hierdurch - besonders auch vor dem Hintergrund der mittels Internet wesentlich vereinfachten Importierbarkeit hierzulande nie ausgewerteter Filme - unnötig zugunsten einer lediglich national-spezifischen Perspektive beschnitten. Der japanische Film – reich an eigentlich prädestiniertem Material, das jedoch, so Koebner in seiner Vorbemerkung eher wenig überzeugend, „eine eigene Art“ bilde – fand mit AVALON (2001) gerade mal eine einzige Berücksichtigung, der vom selben Regisseur inszenierte Anime GHOST IN THE SHELL (1996) - hierzulande zwar nicht erhältlich, als Stichwortgeber für zahlreiche Virtual-Reality-Überlegungen des Genres indes von großer Bedeutung - wird lediglich am Rande bemerkt. Doch sollen diese Mängel nicht darüber hinwegtäuschen, dass die einzelnen Besprechungen versiert und gelungen durchgeführt wurden und als „Reiseführer“ durch die phantastischen Welten und Universen des Genres ohne weiteres im Einzelnen geeignet sind.
Norbert Grob, Bernd Kiefer, Marcus Stiglegger (Hgg.): Western
Weit interessanter gestaltet sich die Erkundung des ältesten Genres der Filmgeschichte, was vielleicht, ohne damit etwas zu unterstellen, der gesteigerten Leidenschaft der bekennenden Genreliebhaber, die für die Herausgeberschaft verantwortlich zeichnen, geschuldet sein mag. So findet sich hier, neben der obligatorischen Vorbemerkung, die auf Problemstellungen einer solchen Kompilierung hinweist, eine von Grob und Kiefer erstellte Einführung in den Western, die auf engstem Raume essentielles Wissen in konzentriertester Form versammelt und bei der Auseinandersetzung mit Motivik und Geschichte des Genres stets in Griffnähe gehalten werden sollte. Grob und Kiefer, deutlich als Fachmänner auf ihrem Gebiet und Cinephile mit Passion zu erkennen, vermitteln einen schier schwindelerregenden Einblick in Genese, Entwicklung und Rezeption des Westerns, für den andere Publizisten ein ganzes Buch füllen müssten. Schön auch, dass man nicht in das alte Muster einer einen Traditionsbruch implizierenden nationalen Differenzierung des Westerns nach us-amerikanischen und italienischen verfällt, sondern dass man auch den Italowestern nahtlos in eine fortlaufende Entwicklung des Genres einpflegt.
Der in der Vorbemerkung geäußerte Anspruch, auch von der offiziellen Filmgeschichtsschreibung übergangene Werke des Westerns mittels einer solchen Kontextualisierung zu erschließen und wieder ins Gedächtnis zu holen, ist zudem erfreulicherweise als erfüllt zu betrachten. So hält sich das Verhältnis aus unvermeidbarem Klassiker und noch zu erschließender Produktion gut die Waage und gestattet so einen umfassenden Panoramablick auf das Genre, das sich von dieser Warte aus erkunden lässt. Gewidmet ist das Buch Frieda Grafe und Brigitte Desalm, die beide das Erscheinen dieses Buches nicht mehr erlebten und entsprechend leider keine Beiträge mehr zusteuern konnten. Eine Genehmigung Frieda Grafes, ihr 1984 erschienenes Essay über Samuel Fullers 40 GEWEHRE zu übernehmen, lag glücklicherweise noch vor, so dass einer der „schönsten Texte, die je über einen Western geschrieben wurden“ (die Autoren in der Vorbemerkung) seinen Weg in diese Herausgeberschaft noch finden konnte, wo er nicht nur Zeugnis über einen Film abliefert, sondern auch als Respektbekundung vor einer aus der deutschsprachigen Filmpublizistik nicht wegzudenkenden Persönlichkeit und deren spezifische Herangehensweise an Film und der Niederschrift seines Erlebens zu verstehen ist. Eine schöne Cinephilie, typisch für Bücher, die mit Grob im Zusammenhang stehen, die sich hier ausdrückt und sich glücklicherweise durch das ganze, schöne Buch zieht.
Andreas Friedrich (Hg.): Fantasy- und Märchenfilm
Das Buch hat’s schon mit seinem Gegenstand schwer. Inwiefern ist der Fantasyfilm ein eigenständiges Genre und welche Filme sind ihm zuzurechnen? Inwiefern verschafft sich der Fantasyfilm Distinktion gegenüber dem Abenteuer-, Horror- oder Science-Fiction-Film? Herausgeber Andreas Friedrich sieht dieses Problemfeld auch und hat für seine Auswahl deshalb vor allem märchenhafte Züge der Erzählung oder offensichtliche Anlehnungen an das Märchen (wie z.B. den Aufgriff von Hexenfiguren und ähnlichem) zum Kriterium für seine Auswahl erhoben und sich zudem vor allem auch auf Filme aus den damaligen Ostblockstaaten bemüht. Zeichentrickfilme und Animes konnten nur repräsentativ berücksichtigt werden, was, wie der Autor ebenfalls einräumt, schade ist, sind doch beide Gattungen zum einen ohnehin stets unterrepräsentiert, zum anderen haben beide Wesentliches für den zu betrachtenden Korpus beigetragen. So ganz einleuchten mag dies nicht, wenn man den Umfang des Buches – das bislang dünnste – im Vergleich zu dem der anderen Bücher der Reihe betrachtet.
Ansonsten weiß Friedrich nur wenig Neues oder gar Erkenntnisversprechendes über den Fantasy- und Märchenfilm mitzuteilen, leider hält er sich sehr lange mit einer Verteidigung des Gegenstands auf, die sich vor allem an der vorgeblich vorherrschenden Geisteshaltung, es handele sich bei Fantasy bloß um eskapistische, somit vernachlässigbare Trivialitäten, abarbeitet und sich von diesem ohnehin kaum diskussionswürdigen apodiktischen Urteil in dieser Form auch noch bereitwillig ein Bein stellen lässt. Statt einer Verteidigung gewähnter Kritiker hätte der Textsammlung ein etwas souveränerer Umgang mit dem eigenen Gegenstand, die sich gerade in der Nichtachtung konservativer Kulturpessimisten profiliert und Perspektiven jenseits dieser Haltung eröffnet, gut angestanden.
Die zusammenfassende Auswahl an Filmen kann ebenso nur bedingt überzeugen, auch hier hat man sich zwar um einen Mittelweg aus frühester Filmgeschichte, großzügiger Beschau des Genres an seinen Rändern und Schnittpunkten und bislang eher weniger Beachtetes bemüht. Als interessant gestaltet sich hierbei die Möglichkeit einer gekreuzten Lektüre unter verschiedenen Vorzeichen, wenn etwa Bryan Singers X-MEN (2000) hier wie auch im Science Fiction-Band der Reihe Berücksichtigung, aber einen individuellen Text findet. Warum andere, sich ähnlich, bzw. noch offensichtlicher zwischen beiden Lagern situierende Filme indes nicht einer zweiten Bestandsaufnahme unterzogen wurden, ist nicht ersichtlich. Etwas schade ist zudem, dass man sich vor allem auf die persönliche Liebhaberei bei der Zusammenstellung verlassen hat. Ein besonderes Augenmerk auf russische und tschechische Märchenfilme macht zwar Sinn, jedoch lässt sich die nahezu vollkommene Unterschlagung des asiatischen Films nicht rechtfertigen. Vor allem der Hongkong-Film erweist sich bis in unsere Zeit als seit Jahrzehnten nicht versiegen wollender Quell farbenprächtiger, einfallsreicher und brillanter Fantasyfilme, die über bloße Körperartistik hinaus dem Genre Relevantes mitzuteilen haben. Auch die komplette Unterschlagung der unzähligen Herkules-, Maciste-, Ursus- und Sandalenfilme aus dem Italien der 60er Jahre ist eigentlich nicht zu verzeihen und hätte als Phänomen wenigstens an ein, zwei repräsentativ vorgestellten Filmen Entsprechung erfahren müssen, von denen ausgehend ein Überblick über diese kurze, aber heftige Welle an Genrefilmen hätte gestattet werden können.
Alles in allem erweist sich die Reihe als interessant mit Ausbaumöglichkeiten. Eine Öffnung hin zu mehr B- und Pulpfilmen wäre sicher wünschenswert, auch wäre eine gesteigerte Konzentration auf Theorie und Geschichte des Genres in Form von konzentrierten Einführungen sicherlich begrüßenswert. Grob und Kiefer haben es in ihrer Betrachtung des Westerns eindrucksvoll vorgemacht, die weiteren Titel der Reihe – als nächstes sind Bücher zum Abenteuer- und Horrorfilm angekündigt – werden sich an dieser Latte messen lassen müssen.
Kurzum: Ein normativer Genrebegriff ist kaum möglich. Genres sind als permanenter work-in-progress zu begreifen, als ein, an den Rändern deutlich unscharfer, Katalog an Filmen, die sich zumindest graduell berühren, und sei es über eine Vielzahl anderer Filme hinweg. Im wesentlichen sind Genres also ein für das zerstreute oder an schneller Information interessierte Gespräch über Film bequemes, bei genauerem Hinsehen indes schwer zu erfassendes Ordnungssystem, um wesentliches über einen Film oder einen Filmzusammenhang auszusagen, ohne Anspruch, eine tiefere Realität der Filmordnung wiederzugeben.Solche Fragestellungen fallen auf das Schreiben über Genres zurück. Letzten Endes bilden sie gar dessen grundlegende Basis, auch wenn sie vom Autor, ausgehend etwa von einem eher sorglosen Umgang mit dem Begriff des Genres, nicht reflektiert wurden. Als besonders populär haben sich die Genrebeobachtungen Georg Seeßlens erwiesen, der das Genre vor allem als mythische Kuppel begreift, die sich über eine bestimmte Anzahl von Filmen stülpt und diese zusammenfasst. Diese Kuppel besitzt eine eigene Erzählung, ist mit einer Vielzahl von Motiven ausgestattet und schwebt oft schon als Abstraktum erscheinend über den Filmen, denen in dieser Methode allenfalls noch die Rolle der spezifischen Argumentstütze zukommt. Entsprechend purzeln die Filmtitel durch die betreffenden Publikationen und sind, meist ohne nähere Betrachtung, schnell wieder vergessen. Seeßlens Genrebeobachtungen sind gleichzusetzen mit dem liebevollen Blick auf die gefüllten Regale einer Bibliothek, ohne dabei in den Büchern, die ins Blickfeld geraten, nennenswert zu blättern, wenn sie denn überhaupt aus dem Regal genommen werden.
Einen dazu geradewegs konträr erscheinenden Weg hat sich die seit kurzem ins Leben gerufene Reihe „Filmgenres“ des Reclam-Verlags ausgesucht. Die im wesentlichen aus dem weitläufigen Dunstkreis der Filmwissenschaft Mainz herausgegebenen Titel rücken vom als Kuppel verstandenen Genrebegriff ab und greifen, um im Bild zu bleiben, mit Lust und Freude in die Regale des jeweiligen Archivs. Eine der Methode Seeßlen erfrischend entgegengerichtete, vielleicht nicht unbedingt bessere, zumindest aber mindestens ebenso interessante Methode, die ein Genre streng vom einzelnen Film ausgehend begreift. Entsprechend eindeutig fällt das Verhältnis zwischen Filmvorstellungen und Theorieteil in den bislang erschienenen Bänden (drei bislang, zehn sollen es werden) aus: Kurzen Erläuterungen und Notizen zum Genre – abhängig vom Herausgeber mit unterschiedlicher Ausrichtung – folgt stets eine erfreulich weitgefächerte, selbstredend nie komplette Auswahl in Form von ausführlichen Besprechungen von für das jeweilige Genre wichtigen und konstituierenden Filmen, ohne dabei Lückenlosigkeit in Aussicht zu stellen oder eine ausdrückliche Kanonisierung zu betreiben. Als Sortierung bot sich die Chronologie der Filme selbst an, wobei Serials – wie etwa in der Science Fiction die Star Wars-Reihe oder in der Fantasy-Ausgabe „Der Herr der Ringe“ – in eigenen Kapitel zusammengefasst und anhand des Produktionsjahres des ersten Films sortiert wurden.Ein wirklicher roter Faden kann sich aufgrund der zahlreichen Autoren, die sich die Filme untereinander aufgeteilt haben, natürlich nicht aufbauen, doch ist die Lektüre auch nicht für ein klassisches Durcharbeiten angelegt, sondern lädt eher zum gezielten Nachschlagen, etwa nach einer Filmsichtung, oder zur kommentierenden Begleitung einer systematischen Erschließung des Korpus ein. Ein jeder Filmbesprechung hintangestelltes knappes Literaturverzeichnis bietet sich zudem als Anknüpfungspunkt für eigene Untersuchungen an, zumal sich die Empfehlungen auch als angenehm vom einzelnen Film abstrahiert erscheinen. Einer Besprechung eines australischen Films folgt dann beispielsweise auch ein Hinweis auf eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem australischen Kino im allgemeinen. Die in ihrer Form offensichtlich nach Vorgabe normierten Besprechungen sind dabei weniger als feuilletonistische Kritik angelegt, sondern zielen eher auf eine umfassende Portraitierung und Verortung des Films ab. Hierfür ist es unabdinglich einen Film auch inhaltlich komplett, also inklusive sein Ende, synoptisch zusammenzufassen. Diese ausführlichen Plotzusammenfassungen, die sich oft auch mit ästhetischen Betrachtungen verweben, bilden meist den Einstieg in die Besprechung und werden dann im folgenden um Hinweise auf Eigenheiten und Besonderheiten der Inszenierung, Kommentare zur Rezeptionsgeschichte, Verortung in der Filmgeschichte oder Aufarbeitung der intertextuellen Bezüge ergänzt. Persönliche Wertungen oder Geschmäcklerei sind - in den Besprechungen, leider nicht immer in der Auswahl der Filme durch den/die Herausgeber - erfreulicherweise auf ein Minimum reduziert. So können die Besprechungen gut als Bestandsaufnahmen und Einsortierungen in den jeweiligen Genrekosmos fungieren, ohne dabei an Eigenständigkeit zu verlieren. Im Ergebnis ist die Lektüre anregend und informativ, zumal mit den versammelten Autoren – zumeist bekannte Filmpublizisten, aber auch einige Pendler zwischen akademischen und publizistischen Background haben sich eingefunden– auf ihrem Gebiet sichtlich kompetente Mitarbeiter verpflichtet werden konnten. Dass dabei längst nicht alles, was zu diesem oder jenem Film zu schreiben wäre, auch Eingang in die jeweilige Besprechung fand, ist dabei als Prämisse für die Lektüre der nach Verlagsvorgabe kompakt formatierten Büchlein vorauszuschicken.
