Sonntag, 9. Mai 2004
Re-Enacted by Bunnies.

Oder aber The Exorcist.


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Thema: literatur
Ein Buch, von dem ich mir gewünscht habe, dass es mir gefällt. Nicht nur wegen des Titels, vor allem wegen meiner Entdeckung: Ich bin eigentlich kein Freund des langwierigen Suchens. Zwar kein wirklicher Romantiker, gefällt mir die Idee, dass sich das, was in mein Leben kommen sollte, schon irgendwie bei mir bemerkbar macht. Auf Flohmärkten wühle ich beispielsweise nicht: Ich schaue mir Stände an und horche allenfalls dahingehend auf meine Intuition, dass ich mal ein Buch hochhebe, um zu kucken, welches drunter liegt. Wenn es hier was für mich geben sollte, dann wird mich das schon anspringen. Mir gefällt dieses Konzept, auch wenn ich weiß, dass sich dahinter nichts verbirgt, dass es Spielerei ist, aber ich laufe gerne so durch's Leben, es gibt den einzelnen Dingen einen direkten Bezug.

Wie verhielt es sich also hier? Ich stand vor einigen Wochen in der Karl-Marx-Buchhandlung, wo ich gerne und dann auch tendenziell andächtig bin - nicht weil ich diesen Laden, dieses Antiquariat so liebe (da gibt es, für mich, weit bessere), sondern weil es die bedächtige Atmosphäre dort irgendwie zu gebieten scheint. Gekauft habe ich dort hingegen selten was. Und dann dieses Buch, das mir beim gedankenverlorenen Mit-dem-Finger-über-Buchrücken-Streichen beinahe schon in die Hände fiel. Wie schön es auch gefertigt ist: Ein Einband aus mattem Karton, ein sehr faseriges Papier innen drin und außen klebt dann noch ein Hochglanz-Foto eines alten Projektors (oder einer Kamera? Ich habe das gerade nicht präsent, das Buch auch nicht zur Hand und interessanterweise ähnelt sich beides ja frappant) drauf. Zudem steht vorne noch "1. Auflage 1999" drin, hinten drauf keine Spur von einem Euro-Preis, nur so ein kleiner Aufkleber, auf den jemand mit Kugelschreiber 'ne "6" draufgeschrieben hat. Das Gefühl, dass dieses ungemein schöne Buch dort schon seit bald 5 Jahren im Regal liegt begeisterte mich umgehend: Es wollte von mir gefunden, gelesen werden. Hier fügte sich etwas zusammen, der Umstand, dass ich ohnehin nur noch 6 Euro in der Tasche hatte, unterstrich dies noch. Also zur Kasse.

Auch die Synopse klang nett und spannend: Ein Arbeiter im Ost-Berlin der 70er liebt nichts so sehr wie alte Filme und Fussball. Als an einem Abend die Nachbarin zum Fernsehkucken vorbeikommt - gezeigt wird eine Burleske aus den 30ern - , ändert sich sein von Beamtenwillkür und eingeschlafener Ehe gezeichnetetes Leben von Grund auf: Die Alte jauchzt plötzlich auf, dass sei sie dort im Fernsehen, diese Tänzerin dort, in jungen Jahren versteht sich. Der Arbeiter zeigt sich im folgenden irritiert, wenn nicht geschockt. Auf seinen ziellosen Wegen durch Ost-Berlin begegnet er einem jungen Mädchen, das ihn fasziniert. Als seine Frau für ein Wochenende verreist - zu etwas unausgesprochen Eindeutigem - stürzt der Arbeiter in einer Kneipe ab und landet mit dickem Kopf in einem bohème-artigen Künstlermilieu. Dort trifft er auch das Mädchen wieder, sein Leben wirbelt zunehmend durcheinander ...

Soweit, sogut. Die Lektüre gestaltete sich anfangs recht nett. Vor allem die Szenen mit den Beamten - der Arbeiter beantragt stur Woche für Woche eine größere Wohnung, natürlich ohne Erfolg - weisen ein paar nette (versteckte?) Spitzen auf, die auf angenehm unaufdringliche Weise das Absurde dieser Situation herausarbeiteten. Auch im weiteren Verlauf ist alles irgendwie nett. Aber: Leider Gottes empfand ich das alles als nie wirklich begeisternd. Und literarisch ist das, zumindest für meine Begriffe und aus heutiger Perspektive, zwar ambitioniert, aber letztendlich eigentlich nur Routine. Wenn der Typ betrunken ist, vermischen sich direkte und indirekte Rede, innere Beschreibung und Dialog, Perspektive und Raum zu einem Kuddelmuddel, das auf rein sprachlicher Ebene den Zustand des Protagonisten simuliert, über das bloß Naheliegende aber irgendwie nicht hinauskommt. Und überhaupt: Irgendwie ging mir die schlichte, milieuverhaftete Sicht auf die Welt, die da eigentümlich fasziniert für das eigene literarische Werk aufgegriffen wurde, mit der Zeit erheblich auf die Nuss. Vielleicht bin ich da überheblich, das mag sein, aber die Perspektive eines solchen Menschen ist für mich denkbar uninteressant (ich räume ein, dies aus einer historischen Distanz zu schreiben, in der das Phänomen der Talkshow das aufdringliche Zurschaustellen der Befindlichkeiten eher schlichter Menschen regelrecht zum bestimmenden Paradigma der Medienwelt erhoben hat). Vielleicht kenne ich mich auch nur in der Literaturwelt der DDR nicht gut genug aus (erst heute wieder auf dem Flohmarkt Ulrich Plenzdorfs Die neuen Leiden des jungen W. dann doch liegengelassen, obwohl ich doch schon letzte Woche daran vorbeigegangen bin). Andererseits scheint mir die Lust am bloßen Fabulieren einer irgendwie skurrilen, letztendlich aber doch piefig bleibenden Geschichte mit der ganzen Lust an Jargon und Milieu wiederum unangenehm vertraut - sei es aus west-deutscher Literatur oder aus gesamtdeutschen Filmen der Post-Wendezeit.

Es war natürlich nicht so vollkommen schlecht, wie das jetzt alles klingt. Hier und da fand ich das sogar sehr schön. Nur im Gesamten hat's für mich nicht funktioniert. Das nächste Mal funktioniert meine Intuition, was das Aufspüren betrifft, bitte wieder besser.

literaturhaus.at:klaus schlesinger | aufbau verlag


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Thema: Kinokultur
Der Fall Blood Feast (USA 1963) bleibt weiterhin aktuell. Der Verein Medialog e.V. (i.Gr.) hat nun einen ersten Pressespiegel unter Berücksichtigung verschiedenster Medien zusammengestellt. Hier kann noch immer die Petition gegen dieses irrwitzige Verbot unterschrieben werden.


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http://streetart.antville.org

Herrlich - und nur zufällig drübergestolpert. Seit langem schon trage ich den Gedanken an ein Weblog mit mir rum, in dem ich nur Bilder von kleinen Details am Wegesrand poste: Der Friedrichshainer Kiez quillt an so genannter "Street Art" förmlich über. Das Projekt scheiterte bislang am Nicht-Vorhandensein einer DigiCam - was es nur trauriger macht, denn es grämt mich schon, dass ich die schönsten Artefakte - manchmal bleibe ich lange davor stehen, um sie eingehend zu betrachten - nicht irgendwie mittels Abzug konservieren konnte. Und dann finde ich dieses Weblog, stöbere ewig drin rum - older stories, manchmal heißt das "Schatzkammer" -, bin hocherfreut, dass es ein solches gibt und bin förmlich entzückt über den internationalen Charakter des Ganzen, wenn da Bilder auftauchen, die ich eigentlich aus Berlin kenne, die Aufnahme stammt aber aus New York oder sonst woher.

Tolle Sache, bin rundum begeistert. Für sowas liebe ich Weblogs.

