Mittwoch, 22. Dezember 2004
21.12.2004, Cinestar SonyCenter



Zum Jahresende hin dann noch ein Film, der sich mit umwerfendem Charme auf einen der Topplätze der persönlichen Jahresliste manövriert. Ein wunderschöner Film für Menschen, die sich am staunenden Sehen noch erfreuen können und der, ohne weiteres, einen langen, euphorischen Text wert wäre, den ich, sofern die Zeit es mir gestattet, vielleicht noch nachreichen werde.

Deshalb bis auf weiteres nur: Pure Candy!

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Montag, 13. Dezember 2004
12.12.2004, Kino Arsenal

"Broeder Johannes is behekst!"
(aus den niederländischen Untertiteln)

Häxan ist ein aufregender Film, von charmanter inszenatorischer Eleganz und voller bezaubernder Schönheit. Ein kleines Fest zudem für Freunde gruseligen Filmhandwerks, für jene exploitativer und spekulativer Ware obendrein, denn diese finden in Häxan eine Art "Ur-Film" der Hexenjäger- und Nunsploitationfilme. Hier, an diesem Punkt, trifft sich Schmuddel-, Sensations- und Kunstkino. Man könnte auch sagen: Von hier gehen die Richtungen aus. Waren sie je getrennt?

Der Habitus entspricht dem Lehrfilm. Anschaulich wird eine Kulturgeschichte des Hexentopos gezeichnet (und natürlich vor allem: der Hexenverfolgung). Man blickt in Fuchs' Sittengeschichte (eine reiche, schöne Sammlung größtensteils trivialer Illustrationen aus allen Epochen mitteleuropäischer Geschichte, zu der, dies sollte nicht unerwähnt bleiben, auch zum Zeitpunkt ihres Erscheinens nicht nur für historische Zwecke gegriffen wurde...), zeigt mannigfaltige Illustrationen, entwirft Schaubilder und Modelle. Was im Bild wichtig ist, zeigt der Stock des körperlos bleibenden Lehrers an. Und dann gibt es gestellte Inseln im Film, kleine und größere Dramen, die, vor wunderschönen Kulissen drappiert, verdeutlichen sollen, wie es dereinst gewesen ist, als Frauen um ihr Leben fürchten mussten.

Natürlich geht es dabei (auch) um Sensationalismus. Die Folterwerkzeuge werden oft schon mit dem zärtlich-wehmütigen Blick eines praktizierenden Sadisten (Masochisten?) in ihrer physischen Beschaffenheit und in direkter Anwendung ausgestellt (natürlich blendet man ab, bevor das Blut spritzt, die Knochen brechen). Das lüsterne Treiben des eindrucksvollen Satans wird lange für den Film ausgeweidet. Alle satanischen Rituale, alles, was die Hexen treiben, wenn der Blick der Moralität sie aus den Augen verloren hat, werden in voller Länge und länger ausgespielt. Hie und da blitzt eine nackte Brust auf, mancher entblößter Hintern wird vom Schatten nicht ganz so verdunkelt, wie es in sittsameren Filmen der Fall wäre. Natürlich hat dies System: Bei aller guter Intention steht Häxan zum beträchtlichen Teil auch in der Tradition von Jahrmarkt und Rummelplatz.

Das ist nun natürlich gar nichts Schlechtes. Schon gar nicht, wenn der Budenzauber, wie in diesem Falle, in ein Fest der Filmgestaltung mündet. Atemberaubend ist, mit welcher Präzision, mit welcher Verve hier in der Tat wohl jedes zur Verfügung stehende, filmische Mittel effizient eingesetzt wird. Der Schnitt, bewusst eingesetzte Doppelbeleuchtungen, überhaupt die wunderbare Ausleuchtung bis auf den Millimeter genau, die grandiose Maskenarbeit, die noch bis ins Detail liebevoll gestaltete Sets, undsoweiterundsofort ergeben im Konzert reinsten Zucker für cinephile Sinne. Und Eunice Martins unterstützte das bunte, nicht immer frohe, aber wunderschön anzusehende Treiben wie schon bei Broken Blossoms kongenial am Klavier.

Zum Ende hin mündet der Film in eine Szientifizierung des Hexentopos. Reinster Modernitätsglaube, zu jener Zeit noch ungebrochen. Entsprechend wehmütig sieht sich das an, wenn als letztes Bild eine selbstbewusst lachende, junge Frau einen Doppeldecker besteigt und in den Himmel davonfliegt. Ohne Hexenstiel, ohne Repressalien fürchten zu müssen. Das Mittelalter liegt hinter uns, sagt dieses letzte Bild, wir fliegen davon, die moderne Technik, die Aufklärung machts möglich. Eine Zuversicht, die Auschwitz und Treblinka allenfalls achselzuckend als kleinere, polnische Ortschaften bezeichnen würde. Eine verloren gegangene Unschuld, zu schnell in den Himmel geflogen vielleicht.

