Freitag, 22. August 2008
Thema: festivals

Stil aus Encarnação do Demônio

Okay, new news sind das nun nicht. Und ich gestehe ein: Meine Hausaufgaben habe ich nicht gemacht.

Aber eben doch erst jetzt gewahre ich, dass im anstehenden Filmfestival in Venedig mit Encarnação do Demônio ein neuer Film des geschätzten brasilianischen Regisseurs José Mojica Marins gezeigt wird. Das ist schon ein gepflegtes WTF? wert! Und mal ehrlich: Wen interessieren denn angesichts solch einer Nachricht noch wirklich öde Oscar-Orakeleien?

Wir erinnern uns: Mit seinem Leinwand-Alter Ego, dem Totengräber Coffin Joe, entwickelte José Mojica Marins in den 60er Jahren eine den E.C.-Comics entlehnte, reichlich pulpige Filmfigur, die als vulgär-nietzscheanischer Häretiker im katholischen Brasilien mittlerweile eine ähnliche Funktion genießt wie hierzulande in ländlichen Gegenden der Knecht Ruprecht. Die Coffin-Joe-Filme sind Pop Cinema im besten Sinne, schwer delirierende, sehr abgefahrene Geisterbahnen, in denen um jede Ecke das Unerwartete lugt. Trash Cinema? Schon so irgendwie. Aber als krude Mischung aus Häresie, Pilosophie, Comics, Horror-Irrsinn und düsteres Vaudeville auch schlicht und ergreifend extrem wahnwitzig und begeisternd, sprich: Unter aller Kritik, was hier durchaus als Lob zu verstehen ist.

Und jetzt hat dieser Madman des World Cinema tatsächlich seinen neuen Film in den Spielplan von Venedig bugsieren können? Man darf's wohl sagen: Es gibt noch Gerechtigkeit in dieser Welt! Schönerweise handelt der Film denn auch von der Rückkehr des ketzerischen Totengräbers:
After years of imprisonment in a mental ward of the State Penitentiary, Coffin Joe is finally released. Back on the streets the sadistic undertaker is intent on fulfilling the mission that got him jailed the first time: find a woman who can beget a perfect son. Accompanied by his faithful servant, hunchbacked Bruno, Joe finds refuge in an underground hideaway located in a large shantytown in São Paulo and here he begins living with a sect of psychos indoctrinated by Bruno during his absence. Coffin Joe is tormented by the specters of his past victims, but continues skeptical and determined, believing these encounters to be mere manifestations of his unconscious mind. Among the women chosen to be tested are Hilda, who is submitted to a sadistic ritual involving drugs, mutilations and cannibalism, and young Elena, possessed by Coffin Joe under the crucified body of one of her blind aunts. One of his hallucinations takes him to Purgatory where he meets the Mystifier, an angel-demon who reveals surrealistic horrors to him. Upon his return to reality, he continues testing other women and the wave of attacks leave behind a trail of crimes, which impel the police to hunt him down and try to kill him. Joe manages to escape into an amusement park while supernatural forces grow closer. Death lingers in the air, heralding an apocalyptic and mysterious destiny.
Auf YouTube gibt es einen Trailer, der schon mal sehr wohlgefällig ist:



Marins' offizielle Website findet sich hier. Bislang schrub ich über den guten Mann hier und noch ausführlicher hier, je mit weiterführenden hübschen Links.


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Mittwoch, 20. August 2008
Thema: Hinweise
»I put all my shorts on YouTube. My distributors take them down now and then. I love my distributors, but I kinda think that shorts should be out there, even if I have to pirate them myself.«
Der hochverehrte Guy Maddin, wie erneut zu sehen ist: ein Guter unter Gottes Sonne, im Interview.

Auf der kürzlich bei Criterion erschienenen DVD des fabelhaften Brand Upon the Brain! (mehr) sind auch zwei neue Kurzfilme zu finden. Es sollte also nur eine Frage der Zeit sein, bis sie bei dieser Suchanfrage ganz oben auftauchen.