[via le lounge eletronique]


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Samstag, 8. Mai 2004
Thema: Kinokultur
Dem Vernehmen nach hat Warner Wolfgang Petersens Film Troy zugunsten einer FSK12-Freigabe (und damit verbunden: zugunsten eines größeren Marktes) um zwei Minuten gekürzt. Da hätte man bestimmt noch mehr rausholen können, im wahrsten Sinne des Wortes ...

Nachtrag: Hier die FSK-Freigabekarte. In der Tat zwei Minuten kürzer als die US-Version. Schade.


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Thema: Kinokultur
Wer ernsthaft meint, es stellt eine Beschneidung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung dar, wenn ein Konzern seinen Film nicht veröffentlichen will, der hat dieses Recht wohl noch nicht ganz verstanden. Wer das dann polternd nachplappert und auch noch Verschwörungstheorien zur Erklärung bemüht, hat vielleicht nicht ganz verstanden, dass Konzerne - so sehr man diese kritisieren kann/darf/sollte - in erster Linie Finanzunternehmen mit entsprechenden Überlegungen darstellen und nicht mit der Speaker's Corner im Hyde Park zu verwechseln sind.


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06.05.2004, Heimkino
[ Inhaltsangabe | Trailer ]

"Deadock ist fantastisch. Ein bizarrer, glühender Film.", meint Alexandro Jodorowsky, der - Zufall? - im gleichen Jahr seinen mindestens ebenso fantastischen El Topo (Mexiko 1970) gedreht hat.

Deadlock zehrt deutlich von den Vorgaben des Italowesterns, doch gibt er sich in einer Zeit, in der dieser seinen Höhepunkt eigentlich schon überschritten hatte, nicht damit zufrieden, einfach nur noch eine weitere Geschichte aus dem 19. Jahrundert im Staub der mexikanischen Sierra zu erzählen. Im Gegenteil: Er verfrachtet eine düstere, von Camus wie von Beckett inspirierte Gangstergeschichte mit aktuellem Zeitbezug in jene Kulisse, wie man sie aus den italienischen Western kennt: Staub, Zerfall, Dreck, Schweiß, grobes Textil, karge Landschaft - geografisch wie physiognomisch.

Eine tödliche Figurenkonstellation mitten im Niemandsland, weit weg von sozialen Verbindlichkeiten. Die bizarre Leere der Landschaft entspricht der Leere der Figuren, ihres Handelns, ihrer Ziele. Ein Batzen Geld (dessen Geschichte wir nicht kennen, nur natürlich: ehrlich verdient wurde es nicht), ein Wagen, ein, zwei Gewehre bestimmen die Figuren, um diese Gegenstände kreist sich alles. Ein unbedachter Schritt zuviel bedeutet den Tod. Der trottelige, irgendwie zwar gutmütige, dennoch denkbar unsympathische Pechvogel Charles Dump (Mario Adorf) bekommt dies bald zu spüren. Die anderen beiden: Undurchdringliche Fassaden, wortkarg, was mag in ihren vorgehen, wo kommen sie her? Auf was beziehen sie sich, wenn sie kaum dechiffrierbar von "früher" erzählen? Ein tödliches Spiel liegt in der Luft, in Gesten und Worten. Zwei Frauen am Rande noch, beide bizarr, die eine grotesk, die andere geheimnisvoll. Der Western hat immer auch mit Landschaft zu tun, natürlich auch mit Frauen - beide wollen erobert werden. Die eine wurde vor langer Zeit erobert und ist es nun nicht mehr, die andere wird erobert werden, aber zu welchem Preis? Diese Frage wird beiden gestellt werden dürfen: Eroberter und Eroberer.

Sonne. Harte, unnachgiebige, alles verbrennende Sonne. So beginnt der Film. Er beginnt wie andere enden und gibt damit das Programm vor: In Deadlock ist alles schon zum Ende gekommen: Die Personen, die Stadt draußen in der Sierra, die Dinge, die Gesichter - selbst das Geld scheint alt und dreckig, vor allem aber: Jenseits des ökonomischen Kreislaufs. Was soll damit gekauft werden? Wenn der Überlebende am Ende Richtung Horizont geht, das Geld im Koffer, dann bewegt er sich auf Ruinen zu und nicht in einen romantischen Sonnenuntergang - hier gibt es nichts, was Geld kaufen könnte, es ist eigentlich nur buntes Papier im Angesicht einer Apokalypse, die der stete kosmische Bezug zur Sonne anzudeuten scheint. Wenn der Bösewicht die Stadt erreicht, ist sein Name "Sunshine" - er trägt schwarz, einen Rollkragenpullover - Existenzialist, Nihilist. In Deadlock ist alles schon vorher geschehen, alles nur noch Echo. Und er riecht nach von der Sonne ausgedörrtem Fleisch, nach altem Schweiß und jahrhundertaltem Staub, der sich auf Zungen legt, dort jeden Nerv abtötet.

Was Roland Klick hier geschaffen hat, ist mit Worten eigentlich kaum zu beschreiben. Man möchte "Meisterwerk" sagen und hätte damit vermutlich Recht. Wäre diese Floskel nur nicht so unendlich schal. Vielleicht hätte ich es mit den Worten Jodorowskys, einem der letzten großen Kinomystiker, auf sich beruhen lassen sollen. Das permanente, absurde Scheitern, das Deadlock in Bilder fasst, setzt sich jenseits der Leinwand, des Bildschirms fort. In Permanenz.

imdb | Roland Klick:Portrait | rolandklick.de


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Freitag, 7. Mai 2004

[von hier]

kino arsenal | potsdamer strasse 2 | 10785 berlin | tel 269 55 100

offiziell | programm@zitty


[Foto von knoerer, aus der Fotoreihe Cinema]


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"I love books. I love the smell of 'em, the feel of 'em, and I love the look of 'em. In fact, I even like to read them, but that's another story. The main preoccupation of this site is the covers of books. Mainly books I've picked up in charity shops, or at carboot sales or jumble sales, even some that I've found on the ground. Here you will find hard-boiled detectives, scantily-clad floozies, unlikely space-ships, grotesque aliens, bizarre religious images, beatnik shockers, hell's angels, skinheads, barbarian heroes, and horrifying monsters... among others."

Kiloweise Pulp-Novel-Covers gibt es hier bei peltorro.com und dort bei Jim. Einfach nur noch toll, diese Sammlungen - wunderschön!



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Thema: TV-Tipps
MDR, 14:35-16:00 Uhr: Der schwarze Seeteufel (Italien 1961) - Piratenfilm aus Italien mit Vincent Price in einer Hauptrolle, Regie führte Mario Costa. Das kann nun alles oder nichts sein. Selbst Christian Keßler, dem Fachmann für italienisches Genre-Kino, scheint in seiner TV-Ecke nicht mehr einzufallen. Ein Überraschungsfilm also für die Tasse Kaffee am Nachmittag. [tvinfo.de]

Um 2:05 Uhr gibt's dann nochmal Vincent Price und zwar auf Kabel 1: Der Todesschrei der Hexen (GB 1970). Noch nicht gesehen, der imdb-Vote verheißt aber nur wenig Gutes ... [tvinfo.de | mrqe.com]

Alle paar Monate nachts bei den Öffentlich-Rechtlichen zu sehen: Stoppt die Todesfahrt der U-Bahn 1-2-3 (USA 1974). Heute dann um 00:50 auf ARD. Klasse 70er Thriller mit einem unschlagbaren Walter Matthau. [tvinfo.de | mrqe.com]

Freunde schwerer Kost dürfen um 23:05 3sat einschalten: Dort gibt es Peter Greenaways komplexes Meisterwerk Die Bettlektüre (GB 1996) zu sehen. Ein hochcodierter Film, der ohne profunden Einblick in Kulturwissenschaft und Kunstgeschichte kaum verständlich ist (ich gehe auch nicht davon aus, viel verstanden zu haben, das zur Beruhigung), für den hier Außenstehenden ist der Film aber zumindest ein ästhetischer Genuss. Kann natürlich auch alles Scharlatanerie sein, aber das weiß wohl nur Greenaway allein. [tvinfo.de | mrqe.com]

Wer's komplex, schwarz-weiß und kurz mag schaltet um 00:20 arte ein: Ein andalusischer Hund (Frankreich 1929) [mrqe] (vorher übrigens Dokumentation über Salvadore Dali!)