Die drei bislang erschienenen Bände sollen im folgenden kurz vorgestellt werden:
Thomas Koeber (Hg.): Science Fiction
Thomas Koebner, prominentestes Aushängeschild der Mainzer Filmwissenschaft und Herausgeber der Reihe „Filmschriften“ des Gardez Verlags, zeichnet auch hier als Herausgeber für die Auseinandersetzung mit der Sciene Fiction verantwortlich, deren Wurzeln er in der knappen, aber – wie man es von ihm gewohnt ist – präzisen „Vorbemerkung“ in der Literatur des 19. Jahrhunderts verortet und deren wichtigsten Motive – zB der künstliche Mensch, Begegnung mit Außerirdischen, Technik und Utopie, u.a. – er prägnant und souverän kursorisch umreißt. Dabei begreift er Science Fiction nicht als hermetisches System, sondern verweist auf Berührungspunkte mit dem Horrorfilm, der Fantasy und dem Märchen. Besonderes Augenmerk gilt dann vor allem den eher philosophisch orientierten „Meisterwerken“ der Gattung, die das, wie er schreibt, „früher eher einfältige Genre“ als Form nutzen, um über die bloße Zerstreuung der Phantasmagorie hinaus Überlegungen über den Menschen und sein Verhältnis zum Fremden, zum Universum und seinen Schöpfungen anzustellen, ohne dabei die Anmerkung zu vergessen, dass die Meisterwerke dieser wie jeder Gattung nur die Spitzen in einem ansonsten von Realisationen und Produktionen bestimmten Korpus stellen.Gewiss hätte man sich, zudem von einem führenden Wissenschaftler wie Koebner, etwas mehr als nur eine Vorbemerkung zu der ungemein reichen und vielfältigen Tradition der Science Fiction gewünscht. Die einführenden Notizen dienen in dieser Form eher einer gegenseitigen Versicherung des grundlegenden Wissensstandes, auf dem das Buch aufbaut. Vielleicht will man in dieser knappen Form aber auch nur auf die Filme selbst verweisen, die hier, als Entsprechung auf den Hinweis auf die Science Fiction als genuin hybride angelegtes Genrekorsett, an den Rändern des Korpus großzügig ausgewählt wurden: Filme wie FRANKENSTEIN (1931) werden ebenso berücksichtigt wie Cormans LITTLE SHOP OF HORRORS (1960) oder Jeunets skurrile Ästhetikübung DELICATESSEN (1991). Die ungeheure Anzahl an Filmen – von allen bislang vorliegenden Bänden der Reihe ist dieser der eindeutig umfangreichste – ist zum einen erfreulich, kann jedoch zum anderen über die Fixierung auf übliche Klassiker und einen gewissen US-Zentrismus nicht hinwegtäuschen. Vor allem der naive Pulp der 50er und 60er wird nur kurz und im üblichen Rahmen – Jack Arnold, Forbidden Planet und dergleichen – umrissen, ohne dabei tiefer zu schürfen. Unverzeihliches Versäumnis: Ed Woods PLAN 9 FROM OUTER SPACE (1959), für das Verständnis einer gewissen Rezeptionshaltung bestimmten Ausformungen der filmischen Science Fiction gegenüber unumgänglich, wird noch nicht einmal erwähnt. Diese Limitierung ist der offensichtlichen Orientierung an hierzulande auf VHS oder DVD erhältlichen Filme geschuldet, die sich auch an der bemerkenswerten Konzentration auf Filme der beiden letzten Dekaden bemerkbar macht. Der Blick auf das Genre wird hierdurch - besonders auch vor dem Hintergrund der mittels Internet wesentlich vereinfachten Importierbarkeit hierzulande nie ausgewerteter Filme - unnötig zugunsten einer lediglich national-spezifischen Perspektive beschnitten. Der japanische Film – reich an eigentlich prädestiniertem Material, das jedoch, so Koebner in seiner Vorbemerkung eher wenig überzeugend, „eine eigene Art“ bilde – fand mit AVALON (2001) gerade mal eine einzige Berücksichtigung, der vom selben Regisseur inszenierte Anime GHOST IN THE SHELL (1996) - hierzulande zwar nicht erhältlich, als Stichwortgeber für zahlreiche Virtual-Reality-Überlegungen des Genres indes von großer Bedeutung - wird lediglich am Rande bemerkt. Doch sollen diese Mängel nicht darüber hinwegtäuschen, dass die einzelnen Besprechungen versiert und gelungen durchgeführt wurden und als „Reiseführer“ durch die phantastischen Welten und Universen des Genres ohne weiteres im Einzelnen geeignet sind.
Norbert Grob, Bernd Kiefer, Marcus Stiglegger (Hgg.): Western
Weit interessanter gestaltet sich die Erkundung des ältesten Genres der Filmgeschichte, was vielleicht, ohne damit etwas zu unterstellen, der gesteigerten Leidenschaft der bekennenden Genreliebhaber, die für die Herausgeberschaft verantwortlich zeichnen, geschuldet sein mag. So findet sich hier, neben der obligatorischen Vorbemerkung, die auf Problemstellungen einer solchen Kompilierung hinweist, eine von Grob und Kiefer erstellte Einführung in den Western, die auf engstem Raume essentielles Wissen in konzentriertester Form versammelt und bei der Auseinandersetzung mit Motivik und Geschichte des Genres stets in Griffnähe gehalten werden sollte. Grob und Kiefer, deutlich als Fachmänner auf ihrem Gebiet und Cinephile mit Passion zu erkennen, vermitteln einen schier schwindelerregenden Einblick in Genese, Entwicklung und Rezeption des Westerns, für den andere Publizisten ein ganzes Buch füllen müssten. Schön auch, dass man nicht in das alte Muster einer einen Traditionsbruch implizierenden nationalen Differenzierung des Westerns nach us-amerikanischen und italienischen verfällt, sondern dass man auch den Italowestern nahtlos in eine fortlaufende Entwicklung des Genres einpflegt. Der in der Vorbemerkung geäußerte Anspruch, auch von der offiziellen Filmgeschichtsschreibung übergangene Werke des Westerns mittels einer solchen Kontextualisierung zu erschließen und wieder ins Gedächtnis zu holen, ist zudem erfreulicherweise als erfüllt zu betrachten. So hält sich das Verhältnis aus unvermeidbarem Klassiker und noch zu erschließender Produktion gut die Waage und gestattet so einen umfassenden Panoramablick auf das Genre, das sich von dieser Warte aus erkunden lässt. Gewidmet ist das Buch Frieda Grafe und Brigitte Desalm, die beide das Erscheinen dieses Buches nicht mehr erlebten und entsprechend leider keine Beiträge mehr zusteuern konnten. Eine Genehmigung Frieda Grafes, ihr 1984 erschienenes Essay über Samuel Fullers 40 GEWEHRE zu übernehmen, lag glücklicherweise noch vor, so dass einer der „schönsten Texte, die je über einen Western geschrieben wurden“ (die Autoren in der Vorbemerkung) seinen Weg in diese Herausgeberschaft noch finden konnte, wo er nicht nur Zeugnis über einen Film abliefert, sondern auch als Respektbekundung vor einer aus der deutschsprachigen Filmpublizistik nicht wegzudenkenden Persönlichkeit und deren spezifische Herangehensweise an Film und der Niederschrift seines Erlebens zu verstehen ist. Eine schöne Cinephilie, typisch für Bücher, die mit Grob im Zusammenhang stehen, die sich hier ausdrückt und sich glücklicherweise durch das ganze, schöne Buch zieht.
Andreas Friedrich (Hg.): Fantasy- und Märchenfilm
Das Buch hat’s schon mit seinem Gegenstand schwer. Inwiefern ist der Fantasyfilm ein eigenständiges Genre und welche Filme sind ihm zuzurechnen? Inwiefern verschafft sich der Fantasyfilm Distinktion gegenüber dem Abenteuer-, Horror- oder Science-Fiction-Film? Herausgeber Andreas Friedrich sieht dieses Problemfeld auch und hat für seine Auswahl deshalb vor allem märchenhafte Züge der Erzählung oder offensichtliche Anlehnungen an das Märchen (wie z.B. den Aufgriff von Hexenfiguren und ähnlichem) zum Kriterium für seine Auswahl erhoben und sich zudem vor allem auch auf Filme aus den damaligen Ostblockstaaten bemüht. Zeichentrickfilme und Animes konnten nur repräsentativ berücksichtigt werden, was, wie der Autor ebenfalls einräumt, schade ist, sind doch beide Gattungen zum einen ohnehin stets unterrepräsentiert, zum anderen haben beide Wesentliches für den zu betrachtenden Korpus beigetragen. So ganz einleuchten mag dies nicht, wenn man den Umfang des Buches – das bislang dünnste – im Vergleich zu dem der anderen Bücher der Reihe betrachtet.Ansonsten weiß Friedrich nur wenig Neues oder gar Erkenntnisversprechendes über den Fantasy- und Märchenfilm mitzuteilen, leider hält er sich sehr lange mit einer Verteidigung des Gegenstands auf, die sich vor allem an der vorgeblich vorherrschenden Geisteshaltung, es handele sich bei Fantasy bloß um eskapistische, somit vernachlässigbare Trivialitäten, abarbeitet und sich von diesem ohnehin kaum diskussionswürdigen apodiktischen Urteil in dieser Form auch noch bereitwillig ein Bein stellen lässt. Statt einer Verteidigung gewähnter Kritiker hätte der Textsammlung ein etwas souveränerer Umgang mit dem eigenen Gegenstand, die sich gerade in der Nichtachtung konservativer Kulturpessimisten profiliert und Perspektiven jenseits dieser Haltung eröffnet, gut angestanden.
Die zusammenfassende Auswahl an Filmen kann ebenso nur bedingt überzeugen, auch hier hat man sich zwar um einen Mittelweg aus frühester Filmgeschichte, großzügiger Beschau des Genres an seinen Rändern und Schnittpunkten und bislang eher weniger Beachtetes bemüht. Als interessant gestaltet sich hierbei die Möglichkeit einer gekreuzten Lektüre unter verschiedenen Vorzeichen, wenn etwa Bryan Singers X-MEN (2000) hier wie auch im Science Fiction-Band der Reihe Berücksichtigung, aber einen individuellen Text findet. Warum andere, sich ähnlich, bzw. noch offensichtlicher zwischen beiden Lagern situierende Filme indes nicht einer zweiten Bestandsaufnahme unterzogen wurden, ist nicht ersichtlich. Etwas schade ist zudem, dass man sich vor allem auf die persönliche Liebhaberei bei der Zusammenstellung verlassen hat. Ein besonderes Augenmerk auf russische und tschechische Märchenfilme macht zwar Sinn, jedoch lässt sich die nahezu vollkommene Unterschlagung des asiatischen Films nicht rechtfertigen. Vor allem der Hongkong-Film erweist sich bis in unsere Zeit als seit Jahrzehnten nicht versiegen wollender Quell farbenprächtiger, einfallsreicher und brillanter Fantasyfilme, die über bloße Körperartistik hinaus dem Genre Relevantes mitzuteilen haben. Auch die komplette Unterschlagung der unzähligen Herkules-, Maciste-, Ursus- und Sandalenfilme aus dem Italien der 60er Jahre ist eigentlich nicht zu verzeihen und hätte als Phänomen wenigstens an ein, zwei repräsentativ vorgestellten Filmen Entsprechung erfahren müssen, von denen ausgehend ein Überblick über diese kurze, aber heftige Welle an Genrefilmen hätte gestattet werden können.