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Thema: videodrome

The Archive from Sean Dunne on Vimeo.

Ich habe ein großes Herz für Sammler und Archivare, überhaupt für Sammlungen und Archive. The Archive ist eine schöne, melancholische Mini-Doku über Paul Mawhinney, der in seinem Leben die größte Vinylsammlung der Welt zusammengetragen hat.


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»Der österreichische Tierphilosoph Thomas Macho«
klick


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» ... because he's not a Hero.
He's a silent Guardian....
A watchful Protector...
...a Dark Knight.«

- James Gordon

Christopher Nolans Sequel zum auch schon ziemlich guten Batman Begins hat mich in der Pressevorführung - trotz deutscher Synchronisation, herrgottzack - schwer begeistert. I'd say: Masterpiece!

Eine ausführliche Kritik von mir steht heute beim Perlentaucher; mainfränkische Mitlesende können morgen am Kiosk die neue Ausgabe von Neun7 erstehen und darin meine (allerdings wirklich knappe) Kurzbesprechung lesen.





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Dienstag, 19. August 2008
Thema: Kinokultur
Die Kunde von den skandalösen Bader-Meinhof-Knebeleien (siehe hier und da) schwappt nun auch, GreenCine Daily sei Dank, in die anglo-amerikanische Netzwelt. Sehr gut.


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Thema: Kinokultur
Die Debatte um Josef Schnelles Pamphlet wider die Weblog-Filmkritik ist nach Umwegen im Netz erneut im Print angelangt. In der taz gibt Cristina Nord Entwarnung: Vor Weblogs brauche die Kritik sich nicht zu fürchten, Spelunken tun dem Kino gut!

Und die hiesige Spelunke dankt recht herzlich für die Verlinkung!


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Montag, 18. August 2008
Thema: Hinweise


Nein, wie hübsch (und mir bislang völlig unbekannt): Vor der Kulisse Würzburgs, grob gesagt also: in meiner Heimatregion, entstand 1972 doch in der Tat auch ein stylisher Giallo, und zwar La Dama Rossa uccide sette volte von Emilio Miraglia, dessen Grotte der vergessenen Leichen zu den schöneren Vertretern der italienischen Horrorzunft zählt. Die siebenfach mordende Dame in Rot habe ich zwar nun noch nicht gesehen - doch ist eine Sichtung somit unausweichlich.

Ein alter Weggefährte (von mir jetzt, nicht vom Emilio!) - beste Grüße an dieser Stelle - berichtet exklusiv für das mainfränkische Magazin neun7. Dafür hat er sogar dem Regisseur in Italien einige Statements abringen können und überdies einige wunderbar stilsichere Fotos an den Originalschauplätzen geschossen.



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Thema: Hinweise
Zur Sache "Baader-Meinhof/Konventionalstrafe" (siehe hier) schreibt hier Rüdiger Suchsland nochmal sehr ausführlich und lesenswert.


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Sonntag, 17. August 2008
Am kommenden Samstag, den 23.08, ist im Ritter Butzke das bislang letzte große Meisterwerk des letzten großen Autorenfilmers aus deutschen Landen als 35mm-Projektion zu bewundern: Die Reise ins Glück von Konkret-Kolumnist Wenzel Storch, von der völlig faszinierten Filmkritik dereinst als "Terry Gilliam auf Crack" bezeichnet, ist ein funkelndes Juwel der kompromisslosen Filmkunst und in solcher Pracht unbedingt wenigstens einmal im Leben auf Leinwand zu genießen! Hier bietet sich die rare Gelegenheit (Ausreden und Ausflüchte, diese nicht zu nutzen, gelten im übrigen so wenig wie Monopoly-Geld im Supermarkt)!

Das Screening findet im Rahmen der Party des Kollektivs Fuchtsteufelswild statt. Myspace weiß mehr!