Wer's locker-leicht, bunt und etwas länger als kurz mag (und Werbeunterbrechungen am laufenden Meter gut wegstecken kann), ist dazu angehalten, um 22:00 Uhr auf RTL2 mit Sam Raimis Armee der Finsternis (USA 1993) den dritten Teil der berühmt-berüchtigten Tanz-der-Teufel-Reihe zu sehen (die ersten beiden Teile zu kennen ist nicht Voraussetzung, schadet aber nicht). Netter Horror-Klamauk mit schön nostalgischen Special-Effects und ein paar wirklich prima grotesken Ideen. [mrqe.com]


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Donnerstag, 6. Mai 2004
Thema: Kinokultur
""Kill Bill 2" ist Anlass, Quentin Tarantino unter die Lupe zu nehmen. Zu Wort kommt auch der japanische Filmemacher und Tarantino-Verehrer Takeshi Kitano. Ein Blick in die Studios der "Chaw Brothers", die die 70er-Jahre Karatefilme produzierten, lassen Tarantinos Vorbilder erahnen."

hier. Das Special auf der Website von arte ist zwar besser, allerdings nur graduell und insgesamt dann auch so dürftig (und natürlich auch etwas fehlerhaft), dass man denkt: Was soll der Käse, lasst's doch einfach bleiben.


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Thema: DVDs
Vor wenigen Tagen erschien in den Staaten bei Blue Underground eine aufwändig restaurierte Doppel-Disc-Edition von David Cronenbergs außergewöhnlichem Film Fast Company (Kanada 1979). Nun ist Cronenbergs Filmografie an Außergewöhnlichem weiß Gott nicht arm, deshalb liegt das Besondere hier im Kontext verborgen: Fast Company ist im wesentlichen ein Film über schnelle Autos und harte Rennfahrer, wie es sie im 70er Exploitationkino zu Dutzenden gab - keine Körpermodifikationen, keine Mind-over-Matter-Spekulationen, fast cars, plain and simple. Dennoch gilt der Film unter Fans weltweit als gesucht, rare TV-Termine (etwa bei Premiere) werden untereinander ausgetauscht. Einen Trailer gibt es hier (für's kleine Modem hier)

Dass diesem Film nun sogar in Zusammenarbeit mit dem Regisseur eine offenbar qualitativ hervorragende Edition verpasst wurde, ist an sich ja schon erfreulich. Als ganz besonderen Bonus hat man nun aber auf der zweiten DVD noch zwei äußerst rare (Kurz-)Spielfilme aus der frühesten Schaffensphase des Kanadiers versammelt, die wesentliche Aspekte der noch folgenden Filme bereits skizzieren: In Stereo (Kanada 1969) untersucht die "Canadian Academy for Erotic Inquiry" an einer Gruppe Jugendlicher parapsychologische Thesen, indem man sie zur telepathischen Kommunikation befähigt - das Experiment gerät aus dem Ruder und mündet in eine bizarre Orgie mit Todesopfern. Crimes of the Future (Kanada 1970) entwickelt ein ähnliches Szenario.

Beide Filme werden dem "Experimentalkino" zugerechnet und gelten als autodidaktische Fingerübungen. Dem Vernehmen nach hat man sich bei Blue Underground zudem darum bemüht, diese Jahre lang kaum auftreibbaren Filme in bestmöglicher Qualität auf DVD zu bannen. Das ist beinahe so toll wie die Meldung, dass Cronenbergs im übrigen hypnotisch faszinierender Spider (Kanada 2000) schlußendlich doch noch in die deutschen Kinos kommt.

cronenberg:imdb | davidcronenberg.de (unter Corpus gibt es kurze Clips aus den beiden Filmen!)


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Thema: DVDs
Neue Besprechungen von mir zu folgenden DVDs bei jump-cut.de:
  • Die Todeskarten des Dr. Schreck (Freddie Francis, GB 1965)
  • Zug des Lebens (Radu Mihaileanu, F/Belgien 1998)
  • Maléfique - Psalm 666 (Eric Valette, Frankreich 2002)
  • Heat After Dark (Ryuhei Kitamura, Japan 1998)
  • Kikujiros Sommer (Takeshi Kitano, Japan 1999)
  • Dolls (Takeshi Kitano, Japan 2002)
  • The Barber - Das Geheimnis von Revelstoke (Michael Bafaro, Kanada 2001)

    Womit auch in etwa meine Filme der letzten Woche abgedeckt wären ...


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    Thema: TV-Tipps
    Bei jump-cut.de ist's schon zu lesen gewesen: Das ZDF verlangt heute viel von einem ab, gezeigt wird um 01:05 ein Film von Jean-Luc Godard: Détective (F 1985). Wohl dem, der noch einen Videorekorder besitzt, um diese Uhrzeit ist das wohl wahrlich kein Spaß. Aber immerhin eine seltene Gelegenheit, 'nen Godard mehr zu archivieren - in adäquater Konservenform kommt der ja schon lange nicht mehr heraus. [tvinfo.de]

    Etwas kerniger geht's vorher auf dem MDR zu: Um 23:05 Uhr zeigt man The Unforgiven (USA 1959), natürlich nicht der ebenso sehenswerte von Eastwood sondern von John Huston. [tvinfo.de]


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    Donnerstag, 6. Mai 2004
    22.04.2004, Kosmos UFA Palast

    Ich habe mich lange mit dem Film rumgetragen. Er hat mir - von einigen kurzen, tollen Momenten abgesehen - nicht gefallen. Ich konnte es nicht fassen, hatte zwar anderes erwartet, doch nicht das. Und immer wieder der Gedanke: Das kann nicht sein, es darf nicht sein - Tarantino kann unmöglich zum ersten Mal nicht funktionieren. Lange überlegt, nachgedacht, auch diskutiert. Zu kaum einem Schluß gekommen. Sicher, ein paar Aspekte, die sehe ich jetzt anders. Im wesentlichen aber bleibt meine Einschätzung beim Alten und die wurde hier von je-b und dort von Knörer nahezu rundum passend niedergeschrieben. Statt eines Tagebucheintrags also diese Verweise, als Ausdruck meiner eigenen Unentschlossenheit auch.

    imdb | mrqe | filmz | angelaufen


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    vor kurzem, Heimkino

    In einem Moment bricht alles auf: Die Fassade, die Biografie verdeckt. Die Souveränität, mit der man die eigene Passion in Worte kleidet. Das abgeklärte Auftreten, wenn man sich selbt - natürlich grinsend, was sonst - als "nicht weniger geisteskrank als jeder andere Künstler" beschreibt, darum wohlwissend, dass sowas nur ein Dandy von sich behaupten kann (und somit Distanz zur vermeintlichen Offenheit schon wieder aufgebaut wurde). Die Gedankenentwürfe, die freilich immer nur in der Sinnlosigkeit des Tuns ihren Fluchtpunkt finden. Der ganze kecke Witz, den er - Reinhold Messner - an jeder Stelle anbringt, alles, wirklch alles bricht in sich zusammen. In einer einzigen Sekunde, ja kürzer sogar noch: Eine Zeitbemessung in Frames wäre hier am sinnvollsten.