Alles in allem erweist sich die Reihe als interessant mit Ausbaumöglichkeiten. Eine Öffnung hin zu mehr B- und Pulpfilmen wäre sicher wünschenswert, auch wäre eine gesteigerte Konzentration auf Theorie und Geschichte des Genres in Form von konzentrierten Einführungen sicherlich begrüßenswert. Grob und Kiefer haben es in ihrer Betrachtung des Westerns eindrucksvoll vorgemacht, die weiteren Titel der Reihe – als nächstes sind Bücher zum Abenteuer- und Horrorfilm angekündigt – werden sich an dieser Latte messen lassen müssen.
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Thema: Filmtagebuch
19. April 04 | Autor: thgroh | 0 Kommentare | Kommentieren
19.04.2004, Heimkino
Kaum in Worte zu fassen, was in diesem filmischen Versuch über das Dritte Reich, bzw. über eine Episode dessen, in jedweder Hinsicht alles falsch gelaufen ist. Einen derart grundlegend falschen Blick, eine derart unbeholfene filmische Gestaltung offenzulegen erspare ich mir, es wäre dies das unglaublich ermüdende Darstellen des, wie ich finde (oder aber: hoffe), allzu Offensichtlichen.
imdb | filmz.de | angelaufen.de
Kaum in Worte zu fassen, was in diesem filmischen Versuch über das Dritte Reich, bzw. über eine Episode dessen, in jedweder Hinsicht alles falsch gelaufen ist. Einen derart grundlegend falschen Blick, eine derart unbeholfene filmische Gestaltung offenzulegen erspare ich mir, es wäre dies das unglaublich ermüdende Darstellen des, wie ich finde (oder aber: hoffe), allzu Offensichtlichen.
imdb | filmz.de | angelaufen.de
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Thema: Filmtagebuch
18.04.2004, Heimkino
Ein wahrer Graus von einem Film und der beste Beweis dafür, dass eine mittelmäßige Idee, ein langweiliges Drehbuch, ein offensichtlich talentloser und uninspirierter Regisseur, eine allenfalls langweilige formale Inszenierung und lustlos auftretende Schauspieler noch lange keinen Film "im Stil von Tarantino und Soderbergh" (so auf dem Cover zu lesen) ergeben. Ein Ergebnis quasi, auf das man gut und gerne a priori kommen darf, aber hinterher ist man immer schlauer. Und mit Soderbergh oder Tarantino hat der Film nun wirklich nade, niente, gar nichts gemein - und das ist jetzt nicht das Gegreine eines enttäuschten Zuschauers, sondern nüchterne Feststellung. Bloß schnell vergessen, diesen unausgegorenen, langweiligen Quark.
Was ich wirklich nicht verstehe: Der Weltmarkt birgt Hunderte, wenn nicht Tausende großartiger Filme, die allesamt hierzulande keine Veröffentlichung erfahren/erfuhren, aber ohne weiteres ein Publikum finden könnten. Warum verpasst man dann ausgerechnet solchen laschen Gurken, die so nervig langweilig sind, dass sie noch nicht mal das Zeug zum Trash haben, eine Synchro und presst das ganze auf DVD? Bloß weil Guy Pearce vor der Kamera stand? Also bitte!
imdb
Ein wahrer Graus von einem Film und der beste Beweis dafür, dass eine mittelmäßige Idee, ein langweiliges Drehbuch, ein offensichtlich talentloser und uninspirierter Regisseur, eine allenfalls langweilige formale Inszenierung und lustlos auftretende Schauspieler noch lange keinen Film "im Stil von Tarantino und Soderbergh" (so auf dem Cover zu lesen) ergeben. Ein Ergebnis quasi, auf das man gut und gerne a priori kommen darf, aber hinterher ist man immer schlauer. Und mit Soderbergh oder Tarantino hat der Film nun wirklich nade, niente, gar nichts gemein - und das ist jetzt nicht das Gegreine eines enttäuschten Zuschauers, sondern nüchterne Feststellung. Bloß schnell vergessen, diesen unausgegorenen, langweiligen Quark.
Was ich wirklich nicht verstehe: Der Weltmarkt birgt Hunderte, wenn nicht Tausende großartiger Filme, die allesamt hierzulande keine Veröffentlichung erfahren/erfuhren, aber ohne weiteres ein Publikum finden könnten. Warum verpasst man dann ausgerechnet solchen laschen Gurken, die so nervig langweilig sind, dass sie noch nicht mal das Zeug zum Trash haben, eine Synchro und presst das ganze auf DVD? Bloß weil Guy Pearce vor der Kamera stand? Also bitte!
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Thema: Filmtagebuch
19. April 04 | Autor: thgroh | 0 Kommentare | Kommentieren
18.04.2004, Heimkino
Kurz nach The Legend of Fong-Sai Yuk gesehen fällt zunächst auf: Auch hier heißt die Hauptfigur Fong-Sai Yuk und die Geheimorganisation "Roter Lotus" spielt auch hier eine tragende Rolle. War die Gruppe im zuvor gesehenen Film allerdings noch eine eher positiv konnotierte Widerstandsgruppe, tritt sie hier als eindeutig niederträchtiger Bund auf, der unerbitterlich Jagd auf die Shaolinmönche betreibt. An seiner Spitze steht ein alter, degenerierter Libertin, dessen Auftreten beinahe schon nietzsche-anische Züge besitzt. Der zum Teil recht humorvolle und lockere Ton, den Legend anschlägt, ist somit hier kaum auszumachen: Es geht weithin derbe und brutal zu. Kein Wunder: Der Mann auf dem Regiestuhl, Ringo Lam, ist allgemein für's Grobe im Hongkong-Kino zuständig.
Entsprechend selten sind die Martial Arts auf artistischen Effekt hin inszeniert. Zwar gibt es auch hier gelegentlich wahnwitzige Choreografien zu sehen, doch sind die meisten kämpferischen Auseinandersetzungen eher plump und im Hau-Ruck-Stil aufgelöst. Dafür gibt's abgeschlagene und abgerissene Köpfe, Leichengruben, in die tote und nocht nicht ganz so tote Leichen geworfen werden, geköpfte Pferde und allerlei andere Angriffe auf das Geschmacksempfinden. So richtig wild und krass ist das allerdings alles nicht, eher wirkt es über weite Strecken schon unbeholfen und löst eher Achselzucken als Begeisterung oder schlicht Camp aus.
Auch ansonsten steht sich der Film über weite Strecken selbst im Weg und erweckt den Eindruck, dass er sich über seine Stoßrichtung selbst nicht so recht im Klaren ist. Die erste Stunde herrscht eher Langeweile und der Film trappst zwischen ein paar anzüglichen wie wirkungslosen Späßchen, dem einen oder anderen unmotivierten Kampf und etwas Folter im Folterkeller des Lotus-Tempel unsicher hin und her, ohne so recht ins Geschehen zu involvieren. Dann nimmt er zwar deutlich an Tempo zu und entwickelt sowas wie eine rote Linie, bleibt dabei aber letztlich doch so instabil wie seine zahlreichen Pappmachébauten im blauen Licht.
Und am Ende ist er dann halt vorbei und man selbst fragt sich, was der Film nun eigentlich von einem wollte. Achzelzucken, das bleibt die passende Geste. Nach dem wilden und aufregenden Hongkong-Kino der frühen 90er sucht man hier jedenfalls, trotz großer Namen wie Ringo Lam und Tsui Hark (Produzent), vergebens.
imdb
Kurz nach The Legend of Fong-Sai Yuk gesehen fällt zunächst auf: Auch hier heißt die Hauptfigur Fong-Sai Yuk und die Geheimorganisation "Roter Lotus" spielt auch hier eine tragende Rolle. War die Gruppe im zuvor gesehenen Film allerdings noch eine eher positiv konnotierte Widerstandsgruppe, tritt sie hier als eindeutig niederträchtiger Bund auf, der unerbitterlich Jagd auf die Shaolinmönche betreibt. An seiner Spitze steht ein alter, degenerierter Libertin, dessen Auftreten beinahe schon nietzsche-anische Züge besitzt. Der zum Teil recht humorvolle und lockere Ton, den Legend anschlägt, ist somit hier kaum auszumachen: Es geht weithin derbe und brutal zu. Kein Wunder: Der Mann auf dem Regiestuhl, Ringo Lam, ist allgemein für's Grobe im Hongkong-Kino zuständig.
Entsprechend selten sind die Martial Arts auf artistischen Effekt hin inszeniert. Zwar gibt es auch hier gelegentlich wahnwitzige Choreografien zu sehen, doch sind die meisten kämpferischen Auseinandersetzungen eher plump und im Hau-Ruck-Stil aufgelöst. Dafür gibt's abgeschlagene und abgerissene Köpfe, Leichengruben, in die tote und nocht nicht ganz so tote Leichen geworfen werden, geköpfte Pferde und allerlei andere Angriffe auf das Geschmacksempfinden. So richtig wild und krass ist das allerdings alles nicht, eher wirkt es über weite Strecken schon unbeholfen und löst eher Achselzucken als Begeisterung oder schlicht Camp aus.Auch ansonsten steht sich der Film über weite Strecken selbst im Weg und erweckt den Eindruck, dass er sich über seine Stoßrichtung selbst nicht so recht im Klaren ist. Die erste Stunde herrscht eher Langeweile und der Film trappst zwischen ein paar anzüglichen wie wirkungslosen Späßchen, dem einen oder anderen unmotivierten Kampf und etwas Folter im Folterkeller des Lotus-Tempel unsicher hin und her, ohne so recht ins Geschehen zu involvieren. Dann nimmt er zwar deutlich an Tempo zu und entwickelt sowas wie eine rote Linie, bleibt dabei aber letztlich doch so instabil wie seine zahlreichen Pappmachébauten im blauen Licht.
Und am Ende ist er dann halt vorbei und man selbst fragt sich, was der Film nun eigentlich von einem wollte. Achzelzucken, das bleibt die passende Geste. Nach dem wilden und aufregenden Hongkong-Kino der frühen 90er sucht man hier jedenfalls, trotz großer Namen wie Ringo Lam und Tsui Hark (Produzent), vergebens.
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Thema: Filmtagebuch
19. April 04 | Autor: thgroh | 0 Kommentare | Kommentieren
17.04.2004, Heimkino
Ein leider nur mäßig überzeugender Film. Zwar ist Jet Li hier gewiss auf der Höhe seines Könnens und führt einige atemberaubende Martial Arts vom Feinsten vor und auch die anderen Akteure sind zweifelsfrei Meister ihrer Disziplin. Jenseits dieser (zugegeben zahlreichen) Sequenzen stehen dem Film allerdings eine lediglich bedingt interessante Geschichte und einige recht quälend lange Szenen voller Langeweile im Wege. Somit allenfalls Durchschnitt, auch wenn, wie gesagt, die Choreografien ohne weiteres beeindruckend inszeniert wurden. Es mangelt, letztendlich, an der Einbettung in einen stimmigen Rahmen.
imdb
Ein leider nur mäßig überzeugender Film. Zwar ist Jet Li hier gewiss auf der Höhe seines Könnens und führt einige atemberaubende Martial Arts vom Feinsten vor und auch die anderen Akteure sind zweifelsfrei Meister ihrer Disziplin. Jenseits dieser (zugegeben zahlreichen) Sequenzen stehen dem Film allerdings eine lediglich bedingt interessante Geschichte und einige recht quälend lange Szenen voller Langeweile im Wege. Somit allenfalls Durchschnitt, auch wenn, wie gesagt, die Choreografien ohne weiteres beeindruckend inszeniert wurden. Es mangelt, letztendlich, an der Einbettung in einen stimmigen Rahmen.
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Thema: good news
17. April 04 | Autor: thgroh | 0 Kommentare | Kommentieren
Wunder geschehen: Beyond the Rocks (USA 1922), der einzige Film, in dem die Hollywoodstars Gloria Swanson und Rudolph Valentino zusammen vor der Kamera agierten und der bislang als verschollen galt, tauchte kürzlich in den Beständen des Filmmuseums Amsterdam auf. Ein Sammler hatte dem Museum eine Kollektion von 2000 Filmdosen vererbt, worin sich auch eine Kopie in Fragmenten des Stummfilms befand. Diese "Flaschenpost aus der Filmgeschichte" wird nun restauriert und vermutlich April 2005 im Rahmen der Biennale vorgeführt.
presseschau
presseschau
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Thema: Filmtagebuch
16. April 04 | Autor: thgroh | 0 Kommentare | Kommentieren
15.04.2004, UCI Kinowelt Friedrichshain
Die Siedlung ist fein säuberlich gestaltet: Jedes Häuschen hat seinen festen Platz und knapp bemessenen Raum herum. Wir sehen das scharf von oben: Ein Muster der Bürgerlichkeit, alles ist sortiert. Am nächsten Morgen liegt beißender Qualm und Hysterie über dieser Häppchenwelt: Die Ordnung ist zerschlagen, die Welt auch schon verloren. Auflösung, jedoch nicht als Prozess, sondern bereits als fertiger Zustand. Ein verwirrter Blick, ein schnelles Begreifen: Es gibt ein "die" und "wir". "Die" rennen, grunzen, fressen, sind zu strategischen Überlegungen kaum fähig. "Wir" sind deren Nahrung und richten Pistolen aufeinander - das ist der Unterschied. Doch das "wir" ist nicht homogen, wie der Film beweist. Auch angesichts der Auflösung, des Weltverlusts bestehen alte Ressentiments weiter - ihrer ökonomischen Umgebung beraubt (und das inmitten des Tempels der Ökonomie - einem Einkaufszentrum!) erscheinen sie als das, was sie eh meist schon sind: Als jämmerliche Schwäche des offenbar zur Transzendenz nur bedingt befähigten Menschen.