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Freitag, 15. August 2008
Thema: Kinokultur
Vorangestellter Nachtrag: Im Perlentaucher schaltet sich auch Ekkehard Knörer ein - unbedingt lesenswert!
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In der gestrigen Ausgabe der Berliner Zeitung schreibt [via] Josef Schnelle mit viel Temperament gegen Filmkritik in Weblogs an. Das Kino, so sein Fazit, brauche die Filmkritik, aber keine Blogs.

Das Bild, das Schnelle zeichnet, könnte düsterer kaum ausfallen: Allenthalben gehen Daumen hoch und runter, statt Analysen finden sich Reizprotokolle, allesamt hängen die Blogs speichelleckend am Rockzipfel der großen, fiesen Über-Industrie und schreiben willig nur, was der Promotionzettel diktiert, während wahre Entdeckungsreisen nicht mehr möglich sind: Im ewigen Feedback-Loop wird das immergleiche ewiglich von Dilletanten und Abschreibern nur wiedergekäut, während Print- oder wenigstens feuilletonistische Kritik Avantgarde darstellt auf der Suche nach dem nächsten großen Meister. Von Trier und Almodovar seien von der Kritik als unverzichtbare Größen des heutigen Kinos erst herbeigeschrieben worden; neue sperrige Regisseure wie Apichatpong Weerasethakul (hier von seinem vor Sorge gegrämten Agenten im übrigen "Werasettakool" und somit glatt falsch geschrieben...) indessen würden von der Netzkritik niemals etabliert werden können.

Natürlich erwähnt Schnelle Ausnahmen. Ein bloß strategisches Manöver. Wolfram Schütte etwa, Filmkolumnist für das Titel-Magazin, würde sofort gedruckt werden, so Schnelle. Kein Wunder, Schütte war ja auch früher "Print". Man sieht regelrecht die Verwirrung über Schnelles Gesicht huschen, wenn dieser sich darüber wundert, warum Schütte das "Netzversteck" suche.

Das Bild, das Schnelle zeichnet, könnte verzerrter, falscher nicht sein. Es sagt nichts aus über den wirklichen state of the art der Film-Netzkultur, wohl aber viel über Schnelles mangelnde Befähigung, sich dem noch immer frischen Medium Internet zu nähern. Das Internet ist seinem Wesen nach ausufernd, weitläufig und differenziert sich rapide immer weiter aus. Eine pauschale Zuspitzung wie die Schnelles ist schon deshalb nicht zulässig: Das Internet ist seiner Tendenz nach nicht homogenisierend, wie es auch keine glasklare Repräsentation desselben gibt: Das Internet als Angebotstätte von Inhalten ist nicht einfach etwas, das in seinen Bestandteilen ganz einfach vor einem liegt (etwa wie die Zeitung auf dem Frühstückstisch), sondern ist in diesem Punkt immer vor allem das, was sich der jeweilige Nutzer, im Sinne eines Navigators, daraus er-fährt.

So mag es freilich zutreffen, dass eine unüberschaubar große Zahl völlig dem entspricht, was Schnelle geißelt; es mag sogar gut sein, dass der Typus Filmblog, den Schnelle hier verteufelt, in der weiten Welt der Filmblogs zahlenmäßig am stärksten vertreten ist. Sagen wir mal nur als Richtwert: 90 Prozent Daumenhoch-Gülle, 10 Prozent Filmkritik und artverwandte Textsorten. Das mag erschüttern - allein, es ist egal. Denn diese 10 Prozent entsprechen im Lesealltag noch immer so unglaublich viele Spezialisten, gute Autoren, lesenswerte Filmkritiken, Anregungen, Entdeckungen, Analysen, usw., dass jede Filmzeitschrift, und selbst noch die ambitionierteste, gegen solche Fülle und Vielfalt fahl aussieht, von den Möglichkeiten und Grenzen feuilletonistischer Filmkritik in Wochen- und Tageszeitungen ganz zu schweigen. Was ficht's einen da nun schon an, dass auf x hoch y vielen anderen Blogs pseudo-redaktionell bekleisterte Reklame zu finden ist, wenn diese aufzurufen man doch im geringsten nicht gezwungen ist?