    Beide sitzen im Zelt, Herzog und Messner, Verwandte im Geiste und im Blick auf die Welt. Romantiker, Metaphysiker, dem Größenwahn ins Auge Blickende. Die nächsten Tage geht's nach oben, man ist auf Zwischenhalt: Mit einem Schweizer wagt es Messner zwei 8000er in einem Marsch zu überschreiten - das war nie dagewesen. Herzog bohrt, wie nur er zu bohren versteht, in einer Situation, in der jedes Bohren fast schon körperlicher Gewalt, wenn nicht versuchtem Mord entspricht: Wie er den Tod des Bruders vor über 10 Jahren bei einer gemeinsamen Besteigung verwunden habe, er, der Überlebende, wenn auch nur, das beeilt sich Messner anzufügen, knapp. Messner konsterniert. Die harte, souveräne Stimme zittert. Das rumort in dem Mann, ganz klar. Doch die Antwort bleibt artikuliert, bemüht, er, der Bruder, sei noch immer neben ihm, ganz nahe oft, denn wer sich auf Ebene der Intuition, des Instinkts nahe kommt, der ist nie getrennt. Wie er, Messner, denn seiner Mutter vor das Angesicht getreten wäre. Ein Riß. Ein Riß durch diesen Menschen, durch den Film, der zuvor von distanziertem Optimismus, von harten Worten, vielen Gedankenreisen geprägt war, von Überlegungen pragmatischer und philosophischer Art, von traumwandlerischen Bildern, wie sie in einem Dokumentarfilm eigentlich doch fehl am Platze wären. Ein Riß, der durch Mark und Bein geht, körperlich schmerzt, das Zusehen fast unerträglich gestaltet: Messner bricht in Tränen aus, wie ich noch nie einen Menschen in Tränen habe ausbrechen sehen. Ein existenzeller Schmerz, der sich hier Ausdruck verschafft (der Schmerz, nicht der Mensch, der ist nur das Medium), der binnen weniger Sekunden auf den Zuschauer übertragen ist (oder sagen wir: eine Ahnung davon). Messner: weint. Die Kamera: beobachtet gnadenlos.

    Es gibt kaum ein unbehaglicheres Bild als dieses, kaum ein wirkungsvolleres. Hier dreht sich der zuweilen fiktionalisiert, inszeniert erscheinende Dokumentarfilm auf den Kopf, zelebriert eine Authentizität, die schwindlig macht. Der Schlüssel- und Angelpunkt in diesem Film, in dem alles - Messner, der Berg, das Leben, nicht zuletzt Herzogs ganze Filmograhie - zu kulminieren scheint. Das romantisch Verklärende drum herum hat einen wahren inneren Kern, sein Name ist Existenz, sein Symptom der Schmerz. Unendlicher Schmerz. Der Rest drumrum nur Trost, sinnlos obendrein.

    Gasherbrum - Der leuchtende Berg ist nur auf ersten Blick eine Dokumentation über eine wahnwitzige Bergbesteigung (die, immerhin, erfolgreich zuende geht, wenn auch gerade so - das Scheitern, das längst schon als Herzogs Motiv gilt, hat sich schon weit vorher vollzogen, mithin in der Geburt). Sie sagt etwas tiefgründiges über das Leben aus, etwas Wahres, das nur in der Sinnlosigkeit einer Bergbesteigung Ausdruck finden kann. Vielleicht Herzogs bester Film.

    Hinweis: Als Bonusfilm auf der dieser Tage erscheinenden DVD von Herz aus Glas (D 1975), die schon alleine deshalb (aber nicht nur) zu empfehlen ist.

    imdb


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    Thema: good news
    Die älteste Filmhochschule Deutschlands, die Hochschule für Film und Fernsehen Konrad Wolf in Babelsberg wird 50. An dieser Stelle herzlichen Glückwunsch!

    Nicht nur, aber auch aus diesem Anlass ist man dort in jüngster Zeit verstärkt darum bemüht, den Kontakt zu den Absolventen vergangener Jahrgänge wieder zu verstärken, bzw. wieder aufzubauen. Vielleicht kennt hier ja jemand wen, der dort eine Ausbildung genossen hat, oder aber er/sie ist selbst so jemand. In diesem Falle gibt es hier weitere Informationen.

    [via F.LM - Texte zum Film]


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    Thema: TV-Tipps
    Tele 5, 22:10 - 00:00: Ein Fall für Cleopatra Jones (US 1973): Ein über die Grenzen der USA hinaus nicht ganz so bekannter Blaxploitation-Film, zumindest im Vergleich mit den Pam-Grier-Filmen, die im Zuge von Tarantinos Jackie Brown (US 1997) ihren Kultstatus etwas aufmöbeln konnten. Handlung ist wie so oft Nebensache und nur Stichwortgeber für spekulative Actionszenen. Darius James schreibt in seinem Standardwerk: "Despite the clumsiest martial-arts action I've ever had to sit through, [... und die Blaxploitation-Filme sind bekannt für ihre "clumsy martial-arts", tg.] vigorous direction makes the routine formulia of its comic book theatrics seem quite involving." [tvinfo.de | mrqe.com]

    Und dann ZDF, 01:05-02:45: Jesse James - Mann ohne Gesetz (US 1939) mit Tyrone Power. Noch nicht gesehen, ein imdb-comment titelt aber: pretty good. Wir wollen es glauben. [tvinfo.de]


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    03.05.2004, Heimkino

    Ein schaurig-schöner Spaß. Fünf kleine, teils comichaft naive Gruselepisoden, getragen von einer, schlußendlich, angenehm morbiden Rahmenhandlung.



    Ein Spiel mit Farben, nicht ganz so exzessiv betrieben wie bei Maestro Bava freilich, aber doch auch pointiert und mit großem Gewinn. Vor allem die Szenen der Rahmenhandlung, die im Zugabteil, die auf engstem Raume stattfinden, sind effektiv inszeniert und wunderbar ausgeleuchtet. Und Peter Cushings reduziert sardonisches Spiel als Meister des Okkulten - mit Christopher Lee, wie so oft, als Antipode, sprich: als parodiehaft überzeichneter Mann der Skepsis - ist eine wahre Pracht.



    Wunderbar natürlich auch die einzelnen Episoden - mal mehr, mal weniger, freilich -, wenn Standardsituationen der Horrorgeschichte in kurzer Zeit abgerissen werden. Stellenlektüre, sicherlich, aber von größtem Reiz für den, der am "lustvoll Trivialen" noch eine Freude hat oder aber noch gerne durch das B-Kino vergangener Dekaden reist. Ein wunderschöner Film, so angenehm heimelig wie eine heiße Tasse Tee hinter zugezogenen Gardinen bei buntem Kerzengeflacker.

    imdb | british horror films | tv-termine: peter cushing, christopher lee


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    Dienstag, 4. Mai 2004
    Thema: Visuelles




    imdb


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    Surreale Kultflme, aufgelistet, beschrieben, viele große Bilder, was zum Stöbern und Entdecken also. Hier.



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    Montag, 3. Mai 2004
    Gegen die Entfremdung sollte man vielleicht an vielen Ecken Polizisten aufstellen, die jedem zuhören müssen, der sie voll quatschen will.

    Detlef Kuhlbrodt. 1.Mai. taz.


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    Thema: TV-Tipps
    Ganz wichtiger Tipp für Nachteulen oder Leute, die ihren Videorekorder noch nicht dem Sperrmüll vermacht haben: Heute abend läuft Sabus (eigentlich Hiroyuki Tanaka) wunderbar absurd-komischer Monday auf Vox, Sendetermin 00:10 bis 02:00 Uhr. Sabu ist um Selbsteinschätzungen meist nie verlegen: Er stellt sich schon mal als genius vor oder bezeichnet seine Filme vor einem Kinopublikum frank und frei als Meisterwerke. Entsprechend frech seine Filme - rechnen Sie mit allem, Sie werden dennoch überrascht sein!