Hinweis: Einige Impressionen aus dem Film, die dessen wunderschöne Gestaltung eindrucksvoll vermitteln, in den Kommentaren! Es lohnt sich!

imdb | mrqe | essay auf kinoeye.org | häxan-kapitel aus "dokument des grauens" (pdf!)
magical history tour


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Sonntag, 12. Dezember 2004
07.12.2004, Kino Arsenal

Zum Inhalt: Ein Chemieprofessor hat, nachdem sich der Vetter seiner Frau zu Besuch angemeldet hat, einen konfusen Traum, der in dem Versuch kulminiert, seine Frau mit einem Dolch zu erstechen. Am nächsten Tag ist er von einer ihm unerklärlichen Furcht besessen, Messer zu berühren. Als er schließlich, mit seiner Frau alleine, dem Zwang, jenen Mord tatsächlich zu begehen, beinahe nachgibt, flieht er aus der Wohnung zu seiner Mutter, die ihm dringend rät, einen Psychoanalytiker aufzusuchen. Er folgt ihrem Rat. Der Arzt hilft ihm in mehreren Sitzungen, sich an einzelheiten des Traumes zu erinnern, ihn zu deuten, die Ursachen zu erkennen und schließlich die Phobie zu überwinden. (Quelle: tonfinder.de)



Gewissermaßen: Ein Lehrfilm. Entstanden in einer Zeit, in der die raunenden Dunkeleien der psychoanalytischen Gründertexte sich bereits für das (unheimliche) Unterhaltungskino anboten, in der die Psychoanalyse selbst aber, so zumindest mein Eindruck, noch nicht ganz so akzeptiert gewesen ist und ihre Theoreme (oft fälschlicherweise, natürlich) in den Diskursen anonym geworden sind. Freud selbst war im Vorfeld der Produktion angesprochen worden, hatte sich als Berater allerdings nicht zur Verfügung gestellt. Diese Aversion gegen den Film (der, im übrigen, seinen Auftritt auf dem Parkett der Geschichte des Menschen fast zeitgleich mit Freud unternahm, am Endpunkt des 19. Jahrhunderts, dessen mit vorrangiges Projekt wohl die Schaffung von (und der Wille zu) Transparenz ist) war dabei ganz grundsätzlicher Natur. So kann es hier im Zitat nachlesen, dass Freud die Abstraktionen der Psychoanalyse als im Film nicht darstellbar charakterisierte. Freudschüler kam dann in Folge die Aufgabe der beratenden Mitarbeit zu.

Freuds skeptische Haltung mag sich zumindest an diesem fertigen Film als berechtigt erweisen. Denn der Lehrfilm, eigentlich schon: Werbefilm, wirkt heutzutage (und vermutlich aber schon: damals) sehr reduziert, wenn nicht gar reduzierend, zurechtkonstruiert und somit rein inhaltlich geradewegs grobschlächtig. Wie so oft verkehrt der angestaubte Lehr- und Werbefilm mit den Jahren somit seinen Effekt und stellt, selbstverständlich nicht intendiert, damit Schwächen und Unschärfen der Psychoanalyse regelrecht bloß, sehr zur Erheitung im Kinosaal im übrigen. Und mit dem Auftritt des Psychoanalytikers im Film verrät der Film seinen Gegenstand schon fast (ob hier wohl ein Augenzwinkern über die Dekaden hinweg bemerkbar wird? Wohl kaum, der Gedanke aber - Film als Flaschenpost nicht über Weltmeere, sondern über Jahrzehnte hinweg - gefällt mir just in diesem Moment so gut, dass ich das hier hinschreiben muss): Er, der dem Neurotiker den im Wirtshaus verlorenen Schlüssel nachträgt, und wie eine zwielichtige Gestalt aus dem Schatten tritt, dabei die Worte "Es hat sicher einen Grund, dass sie nicht gerne nach Hause kommen wollen" spricht, er also ist es, der dem Neurotiker und seinem Film das Unheimliche anträgt, den Neurotiker schlußendlich in die Verwirrung treibt (um dann, später, demütig beim Psychoanalytiker vorzusprechen, der ihn auch prompt überrascht begrüßt, er hätte ihn ja so früh bei sich nun nicht erwartet. Theodor Reik, dessen Texte zur Psychoanalyse ich (bislang, bei noch geringer Übersicht) sehr schätze, bezeichnete die Psychoanalyse schlußendlich auch als Überreste der Magie in der Neuzeit. Geheimnisse einer Seele tritt dazu in Korrespondenz, indem er den Psychoanalyse in der Tat als eine Art Schamanen inszeniert, als einen zunächst unheimlichen Eremiten, der über Geheimwissen verfügt und offenbar auch nicht an die Grenzen der Physik gebunden ist.