Ich will das gerne unterfüttern: Die Videothek, in der ich arbeite, weist einen kleinen Café-Bereich auf, für den ich einen kleinen Reader-Ordner betreue. In diesen hinterlege ich interessante, lesenswerte Artikel und Texte, die ich zuvor ausgedruckt habe. Fast alle Texte, darunter natürlich auch englischsprachige, sind genuine Netz-Veröffentlichungen. Innerhalb kürzester Zeit ist hier eine schon recht beachtliche Sammlung entstanden, mit deren Güte keine regulärer Filmzeitschrift und noch weniger ein übliches Feuilleton mitzuhalten im Stande ist. Ein 16seitiges Interview mit Christian Petzold, eine Sammlung von Kritiken zu den Filmen von Yasujiro Ozu, ein erhellendes Gespräch mit Charles Burnett, und vieles weiteres. Ein kleines Netz-Pendant zu einer solchen Zusammenstellung führe ich hier im Blog in der Spalte rechts außen: Der Salon Cinéphile ist ein Linkdump, in dem ich interessante Fundstücke verlinke. Oder man führe sich GreenCine Daily zu Gemüte, den absolut unverzichtbaren Grundpfeiler für gute Film-Netzkultur.

Merkwürdig in Schnelles Zuspitzung erscheint auch die der gedruckten Kritik zugeschriebene Qualität. Ein Großteil gerade auch der überregionalen Feuilletonkritik ist nun gewiss nicht mit Entdeckungsreisen und Avantgarde-Spielen beschäftigt, sondern mit Chronistenpflicht. Ein Blockbuster kommt ins Kino - notwendig ist da Premierenbericht, Star- und Regisseurinterview, dann noch die seitenfüllende Filmkritik, das eine oder andere Skandälchen gibt's noch obenauf, aus dem man noch ein bisschen juice quetschen kann. Platz, der den vielen anderen Filmen mit weniger Finanzkraft im Rücken oft genug bitter fehlt. Da die dann ja eh auch keiner sehen will. Und die großen schalten schließlich überlebenswichtige Werbung. Und wie oft wird man in feuilletonistischer Filmkritik mit Filmen konfrontiert, die eben gerade /nicht/ ins Kino kommen, sondern nur aus dem Ausland auf DVD beziehbar sind? Hier wäre doch in der Tat Avantgarde möglich, Filmkritik als Fürsprache, nicht als dem Schalten und Walten der Filmverleiher anhängig, eine Filmkritik, die sich ihren Gegenstand sucht, statt ihn vorgesetzt zu bekommen. Doch gewiss, der zahlende Leser soll ja nicht schon am Frühstückstisch frustriert werden. Und wieviele Filmkritiken setzten denn überhaupt darauf, den Leser mitunter auch unpopulär zu konfrontieren? Von wenigen Ausnahmen abgesehen, herrscht längst Bespaßungsmodus. Ein Gutteil der bezahlten Printjournalisten ist kaum besser als die unbezahlten Bloggeramateure, und aus deren Gesamtheit sind nicht wenige weit besser als die vermeintlichen Profis. Die hehre Filmkritik, die Schnelle vorschwebt, ist auch im so geliebten Print lediglich Minderheit - wie guter Filmjournalismus im Web, doch wird beides mit unterschiedlichem Maß betrachtet. [und selbstredend, und deshalb noch zur Sicherheit nachgetragen, gibt es diese wertvolle Minderheit und auf sie ist nicht zu verzichten]

Natürlich ist die Filmkritik - als ein, wenn auch kleiner, Bestandteil einer auf Massenmedien zu großen Teilen angewiesenen Gesellschaft und Kultur - derzeit im Wandel begriffen, schon alleine, weil in den letzten Jahren ein medialer Strukturwandel vonstatten geht, der längst noch nicht abgeschlossen ist. Man kann darob, als immerhin bezahlter Vertreter der Zunft, gewiss Teufel und Verdammnis speien. Man kann in "den Blogs" einen wohlfeilen Sündenbock sehen, hätte dann aber auch nur einen Sündenbock, ein bisschen günstig erworbenes Wohlbefinden nach erfolgtem Delegieren von Schuld.