Moralische Fragen verkümmern im Angesicht der Apokalypse - also paradoxerweise dort, wo sie eigentlich nötig sind, weil im Minutentakt Entscheidungen über Leben und Tod zu fällen sind, ihres eigentlichen Kontexts vollkommen beraubt - schnell zur Petitesse, die Antworten darauf zur kaum ernstzunehmenden Option. Wie mit der Moral umgehen? Verschiedene Modelle werden abgespult, durchdekliniert - keines behält die Oberhand, auch die blanke Amoralität der waffengeilen Militärs nicht. In dieser Unübersichtlichkeit liegt die Güte des Films, die Kamera - die zu Beginn noch Panoramen zeigt und zum Ende hin hektisch zwischen Details fokussiert, ohne wirklich noch etwas zu erfassen - zeichnet das nach. Das ist bedrohlich, mal ironisch und zynisch, dann wieder toternst und beißt an den Nerven: Dieser Film, dieser zähnefletschende Film will sich nicht auf eine Seite schlagen. Er nimmt sogar seine vermutete Exegese voraus: Im Vorspann ein vergrieseltes TV-Bild betender Moslems inmitten eines wahren Chaos an Medien- und Berichterstattungspartikeln, danach die zerstörte westliche Welt: Ja, ich habe auch mit 9/11 zu tun, scheint das einen Moment lang zu schreien, aber noch mit viel mehr.
Eine Kakophonie des Scheiterns. Kein heroischer Gestus oder "Herrenmenschentum", was man dem zugrunde liegenden Film von 1978 oft vorwarf. Allenorten Verzweiflung, Blut, Schweiß, Tränen. Kaum Idenitfikationsfiguren. Die schwangere Frau bringt keinen Heiland zur Welt. Der bullige Bulle ist keineswegs autoritäres Schwein. Der Redneck-Proll ist nicht nur Arschloch. Eine zarte Hoffnung vielleicht die einzige Person, deren Alltag vor der Apokalypse wir auszugsweise erleben: Die Krankenschwester. Aber auch sie oft irrational und auch nicht das Gute, das Verzeihende, als das sie zunächst dargestellt wird.
Und dann der Abspann. Hier sind wir plötzlich in Fulcis Dawn-Nachzügler Zombi 2. Aber auch nicht wirklich. Wir sind auch ein wenig im Blair Witch Project oder aber, natürlich, bei Cannibal Holocaust. Kein Bild der Hoffnung am Ende, nur Fratzen, Mord, Zerstörung. Keine sieben dürren Jahre, wie sie 25th Hour vorgeschlagen hat. And I heard a voice in the midst of the four beasts, and I looked and behold: a pale horse. And his name, that sat on him, was Death. And Hell follwed with him.
Diesseits: Verzücken. Ein großartiger Film.
imdb | filmz.de | mrqe | rottentomatoes.com
Die Siedlung ist fein säuberlich gestaltet: Jedes Häuschen hat seinen festen Platz und knapp bemessenen Raum herum. Wir sehen das scharf von oben: Ein Muster der Bürgerlichkeit, alles ist sortiert. Am nächsten Morgen liegt beißender Qualm und Hysterie über dieser Häppchenwelt: Die Ordnung ist zerschlagen, die Welt auch schon verloren. Auflösung, jedoch nicht als Prozess, sondern bereits als fertiger Zustand. Ein verwirrter Blick, ein schnelles Begreifen: Es gibt ein "die" und "wir". "Die" rennen, grunzen, fressen, sind zu strategischen Überlegungen kaum fähig. "Wir" sind deren Nahrung und richten Pistolen aufeinander - das ist der Unterschied. Doch das "wir" ist nicht homogen, wie der Film beweist. Auch angesichts der Auflösung, des Weltverlusts bestehen alte Ressentiments weiter - ihrer ökonomischen Umgebung beraubt (und das inmitten des Tempels der Ökonomie - einem Einkaufszentrum!) erscheinen sie als das, was sie eh meist schon sind: Als jämmerliche Schwäche des offenbar zur Transzendenz nur bedingt befähigten Menschen.
Moralische Fragen verkümmern im Angesicht der Apokalypse - also paradoxerweise dort, wo sie eigentlich nötig sind, weil im Minutentakt Entscheidungen über Leben und Tod zu fällen sind, ihres eigentlichen Kontexts vollkommen beraubt - schnell zur Petitesse, die Antworten darauf zur kaum ernstzunehmenden Option. Wie mit der Moral umgehen? Verschiedene Modelle werden abgespult, durchdekliniert - keines behält die Oberhand, auch die blanke Amoralität der waffengeilen Militärs nicht. In dieser Unübersichtlichkeit liegt die Güte des Films, die Kamera - die zu Beginn noch Panoramen zeigt und zum Ende hin hektisch zwischen Details fokussiert, ohne wirklich noch etwas zu erfassen - zeichnet das nach. Das ist bedrohlich, mal ironisch und zynisch, dann wieder toternst und beißt an den Nerven: Dieser Film, dieser zähnefletschende Film will sich nicht auf eine Seite schlagen. Er nimmt sogar seine vermutete Exegese voraus: Im Vorspann ein vergrieseltes TV-Bild betender Moslems inmitten eines wahren Chaos an Medien- und Berichterstattungspartikeln, danach die zerstörte westliche Welt: Ja, ich habe auch mit 9/11 zu tun, scheint das einen Moment lang zu schreien, aber noch mit viel mehr.
Eine Kakophonie des Scheiterns. Kein heroischer Gestus oder "Herrenmenschentum", was man dem zugrunde liegenden Film von 1978 oft vorwarf. Allenorten Verzweiflung, Blut, Schweiß, Tränen. Kaum Idenitfikationsfiguren. Die schwangere Frau bringt keinen Heiland zur Welt. Der bullige Bulle ist keineswegs autoritäres Schwein. Der Redneck-Proll ist nicht nur Arschloch. Eine zarte Hoffnung vielleicht die einzige Person, deren Alltag vor der Apokalypse wir auszugsweise erleben: Die Krankenschwester. Aber auch sie oft irrational und auch nicht das Gute, das Verzeihende, als das sie zunächst dargestellt wird.Und dann der Abspann. Hier sind wir plötzlich in Fulcis Dawn-Nachzügler Zombi 2. Aber auch nicht wirklich. Wir sind auch ein wenig im Blair Witch Project oder aber, natürlich, bei Cannibal Holocaust. Kein Bild der Hoffnung am Ende, nur Fratzen, Mord, Zerstörung. Keine sieben dürren Jahre, wie sie 25th Hour vorgeschlagen hat. And I heard a voice in the midst of the four beasts, and I looked and behold: a pale horse. And his name, that sat on him, was Death. And Hell follwed with him.
Diesseits: Verzücken. Ein großartiger Film.
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° ° °
Thema: Weblogflaneur
15. April 04 | Autor: thgroh | 0 Kommentare | Kommentieren
Der hat den getroffen: "Ich kam zur Tuer rein, wir kennen uns nicht, ich hatte ihm nur gemailt, nachdem ich sein Blog entdeckt hatte, er mailte zurueck, komm doch vorbei, wenn Du in New York bist." Äußerst spannend. Und Gary Sullivans Blog ist wirklich interessant und sympathisch. In die Blogroll damit!
° ° °
Thema: Filmtagebuch
15. April 04 | Autor: thgroh | 0 Kommentare | Kommentieren
Nach kurzer Pause ist das Filmtagebuch wieder da. Keine Ahnung, woran's lag, aber: Irgendwie herrschte die letzten zwei, drei Wochen eine ganz schöne Schreibfaulheit. Wo ich früher enthusiastisch in die Tasten gehauen habe, war da plötzlich so ein kaum benennbares Unbehagen. Nenn es inwändiger Frühjahrsputz. War nicht direkt Krise, mehr so Urlaub vom Schreiben. Ironie des Schicksals dabei ist vielleicht, dass ich in dieser Zeit dennoch 'nen ganzen Artikel geschrieben habe. Immerhin.
Viele Filme in der letzten Zeit gesehen, zuviele, um hier noch einzelne Einträge zu machen, zumal die Tradition des akribischen schriftlich Fixieren aller gesehenen Filme eh schon seit langem löchrig geworden ist. Was soll's. Dennoch war da so einiges dabei, was ich hier gerne zumindest namentlich erwähnen möchte. Kitchen Stories beispielsweise, der nicht nur geschickt Monty Python (die Serie!), Tati und Kaurismäki mischt, sondern auch ohne weiteres einer jener Filme sein könnte, die ich mir für die Ewigkeit (oder welcher Teil mir von dieser auch beschieden sein mag) aus diesem Jahr mitnehme. Eine charmante Satire auf den alles verwaltenden Menschen - alleine der Diavortrag zu Beginn! -, ohne dabei allzu böse zu werden (gegenüber dem Menschen, mein ich, und weniger seine Ideologie). Und ein Film, der so schön mit Farben spielt - das Rot, wenn der Traktor vor der Hütte steht, alles grau und weiß und dann das Rot des vom Bildrand angeschnittenen Traktors -, kann mein Herz wohl nur erobern.
Eine mittelprächtige Enttäuschung ist der russische The Return - Die Rückkehr (das schreibe ich nur deswegen so aus, um die Absurdität des deutschen Verleihtitels nochmals zu betonen). Ohne weiteres schöne Bilder. Tolle Kameraarbeit auch. Aber: Sowas von unendlich verquast, nee, also echt. File under: Selbstüberhöhung. Ein Film, der sich derart in die Figur eines Patriarchen verknallt, dass er dessen Biografie ausblendet, diesem aber das letzte Bild als liebenden Vater, trotz aller Grausigkeiten, überlässt, zeugt schon einem, nett ausgedrückt, anachronistischem Weltbild. Dann auch dieser Gestus, sich selbst in eine besonders tiefsinnige Tradition künstlerischen Kinos einzuschreiben, die gemeinhin als "russisch" bezeichnet wird, was, im Endeffekt, doch nur zu anmaßenden ikonografischen Zitaten führt (anmaßend, weil: ernstgemeint, durch und durch) - nein, bei mir funktioniert das nicht, obwohl ich beispielsweise die Filme Tarkowskijs ja - trotz auch hier bestehender weltanschaulicher Diskrepanzen - liebe. An den wird sich angelehnt, sicher, aber auch nicht wirklich (aber: nette falsche Fährte für manche Kollegen).
Ganz wunderbar alberner Quatsch hingegen ist Flying Daggers, einer jener Hongkong-Martial-Arts-Knaller, die ich immer mit "1993" assoziiere, warum auch immer (der Film stammt, natürlich, aus jenem Jahr). Stilistisch nicht weit von der ebenfalls wunderbaren A Chinese Ghost Story-Trilogie entfernt, ist Flying Dagger noch ein wenig alberner und auf verklemmte Art anzüglicher. Die Handlung ist natürlich Tinnef, wenn auch spannenden Charakters, die Kampfszenen famos inszeniert und die Gags, wie gesagt, auf infantile Art und Weise spaßig.
Dass ich mir ausgerechnet die erste Auflage von Bad Boys zum Ausgleich zu der Enttäuschung Die Rückkehr aus der Videothek geholt habe, will vielleicht auch was heißen. Ich bin ja nun kein prinzipieller Feind von Michael Bays Schaffen. Armageddon halte ich für großartigen Trash mit allen Zutaten, inklusive bizarrer Kometenlandschaft und hohlem Pathos am Ende. Bad Boys hingegen ist ein wahres Meisterwerk an unterhaltungsarmem Unterhaltungskino. Meine Güte, soviel lahmes Gequatsche und so wenig Schauwerte. Zunächst angenehm befremdet war ich aber immerhin davon, wie augenscheinlich unterirdisch der Film sich selbst darbietet - für einen kurzen Moment lang dachte ich sogar, der Film buchstabiere die Krise des Blockbuster-Kinos regelrecht aus. Ein schöner Gedanke, und für einen Moment war ich dann auch versöhnt mit dem Film. Andererseits hält auch ein solcher Gedanke nicht abendfüllend bei Laune. Vollkommen gegenteilig ein anderer Buddy-Movie: Training Day, den ich damals wegen der verkorksten Werbung nicht sehen wollte, was ich nun bereue. Ein gewieft eingefädelter Thriller, der zu Beginn jedes Klischee zu erfüllen scheint, das ein Weißer-Bulle/Schwarzer-Bulle-Film so mit sich bringt, diese Elemente dann aber zu einem in eine ganz andere Richtung tendierenden, unheimlich dichten und in seinen besten Momenten schier physisch unbehaglichen Film vereint, in dem, was nun selbst wieder nach Klischee klingt, Moral als Kategorie obsolet geworden ist und die Orientierungslosigkeit zum einzigen Fixpunkt gerinnt - groß!