Weiterhin interessant ist ein kleines Detail, das mit etwas Lust als subversive Rebellion des Films (nicht unbedingt seines Machers) gesehen werden könnte: Der idyllisierende Prolog, der den Neurotiker als geheilt, als geretten Ehemann schon fast campy vor Heimatfilmkulisse mit Berghütte, Angelerfolg und Familienglück inszeniert, lässt den Geheilten aus lauter Freude über den Anblick seiner Frau nebst Nachwuchs, von ihm unbemerkt, die soeben gefangenen Fische wieder in den Fluß fallen lassen. Ein Missgeschick, das, zuvor, als ein unbewusstes Agieren gegen eine an sich unerfreuliche Situation zu interpretieren gewesen wäre. Ist der Mann also gar nicht geheilt? Ist ein Missgeschickt manchmal auch gar nicht inszeniert? Ist diese Unschärfe des Films dessen eigenes Missgeschick, das von seinem Unbehagen gegen seine eigene Position kündet? Wie auch immer die Antwort ist: Der achtlos ins Wasser platschende Fang bleibt im Film ein Fremdkörper, ein kleiner Reibepunkt.



Ist Geheimnisse einer Seele deshalb ein schlechter Film? Nun keineswegs! Der Film fungiert als naher Verwandter zum Horrorfilm und arbeitet dessen Nähe zur Psychoanalyse als textuellem Steinbruch schön heraus: Jeder, der sich mit dem Horrorfilm näher beschäftigt, wird aus dem Pabstfilm seinen Gewinn ziehen. Deutlich wird dies vor allem an den wahnwitzigen und sehenswerten Traumsequenzen, die drei Jahre vor Un Chien Andalou diesen schon erahnen lassen ("vorwegnehmen" wäre ein zu starkes Wort und auch nicht recht passend). Über mehrere Minuten hinweg bilden diese eine phantasmagorische Insel innerhalb des Filmes, auf die später, in der analytischen Situation, immer wieder zurückgegriffen werden wird. Ein ästhetisches Erlebnis von ganz eigener Qualität, ungemein bildgewaltig und formal hervorragend inszeniert. Es ist diese formale Güte, die, mehr noch als bei dem dahingehend auch nicht uninteressanten Die freudlose Gasse, diesen Pabstfilm, zumal im Kino, jenseits des Dokumentcharakters als Kommentar zur Psychoanalyse zu einem sehenswerten Erlebnis macht. War auch schon die Gasse immer wieder von kleinen Momenten durchbrochen, wo Pabst ganz dem Film als solchen zum Recht verhalf, bäumen sich solche Momente in Geheimnisse regelrecht gegen den narrativen Fluß auf. Eine nicht verwirklichte, sich dem Plot nicht fügen wollende Tradition des Kinos spricht hier durch den Film, die uns vermutlich Bilder und Ereignisse auf Zelluloid geschenkt hätte, von denen man, in der Tat, nur träumen kann.

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Dienstag, 7. Dezember 2004
06.12.2004, Kino Arsenal

Inhalt: "In den 20er Jahren wohnen Luxus und Elend in der Melchiorgasse Tür an Tür. Hier finden sich verarmte Bürger- und Arbeiterfamilien, ein Bordell mit Tanzlokal, Treffpunkte von Verbrechern, Dollarmillionären und Profiteure der Inflation. In diesem Milieu, in der die Geldnot allen bürgerliche Moral vergessen läßt, treffen einige Personen immer wieder aufeinander: etwa die verarmte Grete Rumford, die ihr Gluck als Luxus-Dirne versucht, der sadistisch-geile Metzger, eine verzweifelte Mörderin, eine Kupplerin, eine Mutter, die für die Familie die Bürde der Prostitution auf sich nimmt..." (Quelle: Prisma Online)

Etwas Fleisch gegen Fleischeslust. Der symbolische Tausch ist nurmehr widerwärtig, ganz so wie der Profiteur der Szenerie, ein gernegroßer Metzger, der Fleisch hortet, während die Leute auf den Straßen hungern, und sich dafür eindeutig bedienen zu lassen weiß. Drei Frauen und ihre Familien sowie deren katastrophischen Schicksale im Angesicht der wirtschaftlichen und sozialen Konsequenzen aus dem verlorenen 1. Weltkrieg stehen im Mittelpunkt dieser oft anregend, nicht aber immer ökonomisch inszenierten, zum Melodramatischen neigenden Trägödie.

Das Projekt, die sozialen Abstiege dieser Frauen ins nurmehr Elendige minutiös zu schildern und die Mechanik dahinter, aus menschlichen Verfehlungen, vor allem aber sozialen Widrigkeiten, die - allzu plakativ, vielleicht aber auch zeitgemäß - natürlich im skrupel- wie morallosen, schlichtweg also verkommenen Kapitalisten begründet liegen, nachvollziehbar zu gestalten, wird spätestens zum Ende hin (aber, wie man durchaus bemerken kann, auch schon im Verlauf) durch eine zweifelhafte Moral torpediert, die das Ansinnen des Films, konsequent zuende gedacht, letzten Endes in sein Gegenteil pervertiert: Nur Greta Garbo, die zu jeder Zeit herzensgut und tugendhaft geblieben ist, selbst in dem Moment, als nurmehr das blanke Fleisch des eigenen Körpers zum Kapitalerwerb als Option für's Überleben denkbar schien, vermag sich in ein intaktes Leben jenseits des letzten Bildes hinüberzuretten. Die anderen hingegen: Im Gefängnis gelandet oder aber rasend vor Wahnsinn und mehr als nur zur Hälfte schon prostituiert in Flammen umgekommen. Greta Garbo jedoch steht das Privileg des rettenden Kusses im letzten Bild zu. Ein Zugeständnis an die "Ladenmädchen"?