Man kann aber auch entspannt sein oder eben kucken was, da kommen mag. Es ist nur natürlich, oder besser: eine Konstante der Kultur, dass sich mit einem medialen Wandel auch Schreibweisen und -arten ändern. Jede, auch kritische, Form des Schreibens ist einem historisch-medialen Paradigma unterworfen. Die in sich ruhende, abgeschlossene Filmkritik ist hervorgerufen durch die Bedingungen des Zeitungs- und Zeitschriftenzeitalters, einher geht damit ihr Modus und ihre Form. Im Netz schreibt sich's leichter vernetzt, mitunter fragmentarisch - weil jeder andere Text zum selben Gegenstand nur einen Klick weit entfernt ist, der idealerweise in der Kritik schon impliziert wird. Im Netz herrscht der stream vor, im Zeitungswesen die Zeitung als Komplettangebot und beides hat Grenzen und Möglichkeiten. Das eine geht vom adressierten Käufer aus, das andere vom aktiven Navigator. Nur wenn letzteres leserseits nicht erlernt wird - und Schnelles Artikel legt für solche Tendenzen Zeugnis ab -, steht wirklich ein Untergang zu befürchten. Aber nicht allein der Filmkritik.


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Thema: Hinweise
» ...
The Voice Amidst the Noise


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Dienstag, 12. August 2008
Thema: Kinokultur
Man darf sich fragen, was Baader und Meinhof zu solchen Praktiken eines kapitalistischen Unternehmens wohl gesagt hätten. Oder getan...

Jedenfalls, die Süddeutsche berichtet:
Wer über den Kinofilm "Der Baader Meinhof Komplex" berichten will, dem wird erst einmal gedroht. Ein Fall für Boykott, findet der Journalistenverband.
So droht der Verleih Constantin Film mit einer Strafe von bis zu 100.000 Euro (zu gleichen Teilen aufzuteilen zwischen Journalist und Medium), wenn vor einem vom Verleih festgesetzten Stichtag eine ausführliche Berichterstattung zu Der Baader Meinhof Komplex stattfindet.

Gerade aus Perspektive freier Journalisten wird hier mehr oder weniger mit der mittel- bis langfristigen Zerschlagung der persönlichen Existenz gedroht - ein jeglichen Maßstabs verlustig gegangenes Muskelspiel, das überdies eine neue Stufe der Eskalation im Bereich der Pressearbeit von Seiten deutscher Filmverleiher darstellt. So sollte die Berichterstatung zu Kill Bill 2 ebenfalls per vorgegebenem Stichtag konzertiert werden; bei Spielbergs Krieg der Welten erhielt man Zutritt zur Pressevorführung schließlich schon nur noch mit einer persönlich unterschriebenen Erklärung, einen Stichtag zu berücksichtigen, während der Verleih damit drohte, Abweichler generell nicht mehr zu Pressevorführungen einzuladen (um somit freien Journalisten die Arbeits- und also Existenzgrundlage zu entziehen). All diese Versuche, journalistische Arbeit, die ohnedies schon bei weiten Teilen der Presse von wohlwollender PR-Arbeit aus Dankbarkeit für all die schönen Preview-Screenings nicht mehr zu unterscheiden ist, zusehends zu konzertierten und zu steuern, werden von den drakonischen Maßnahmen, die Constantin nun ergreift, auf nicht mehr hinnehmbare Weise getoppt.