    In Monday findet sich ein kleiner japanischer Angestellter montagmorgens mit dröhnendem Kopf in einem Hotelzimmer wieder. Die Erinnerungen an das Wochenende scheinen wie weggewischt. Als ihm ein Päckchen Reinigungssalz, wie man es in Japan auf Trauerfeiern verstreut, aus der Tasche fällt, erinnert er sich schlagartig an eine Beerdigungszeremonie vor wenigen Tagen an deren Ende die Leiche explodiert. Eine wahrhaft wahnwitzige Verkettung von Ereignissen nimmt von hieran ihren Ausgang, die den Angstellten von einer absurden Situation in die nächste treibt - und je mehr er sich erinnert, desto mehr wird er sich bewusst, dass das Hotelzimmer, in dem er sich gerade befindet, derzeit nicht den besten aller möglichen Aufenthaltsorte darstellt ...

    Sabus Filme sind meist rasante "Fortbewegungsstudien" voller lakonischem Witz und absurder Ideen, erzählt in einem für gewöhnlich trickreichem Spiel von Temposteigerung und -drosselung. Mit Filmen wie Dangan Runner (Japan 1996) oder Postman Blues (Japan 1997) erreichte er binnen kurzer Zeit den Ruf eines Kultregisseurs und avancierte zum gerngesehenen Gast auf internationalen Festivals. Zuletzt war sein bezaubernd lakonischer Blessing Bell (Japan 2003) bei uns im Kino zu sehen (angelaufen.de). Auf der Berlinale lief sein bislang letzter, leider aber auch etwas enttäuschender Film Hard Luck Hero (Japan 2003; eigene Kritik) im "Internationalen Forum".

    Die Editionslage zu Sabus Werk ist in Deutschland bislang noch immer allenfalls als katastrophal zu bezeichnen. Einzig sein Film Unlucky Monkey (Japan 1998) ist auf DVD erhältlich. Eine DVD von Monday ist derzeit nicht in Sicht - die heutige Ausstrahlung ist also die bislang einzige Möglichkeit, den Film zu archivieren.

    sabu - offizielle website | mrqe.com | filmz.de


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    Hitch-Cameos hier.



    [via psycko.blogger.de]


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    Thema: DVDs
    Unter diesem Titel veröffentlicht die Zeitschrift :Ikonen: Anfang Juni eine Kurzfilmsammlung von Marcus Stiglegger und Melanie Dietz auf DVD. Einen Trailer zu diesem Industrial- und Body-Art/Fetisch-Projekt gibt es hier (mpg, 6.5 MB) zum Download.


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    Sonntag, 2. Mai 2004
    Wie in jedem Jahr ein Videospecial von KanalB zu den einzelnen Ereignissen am 01.Mai in Berlin.


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    Thema: Kinokultur
    Der Verein für Medienkompetenz Medialog protestiert gegen die Beschlagnahmung von Hershell Gordon Lewis' Film Blood Feast (US 1963), die Anfang 2004 vom Amtsgericht Karlsruhe beschlossen wurde. Mit einer Petition will man an den Medienausschuss des Deutschen Bundestags treten. Bei dem unter heutigen Gesichtspunkten harmlosen, ob seiner groben Special Effects eher amüsanten Film handelt es sich anerkannt um den ersten Splatterfilm der Filmgeschichte, dessen Beschlagnahmung etwa vor dem Hintergrund einer FSK16-Freigabe von Mel Gibsons Die Passion Christi (US 2004) bestenfalls nurmehr grotesk ist. Um Unterzeichnung der Petition wird gebeten.



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    Freitag, 30. April 2004
    Thema: Kinokultur
    Unter diesen Bedingungen lass' ich mir auch mal wieder ein Fußballspiel eingehen. Was zunächst beinahe schon grotesk wirkt, ist auf den zweiten Blick nur noch ein hochinteressantes Experiment: Godard macht Bildregie bei einem WM-Fußballspiel. Ja, warum denn eigentlich nicht?


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    30.04.2004, Heimkino



    Guten Appetit.

    imdb | les blank | werner herzog


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    Freitag, 30. April 2004
    Thema: Visuelles

    imdb


    dito


    dito

    von dort.


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    Thema: DVDs
    DVD-Kritiken meinerseits andernorts:
  • Rosenstraße (Margarethe von Trotta, Deutschland 2003)
  • Baraka (Ron Fricke, USA 1992)
  • Die Mutter (Roger Michell, GB 2003)
  • Elefantenherz (Deutschland 2002)


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    "Cannes muss uns dankbar sein!

    Ja was soll das nun sein? Satire auf irgendwelche "wir"- und "uns"-Ressentiments? Oder liegt da doch ein Fünckchen Verbindlichkeit drin? Denn mit Petzold, Dresen, Akin (naja okay, der Becker wird auch genannt) zählt Nicodemus ja durchaus von Cannes in der Vergangenheit nicht wahrgenommene Optionen auf.

    Wie auch immer, ich sage: Das war nix. Der Nachgeschmack bleibt schal, wie von altem Kraut, auch wenn da überspitzt wurde, nicht alles scheint augenzwinkernd gemeint zu sein.


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    Mittwoch, 28. April 2004
    Thema: Kinokultur
    "One of Japan's most overlooked cinematic giants gets his due with this in-depth look at some of his early classics."

    overlooked in der Tat. Gerade mal einen Film habe ich im Arsenal von der Shimizu-Retrospektive mitnehmen können - und der war schlicht großartig: "KOI MO WASURETE (Forget Love for now, 1937) schildert das Leben der alleinerziehenden Mutter Oyuki, die als Prostituierte ("Dame der Nacht") arbeitet und deren einziger Lebensinhalt darin besteht, ihrem Sohn eine gute Erziehung zu ermöglichen. KOI MO WASURETE konzentriert sich auf die schwierige Lage der arbeitenden Frau und die Tapferkeit des Kindes und beinhaltet eine unvergessliche Szene, in der die Heldin alleine tanzt. Überwiegend in Innenräumen und modernistisch anmutenden Dekors gedreht, zeichnet sich der Film durch beeindruckende vertikale Kamerabewegungen aus." (Programmtext)

    Ewig schade, dass ich damals nichts dazu geschrieben habe. War ich zu aufgeregt? Zu wenig Zeit? Ich weiß es nicht mehr. Auf jeden Fall habe ich nachts im Bett noch lange Stunden halb vor mich hingedöst, mit diesen Bildern im Kopf. Im Kino zuvor klebten meine Augen wie schon lange nicht mehr an einer Leinwand.


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    Thema: Kinokultur


    Gerade bei tristessedeluxe entdeckt, den Button. Damals war das ein Aufkleber, bzw. eine Zeit lang hieß sowas ja "Sticker". Muss irgendwann so frühe bis Mitte 80er gewesen sein, als ich den das erste Mal gesehen habe, damals noch in einem kleinen Mainstream-Kino in meiner Heimatstadt. Heute steht an dieser Stelle ein wuchtiger Sparkassenbau: Das Kino, und damit viele Erinnerungen meiner Kindheit, wurde abgerissen. Was habe ich dort nicht alles gesehen? Den Disney-Schneewittchen zum Beispiel, oder Das letzte Einhorn. Natürlich auch (damals als solche natürlich nicht wahrgenommene) Gurken wie diverse Police Academies und die Otto-Filme. Was man als Dreikäsehoch, der endlich ins Kino darf, eben so sehen will. Später dann Rain Man und Dirty Dancing. Besonders aufgeregt war ich, als Die Rückkehr der Jedi-Ritter dort gezeigt wurde - den durfte ich ja noch nicht sehen, aber das Kino war voll mit Ausstellmaterialien und Aushangbildern. Manchmal, wenn man an der Kasse - ich habe die förmlich vor dem geistigen Auge gerade, direkt gegenüber von den drei Saaltüren, die zum Glück führten - seine Karte holte, konnte man durch die geschlossenen Türen das Wummern von Laserpistolen oder die typische Musik hören, das war dann "Krieg der Sterne light" für mich. Und insgeheim wünschte ich mir natürlich, der Vorführer würde die Rollen vertauschen und es nicht merken, damit ich endlich diesen Film sehen konnte: 6, 12, 16, 18 - das waren die Altersstufen auf die ich hinfieberte, weil mit jeder Schwelle sich ein größeres Universum an Filmen erschloss.