Immerhin recht spannend geraten ist der Einsatz der formalen Mittel. Die Gegenüberstellung des dekadenten Kapitalistenlebens im Wiener Nachtleben mit den Bildern des Elends in der Gasse aus dem Titel des Films erinnert an Eisenstein. Auch drastische Subjektivierungen lassen sich finden, die pointiert und effektiv eingesetzt werden. Und Greta Garbos Blicke schon in dieser frühen Rolle: Reinste Gänsehaut!

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Montag, 6. Dezember 2004
05.12.2004, Heimkino

Notizen:

Erste Quersichtung für ein Referat. Ich betrachte den Film unter Gesichtspunkten des Traumas, vor allem auch, wie de Palma die zahlreichen Traumatisierungen - sichtbare wie jenseits der Erzählung, in der Vorgeschichte des Films zu situierende - formell umsetzt. In der Tat auch deshalb über weite Strecken keine Tonzuschaltung, was allerdings auch den Gegebenheiten der Sichtung geschuldet war. Interessant, wie intensiv der Film dennoch auf dieser bloß visuellen Ebene wirkt und narrativ voll verstehbar bleibt (der Wunsch, de Palma möge sich an einem Stummfilm versuchen).

Auffällig ist, wie der Film immer wieder auf die Mittel der Zeitlupe und langen Einstellungen zurückgreift, um ein "ganz bei sich und in der Welt sein" zu vermitteln. Das Fallen aus der Welt und seiner Kontinuität, wie es eine traumatische Erfahrung mithin charakterisiert (vgl. vielleicht den Reemtsma-Text "Im Keller", den wir zuvor im Seminar gelesen, bzw. dessen Hörspielbearbeitung wie gehört haben), wird mit raschen Schnittfolgen, die die souveräne Perspektive verunmöglichen und für Irritation sorgen, bewerkstelligt. Der für de Palma typische, hier aber noch sehr verhalten wirkende Einsatz von Splitscreens ist ein interessantes Paradox: Er unterteilt die Welt in Fragmente und trägt maßgeblich zur chaotischen Atmosphäre der Geschehnisse im Ballsaal bei, impliziert aber zur gleichen Zeit narrativ wie ästhetisch Carrie Whites nun endlich erlangte souveräne Position über das Geschehen und ihre Mitmenschen.

Einige interessante meta-narrative Aspekte, die ich eventuell zu einem eigenen Punkt ausbauen werde: Nach einem kurzen Prolog auf einem Volleyballfeld (der im übrigen in der Rede des Films interessanterweise fast immer wieder als "Beginn des Films" übergangen wird), der im wesentlichen dazu dient, Carrie White als bereits Ausgestoßene und vor allem sich ihres Körpers unsichere Person zu etablieren (und zudem gleichzeitig an das "Trauma" jedes unsportlichen Schülers appelliert: Das Versagen auf dem Feld, mit auf dem Fuße folgenden Spott.), mündet der Film in die berühmte Duschszene und kehrt darüber an einen traumatisierenden Moment der Filmgeschichte zurück: Die Duschszene in Hitchocks Psycho (1960; filmtagebuch), die, das müsste ich im Referat zunächst erläutern, eine inner-filmliche wie filmhistorische Zäsur markiert: Nicht nur stellt sie einen, für das damalige Publikum nicht abzusehenden Bruch in der Handlung des Films dar, sie brach auch gleichzeitig mit dem Hollywood-Starsystem, ließ das Gefährliche in Form des Mitmenschen in die innersten Bereiche der Privat- und Intimheit eindringen und begann an dieser Stelle den modernen Horrorfilm. Überhaupt ein interessanter Moment: Der moderne Horrorfilm beginnt nicht mit Psycho, sondern an dieser Stelle in Hitchcocks Film. Gerade auch die Schnitttechnik sorgt zudem dafür, dass die Sequenz zwar erfahren, aber kaum erlebt werden kann und sich "der Sprache entzieht": Zwar lässt sie sich inhaltlich beschreiben, aber aufgrund der harschen Folge einzelner Einstellungen nicht in ihrem Vollzug, weiterhin liegt ihr eigentlicher Inhalt im Bereich des Impliziten, also an sich ästhetisch nicht Erlebten. Der Mord bleibt, von der grafischen Konsequenz her gedacht, ungesehen, die Dusche als Ort des letzten Refugiums des Privaten ist von diesem Moment als solcher, im Kino, nicht mehr denkbar. Carrie hebt darauf ab, indem er für seine erste emotional mitreißende Szene an diesen Ort zurückkehrt und den Einbruch der Hölle, die die Anderen sind, potenziert und, trotz vorläufiger Rettung durch eine Mutterfigur, von dieser Szene ausgehend die Katastrophe des Finales minutiös aufbaut. Weitere Indizien für eine Bezugnahme auf Psycho wären b eispielsweise die Umbenennung der High School in "Bates High School" (die literarische Vorlage bezeichnet diese als "Ewen High School"), die gothisch-verkarstete Darstellung des Mutterhauses, das sich, ähnlich dem Motel aus Psycho, von der modernen Alltagswelt deutlich abhebt, sowie ein ikonografisches Zitat - wenn die Mutter das Messer zum finalen Stich hebt - , das direkt der Duschszene von Psycho entnommen ist und zudem von dem charakteristischen Geigenhieben musikalisch unterlegt ist.