Die SZ boykottiert den Film deshalb, der DJV ruft Journalisten ebenso dazu auf, solche Bedingungen nicht zu akzeptieren. Es bleibt abzuwarten, welche Speichellecker und rückgratlose Puddingspeisen selbst noch unter den Bedingungen solcher Drohungen meinen, industriellen Partikularinteressen unbedingt wohlwollend hinterherzuschreiben, damit's auch weiterhin ein koffeinhaltiges Limonadengetränk gratis zur Pressevorführung dazu gibt.

Als Filmjournalist erkläre ich mich mit SZ und dem DJV absolut solidarisch und rufe auch alle Kollegen dazu auf, sich dem anzuschließen und dies öffentlich kundzutun. Darüber hinaus empfehle ich dem Publikum an der Kinokasse über einen Denkzettel an den Verleih zumindest nachzudenken.

Als Angestellter einer Videothek mit Mitspracherecht bei der Sortimentzusammenstellung werde ich mich dafür stark machen, den Film bei Erscheinen nicht ins Sortiment aufzunehmen und entsprechende Kundenanfragen mit einem Hinweis auf die ungeheuerliche Geschäftspraktik von Constantin zu beantworten.


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Sonntag, 10. August 2008
Thema: Hoerkino


Alle drei Jahre, so hat es sich eingebürgert, kommt die Popkultur zum Stillstand. Buchstäblich.

Denn nachdem auf Mitleid Lady schon ewig zu warten ist (und wer weiß, ob diese Impro-MiniLP je erscheinen wird...), steht nun endlich ein regulärer Termin für ein neues Album von Bohren & der Club of Gore, den anbetungswürdigen Meistern der Langsamkeit, fest: Dolores erscheint passend im herbstlich-stürmischen Oktober dieses Jahres, wenn die Band sich erfreulicherweise zudem auf Tour befindet (ein Narr, wer diese Möglichkeit nicht wahr nimmt, Bohren live ist schlicht großartig!). Das Tracklisting liest sich super!

Auf myspace kann man sich von einem neuen, wunderbar melancholisch fließenden Song auf das kommende Album einstimmen lassen ("Unkerich"). Wenn Dolores diesen Standard hält, steht uns ein kleines Meisterwerk ins Haus!

Abschließend noch ein kleiner Rückblick in Videoform:


Prowler (2000)


Midnight Black Earth (2002)


Ein Interview (2005)

Mehr zu hören gibt's auf last.fm und myspace,


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Montag, 28. Juli 2008
» inhalt ~ imdb
» angelaufen.de ~ filmz.de

Vor der Pressevorführung zum neuen Superhypeheldenfilm Dark Knight wollte ich mir Nolans Franchise-Reboot von vor drei Jahren nochmals vergegenwärtigen; seinerzeit hatte ich den Film mit großer Freude im Kino gesehen und als "sehr gelungen" abgespeichert - konkrete Erinnerungen waren indes kaum mehr abzurufen.

Schön, dass auch die zweite Sichtung nicht enttäuscht: Batman Begins ist wunderbar düster und gerade jene besondere Spur zu pathetisch, die ich persönlich am reizvollsten empfinde - weniger wäre allein dem guten Geschmack verpflichtet gewesen (was wirklich keiner ernsthaft wollen sollte), mehr wäre nur mehr aufgeblasen und unerträglicher Kindermist. Nolan - der gerade bei vor allem um die Filmkunst besorgte Kritiker schnell im Verdacht steht, eigentlich nur ein geschicktes Kleverle zu sein (und sicher, mehr als, aber eben, wie ich finde, sehr gediegene, Unterhaltung fabriziert er nicht) - ist in Sachen elegisch-lyrischem noir erfahren genug, um diesem für mich faszinierendsten aller Superhelden (des stehenden Ensembles jedenfalls) genau den richtigen Tonfall zu verpassen.