Auch mal wieder gesehen: Die Stunde, wenn Dracula kommt von Maestro Bava. Mal wieder regelrecht umgeblasen worden von der Grandezza dieses schaurig-schönen Stücks gepflegter Gruselkost, so dass der eine oder andere Hänger mal wieder ohne weiteres und erst im Nachhinein bemerkt an mir vorüberzog. Was Bava hier mit der Kamera angestellt hat, stellt das meiste an Grusel- und Horrorfilmen jener dahingehend weiß Gott nicht unproduktiven Dekade in den Schatten (womit ich an dieser Stelle über jene Filme nichts negatives gesagt haben will!). Ein kleines Gedicht von einem Film, mit großer Wirkung. Wo bleibt die adäquate DVD-Veröffentlichung hierzulande?
1/2 Miete ist so ein Film, der auf sympathische Art vieles falsch macht und den man trotzdem irgendwie gerne hat, obwohl man ohne weiteres so einiges aufzählen könnte, was einem so gar nicht gefallen hat. Beispielsweise die Geldübergabe, die so eine Art dramatische Klimax darstellt. Das gutmenschelt etwas arg, sowas muss ich nicht sehen, es ist auch sehr platt und, letztendlich, auch trotz aller Naivität dahinter ideologisch fragwürdig (so von wegen schaffendes und raffendes Kapital, Gesell und so). Oder aber halt die Figuren und Püppchen in diesem Werk, alles so richtig keine echten Figuren, übertrieben konstruiert ist gar kein Ausdruck. Aber trotzdem: Irgendwas ist an dem Film dran, was mich das alles eher milde nachsehen hat lassen. Irgendwie ist es vielleich auch diese rauhe Unförmigkeit, die Spaß macht, die zudem nicht unbedingt im Sinne eines Verweises auf besonderen Kunstcharakter zu verstehen ist, sondern viel eher einer zumindest interessanten und ausgefallenen Geschichte eine passende Form gibt. Den Regisseur behalten wir deshalb mal alle im Auge, okay?
Senitmental und rührselig ist Big Fish. Aber auf ganz und gar umwerfende Art und Weise. Ein Film darüber, warum man gerne im Kino sitzt und sich was erzählen lässt. Ein Film darüber, dass Realität nicht nur die Sphäre der äußeren Erscheinungen ist. Ein Film darüber, warum man im Kino, oft wider besseren Wissens, nur zu gerne Rotz und Wasser heult, sich dafür vielleicht ein wenig schämt, aber dennoch jede Sekunde davon genießt. Der Liebsten habe ich danach die Wohnung in deren Absenz mit gelben Narzissen vollgestellt (wir sind lange zusammen, da darf man das, und nein, wir werden nicht in Bälde heiraten).
Normalerweise mag ich sowas ja überhaupt nicht, aber bei Bloody Mallory komme ich nicht drumrum: Der Film ist ein riesiger Haufen Scheiße - kaum auszuhalten! Willard hingegen ist ein ästhetisch sehr ansprechender, zeitgenössicher Gruselfilm, der viele alte Themen des Horrorkinos in sich vereint und gut durchmischt. Wie er in seinem Geflecht die Möglichkeit zur eindeutigen Schuldzuweisung wie beiläufig entfernt, das macht ihn, trotz einiger Unzulänglichkeiten, sogar recht groß. Braindead macht auch nach Jahren noch immer ferkeligen Spaß, auch wenn ich den Film die nächsten paar Jahre ruhigen Gewissens liegen lassen kann. Ganz und gar großartig ist hingegen Dellamorte Dellamore, der mit jeder Sichtung besser wird, weswegen ich ihn auch gleich zweimal sehen musste. Ein Film, der einen längeren Text wert wäre, einen richtig langen vielleicht sogar, vielleicht schreibe ich den sogar - wie so oft steht er bereits im Kopf, will sich aber nicht so recht fixieren lassen -, deswegen spare ich mir hier viele Worte. Heat After Dark ist, wie offenbar vieles von Ryuhei Kitamura, ambitioniert, aber trotzdem egal.
Was gab's sonst noch, außer Filmen. Beispielsweise eine Stellungnahme unserer Redaktion zur Kritikensperrfrist von Kill Bill Pt. 2. Bleibt zu hoffen, dass diese Anmaßung auch in anderen, vielleicht etwas weiter streuenden Medien angesprochen wird. Dann hat unser gelegentlicher Autor Patrick Baum von mir bislang unbemerkt eine Art Portfolio-Weblog angelegt. Dort will er auch die Arbeit an seiner Dissertation in Philosophie dokumentieren und auch einige ältere Texte verfügbar machen.
Außerdem ist knoerer wieder im Lande.
Viele Filme in der letzten Zeit gesehen, zuviele, um hier noch einzelne Einträge zu machen, zumal die Tradition des akribischen schriftlich Fixieren aller gesehenen Filme eh schon seit langem löchrig geworden ist. Was soll's. Dennoch war da so einiges dabei, was ich hier gerne zumindest namentlich erwähnen möchte. Kitchen Stories beispielsweise, der nicht nur geschickt Monty Python (die Serie!), Tati und Kaurismäki mischt, sondern auch ohne weiteres einer jener Filme sein könnte, die ich mir für die Ewigkeit (oder welcher Teil mir von dieser auch beschieden sein mag) aus diesem Jahr mitnehme. Eine charmante Satire auf den alles verwaltenden Menschen - alleine der Diavortrag zu Beginn! -, ohne dabei allzu böse zu werden (gegenüber dem Menschen, mein ich, und weniger seine Ideologie). Und ein Film, der so schön mit Farben spielt - das Rot, wenn der Traktor vor der Hütte steht, alles grau und weiß und dann das Rot des vom Bildrand angeschnittenen Traktors -, kann mein Herz wohl nur erobern.
Eine mittelprächtige Enttäuschung ist der russische The Return - Die Rückkehr (das schreibe ich nur deswegen so aus, um die Absurdität des deutschen Verleihtitels nochmals zu betonen). Ohne weiteres schöne Bilder. Tolle Kameraarbeit auch. Aber: Sowas von unendlich verquast, nee, also echt. File under: Selbstüberhöhung. Ein Film, der sich derart in die Figur eines Patriarchen verknallt, dass er dessen Biografie ausblendet, diesem aber das letzte Bild als liebenden Vater, trotz aller Grausigkeiten, überlässt, zeugt schon einem, nett ausgedrückt, anachronistischem Weltbild. Dann auch dieser Gestus, sich selbst in eine besonders tiefsinnige Tradition künstlerischen Kinos einzuschreiben, die gemeinhin als "russisch" bezeichnet wird, was, im Endeffekt, doch nur zu anmaßenden ikonografischen Zitaten führt (anmaßend, weil: ernstgemeint, durch und durch) - nein, bei mir funktioniert das nicht, obwohl ich beispielsweise die Filme Tarkowskijs ja - trotz auch hier bestehender weltanschaulicher Diskrepanzen - liebe. An den wird sich angelehnt, sicher, aber auch nicht wirklich (aber: nette falsche Fährte für manche Kollegen).
Ganz wunderbar alberner Quatsch hingegen ist Flying Daggers, einer jener Hongkong-Martial-Arts-Knaller, die ich immer mit "1993" assoziiere, warum auch immer (der Film stammt, natürlich, aus jenem Jahr). Stilistisch nicht weit von der ebenfalls wunderbaren A Chinese Ghost Story-Trilogie entfernt, ist Flying Dagger noch ein wenig alberner und auf verklemmte Art anzüglicher. Die Handlung ist natürlich Tinnef, wenn auch spannenden Charakters, die Kampfszenen famos inszeniert und die Gags, wie gesagt, auf infantile Art und Weise spaßig.
Dass ich mir ausgerechnet die erste Auflage von Bad Boys zum Ausgleich zu der Enttäuschung Die Rückkehr aus der Videothek geholt habe, will vielleicht auch was heißen. Ich bin ja nun kein prinzipieller Feind von Michael Bays Schaffen. Armageddon halte ich für großartigen Trash mit allen Zutaten, inklusive bizarrer Kometenlandschaft und hohlem Pathos am Ende. Bad Boys hingegen ist ein wahres Meisterwerk an unterhaltungsarmem Unterhaltungskino. Meine Güte, soviel lahmes Gequatsche und so wenig Schauwerte. Zunächst angenehm befremdet war ich aber immerhin davon, wie augenscheinlich unterirdisch der Film sich selbst darbietet - für einen kurzen Moment lang dachte ich sogar, der Film buchstabiere die Krise des Blockbuster-Kinos regelrecht aus. Ein schöner Gedanke, und für einen Moment war ich dann auch versöhnt mit dem Film. Andererseits hält auch ein solcher Gedanke nicht abendfüllend bei Laune. Vollkommen gegenteilig ein anderer Buddy-Movie: Training Day, den ich damals wegen der verkorksten Werbung nicht sehen wollte, was ich nun bereue. Ein gewieft eingefädelter Thriller, der zu Beginn jedes Klischee zu erfüllen scheint, das ein Weißer-Bulle/Schwarzer-Bulle-Film so mit sich bringt, diese Elemente dann aber zu einem in eine ganz andere Richtung tendierenden, unheimlich dichten und in seinen besten Momenten schier physisch unbehaglichen Film vereint, in dem, was nun selbst wieder nach Klischee klingt, Moral als Kategorie obsolet geworden ist und die Orientierungslosigkeit zum einzigen Fixpunkt gerinnt - groß!
Auch mal wieder gesehen: Die Stunde, wenn Dracula kommt von Maestro Bava. Mal wieder regelrecht umgeblasen worden von der Grandezza dieses schaurig-schönen Stücks gepflegter Gruselkost, so dass der eine oder andere Hänger mal wieder ohne weiteres und erst im Nachhinein bemerkt an mir vorüberzog. Was Bava hier mit der Kamera angestellt hat, stellt das meiste an Grusel- und Horrorfilmen jener dahingehend weiß Gott nicht unproduktiven Dekade in den Schatten (womit ich an dieser Stelle über jene Filme nichts negatives gesagt haben will!). Ein kleines Gedicht von einem Film, mit großer Wirkung. Wo bleibt die adäquate DVD-Veröffentlichung hierzulande?
1/2 Miete ist so ein Film, der auf sympathische Art vieles falsch macht und den man trotzdem irgendwie gerne hat, obwohl man ohne weiteres so einiges aufzählen könnte, was einem so gar nicht gefallen hat. Beispielsweise die Geldübergabe, die so eine Art dramatische Klimax darstellt. Das gutmenschelt etwas arg, sowas muss ich nicht sehen, es ist auch sehr platt und, letztendlich, auch trotz aller Naivität dahinter ideologisch fragwürdig (so von wegen schaffendes und raffendes Kapital, Gesell und so). Oder aber halt die Figuren und Püppchen in diesem Werk, alles so richtig keine echten Figuren, übertrieben konstruiert ist gar kein Ausdruck. Aber trotzdem: Irgendwas ist an dem Film dran, was mich das alles eher milde nachsehen hat lassen. Irgendwie ist es vielleich auch diese rauhe Unförmigkeit, die Spaß macht, die zudem nicht unbedingt im Sinne eines Verweises auf besonderen Kunstcharakter zu verstehen ist, sondern viel eher einer zumindest interessanten und ausgefallenen Geschichte eine passende Form gibt. Den Regisseur behalten wir deshalb mal alle im Auge, okay?
Senitmental und rührselig ist Big Fish. Aber auf ganz und gar umwerfende Art und Weise. Ein Film darüber, warum man gerne im Kino sitzt und sich was erzählen lässt. Ein Film darüber, dass Realität nicht nur die Sphäre der äußeren Erscheinungen ist. Ein Film darüber, warum man im Kino, oft wider besseren Wissens, nur zu gerne Rotz und Wasser heult, sich dafür vielleicht ein wenig schämt, aber dennoch jede Sekunde davon genießt. Der Liebsten habe ich danach die Wohnung in deren Absenz mit gelben Narzissen vollgestellt (wir sind lange zusammen, da darf man das, und nein, wir werden nicht in Bälde heiraten).