Ob ich den Film als Rückkehr an einen traumatisierten Ort der Filmgeschichte vorstellen werde, wird sich im weiteren Verlauf meiner Recherchen weisen. Bislang bin ich davon aber zumindest angetan.

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senses of cinema: essay | brian de palma


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05.12.2004, Kino Arsenal

Vorauszuschicken ist, dass ich nur die ersten 4 Gesänge gesehen habe. Dann bin ich - nicht wegen des Films, sondern ganz generell, wegen der Zeit - gegangen. Nicht, dass ich mich gelangweilt hätte oder mich Fritz Langs Epos für das deutsche Volk, das immerhin im Ruf steht, ein eher anstrengendes Werk zu sein, ermüdet hätte. Ganz im Gegenteil: Die besonderen Umstände der Vorführung - in der Tat also stumm, keine Musik, keine eingespielte Begleitung, vollkommene Stille im Saal, von gelegentlichem Husten und verlegenem Herumrutschen auf den Sesseln abgesehen, geradezu meditativ also - bedingen in Verbindung mit den ruhigen, aber nicht ereignislosen Bildern eine tiefe Konzentration, die nicht dem Versinken entspricht, sondern die Sinne wach und frisch hält, dabei die Gedanken zwar stets auch kreisen lässt, auch und gerne vom Film weg, diesen wiederum aber auch nie ganz außer Acht lassend (wohingegen man sich bei gerade nicht sonderlich beeindruckenden Filmen - dann eben auch bunt, laut, oft entsprechend nerviger - ertappen kann, seit Minuten an alles andere, aber nicht an diesen Film gedacht zu haben).

Die Nibelungen markiert die Crux aller Ausstattungsfilme, die aus ihrem Pomp vornehmlichen Reiz entwickeln wollen: Der Übergang zu den "Bildern einer Ausstellung" ist schnell vollzogen und Langs Werk tänzelt oft gefährlich schwankend auf dieser feinen Grenze. Jedes Bild (und Bilder im klassischen Sinne sind es meist, die man zu sehen bekommt, und weniger ein Film im klassischen Sinne) erzählt vom Aufwand, der geleistet wurde und vom Willen, in den Bann zu ziehen. (und bleibt dabei doch, letzten Endes, 10 Jahre hinter der Filmgeschichte zurück, wenn ich mich an Cabiria (Italien 1914) erinnere).

Kamera und Montage tun ihr übriges und fallen ganz hinter die Errungenschaften der Filmgeschichte zurück. Erstere bleibt unbewegt und verharrt in beständiger, einmal gefundener Distanz zum Dargestellten. Zweiterer überrascht den Zuschauer nicht mit Extravaganzen, allenfalls ein Schnitt in die Tiefe des Bildes, um ein Detail - heilige Erde etwa - hervorzuheben, scheint diesem Film akzeptabel. Ihr Einsatz bezweckt selten, ja kaum Dramatisierung, allenfalls Präsentation. Man soll blicken: Das Erhabene, das geschieht, und eben nicht auf von der großen Erzählung, vom Pathos ablenkende Tricksereien achten. Denn es geht, dies macht der Vorspann nur zuletzt noch deutlich, um Fragen der Nation: "Dem Deutschen Volke zu Eigen", mahnt eine Tafel zu Beginn in Gravurschrift. Und wo die zu spät gewordene Nation - was sie der Welt bis heute nicht verzeiht - Nabelschau betreibt, vor allem aber sich selbst schweißt, ist das sinnlich Ästhetische der großen Geste zumindest auf unmittelbarer Ebene - denn, so fiel mir auf, die Ausleuchtung verhilft dann auch dem zweiten Blick zu seinem Recht - hintangestellt. Ein Irrweg natürlich, denn Die Nibelungen ist, allein auf dieser Ebene betrachtet, zunächst auch ein für die Verhältnisse seiner Zeit künstlich schwerfälliger, oft geradewegs plumper Film, zumal im Vergleich etwa zum zeitgleich entstandenen Der Letzte Mann von Murnau, der vor formellem Witz schlicht sprüht.