Dabei unternimmt er einen recht sonderbaren, aber brillanten Zweischritt: Zum einen lässt er Batmans dunklen Seite, in den vorangegangenen, knallig-bunten und schrecklich unansehbaren Batman-Filmen so schmerzlich vernachlässigt, viel Raum und mythologisiert sie regelrecht; zum anderen aber entmythologisiert Nolan nachgerade jene "dunkle Seiten" des Titelhelden, die stets konkret vor Auge standen: Wo hat er seine Gadgets her? Wer bastelt ihm das tolle Auto? Und wieso eigentlich eine Fledermaus? Wurde Batmans Maschinenpark in früheren Filmen stets mit Bruce Waynes unglaublichem Reichtum (allerdings eben unbefriedigend) erklärt, erfährt dieser hier nun eine (wenngleich nicht völlig konsequente) materielle Verankerung im Hier und Jetzt der Figur: Die Batcave ist eine solche ganz buchstäblich und (noch?) weit von jenem unterirdischen Fort Knox mit dem Nimbus des mad scientist entfernt; sämtliche Gadgets müssen erst in Hand- und (dann doch) Laborarbeit erstmal hergestellt und herangeschafft werden. Ein besonderer Aspekt Batmans war schon immer dessen Verwundbarkeit - Batman ist eher man als super: Der Akzent, den Nolan nun in seiner schon im Titel als solche ausgewiesenen Entstehungsgeschichte der Figur nicht nur auf deren seelische Beschädigungen, sondern besonders auf ihre Symbolwerdung und -heranreifung legt, verleiht diesem neuen Batman eine ganz neue Determination: Der Trash-Batman der TV-Serie aus den 60ern bezog seinen Reiz mithin daraus, dass er zu jedem Zeitpunkt und in jeder Problemlage ein (vor allem namentlich) völlig hirnverbranntes, aber gerade jetzt ganz besonders hilfreiches Gadget aus seinem Gürtel zu zaubern vermochte: Technologie als materiell geronnene Magie. Nolans Batman indessen beginnt fürwahr bei Null, wenn jedes Ding zunächst geschaffen, gefertigt und produziert werden muss: Batman, in die Welt geworfen, ent-wirft sich.

Ein bisschen, zugegeben, leidet darunter die Dramaturgie des Films. Nolans noireske Auslotung dieser Person, die sich mühsam zum Symbol aufbaut, nur um - wie Katie Holmes's Figur es am Ende auf einen Satz herunterbricht - darin selbst als persona einzugehen, während seine eigentliche Identität zur Maske wird, greift reichlich Raum; der Blockbuster-Zuckerguss gegen Ende - Gotham droht nach Initiative des teuflischen Scarecrow im Chaos zu versinken - wirkt nachgeschoben, aufgepropft, hektisch auf der Liste abgehakt. Doch dieser Film ist, der Titel sagt es schon, nur der Beginn, das Vorspiel zur eigentlichen Oper: Der Schlussdialog zwischen Commissioner Gordon (großartig und viel zu wenig präsent: Gary Oldman) und Batman ist inhaltlich und funktional ein direkt überleitendes Scharnier zum zweiten Teil und verweist so bereits auf den umfassend epischen Charakter der neuen Batman-Reihe.

Auf deren Fortgang nun bin ich gespannt.


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Friedrichshain always wins

(bzw. Nie! Nie! Nie wieder Kreuzberg!)


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Thema: Hinweise
Hellboy was born in a comic book, but his stunning film presence is the product of the extraordinary imagination of Guillermo del Toro, director of the Oscar-winning Pan's Labyrinth. Here, he opens up the sketchbook in which he captured his vision of the hero of Hellboy 2, and his enemies


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Samstag, 26. Juli 2008
Obwohl es die deutsche Synchro schon eine ganze Weile gibt - irgendein holländisches oder skandinavisches DVD-Boxset der ersten Staffel wies auch eine deutsche Tonspur auf - kommt die Serie Dead Like Me erst heute ins deutsche Fernsehen (genauer gesagt: in etwa einer halben Stunde). SpOn weiß mehr.