    Ganz und gar wichtig war für mich natürlich auch der Aushang in meinem Dorf: Ich lebte ja nicht in der Stadt direkt. Also hat das Kino auch in der Peripherie Guckkästen an zentraler Stelle aufgebaut, um das Publikum in die Säle zu locken. Das schöne war, dass der auf meinem Schulweg lag, auch später noch, als ich mit dem Bus ins Gymnasium gebracht wurde. Donnerstagmorgen bin ich dann immer etwas früher losgelaufen, weil dann ja neue Bilder und neue Filme da waren - da wollte ich immer noch vorher kucken. Mit viel Glück gabs auch schon am Mittwochabend neues Material - manchmal bin ich da abends wirklich hingelaufen, um zu schauen. Da gab's dann sogar richtig farbige Aushangfotos; dass aus der Dorfjugend sich keiner den panzerfaustbeschwingten Rambo aus dem Ding geklaut hat, als damals Rambo 2 ins Kino kam, grenzt eigentlich an ein Wunder, die Kaugummiautomaten waren ja auch wöchentlich aufgeknackt. Aber vielleicht hatten die einfach keinen Blick für die Wildheit dieser Bilder, die verführerischen Versprechen, die darin lagen, vor allem für den, der altersbedingt außen vor bleiben muss. Manchmal waren neue Bilder auch ein Abschied von einem Film, den ich gerne gesehen hätte, als 7jähriger in der fränkischen Provinz. Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube: Dieser outgesourcte Aushangkasten war ebenfalls mit diesem Aufkleber versehen: "Komm, wir geh'n ins Kino" - aber gerne doch! Heute befindet sich an der Stelle ein Zigarettenautomat - in meiner jugendlichen Sturm&Drang-Phase habe ich den mal mit Edding vollgeschmiert.

    Wie auch immer: Dieser Aufkleber begleitete diese Zeit, allerdings als Kolorit am Rande, ohne dass ich ihn nennenswert wahrgenommen hätte. Jetzt aber, wo ich drüben bei tillmann drüber gestolpert bin, hat sich eine ganze Flut nostalgischer Erinnerungen über mich ergossen. Dafür recht herzlichen Dank. :)


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    Even so, distribs and videostores should pencil in police raids for 2044 as the country is belatedly made safe from the likes of "Kill Bill," "The Texas Chainsaw Massacre," "Dawn of the Dead," "Wrong Turn" and a certain Mel Gibson movie.

    Auch im Ausland beäumelt man sich über die hirnrissige Beschlagnahmung hierzulande von Hershell Gordon Lewis' Autokinoklassiker Blood Feast (US 1963). Zurecht.

    Weitere News von der Zensorenfront: Olaf Ittenbachs, im Oeuvre vergleichsweise harmloser, Riverplay (D 2000) wurde mit ähnlich drastischen Mitteln vom Markt genommen. Im bayerischen Traunstein wurden in einer Videothek bei einer Kontrolle DVDs von Filmen wie Versus (J 2000), Ichi the Killer (J 2001), Guinea Pig 2 (J 1988), Battle Royale (J 2000) und die beiden ersten Fantom-Kiler-Filme (Polen 1998/1999) von den Ordnungskräften für eine genauere Untersuchung sichergestellt - Ergebnisse bleiben abzuwarten, wie vermutlich jetzt schon abzusehen. Weitere Informationen zu dieser Polizeiaktion hier.


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    Mittwoch, 28. April 2004
    Während, wie gerade bemerkt, "kompetente Praktikantinnen" Zeitdokumente mittels sanfter Gewalt verschwinden lassen wollen, haben sich heute in Würzburg die ganze Großen unter den Zensoren zum Stelldichein eingefunden: Bundesprüfstelle tagt und verkündet: Jetzt legen wir im Internet mal 'nen Zahn zu.

    Witzig und in gewisser Weise auch sehr typisch einerseits für den dort herrschenden Kontrollwahn, andererseits die dort grassierende Naivität der letzte Satz: " ... die Vertriebsbeschränkung für all die Medien, die die Tatbestandsmerkmale Kriegsverherrlichung, Verletzung der Menschenwürde, geschlechtsbetonte Körperhaltung von Personen unter 18 Jahren und kindliche Entwicklungsstörung erfüllten, stellten nicht nur Kontrollinstanzen, sondern auch Strafverfolgungsbehörden vor kaum zu bewältigende Aufgaben." Ja meine Güte, dann lasst's doch gleich bleiben! Was wollt ihr denn machen? In Deutschland Internet abschaffen, damit kein 12jähriger mehr bei rotten.com vorbeischaut? Naive Bande.


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    Es ist zu bedauern, dass jene "sehr kompetente Praktikantin" offenbar der Kompetenzen nicht genug besaß, um auch folgendes Buch zu kennen: Umberto Eco: Derrick oder die Leidenschaft für das Mittelmaß (dtv)

    Dann wäre solcherlei grotesker Unfug vielleicht nicht passiert (wenn man die darin zu findende Kolumne Politisch korrekt oder intolerant? gelesen hätte nämlich, die bei weitem nicht in das blecherne Horn bläst, das man nun angesichts des Titels vielleicht schon zu hören meint).

    [via hermetisches café]


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    Gerade noch auf der Suche nach Bildmaterial entdeckt: The Encyclopedia of Fantastic Film and Television, die mir, auf den ersten Blick, sehr vielversprechend erscheint, vor allem weil offenbar auch Kritiken zu alten Horrorfilmen zwar nicht aufgeführt, wohl aber bibliografisch aufgelistet werden. Und erstaunlich komplett scheint das auch zu sein.

    Mal merken für später.


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    27.04.2004, Heimkino

    Die Hammer Studios ließen es in den 60ern nicht nur in den Karpaten oder zwischen Ingolstadt und Genf gruseln. Nein, manchmal durfte auch das (damalige) Hier und Jetzt für eine Fahrt mit der Geisterbahn herhalten, auch wenn das vormoderne Element, wie auch die Distanz zum urban-mondänen Leben, auch hier freilich zu seinem Recht kommt: Eine junge Frau (Stefanie Powers) möchte, bevor sie mit ihrem Verlobten zusammenzieht, der verwitweten Mutter (Tallulah Bankhead) ihres früheren, verstorbenen Verlobten noch einen Besuch abstatten, dies habe sie der alten Dame versprochen. Die lebt abgeschieden in einem Anwesen auf dem Land, zusammen mit dem geistig etwas zurückgebliebenen Joseph (Donald Sutherland in noch sehr jungen Jahren) und einem verschobenen Bedienstetenpärchen. Dass der Besuch eine schlechte Idee war, stellt sich schon bald heraus: Die Alte ist eine christliche Fundamentalistin (buchstäblich) vor dem Herrn und sinnt danach, die, so ihre verschrobene Wahrnehmung, Gattin ihres verstorbenen Sohnes von den Sünden des modernen Lebens zu heilen - notfalls mit Gewalt.

    Ein seltsamer Bastard von einem Film, doch sei damit nichts negatives gesagt. Die Grundstimmung ist natürlich märchenhaft: Assoziationen an Rapunzel (eingesperrt in der Dachkammer) und böse Stiefmütter werden wach, wie auch die Konstellation der Personen mit Knecht und Magd, vor allem aber mit dem herbeieilenden Ritter zum Ende hin an die Erzählungen von Gebrüder Grimm und Konsorten erinnern. Das Ambiente der gammlig-antiken Hütte, in der das Geschehen in diesem Nahezu-Kammerstück seinen Lauf nimmt, und dessen Inszenierung tun ihr Übriges: Ein gothisch angehauchter Gruselfilm mit stetem Bezug zur Jetztzeit, bis zum Bersten aufgefüllt mit den Spannungen zwischen modernem Lebenswandel und mittelalterlicher Askese - der Grundessenz also, auf struktureller Ebene, des Vampirfilms.