Dennoch: Fritz Langs Epos ist filmisch ambivalent. Er mag sich bildkompositorisch an der Statik der Malerei orientieren (was sich immerhin auch so deuten ließe, dass es ihm um das Bild und das Ikon, um den Mythos allenthalben, nicht um echte Geschehnisse zu tun ist), die Kulissenhaftigkeit des komplett im Atelier entstandenen Films mag ans Theater gemahnen. Und dennoch formuliert sich ein eigenes Filmverständnis aus, das den Film in der Nähe der Kamera zu den Geschehnissen vor ihr seine Differenzqualität zu anderen Künsten finden lässt. Es sind Details, die ungeheuren Falten in den Gesichtern der Hunnen, jeder Zopf und jeder Halm Stroh in den Lehmwänden, die den Film hier als solchen ausmachen. Diese Nähe, diese Lust an bald fraktal wirkenden Falten, Winkeln, Spalten, die fast jedes Bild bestimmen (und, natürlich, im gespenstisch ebenmäßigen Gesicht Kriemhilds einen Gegenentwurf finden). Es ist das sich im Bereich der Nuance (aber nicht im Understatement) situierende Spiel der Kriemhild, das, in dieser Nähe zur Kamera, dem Film den Status als solchen dennoch verleiht.

Ein zumindest interessanter Film. Ein gewiss aufgeblasenes, künstlich in die Länge gezogenes Epos. Und darin auch sicher gescheitert. Dies mag bezeichnend sein. Ihm dabei jedoch zuzusehen, das ist aufschlußreich und als Kinoerfahrung von Gewinn. Ambivalenz im Kino, wichtiger als jede Konsenserfahrung.

web:
imdb | mrqe | goethe-institut | deutsches filminstitut | transit film | tv-termine: fritz lang | jump-cut.de: fritz lang

filmtagebuch:
Weitere Filmerlebnisse im Rahmen der "Magical History Tour in 365 Filmen" des Kino Arsenals.


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Samstag, 4. Dezember 2004
04.12.2004, Heimkino

Ein eigenartiger, aber keineswegs ununterhaltsamer Film, den uns die Hammer Studios im Jahr 1974 - eine Phase zwischen Krise und Experimentierfreudigkeit, in der eigenartige Filme aus der britischen Horrorschmiede nun auch nicht ungewöhnlich waren - kredenzten. Man merkt deutlich, was hier - nicht immer gelungen, vielleicht aber auch deshalb interessant - dem Writer/Director Brian Clemens (seine einzige Regiearbeit im übrigen, ansonsten kennt man ihn als Drehbuchautor manch phantastischer und gar nicht mal unpopulärer Stoffe) vor Augen schwebte: Eine Art Scharnier zwischen klassischem Vampirgrusel, James Bond bis Superheld und Mantel-und-Degen-Theatralität. Sogar ein Bond-Girl (Kronos-Girl?) ist dabei.

Gerade vor diesem Hintergrund ist es etwas schade, dass das offensichtlich anvisierte Franchise nicht in Angriff genommen wurde. Vieles wird angedeutet, manche Möglichkeit in Aussicht gestellt. Aber es bleibt zumeist dabei, alles ein Versprechen, das nicht wirklich eingelöst wurde.

Dennoch: Für sich genommen unterhaltsam. Und in seinem Wagemut sicher einer der interessantesten Versuche, den seinerzeit schon reichlich abgenudelten Vampirkomplex mit etwas frischem Blut zu versorgen. (Ach, und Horst Janson, den ich ja nun nur aus der Sesamstraße kenne (für die er etwa zeitgleich vor die Kamera trat), ist als kiffender ("chinese herbs") Hard-Boiled Vampirjäger mit Hang zum kühlen Understatement natürlich - nicht zuletzt eben aufgrund des mediensozialisationsbedingt verschobenen Bildes - eine wahre Schau!)

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Samstag, 27. November 2004
24.11.2004, Heimkino

Plansequenzen rahmen diesen Film: Beide beinhalten Action, viel davon sogar, doch die Kamera bleibt ruhig, dramatisiert über das bloß logistische Spektakel langer, schnittloser Sequenzen hinaus das Geschehen nicht. Es sind Momente, in denen uns die Kamera in den Mittelpunkt eines Geschehens stellt, mit dem sie augenscheinlich nichts zu tun hat, als wäre sie das Auge eines unbeteiligten, emotionslosen Betrachters: Sie greift nicht ein, bedingt die Drastik der Eindrücke nicht mit, bleibt fast schon anti-dramatisch. Dies hat bei Johnnie To, dem Meister der Subversion in eingefahrenen Genres, selbstverständlich Grund.