Mein Fazit nach der ersten Staffel auf DVD: Liebevoll gemachtes, sehr sympathisches Unterhaltungsfernsehen, das so ein klitzekleines bisschen an diese Serie aus den 80ern erinnert, wo ein Typ quer durch die Zeit reist, um dann irgendwelcher Leute Schicksal zu verändern (zumindest damals fand ich diese recht hübsch). Die Schnoddrigkeit der Hauptdarstellerin jedenfalls ist sehr sweet: So ein bisschen Post-Grunge-Yeah-Fuck-You-Too-Attitüde (was bleibt einem auch schon übrig, wenn man von einer vom Himmel brausenden Raumschiff-Toilette erschlagen wird und fortan als Sensenmannfrau tätig ist?). [und, ach, ich bin wieder felsenfest überzeugt, dass gerade diese spezifisch amerikanische Schnoddrigkeit in der deutschen Synchro ziemlich verhungern wird]

Gewiss, Geschichte wird Dead Like Me nicht schreiben, um netten Zeitvertreib handelt es sich allemal. Eine vorsichtige Empfehlung für Serienjunkies, eine dringende aber für Prokrastinations-Profis.



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Donnerstag, 24. Juli 2008
Thema: Hinweise
Eine autobiographische Reise in die Lektürewelten eines Meßdieners, Teil 1.

Von Wenzel Storch


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Mittwoch, 23. Juli 2008
Thema: literatur
Nur eben durchgegeben und weil Ferien sind, in denen Bücher gelesen sein wollen: Der Alexander Verlag hat, wie ich gerade erst bemerkt habe, vor kurzem die vier Hoke-Mosely-Fälle vom brillanten Charles Willeford zu einem preisgünstigen Paket zusammengeschnürt, das ich dringend empfehle. Eine ausführliche Kritik von Ekkehard hier.


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Samstag, 19. Juli 2008
Thema: Hinweise
Beim einer kleineren Recherche im Rahmen einer mal wieder aufflammenden Begeisterung für den Meister bin ich gerade auf zwei Interviews gestoßen: 1976 ~ 1987


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Freitag, 18. Juli 2008
Ich kann's mir zwar beim besten Willen nicht vorstellen, dass My Name is Earl synchronisiert funktioniert. Und ich kann mir weiterhin nicht vorstellen, dass RTL wirklich an seinen Fang glaubt - angesichts einer Vorstellung der Serie am Freitagabend um 23.30.

Aber sei's drum: My Name is Earl ist eine ziemlich tolle (im Sinne von: sehr unterhaltsame, sehr sympathische) Sitcom - und heute feiert sie auf RTL zur denkbar ungünstigsten Sendezeit Premiere. Knuffige Ideen, feine Umsetzung, liebevoll gezeichnete White-Trash-Charaktere, absurder Humor. Wer's also unbedingt synchronisiert braucht (und ich wiederhole: Ich glaube nicht, dass das funktioniert): Einschalten - und viel Spaß!

» siehe auch spon und faz


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Well, bin dann doch kein Hitflip-Superblog geworden. Gram und Schande für mich, meinem Wahlgefolge indessen bester Dank für alle Mühen! Schade, dass die Bestechungs-, Einschüchterungs- und Bebeischlafungsversuche nicht fruchteten.

Einer merkwürdigen Annotation im Tagesspiegel entnehme ich im übrigen, dass bei dieser Wahl darüber abgestimmt wurde, welche Blogs "sinnvoll" seien. Da meines dies nun also offensichtlich nicht ist, wirdme ich mich fortan verstärkt der Fabrikation von Unsinn, Sinnsuchende seien auf die drei Gewinner verwiesen, die, die Wahl hat's ja entschieden, mit Sinn voll sind.


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Rochus, der mich auf den Trailer stoßen ließ, ist durchaus angetan vom ersten Trailer zu Watchmen, verweist aber auch auf meine Skepsis. Doch sehet selbst:



Und, leider, meine Skepsis wird nicht kleiner [meine Interesse indessen auch nicht]. Und wer Watchmen noch nicht gelesen hat: Investier die zwei, drei Abende, die's dafür braucht! Es lohnt sich - versprochen!


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