Normalerweise mag ich sowas ja überhaupt nicht, aber bei Bloody Mallory komme ich nicht drumrum: Der Film ist ein riesiger Haufen Scheiße - kaum auszuhalten! Willard hingegen ist ein ästhetisch sehr ansprechender, zeitgenössicher Gruselfilm, der viele alte Themen des Horrorkinos in sich vereint und gut durchmischt. Wie er in seinem Geflecht die Möglichkeit zur eindeutigen Schuldzuweisung wie beiläufig entfernt, das macht ihn, trotz einiger Unzulänglichkeiten, sogar recht groß. Braindead macht auch nach Jahren noch immer ferkeligen Spaß, auch wenn ich den Film die nächsten paar Jahre ruhigen Gewissens liegen lassen kann. Ganz und gar großartig ist hingegen Dellamorte Dellamore, der mit jeder Sichtung besser wird, weswegen ich ihn auch gleich zweimal sehen musste. Ein Film, der einen längeren Text wert wäre, einen richtig langen vielleicht sogar, vielleicht schreibe ich den sogar - wie so oft steht er bereits im Kopf, will sich aber nicht so recht fixieren lassen -, deswegen spare ich mir hier viele Worte. Heat After Dark ist, wie offenbar vieles von Ryuhei Kitamura, ambitioniert, aber trotzdem egal.
Was gab's sonst noch, außer Filmen. Beispielsweise eine Stellungnahme unserer Redaktion zur Kritikensperrfrist von Kill Bill Pt. 2. Bleibt zu hoffen, dass diese Anmaßung auch in anderen, vielleicht etwas weiter streuenden Medien angesprochen wird. Dann hat unser gelegentlicher Autor Patrick Baum von mir bislang unbemerkt eine Art Portfolio-Weblog angelegt. Dort will er auch die Arbeit an seiner Dissertation in Philosophie dokumentieren und auch einige ältere Texte verfügbar machen.
Außerdem ist knoerer wieder im Lande.
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Thema: Kinokultur
02. April 04 | Autor: thgroh | 0 Kommentare | Kommentieren
Das Berliner Filmkunsthaus Babylon wird 75. Warum das Rad zweimal erfinden? Im folgenden die Pressemitteilung des Filmkunsthauses:
"75 Jahre »Babylon«
Am 11. April 2004 jährt sich zum 75. Mal der Eröffnungstag des Kino »Babylon«, dem heutigen »Filmkunsthaus Babylon« am Rosa- Luxemburg-Platz in Berlin-Mitte. Wir präsentieren aus diesem Anlaß den damaligen Eröffnungsfilm Fräulen Else und Delikatessen, der nur wenig später als erster Tonfilm in diesem Haus lief.
Das Kino »Babylon« wurde am 11. April 1929 mit Fräulein Else von Paul Czinner - mit Elisabeth Bergner in der Titelrolle - eröffnet. Nach Plänen Hans Poelzigs erbaut, ist es heute - neben dem Haus des Rundfunks in der Masurenallee - eines der zwei Bauwerke dieses bedeutenden deutschen Architekten des 20. Jahrhunderts, die in Berlin erhalten blieben. Diese Tatsache war entscheidend für die in den vergangenen Jahren erfolgreich bestandenen Überlebenskämpfe, denn auch der Denkmalsschutz verteidigte dieses Kleinod der Baukunst mit Hartnäckigkeit und Leidenschaft und trug wesentlich dazu bei, daß es in alter Pracht wieder erstehen konnte und heute hier Filmkunst in Baukunst erlebt werden kann.
Hans Poelzig waren Film und Kino nicht fremd. Er hatte u.a. die wunderbare, an Träume erinnernde Judenstadt für Paul Wegeners »Der Golem, wie er in die Welt kam« (1920) entworfen und war der Architekt des Breslauer Kinos »De-Li« (1911) sowie des Berliner »Capitol« an der Gedächtniskirche (1925). Das »Babylon« war Poelzigs dritter Kinobau. Die Eröffnung war prächtig. Nach der Bühnenapotheose, in der lebende Statuen das Wort »Babylon« formten und ein 16-Mann-Orchester spielte, folgte die Einweihung der Philipps-Orgel mit allen ihren musikalischen und lautmalerischen Rafinessen. Auf der Bühne tanzte das Oumansky-Ballett vom Roxy-Haus in New York. Dann erst kam der Film.
Das »Babylon« erlebte alle Höhen und Tiefen deutscher Geschichte im Berliner Osten mit, was allein schon daran ablesbar ist, daß es, obwohl immer am selben Ort, nacheinander am Bülowplatz, am Horst-Wessel-Platz, an der Kaiser-Wilhelm-Straße, an der Karl-Liebknecht-Straße sowie am Karl-Liebknecht-Platz lag und schließlich an der Rosa-Luxemburg-Straße landete.
Es überstand den Krieg, wurde aber zunächst hauptsächlich als Theaterspielstätte betrieben, bis ein Unfall im März 1946 diese kurze, aber intensive Theater-Karriere beendete und das Haus nach umfangreichen Restaurierungsarbeiten im Mai 1948 als Sovexport-Kino wieder eröffnet wurde. Ab 1955 gehörte es zu den Ostberliner Kinobetrieben. Lange Zeit war es das repräsentative Premierenkino Ostberlins, verlor aber allmählich, besonders nachdem in der Karl-Marx-Allee die Kinos »International« und »Kosmos« eröffnet wurden, diese Bedeutung. Erst als Heimstatt des Archivfilmtheaters »Camera« (ab 1981), das an zwei Tagen der Woche filmhistorisch und -künstlerisch wesentliche Programme gestaltete, erlangte das Kino wieder einen Sonderstatus.
Die bisher letzte Etappe ist mehr oder weniger bekannt. In der dramatischen Wendezeit 1989/ 90 gründeten engagierte Mitarbeiter des Kinos einen Verein zur Rettung des Kinos. Das »Babylon« sollte nicht privatisiert, sondern das Kommunale Kino des Ostens werden. Rolf Richter, dem ersten Vorsitzenden des Vereins, gelang es unter Aufbietung aller seiner Kräfte, diesen Status durchzusetzen.
Die Konzeption des Kinos beschrieb er damals u.a. folgendermaßen:
»Das Berliner Filmkunsthaus Babylon zeigt ein Programm, das der Filmkunst verpflichtet ist und zur Entwicklung der Filmkultur beiträgt....Zum ständigen Programm gehört die Vorführung von Filmen, die die zeitgenössische Filmentwicklung in künstlerischer, inhaltlicher, filmtechnischer usw. Hinsicht geprägt haben und zum anerkannten Bestand der Filmkultur gehören. Ebenso wichtig sind aber jene Filme, die außerhalb der Hauptlinien kreativ an der Entwicklung des Films arbeiten, das Avantgardistische, Experimentelle, das Ungewöhnliche. Dieses Kino muß ein Seismograph für alle für den modernen Film wichtigen Bewegungen sein und Innovationen vorstellen, vor allem entdecken..«
Diesem Programm fühlt sich das Kino bis heute verpflichtet. Solange Filmkunst existiert, wird dieses Programm nicht veralten.
Allen an der Geschichte des Kinos Interessierten sei Michael Hanischs Text: Das Babylon. Geschichten um ein Berliner Kino. Mit Abschweifungen, Berlin 2002, empfohlen, der im Kino erhältlich ist.
Filmkunsthaus Babylon, 02.April 2004"
Herzlichen Glückwunsch!
"75 Jahre »Babylon«
Am 11. April 2004 jährt sich zum 75. Mal der Eröffnungstag des Kino »Babylon«, dem heutigen »Filmkunsthaus Babylon« am Rosa- Luxemburg-Platz in Berlin-Mitte. Wir präsentieren aus diesem Anlaß den damaligen Eröffnungsfilm Fräulen Else und Delikatessen, der nur wenig später als erster Tonfilm in diesem Haus lief.Das Kino »Babylon« wurde am 11. April 1929 mit Fräulein Else von Paul Czinner - mit Elisabeth Bergner in der Titelrolle - eröffnet. Nach Plänen Hans Poelzigs erbaut, ist es heute - neben dem Haus des Rundfunks in der Masurenallee - eines der zwei Bauwerke dieses bedeutenden deutschen Architekten des 20. Jahrhunderts, die in Berlin erhalten blieben. Diese Tatsache war entscheidend für die in den vergangenen Jahren erfolgreich bestandenen Überlebenskämpfe, denn auch der Denkmalsschutz verteidigte dieses Kleinod der Baukunst mit Hartnäckigkeit und Leidenschaft und trug wesentlich dazu bei, daß es in alter Pracht wieder erstehen konnte und heute hier Filmkunst in Baukunst erlebt werden kann.
Hans Poelzig waren Film und Kino nicht fremd. Er hatte u.a. die wunderbare, an Träume erinnernde Judenstadt für Paul Wegeners »Der Golem, wie er in die Welt kam« (1920) entworfen und war der Architekt des Breslauer Kinos »De-Li« (1911) sowie des Berliner »Capitol« an der Gedächtniskirche (1925). Das »Babylon« war Poelzigs dritter Kinobau. Die Eröffnung war prächtig. Nach der Bühnenapotheose, in der lebende Statuen das Wort »Babylon« formten und ein 16-Mann-Orchester spielte, folgte die Einweihung der Philipps-Orgel mit allen ihren musikalischen und lautmalerischen Rafinessen. Auf der Bühne tanzte das Oumansky-Ballett vom Roxy-Haus in New York. Dann erst kam der Film.
Das »Babylon« erlebte alle Höhen und Tiefen deutscher Geschichte im Berliner Osten mit, was allein schon daran ablesbar ist, daß es, obwohl immer am selben Ort, nacheinander am Bülowplatz, am Horst-Wessel-Platz, an der Kaiser-Wilhelm-Straße, an der Karl-Liebknecht-Straße sowie am Karl-Liebknecht-Platz lag und schließlich an der Rosa-Luxemburg-Straße landete.Es überstand den Krieg, wurde aber zunächst hauptsächlich als Theaterspielstätte betrieben, bis ein Unfall im März 1946 diese kurze, aber intensive Theater-Karriere beendete und das Haus nach umfangreichen Restaurierungsarbeiten im Mai 1948 als Sovexport-Kino wieder eröffnet wurde. Ab 1955 gehörte es zu den Ostberliner Kinobetrieben. Lange Zeit war es das repräsentative Premierenkino Ostberlins, verlor aber allmählich, besonders nachdem in der Karl-Marx-Allee die Kinos »International« und »Kosmos« eröffnet wurden, diese Bedeutung. Erst als Heimstatt des Archivfilmtheaters »Camera« (ab 1981), das an zwei Tagen der Woche filmhistorisch und -künstlerisch wesentliche Programme gestaltete, erlangte das Kino wieder einen Sonderstatus.
Die bisher letzte Etappe ist mehr oder weniger bekannt. In der dramatischen Wendezeit 1989/ 90 gründeten engagierte Mitarbeiter des Kinos einen Verein zur Rettung des Kinos. Das »Babylon« sollte nicht privatisiert, sondern das Kommunale Kino des Ostens werden. Rolf Richter, dem ersten Vorsitzenden des Vereins, gelang es unter Aufbietung aller seiner Kräfte, diesen Status durchzusetzen.
Die Konzeption des Kinos beschrieb er damals u.a. folgendermaßen:
»Das Berliner Filmkunsthaus Babylon zeigt ein Programm, das der Filmkunst verpflichtet ist und zur Entwicklung der Filmkultur beiträgt....Zum ständigen Programm gehört die Vorführung von Filmen, die die zeitgenössische Filmentwicklung in künstlerischer, inhaltlicher, filmtechnischer usw. Hinsicht geprägt haben und zum anerkannten Bestand der Filmkultur gehören. Ebenso wichtig sind aber jene Filme, die außerhalb der Hauptlinien kreativ an der Entwicklung des Films arbeiten, das Avantgardistische, Experimentelle, das Ungewöhnliche. Dieses Kino muß ein Seismograph für alle für den modernen Film wichtigen Bewegungen sein und Innovationen vorstellen, vor allem entdecken..«
Diesem Programm fühlt sich das Kino bis heute verpflichtet. Solange Filmkunst existiert, wird dieses Programm nicht veralten.
Allen an der Geschichte des Kinos Interessierten sei Michael Hanischs Text: Das Babylon. Geschichten um ein Berliner Kino. Mit Abschweifungen, Berlin 2002, empfohlen, der im Kino erhältlich ist.
Filmkunsthaus Babylon, 02.April 2004"
Herzlichen Glückwunsch!
° ° °
Thema: Filmtagebuch
29.03.2004, Kino Intimes
Ich bin mit meinem Latein am Ende. Nachdem ich diesen Film gestern in der Tat (selten war diese Floskel passender) über mich habe ergehen lassen, rechnete ich eigentlich damit, bei einer Nacharbeit der Filmkritiken des Feuilletons auf ähnliche Ablehnung zu stoßen. Doch, Pustekuchen! Wie man hier nachlesen kann herrschte einhellige Begeisterung für den Film. Was habe ich falsch gemacht? Welche stimulierenden Drogen waren im gratis Kaffee bei den Pressevorführungen? God knows ...