Dieser ist im Plot zu suchen: Nachdem die Hongkonger Polizei unter den Augen der Medien einen Einsatz gründlich verbockt hat, hat sie mit massiven Imageschäden zu kämpfen, auch wenn sie, rein statistisch gesehen, eigentlich recht gut dastehen sollte. Doch Medien formen Realität. Also nutzt man die Medien, um eine "Show" abzuziehen: Ein Großeinsatz wird maßgeblich unter Miteinbeziehung der lokalen Medien geplant und vollzogen. Medien formen Realität, überformen und bedingen sie. Was durch die Linse der Kamera beobachtet wird, verändert sich. Schon alleine, weil der Raum des Objekts auch der der Kamera ist. Und auch die Verbrecher nutzen die Medien für ihre Zwecke: In einem mehrstöckigen Wohnhaus kommt es zur Auseinandersetzung, in der Dinge vorrangig auch deshalb geschehen, damit sie gefilmt werden können (und wenn es nur Hunderte von genüsslich Mittagspause machenden Polizisten sind).

Die Plansequenzen sind jenseits dessen angesiedelt. Sie simulieren Medienabwesenheit, während das medial überformte Geschehen im Wohnhaus mittels harscher Schnitte, ästhetisch markierten Medienwechseln auf der Bildebene und dergleichen ganz eigene Dynamiken entwickelt. Zwar ist dies im Ergebnis nicht immer ganz bis zum Ende gedacht, aber bei To reicht oft schon ein Gedanke, eine Idee, um einen Film, gewissermaßen als Live-Experiment, zu tragen und zu rechtfertigen. Bei einem Output von drei bis vier Filmen im Jahr auch kein Problem. Und so gelingt es Breaking News, jenseits solcher Inszenierungskonzeptionen ein im übrigen auch ganz hervorragender Actionfilm, schon allein aufgrund der Experimentierfreudigkeit und dem grundlegenden Interesse seines Machers, neue Wege zu begehen, Film immer wieder neu als Herausforderung zu begreifen, zu überzeugen.

imdb | mrqe | johnnie to auf lovehkfilm.com


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26.11., Heimkino

"Welcome to Videodrome!"

Das Videdrom zu Berlin, Deutschlands - vielleicht sogar Europas - bestsortierteste Videothek, ist so ein bisschen wie der Plattenladen aus High Fidelity. Oder wie ein gewisses Tabakgeschäft aus Brooklyn. Man kommt hin und kennt sich. Man schwatzt. Unterschiedliche Welten und Geschmäcker treffen aufeinander: Das ist nicht weiter tragisch - im Videodrom wird Pluralität groß geschrieben und als Bereicherung verstanden. Und man leiht sich Videos aus. Das wird dann fast schon zur Nebensache (natürlich nicht). It's a big little family. Und hier bekommt man, was es sonst nirgends sonst zum Leihen gibt. Asien, Klassiker, Trash, Horror, Splatter, Import, Mainstream, Kunst. Und so weiter und so fort.

Life at 25 Frames per second trägt nicht umsonst den Untertitel "Menschen im Videodrom". Menschen diesseits wie jenseits des Tresens, über den schon mancher Schatz der Filmgeschichte gereicht wurde, machen das, was die treue Stammkundschaft im Drom, wie es liebevoll genannt wird, am liebsten machen: Sie schwatzen. Über das Drom, über Filme, über Hollywood, über magic moments und: über sich. Der Coffee-to-go zum schnellen Schnack gehört dazu. Und im Hintergrund der Tonkulisse das Knarzen des Druckers, der die zu unterschreibenden Belege für die Kundschaft druckt.

Cinephile, vom Lauf der Dinge kaum überzeugte Kulturkritiker, Gerne-mal-nen-Filme-Kucker, Exil-New-Yorker Slacker, glückliche Kunden: Für alle ist die kleine und längst eigentlich schon überquellende Videothek an einer typischen Kreuzberger Ecke, wo sonst nur berüchtigte Eckkneipen vor sich hin gammeln, zum wesentlichen Teil des Alltags geworden. Der eine steht auf Action'n'Gore, der andere verehrt Tarkowskij und Hitchock, wieder andere kucken querbeet, was ihnen unter die Finger kommt und auch nur irgend interessant scheint ("Das sind mir so die liebsten Kunden", kommentiert der wie stets eloquente Thomas Klein - an dieser Stelle Grüße - dieses Spektrum an einer Stelle gänzlich unironisch und ich selber fühlte mich da, hoffentlich zurecht, angesprochen).