    Aber auch: Moderner Horrorfilm, der sich hier schon in einzelnen Moment abzuzeichnen scheint, ja geradezu schon von dessen Geist durchdrungen wirkt. Denn die Struktur der Narration deckt sich auffällig mit dem Texas Chain Saw Massacre (US 1974) und wenn die junge Frau flieht, indem sie das Fenster ihres Verließ im Dachstuhl zertrümmert, rausspringt und über die weite Flur rennt, nur um wieder von dem sadistischen, selbst schon leicht wahnsinnigen Diener des Hauses eingefangen zu werden, wenn der junge Sutherland als tumber -ja was? Sohn? Knecht? Adoptivkind? - Gesichter zieht und lallt, dann nimmt das die Stimmung von Hoopers Kettensägenklassiker schon in Auszügen vorweg - wenn auch das Ergebnis weit naiver ausfällt. Aber wen sollte es wundern: Tobe Hoopers Film - eine lose Adaption des serienkillenden Treibens von Ed Gein, der auch schon Psycho (US 1960) beeinflusste - beruft sich selbst schon wieder strukturell auf die Vorgaben von Hänsel und Gretel. Mit einem Unterschied freilich, der sich vielleicht an der Position in der Film-, aber auch Sozialgeschichte festmachen lässt: Ein final girl gibt's hier noch nicht. Der Gatte in spe eilt zu Hilfe, zynischer Beschluss: Weil ihre Reise zur Beinahe-Schwiegermutter auch Folge eines Widerwortes ihrerseits gewesen ist, mahnt er sie an, in Zukunft nicht mehr zu widersprechen, sie fällt ihm um den Hals - vom Gefängnis durchgeknallter Fundamental-Christen ab ins Patriarchengefängnis, für mehr war die Zeit, scheint's, noch nicht reif.

    Doch der Film funktioniert, ganz wunderbar sogar, was vor allem mit der wunderbaren Zusammenarbeit von Kamera, Austattung und der grandios besetzten und agierenden Schauspielerriege zu tun hat. Allein der rettende Ritter bleibt etwas blass, aber der ist ohnehin nur Erfüllungsgehilfe der Genrekonventionen und an sich kaum von Interesse. Das Haus ist schaurig-schön in Szene gesetzt, vielleicht hätte zwar Meister Bava das ganze noch mit einem Tick mehr optischer Grandezza versehen, aber immerhin reicht es zum Ende hin an einer Stelle zu einem - zufälligen? intendierten? - Zitat in der Ausleuchtung. Großartig ist natürlich vor allem Tallulah Bankhead in der Rolle der bösen Oma, die mit eigentlich ganz fürchterlichem Overacting ihrer Figur eine campy Ausstrahlung verleiht, dass der ganze asketische, alttestamentarische Schmonz, den die gar nicht nette Kaffeetante von sich lässt, gleich doppelt gut zur Geltung kommt. Der Effekt changiert dabei zwischen offen gruselig und heillos amüsant - eine an sich nicht zumutbare Mischung, doch hier gibt das dem Film gerade noch den nötigen Pfiff.

    Ein wunderbar morbid-makabrer Spaß - in jeder Minute.
    Das düstere Haus (Fanatic/Die! Die, my Darling!; GB 1965)
    Regie: Silvio Narizzano; Drehbuch: Anne Blaisdell (Roman), Richard Matheson; Kamera: Arthur Ibbetson ; Darsteller: Stefanie Powers, Tallulah Bankhead, Donald Sutherland, Peter Vaughan, Maurice Kaufmann, u.a.

    mrqe



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    Thema: Visuelles
    Neue Rubrik: "Aushang" - schickes Artwork also, hier und dort entdeckt. Weil Film mehr ist, als bloß bewegte Bilder. Und dann gleich eine Subsparte: "At the Grindhouse" (was ist das) - abenteuerlich, wagemutig, spekulativ, schräg.

    Los geht's!



    imdb


    dito.


    imdb


    dito.

    [von dort, da auch hochauflösend (für kurze Zeit)]


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    Ein Kind war Zeuge erzählt eine Geschichte, wie sie der heutige Kinogänger oder Filmfreund so ähnlich auch schon aus Clint Eastwoods Perfect World (USA 1993) kennt und die für diesen vielleicht sogar als Blaupause diente: In den Jahren kurz nach dem 2. Weltkrieg wird in England ein junger Mörder aus Leidenschaft, Chris Loyd, unmittelbar nach seiner Tat von einem kleinen Jungen, Robbie, überrascht. Kurzentschlossen nimmt Chris den Kleinen unter seine Obhut; zunächst noch, weil er ein Zeuge sein könnte, später dann, weil er ihm von Nutzen ist, und schließlich, weil sich zwischen beiden eine zärtliche Freundschaft entwickelt, die mit Vater-Sohn-Beziehung nur unscharf umschrieben wäre. Begünstigt wird diese Entwicklung dadurch, dass auch der Junge - wie wir selbst nur Stück für Stück erfahren - kein Interesse an einer Rückkehr nach Hause hat, weil er zuvor beinahe das Haus der Stiefeltern abgefackelt hat und nun mehr als nur die Schläge, die ihm ohnehin Alltag sind, fürchtet. Die Flucht der beiden - aus der Stadt hinaus, dann querfeldein - abenteuerlich, entwickelt aber - da die Ordnungskräfte eine tragische Geiselnahme wähnen und die Presse ins gleiche Horn bläst - zunehmend dramatischen Charakter.

    Für den kriminalistischen Aspekt der Handlung interessiert sich der Film kaum. Deutlich wird dies gleich zu Beginn, wenn Robbie in den zerbombten Keller platzt und Chris sich von der noch warmen Leiche erhebt. Die sehen wir jedoch erst nach dem lauten Dialog, der dieser plötzlichen Begegnung folgt, und nachdem beide den Schauplatz verlassen haben: Dann erst senkt sich die Kamera und erschließt uns so den Rest des Raums, an dessen Boden wir das Opfer der Tat dann sehen können, um uns so im Nachhinein über das Ausmaß der Begegnung erst bewusst zu werden. Die Hintergründe des Verbrechens werden allenfalls bruchstückhaft in Dialogen und Andeutungen erläutert: Vermutlich handelte es sich bei dem Opfer um einen finanziell besser situierten Liebhaber von Chris' Ehefrau, die die langen Abwesenheiten ihres Gatten - ein junger Seefahrer - offensichtlich nicht ungenutzt verstreichen ließ. Auch die Lebensumstände des Kleinen bleiben ähnlich nebulös und werden - nach einer ungemein flott inszenierten und dynamisch geschnittenen Exposition, die uns ohne Umschweife in diese besondere Situation wirft - nur Stück für Stück erläutert: Striemen am Rücken scheinen - entgegen den Beteuerungen der Eltern gegenüber der Polizei - von einem gewaltsamen Zuhause zu erzählen, das genuin verschreckte und zurückhaltende Auftreten des Kleinen, der in Chris offenbar nicht nur einen Freund, sondern auch in den kargen Umständen der Flucht die Option auf ein Abenteuer und ein besseres Leben zu sehen scheint, tut sein übriges. Der Umgang mit den filmischen Mittel gleichr sich diesem Entblättern der eigentlichen Umstände an: Nach dem turbulenten Auftakt ruht sich der Film beinahe schon aus und nimmt sich viel Zeit für die Besonderheiten seiner personellen Konstellation.