Wie auch immer. Dass mit diesem Film irgendwas nicht stimmt, wird eigentlich schon schnell ersichtlich. Wer seinen Film mit einer derart verkrampft lässigen Weck-Szene beginnen lässt, wird wohl auch im weiteren Verlauf nur wenig Geschick haben, sowas wie Esprit entstehen zu lassen. Wer derart aufdringlich den Charme heruntergekommener East-Village-Kleinstwohnungen mit Bohème-Appeal für seinen Film ausbeutet, hat in der Regel was zu verbergen (und wenn es nur eklatanter Mangel ist). Wer dann wiederum, als Gegenentwurf, die (im Vergleich relativ) bürgerliche Familie der New Yorker Ausreißerin derart verkrampft auf skurril, bzw. "mit Macke" inszeniert hat damals nicht Roseanne im Fernsehen gesehen und hat die Vorführung von Wes Andersons The Royal Tenenbaums (USA 2001) geschwänzt. Oder schlimmer noch: Beides wurde gesehen, aber nicht verstanden, geschweige denn verinnerlicht. Wie auch immer: Schlechte Kopie, aufdringliche Kopie, peinliche Kopie.
Und dann der Look. Hallo, Independentfilm! Und die anderen Bewohner dieses Miethauses. Hallo, Independentfilm! Beziehungsweise: Hallo, Zutaten für einen Independentfilm! Alles, wirklich alles in diesem Film ist mühsam zusammengeklaubt, irgendwie untergebracht, aber weder charmant verflochten noch gewinnbringend eingesetzt. Ein großer Reigen an Möchtegern-Skurrilität und Mid-90er-Arthouse-Verve, der noch nichtmal genug Talent mitbringt, seine Zitationen und Anlehnungen souverän zu handlen. Alles wird ins Bild gezerrt, kurz gezeigt, ein wenig Revue, dann aber wieder schnell weg damit: Der dicke Schwarze einen Stock tiefer brummelt etwas, weil er Fertigsuppen nicht mag. Dann die Öko-Schickse im Stock drüber: "Nein, ich bin Veganerin, hier kannst Du keinen Truthahn braten!", Tür knallt zu, Chance vergeben, ein paar Aufkleber an der Tür - "Save the whales!", "Nader for President!" - hallen etwas nach, weiter zum nächsten, allerdings behäbig, nicht etwa im Screwball-Takt: Das ist dann ein analer Spießer, wie er im Buche steht, der macht für zwei, drei Minuten etwas Stimmung und ist dann auch schon wieder vergessen. Alles äußerst egal.
Und am Ende dann große Versöhnlichkeit. Mit der Familie, mit dem Haus, mit dem verzogenen Kinde und dessen schwarzen Boyfriend. Passenderweise im Schnappschuß-Look vorgetragen. Mehr als ein durchkalkulierter Schnellschuß ist dieser durch und durch langweilige Film auch nicht.
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Ich bin mit meinem Latein am Ende. Nachdem ich diesen Film gestern in der Tat (selten war diese Floskel passender) über mich habe ergehen lassen, rechnete ich eigentlich damit, bei einer Nacharbeit der Filmkritiken des Feuilletons auf ähnliche Ablehnung zu stoßen. Doch, Pustekuchen! Wie man hier nachlesen kann herrschte einhellige Begeisterung für den Film. Was habe ich falsch gemacht? Welche stimulierenden Drogen waren im gratis Kaffee bei den Pressevorführungen? God knows ...
Wie auch immer. Dass mit diesem Film irgendwas nicht stimmt, wird eigentlich schon schnell ersichtlich. Wer seinen Film mit einer derart verkrampft lässigen Weck-Szene beginnen lässt, wird wohl auch im weiteren Verlauf nur wenig Geschick haben, sowas wie Esprit entstehen zu lassen. Wer derart aufdringlich den Charme heruntergekommener East-Village-Kleinstwohnungen mit Bohème-Appeal für seinen Film ausbeutet, hat in der Regel was zu verbergen (und wenn es nur eklatanter Mangel ist). Wer dann wiederum, als Gegenentwurf, die (im Vergleich relativ) bürgerliche Familie der New Yorker Ausreißerin derart verkrampft auf skurril, bzw. "mit Macke" inszeniert hat damals nicht Roseanne im Fernsehen gesehen und hat die Vorführung von Wes Andersons The Royal Tenenbaums (USA 2001) geschwänzt. Oder schlimmer noch: Beides wurde gesehen, aber nicht verstanden, geschweige denn verinnerlicht. Wie auch immer: Schlechte Kopie, aufdringliche Kopie, peinliche Kopie.Und dann der Look. Hallo, Independentfilm! Und die anderen Bewohner dieses Miethauses. Hallo, Independentfilm! Beziehungsweise: Hallo, Zutaten für einen Independentfilm! Alles, wirklich alles in diesem Film ist mühsam zusammengeklaubt, irgendwie untergebracht, aber weder charmant verflochten noch gewinnbringend eingesetzt. Ein großer Reigen an Möchtegern-Skurrilität und Mid-90er-Arthouse-Verve, der noch nichtmal genug Talent mitbringt, seine Zitationen und Anlehnungen souverän zu handlen. Alles wird ins Bild gezerrt, kurz gezeigt, ein wenig Revue, dann aber wieder schnell weg damit: Der dicke Schwarze einen Stock tiefer brummelt etwas, weil er Fertigsuppen nicht mag. Dann die Öko-Schickse im Stock drüber: "Nein, ich bin Veganerin, hier kannst Du keinen Truthahn braten!", Tür knallt zu, Chance vergeben, ein paar Aufkleber an der Tür - "Save the whales!", "Nader for President!" - hallen etwas nach, weiter zum nächsten, allerdings behäbig, nicht etwa im Screwball-Takt: Das ist dann ein analer Spießer, wie er im Buche steht, der macht für zwei, drei Minuten etwas Stimmung und ist dann auch schon wieder vergessen. Alles äußerst egal.
Und am Ende dann große Versöhnlichkeit. Mit der Familie, mit dem Haus, mit dem verzogenen Kinde und dessen schwarzen Boyfriend. Passenderweise im Schnappschuß-Look vorgetragen. Mehr als ein durchkalkulierter Schnellschuß ist dieser durch und durch langweilige Film auch nicht.
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° ° °
Thema: Weblogflaneur
24. März 04 | Autor: thgroh | 0 Kommentare | Kommentieren
Die funktionale gruppe. Zumindest herrscht dort seit kurzem wieder emsiger Betrieb, was von den Monaten zuvor kaum zu behaupten ist. Freut mich! Sehr!
° ° °
Thema: Lieblingskinos
24. März 04 | Autor: thgroh | 0 Kommentare | Kommentieren

[von hier]
kino international | karl-marx-allee 33 | 10178 berlin | tel 24 75 60 11
offiziell | programm@zitty

[Foto von Claudia Rorarius, die hier eine sehr schöne, empfehlenswerte Fotoseite pflegt.]
° ° °
Thema: Filmtagebuch
23. März 04 | Autor: thgroh | 0 Kommentare | Kommentieren
22.03.2004, Kino International
Zunächst ein Film der Zeit: Ruhig, langsam, sacht entfaltet er sich. Seine Bilder laden ein, sich darin kontemplativ zu versenken. Jede Einstellung so exakt - in dem was sie zeigt, was sie aussagt, wie lange sie dauert - und voller Sorgfalt konzipiert, dass man - ein Klischee, freilich - ihnen die entspannende wie anregende Eigenschaft einer heißen Tasse grünen Tees zusprechen möchte. Auch eine solche benötigt aber in ihrer Zubereitung viel Sorgfalt und Liebe, soll das Ergebnis munden, vor allem aber Wirkung entfalten, vielleicht also ist ein Vergleich mit, sagen wir, zumindest einer Teezeremonie nicht so daneben. Eine wahre Freude ist es, endlich einmal wieder zwei Stunden als solche wirklich spüren zu können, diese Sorglosigkeit, die mit einem Kinobesuch - einem Kinogang - einher geht, wenn man sich nun für eine gewisse Zeit genau nur eine Sache vornimmt, und nichts anderes. Diese zärtliche Demut spiegelt sich im Film wider, zumal sie auch die Vergänglichkeit eines Kinobesuchs (ja jeden Kunstgenusses, eigentlich) - es bleibt ja physisch davon nichts weiter übrig - in seiner eigenen Geschichte, die fast nur von Vergänglichkeit spricht, berücksichtigt: Einen kleinen Moment lang sehen wir diesen alten Meister auf seinem Hausboot beim Kalligrafieren auf einer kleinen Steinstatue. Der Pinsel ist befeuchtet, nicht mit Farbe aber, sondern lediglich mit Wasser. Ist der letzte Schwung des letzten Zeichens getan, beginnt das erste bereits schon wieder auf dem Stein zu verblassen - der Akt des Schaffens beginnt umgehend von Neuem. Die Leidenschaft der Leidenschaftslosigkeit, die Kim Ki-Duk hier in mitunter schlichte, trotz ihres oft schmerzlichen Inhalts meist bemerkenswert wenig dramatische Bilder zu fassen bekommt, ist in jenen Momenten schier atemberaubend.
Natürlich auch ein tief religiöser Film. Es mag an der mangelnden kulturellen Nähe zum Buddhismus liegen, aber in diesem Falle lässt sich das gut an, vielleicht auch, weil er nicht - wie ein anderer, stumpfsinniger Religionsfilm, der derzeit die hiesigen Leinwände beleuchtet und dem ich hier nicht die Gunst erweise, namentlich genannt zu werden - auf Überzeugung aus ist, auch nicht auf eine verbissene Universalität. Weil er einen nicht anschreit - trotz einiger ebenso vorhandener Drastiken -, sondern weil er auch stets die Option lässt, lediglich interessierter Beobachter zu sein, um, wenn schon nicht etwas für sein Leben, so doch etwas über eine andere Religion, eine andere Kultur zu lernen.
Eine kleine, feine Kino-Meditation - ich habe jede Einstellung genossen.
imdb | offizielle website | filmz.de | angelaufen
Zunächst ein Film der Zeit: Ruhig, langsam, sacht entfaltet er sich. Seine Bilder laden ein, sich darin kontemplativ zu versenken. Jede Einstellung so exakt - in dem was sie zeigt, was sie aussagt, wie lange sie dauert - und voller Sorgfalt konzipiert, dass man - ein Klischee, freilich - ihnen die entspannende wie anregende Eigenschaft einer heißen Tasse grünen Tees zusprechen möchte. Auch eine solche benötigt aber in ihrer Zubereitung viel Sorgfalt und Liebe, soll das Ergebnis munden, vor allem aber Wirkung entfalten, vielleicht also ist ein Vergleich mit, sagen wir, zumindest einer Teezeremonie nicht so daneben. Eine wahre Freude ist es, endlich einmal wieder zwei Stunden als solche wirklich spüren zu können, diese Sorglosigkeit, die mit einem Kinobesuch - einem Kinogang - einher geht, wenn man sich nun für eine gewisse Zeit genau nur eine Sache vornimmt, und nichts anderes. Diese zärtliche Demut spiegelt sich im Film wider, zumal sie auch die Vergänglichkeit eines Kinobesuchs (ja jeden Kunstgenusses, eigentlich) - es bleibt ja physisch davon nichts weiter übrig - in seiner eigenen Geschichte, die fast nur von Vergänglichkeit spricht, berücksichtigt: Einen kleinen Moment lang sehen wir diesen alten Meister auf seinem Hausboot beim Kalligrafieren auf einer kleinen Steinstatue. Der Pinsel ist befeuchtet, nicht mit Farbe aber, sondern lediglich mit Wasser. Ist der letzte Schwung des letzten Zeichens getan, beginnt das erste bereits schon wieder auf dem Stein zu verblassen - der Akt des Schaffens beginnt umgehend von Neuem. Die Leidenschaft der Leidenschaftslosigkeit, die Kim Ki-Duk hier in mitunter schlichte, trotz ihres oft schmerzlichen Inhalts meist bemerkenswert wenig dramatische Bilder zu fassen bekommt, ist in jenen Momenten schier atemberaubend.
Natürlich auch ein tief religiöser Film. Es mag an der mangelnden kulturellen Nähe zum Buddhismus liegen, aber in diesem Falle lässt sich das gut an, vielleicht auch, weil er nicht - wie ein anderer, stumpfsinniger Religionsfilm, der derzeit die hiesigen Leinwände beleuchtet und dem ich hier nicht die Gunst erweise, namentlich genannt zu werden - auf Überzeugung aus ist, auch nicht auf eine verbissene Universalität. Weil er einen nicht anschreit - trotz einiger ebenso vorhandener Drastiken -, sondern weil er auch stets die Option lässt, lediglich interessierter Beobachter zu sein, um, wenn schon nicht etwas für sein Leben, so doch etwas über eine andere Religion, eine andere Kultur zu lernen.Eine kleine, feine Kino-Meditation - ich habe jede Einstellung genossen.