Doch wo allzu viel freundliches Nebeneinander herrscht, schlagen manchmal gerne dunkle Zeitgenossen drauf. So auch im Falle des Videodroms, das 1999 von Seiten des Kreuzberger Wirtschaftsamts und der Berliner Staatsanwaltschaft einfach mal so wegen bloßen Verdachts auf den Vertrieb gewaltverherrlichender Filme geschlossen wurde. Ein denkbar schlechter Coup, denn die vermeintlich schmuddelige Nische für soziale Outsider, über deren Ende ja wohl kaum Tränen vergossen würden, entpuppte sich als international geschätzte Insel der Filmkultur. Eine ungeahnte Solidaritätsbewegung war die Folge, mit namhaften Unterzeichnern allenthalben. Wenige Wochen später zeigten sich die Behörden entsprechend beschämt und räumten der nunmehr so bezeichneten "Kultureinrichtung" dann doch verlegen die Wiedereröffnung ein. Thomas Klein lässt das Drama auf üblich lakonische Art Revue passieren, der Film unterstützt ihn auf ganz eigene charmante Weise: An Star Wars angelehnte Jingles („DIE SCHLIESSUNG Episode 3 – DIE RÜCKKEHR DES VIDEODROMS“ etc.) deuten die, Gottlob gutausgegangene, Krise mit den Mitteln des Subversionsfilms humoresk um in eine anekdotenreiche Erfolgsstory über das Zusammenhalten und "die da oben" gegen "uns da unten".

Überhaupt übt sich Life at 25 Frames per Second in sympathischer Parteilichkeit. Wie die Menschen vor der Kamera, die von sich und ihrem Leben mit dem Drom erzählen, verbringen auch die hinter der Kamera offenkundig einen nicht unwesentlichen Teil ihres Lebens mit Filmen aus der Kreuzberger Off-Videothek. Deutlich wird dies, wenn sie verwinkelte Fahrten durch die, auf Video gebannt schier endlos wirkenden, Regale unternehmen (vor denen man selber schon manche Stunde verbrachte), dabei den „Trip“ aus 2001 – Odyssee im Weltraum ästhetisch simulieren und die Regale des Glücks hinter dem Tresen, wo sich auf schwindelerregend wenig Bodenfläche einmal die Essenz der derzeit abgreifbaren Filmgeschichte gelagert findet, mittels Kameraperspektive zum Monolithen aus Kubricks Weltraummeditation stilisiert werden. All dies, so gehört es sich für einen Kunden des Videodroms, mit genügend sophisticated Ironie und Alltagsabgeklärtheit, um nicht in abgehangenen Bildwitzchen zu enden.

Ein schöner Film, der den Reiz eines einzigartigen Filmarchivs und eines vielleicht noch einzigartigeren Soziotop mit den ureigenen Methoden des Films und seiner eher subversiven Tradition auch für Außenstehende nachvollziehbar auf Tape (this is home entertainment, not cinema!) gebannt hat. Und für Freunde des Hauses – hier schreibt so einer – ein zu jeder Sekunde schwer genossenes Dokument seiner Lieblingsvideothek.

Life at 25 Frames per Seconds - Menschen im Videodrom gibt es natürlich im Videodrom gratis unter der Leihnummer 2720.

sonic pictures | Thomas Klein: Über das Videodrom

Kleiner Pressespiegel zur Videodrom-Schließung: zeit | taz | nachdemfilm | berliner zeitung1 | berliner zeitung2


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Mittwoch, 24. November 2004
23.11.2004, Heimkino

Es gibt Momente in diesem Film, kleine Inseln, die sind ganz und und gar bezaubernd. Da fühlte ich mich wie vor vielen Jahren, als ich das Hongkongkino und seinen sorglosen Hang zur Emotionalität, die vielleicht ein kleines bisschen over the top ist und sich direkt in den Tableaux vivants niederschlug, zu entdecken und zu lieben begann. Stellen, in denen das Drama des Films - Throwdown, das bezieht sich natürlich auf die Judotechniken, die häufig zur Anwendung kommen, allerdings ist auch die zentrale Figur definitiv am Boden angekommen, von wo aus es sich wieder aufzurappen gilt - sich von der narrativen Kette löst und im Bild selbst erzählt wird.



In der Tat hangelt sich der Film - was zunächst ihm noch nicht zu kritisieren wäre - von einer solchen Insel zur nächsten durch ein dramaturgisch ansonsten eher etwas herausgefordertes Kuddelmuddel. Zum ganz großen Wurf aus der nie still zu stehen scheinenden Filmschmiede Johnnie To hat es deshalb, mangels eines Überbaus, der das Ganze zu fassen kriegt, nicht gereicht. Begreift man Throwdown jedoch vielleicht als kleine Galerie, dann gibt es manchen magischen To-Moment in ihm zu entdecken.

Als spannend empfand ich, wie die naturgemäß recht reduzierte Anzahl von Lokalitäten, die die Stadt Hongkong als Kulisse zu bieten hat, zunehmend ein Geflecht ergibt. Ich sah hier kurz Scharniermöglichkeiten, an denen man in andere Filme gleiten könnte. Wenn die drei Protagonisten beispielsweise in einen dieser typischen Straßenbusse steigen, dann könnte man an dieser Stelle zu dem tollen Lost in Time umschneiden, der im Straßenbusfahrermilieu angesiedelt ist. Andere Ecken kennt man bereits aus anderen To- und Hongkong-Filmen: Hier der Showdown von PTU, und dort die Spielhalle, in die dieser sich in einem Moment verirrt. Auch die Straßen aus Running on Karma sind, soweit ich das überblicke, mit denen von Throwdown zum Teil identisch.

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lol