    Über die moralische Dimension des Kapitalverbrechens finden im folgenden kaum noch Überlegungen statt, im Gegenteil: Die Ermittlungen gegen Chris, die zu Beginn noch häufig eingeschnitten werden, nehmen im Verlauf zunehmend weniger Raum für sich ein und bilden besonders im letzten Drittel nurmehr die das Geschehen bestimmende Kulisse, vor der sich nicht nur eine Freundschaft entwickelt, sondern auch eine melodramatische Syntax ausbuchstabiert: Im wesentlichen ist Ein Kind war Zeuge also schon Melodram, das die Motorik der Umstände, aus denen der Einzelne auszubrechen kaum in der Lage ist, Stück für Stück über den bloßen Genrekontext hinaus glaubhaft nachzeichnet. Bemerkbar macht sich dieser soziale Kommentar auch an der Thematisierung des Krieges und der diesem folgenden Jahre der Depression, indem er zerbombte Bauten und ähnliche Beschädigungen bewusst in seine äußere Erscheinung einbaut und für seinen grundlegend melancholischen Tenor zu verwenden weiß. Gerade hierin liegt, neben der sensiblen und gelungenen ästhetischen Gestaltung, die Güte des Films, der sich somit - vor allem auch aufgrund der Schilderung des provinziellen Lebens in der zweiten Hälfte seiner Spielzeit - weitläufig im Dunstkreis des Neorealismus verorten lässt, der sich nur wenige Jahre zuvor in Italien seiner Genese erfreuen konnte.

    Die filmische Gestaltung ist zudem gelungen: Die Spielorte sind mit Bedacht und dem Wissen um ihre atmosphärische Wirkung ausgesucht und vom Zusammenspiel von Kamera- und Ausleuchtungsarbeit gewinnbringend im Film repräsentiert. Vor allem in den Szenen, die sich auf den Genreaspekt der Geschichte konzentrieren, sind die ästhetischen Vorläufer der Filmgeschichte, auf die sich hier berufen wird, offensichtlich: Nächtliche Treppenhäuser und die Schatten darin künden vom deutschen Expressionismus der frühen Zwanziger, der orientierungslose junge Mann, der sich hier auf der Flucht befindet und eigentlich doch der Gute zu sein scheint, wie überhaupt die Perspektivverschiebung der Erzählung, wirkt vom Film Noir der Vierziger beeinflusst, dessen Äußerlichkeiten zudem in die ästhetische Gestaltung eingeflossen sind. Die handwerklich perfekte und sichtlich besonnen durchgeführte Gestaltung nimmt diese Verfahrensweisen geschickt auf, um einen ästhetisch wie atmosphärisch stimmigen Film zu entwerfen.

    Ein Kind war Zeuge geht nicht unbedingt der Ruf eines großen Klassikers voraus, obwohl der Regisseur für seine Leistung auf dem Filmfestival Locarno honoriert wurde. Bis zu dieser Veröffentlichung war mir der Titel beispielsweise vollkommen unbekannt. Dass er sich nun dieser Tage einer Veröffentlichung auf DVD in der "Great Movie Classics"-Collection neben den dort bislang erschienenen Dickens-Filmen von David Lean erfreuen kann, ist wiederum für den Zuschauer höchsterfreulich, der nun die Gelegenheit hat, diesen schönen und spannenden Film in adäquater Form wiederzuentdecken.

    Eine DVD erschien dieser Tage im Hause Koch Media. Diese zeichnet sich wie gewohnt durch eine sehr gute Bild- und Tonqualität aus, auch wenn hie und da ein leichtes Rauschen im Bild festzustellen ist. Die Extras sind auf der DVD recht schmal bemessen, dafür liegt auf einer Extra-CD "Reclams Elektronisches Filmlexikon" als Bonus bei.
    Ein Kind war Zeuge (Hunted, Großbritannien 1952)
    Regie: Charles Crichton; Drehbuch: Michael McCarthy (Geschichte), Jack Whittingham; Kamera: Eric Cross; Schnitt: Gordon Hales, Geoffrey Muller; Musik: Hubert Clifford; Darsteller: Dirk Bogarde, Jon Whiteley, Kay Walsh, Elizabeth Sellars, Geoffrey Keen, Frederick Piper, Jane Aird, u.a.; Länge: ca. 82 Minuten




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    Dienstag, 27. April 2004
    Thema: Kinokultur
    Eine Schlachtplatte des schlechten Geschmacks in der begehbaren Speisekammer des Kinos ist hier wie die geschlossene Anstalt, aus der es kein Entkommen gibt. Die brutalen Attacken der Zombies machen dieses Genre nicht glaubhafter. Ganz im Gegenteil. Die Inszenierungsstrategien werden dazu eingesetzt, um mit dramaturgischen Mitteln Spannung und Angst zu erzeugen. Wenn mit Gefühlen der Zuschauer gespielt wird, die Wahrnehmung außer Kraft gesetzt wird, dann scheint die notwendige Konsequenz nur darin bestehen zu können, das Schwarzbild, das erzeugt wird, unnachgiebig zu kritisieren.

    So'nen Schmarren habe ich ja auch schon lang nicht mehr gelesen. Aber überhaupt eindrucksvoll, wie hier viele Worte und noch mehr Hülsen bemüht werden, um letztendlich nicht mehr zu sagen als: "Du, Film, ick find' Dir Scheiße!".

    Das nächste Mal einfach in kurz.


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    Notiz an mich selbst: Endlich mal regelmäßig ins kung fu fandom forum schauen, am besten gleich registrieren.

    An den Rest: Dort sitzen massenhaft Experten zu Shaw Brothers, Martial Arts und Samuraifilmen. Und Klasse Artwork gibt's auch oft (und dann immer auch nur kurz) zu sehen - highly recommended!


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    Dass Tarantino eigens für den asiatischen Markt eine gesonderte Version von Kill Bill Vol.1 (USA 2003) anfertigte, weiß ja mittlerweile jeder. Der grandios inszenierte Kampf der Braut gegen die Crazy 88 - hierzulande in kontrastreiches Schwarzweiß gekleidet - ist dort dann farbig zu sehen. Dass es noch weitere signifikante Unterschiede im Schnitt, aber auch im ausgewählten Bildmaterial gibt, wird nun, nach der etwa zeitgleichen Veröffentlichung der japanischen und europäischen DVD, ersichtlich. Hier beschäftigt man sich akribisch mit den Details - natürlich mit vielen Bildern und vor allem: In Farbe.


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    Sonntag, 25. April 2004


    Xavier Mendik on Aristide Massaccesi a.k.a. Joe D'Amato (imdb).

    [via cyclad-z] (sehr schönes Blog, übrigens)


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    Immer wieder gerne schaue ich ja bei monstrula.de vorbei, meiner Meinung nach eine der liebevollsten Filmsites. Zahlreiche Reviews zu Monsterschinken von denen Sie bestimmt noch nichts gehört haben (und ich oft auch nicht, aber, hey, ein paar kenn' ich schon!), mit einer Schreibe runtergeschrieben, die in jedem Satz durchscheinen lässt, warum es auch heute noch Sinn macht, Filme wie die mexikanischen Santos und dergleichen zu sehen. Und dann natürlich das Artwork, das hier kiloweise aus feuchten Kellern und von morschen Dachstühlen gerettet und digital archiviert wurde - ein wahrer Augenschmaus und eine Freude für's Herz.



    Der Link steht natürlich schon lange in meinen Links da links, aber kann ja nun nicht schaden, mal gesondert draufhinzuweisen. Verdient hat das diese kleine, entspannte Oase im oft so hektischen Web der Tagesaktualität allemal!


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    bei jump-cut.de, seit neuestem. Schöne, interessante Zusammenstellung mit hauptsächlich Weblogs zum Thema Film im weitesten Sinne. Werde ich in einer ruhigen Minute mal genau inspizieren.


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