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Thema: Lesezeichen
23. März 04 | Autor: thgroh | 0 Kommentare | Kommentieren

Das Grusel-, Sci-Fi- und Horrorkino der klassischen B- und Exploitation-Ära der 1950er bis Ende 1960er Jahre hat mithin die unterhaltsamsten Perlen schmackhafter Genrekost hervor gebracht. In der Reihe "Midnite Movies" bringt MGM in den USA schon seit längerer Zeit die obskursten und amüsantesten Vertreter dieser Filmgattung auf schick gestalteten und zumeist auch qualitativ überzeugenden DVDs heraus (im übrigen bei dvdsoon.net in Kanada sehr günstig zu erstehen). Eine kleine Geisterbahnfahrt durch diese Zeit des Mitternachtskinos stellt da die Vorstellung der Kollektion auf der Website von MGM dar. Hier gibt es zu nahezu allen Filmen mit so wunderbaren Titeln wie The Abominable Dr. Phibes, Planet of the Vampires und dergleichen die Originaltrailer im Stream, gelegentlich ein paar Aushangbilder oder auch ganze Soundbites zu bestaunen.
Eine schöne kleine Schatzkiste, will ich meinen, mit der man sich als Genrefreund ein paar vergnügliche Stunden lang beschäftigen kann.
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Thema: Filmtagebuch
23. März 04 | Autor: thgroh | 0 Kommentare | Kommentieren
22.03.2004, Heimkino
So amüsant wie belanglos. Immerhin eine doch recht spaßige Syntax an Unwahrscheinlichkeiten und Wendungen, die da ausbuchstabiert wurde. Gut gefallen hat mir der ironisierende Einsatz der (nicht selten zitierenden) Musik. Eine Vorgehensweise, die für einen Film dieses Hintergrunds doch eher bemerkenswert ist. Auch die unter der Oberfläche der "romantischen Komödie" nur geringfügig versteckten bösen Spitzen gegen allzu bürgerliche Lebensentwürfe war - trotz dann eben doch einiger Versöhnlichkeiten am Ende - recht nett anzusehen, so zwischen Gang zum Supermarkt und anderem Tagwerk. Für das, was er ist, also ein recht passabler Film, auch wenn inspiriertes und großartiges Filmemachen natürlich ganz anders geht (deswegen auch kein Bild hier, haha).
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So amüsant wie belanglos. Immerhin eine doch recht spaßige Syntax an Unwahrscheinlichkeiten und Wendungen, die da ausbuchstabiert wurde. Gut gefallen hat mir der ironisierende Einsatz der (nicht selten zitierenden) Musik. Eine Vorgehensweise, die für einen Film dieses Hintergrunds doch eher bemerkenswert ist. Auch die unter der Oberfläche der "romantischen Komödie" nur geringfügig versteckten bösen Spitzen gegen allzu bürgerliche Lebensentwürfe war - trotz dann eben doch einiger Versöhnlichkeiten am Ende - recht nett anzusehen, so zwischen Gang zum Supermarkt und anderem Tagwerk. Für das, was er ist, also ein recht passabler Film, auch wenn inspiriertes und großartiges Filmemachen natürlich ganz anders geht (deswegen auch kein Bild hier, haha).
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Thema: Filmtagebuch
22. März 04 | Autor: thgroh | 0 Kommentare | Kommentieren
21.03.2004, Heimkino
Der Moment größter Glückseligkeit, den man im Leben erreichen kann, nämlich dann, wenn die Leidenschaften besiegt sind, der Furor erkaltet ist, dauert exakt so lange wie eine Fahrt durch einen gleißend hellen Tunnel. Ein kleiner Moment der Gnade - kostbar, kurz, dann schon wieder dahin -, die der Film seinem Schurken gönnt - Everything in its right place sangen beispielsweise Radiohead, wenn auch nicht hier -, ein Partikel also, eine Ahnung des Paradieses auf Erden, kurz nach der Hölle dortselbst, und dann: Auf - nach all den Annäherungen und Entfernungen, Heat ist vor allem auch: Raumfilm - kleinster Fläche der Rückfall ins Dämonische.
Das Ende: Beinahe eine Pieta, doch weit entfernt von katholischem Pathos. Auch die Musik dann - die so heroisch wie synthetisch leer klingt - unterstreicht dies. Ein fadenscheiniger Beschluss, gewonnen wurde, letztendlich, nichts. Im Auge des Überlebenden die Andeutung einer Träne. Diesseits des Bildschirms: Glückseliger Schwindel.
imdb | mrqe | tv-termine:de niro | tv-termine:pacino
Der Moment größter Glückseligkeit, den man im Leben erreichen kann, nämlich dann, wenn die Leidenschaften besiegt sind, der Furor erkaltet ist, dauert exakt so lange wie eine Fahrt durch einen gleißend hellen Tunnel. Ein kleiner Moment der Gnade - kostbar, kurz, dann schon wieder dahin -, die der Film seinem Schurken gönnt - Everything in its right place sangen beispielsweise Radiohead, wenn auch nicht hier -, ein Partikel also, eine Ahnung des Paradieses auf Erden, kurz nach der Hölle dortselbst, und dann: Auf - nach all den Annäherungen und Entfernungen, Heat ist vor allem auch: Raumfilm - kleinster Fläche der Rückfall ins Dämonische. Das Ende: Beinahe eine Pieta, doch weit entfernt von katholischem Pathos. Auch die Musik dann - die so heroisch wie synthetisch leer klingt - unterstreicht dies. Ein fadenscheiniger Beschluss, gewonnen wurde, letztendlich, nichts. Im Auge des Überlebenden die Andeutung einer Träne. Diesseits des Bildschirms: Glückseliger Schwindel.
imdb | mrqe | tv-termine:de niro | tv-termine:pacino
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Thema: Filmtagebuch
22. März 04 | Autor: thgroh | 0 Kommentare | Kommentieren
21.03.2004, Heimkino
"Der charmante Christian Legagneur ist mit seiner Senioren-Fernsehshow "Glück für alle" ein Quoten-König. Vor laufender Kamera kümmert sich der berühmte und scheinbar einfühlsame Showmaster geradezu rührend um seine älteren Kandidaten. So ist es nicht verwunderlich, dass der junge, ehrgeizige Journalist Roland Wolf dazu angeregt wird, Legagneurs Autobiografie zu verfassen. In seinem Herrenhaus regiert dieser, umgeben von einer stattlichen Anzahl von Dienstboten, in der Attitüde eines Bonvivant wie ein König. Als Wolf beginnt, hinter die Fassade zu schauen, entdeckt er Überraschendes - jede Person in Legagneurs Haushalt scheint ein Doppelleben zu führen." (prisma-online.de)
Natürlich: Das ist alles sehr konstruiert - wenig Lebenssaft an sich, viel Drehbuch und vor allem viel Wille des Autors. Aber: Darf man das bei Chabrol überhaupt anders erwarten? Zumal, wenn der Film so heißt, wie er eben heißt, schlicht Masken eben, nicht etwa Die Masken oder Die Masken der Bourgeoisie (oder des Bösen, des Zorns oder wie auch immer ein Film von Chabrol eben zumeist betitelt ist). Nein, Masken heißt er, unspezifisch, Aufzählung, Anhäufung also, vielleicht auch - der schnelle Rhythmus, der beinahe schon im Screwball-Takt die Finger schnippsen lässt, legt dies beinahe schon nahe - : Revue.
Nun gut, Konstruktion. Aber von der gewieften, der süßen Sorte. Esprit also, Verve, analytische Kühle dann wieder, wenn sich das Geheimnis von hinter verschlossenen Großbürgertumstüren zu lüften beginnt, jedes Detail sitzt und passt. Der Fernsehmoderator, so penetrant gutmütig und aber auch Patriarch, dass er schon wieder unheimlich ist, wenn er nicht gerade wie eine Karikatur erscheint. In manchen Szenen gar, wenn er im Profil zu sehen ist, erkennt man anhand der genauen Ausleuchtung, die die Konturen betont, wie Chabrol ihn zur bloßen Comicfigur degradiert: Der Schwung der Altherrenwange, das hervorlugende Kinn, die Fältchen um die Augen - man meint dieses Gesicht umgehend zu Papier bringen zu können, stilistisch jenem Hitchcock-Emblem - Wange, Nase, Stirn - nicht unähnlich. Und die anderen Figuren! Die blasse Bürgertochter, die aufgedrehte Schreckschraube, deren trotteliger Ehemann und dann, nicht zuletzt, der unheimlich fade, ja eigentlich bloß besserwisserische Biograf, der selbst - eine mitgebrachte Waffe, beiläufig recht früh schon im Bild zu sehen, lässt dies schon bald erkennen - ein doppeltes Spiel treibt. Die Dialoge, was sich daraus schließen lässt, auf was sie referieren - denn "eigentlich" sind sie, weiß Gott, nie -, das ganze, das große Ballett, das Chabrol hier auftischt - ohne aber zu heischen, dem Effekt zu verfallen, nein, alles ist ihm nur Puzzlestück mit festem Platz, vor allem aber: dem Ganzen untergeordnet -, rundum alles an diesem Film ist stimmig und mit jenem Esprit, der so gar nicht nach den gewissen frankophilen Tendenzen im Ausland schielt, inszeniert, dass es eine wahre Lust ist, diesem gewitzten Film zuzusehen.
Ein schöner, ein prächtiger Kaffee-und-Kuchen-Film.
imdb | tv-termine:chabrol | chabrol-essay
"Der charmante Christian Legagneur ist mit seiner Senioren-Fernsehshow "Glück für alle" ein Quoten-König. Vor laufender Kamera kümmert sich der berühmte und scheinbar einfühlsame Showmaster geradezu rührend um seine älteren Kandidaten. So ist es nicht verwunderlich, dass der junge, ehrgeizige Journalist Roland Wolf dazu angeregt wird, Legagneurs Autobiografie zu verfassen. In seinem Herrenhaus regiert dieser, umgeben von einer stattlichen Anzahl von Dienstboten, in der Attitüde eines Bonvivant wie ein König. Als Wolf beginnt, hinter die Fassade zu schauen, entdeckt er Überraschendes - jede Person in Legagneurs Haushalt scheint ein Doppelleben zu führen." (prisma-online.de)
Natürlich: Das ist alles sehr konstruiert - wenig Lebenssaft an sich, viel Drehbuch und vor allem viel Wille des Autors. Aber: Darf man das bei Chabrol überhaupt anders erwarten? Zumal, wenn der Film so heißt, wie er eben heißt, schlicht Masken eben, nicht etwa Die Masken oder Die Masken der Bourgeoisie (oder des Bösen, des Zorns oder wie auch immer ein Film von Chabrol eben zumeist betitelt ist). Nein, Masken heißt er, unspezifisch, Aufzählung, Anhäufung also, vielleicht auch - der schnelle Rhythmus, der beinahe schon im Screwball-Takt die Finger schnippsen lässt, legt dies beinahe schon nahe - : Revue.Nun gut, Konstruktion. Aber von der gewieften, der süßen Sorte. Esprit also, Verve, analytische Kühle dann wieder, wenn sich das Geheimnis von hinter verschlossenen Großbürgertumstüren zu lüften beginnt, jedes Detail sitzt und passt. Der Fernsehmoderator, so penetrant gutmütig und aber auch Patriarch, dass er schon wieder unheimlich ist, wenn er nicht gerade wie eine Karikatur erscheint. In manchen Szenen gar, wenn er im Profil zu sehen ist, erkennt man anhand der genauen Ausleuchtung, die die Konturen betont, wie Chabrol ihn zur bloßen Comicfigur degradiert: Der Schwung der Altherrenwange, das hervorlugende Kinn, die Fältchen um die Augen - man meint dieses Gesicht umgehend zu Papier bringen zu können, stilistisch jenem Hitchcock-Emblem - Wange, Nase, Stirn - nicht unähnlich. Und die anderen Figuren! Die blasse Bürgertochter, die aufgedrehte Schreckschraube, deren trotteliger Ehemann und dann, nicht zuletzt, der unheimlich fade, ja eigentlich bloß besserwisserische Biograf, der selbst - eine mitgebrachte Waffe, beiläufig recht früh schon im Bild zu sehen, lässt dies schon bald erkennen - ein doppeltes Spiel treibt. Die Dialoge, was sich daraus schließen lässt, auf was sie referieren - denn "eigentlich" sind sie, weiß Gott, nie -, das ganze, das große Ballett, das Chabrol hier auftischt - ohne aber zu heischen, dem Effekt zu verfallen, nein, alles ist ihm nur Puzzlestück mit festem Platz, vor allem aber: dem Ganzen untergeordnet -, rundum alles an diesem Film ist stimmig und mit jenem Esprit, der so gar nicht nach den gewissen frankophilen Tendenzen im Ausland schielt, inszeniert, dass es eine wahre Lust ist, diesem gewitzten Film zuzusehen.
Ein schöner, ein prächtiger Kaffee-und-Kuchen-Film.
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