Samstag, 22. November 2008
Thema: Kinokultur
Langsam tropfen erste Ergebnisse von der VdFk-Tagung "Im Netz der Möglichkeiten" ins Internet, beispielsweise die zwei sehr guten Vorträge von Ekkehard (Anlass zu Kritik. Schreiben über Film im Netz.) und Volker (Das Schweigen der Weblogs wird unterbewertet).

Einen ausführlichen Tagungsbericht hat Thorsten Funke in seinem Blog veröffentlicht. Nachtrag: Auf critic.de wurde nun Sascha Keilholz' Vortrag zusammen mit einem Statement von Frédéric Jaeger veröffentlicht (in den Kommentaren regt sich eine Diskussion). Für den englischsprachigen Raum findet sich eine detaillierte Zusammenfassung auf GreenCine Daily. Noch ein Nachtrag: Unter den Eindrücken der Tagung unternimmt Lukas in seinem Blog eine Bestimmung der eigenen Position - lesenswert!

Das Feuilleton resümiert. Einmal Bert Rebhandl in der Berliner Zeitung (Die prekäre Freiheit der Kritiker im Netz) und Dietmar Kammerer in der taz (Die große, unbeantwortete Frage). Beide fokussieren die während der Tagung immer wieder schwelende, aber eigentlich eher nebensächliche Frage nach dem Erwerb, der Unterhaltssicherung.

In einem kurzen Statement aus dem Publikum begegnete Holger Twele dieser mit einem insistierenden Plädoyer, sich nicht "ausbeuten" zu lassen und honorarloses Schreiben grundsätzlich zu unterlassen. Auf Cargo denkt wiederum Ekkehard Knörer über diese Wortmeldung nach und formuliert eine vorsichtige Entgegnung (in den Kommentaren erste Reaktionen).

Laut Gerhard Midding, der die Tagung mitorganisiert hat, sollen noch Berichte in epdFilm und bei der Deutschen Welle folgen. Ein Beitrag mit O-Tönen ist noch am selben Abend im Kulturradio gesendet worden. Leider nutzt man dort die Möglichkeiten des Netzes noch nicht im wünschenswerten Maße, eine mp3 der Sendung lässt sich dort bedauerlicherweise nicht anhören.

Zeitgleich veröffentlichte Christoph Hochhäusler, der auf der Tagung, trotz zeitweiliger Anwesenheit, in erster Linie (running gag) vermisst wurde, einen Essay zur Filmkritik im Netz in der Zeit, der allerdings von der Tagung, soweit ich's überblicke, unabhängig entstand: Kleines Einmaleins der Filmkritik. (zudem auf Hochhäuslers Blog ein kleiner Nachtrag inkl. Lob für den Filmkultur-Newsticker Filmzeit.de, deren Betreiberin Ines Walk auf der Tagung ihr mit viel Idealismus auf die Beine gestelltes Projekt näher vorstellte)

Mir selbst gefiel's - hier mal mehr, da mal weniger - im Großen und Ganzen sehr. Seltsam, auf so einem Podium zu sitzen. Schön, endlich einmal "the most powerful person in the blogosphere" (cineaste.com) in personam getroffen zu haben, David Hudson. There's a cup of delicious coffee waiting for you in the Filmkunst Rental Store - hope to see you soon!


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Thema: videodrome
Auch wenn es sich wohl schon hinreichend herumgesprochen hat, will ich noch darauf hinweisen, dass das medial-philosophische Kollektiv Monty Python seit wenigen Tagen einen eigenen Kanal auf YouTube unterhält. Und wenn man dem (ziemlich tollen) Eingangsstatement glauben darf, mitunter auch als Reaktion auf die durch die Onlinestreaming-Kultur neu geschaffenen Fakten. Dass sich dies zum Nachteil der Pythons auswirken wird, steht kaum zu erwarten. Ein weiteres Beispiel dafür, dass es eher lohnt, sich auf die neuen Möglichkeiten einzulassen, anstatt sie zu inkriminieren.





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Freitag, 21. November 2008
Thema: Kinokultur
Doch nicht, wie behauptet, morgen, vielmehr schon gestern, parallel zur hier angekündigten Tagung, ging die komplementär(-eigenständige) Website des ab kommenden Februar erhältlichen Filmmagazins Cargo ans Netz.

Und den hohen Erwartungen wird leicht entsprochen: Versteht man den Start als Versprechen für Zukünftiges, als eine Perspektive auf Mögliches, könnte sich hier etwas sehr gutes entwickeln (zuzutrauen ist's den Machern ja ohnehin allemal). Ein Sammelbecken, ein publizistisches Forum, ein Bezugspunkt für die (Berliner?) Cinephilie (über diesen lokalen Rahmen hinaus) vielleicht?

Jedenfalls: Das fühlt sich gut an. Das sieht gut aus. Gut gemacht.

[allein Feeds fehlen bislang, kommt noch?] feeds kommen!


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Mittwoch, 19. November 2008
Thema: good news
Es geschehen seltsame Dinge. So ist Jess Franco, der wohl umtriebigste aller Schmuddelfilmer der einstigen Europudding-Szenerie und gewiss einer der ganz wenigen wirklichen auteurs im Bereich des Exploitation-Kinos, in seiner spanischen Heimat mit dem Goya Award für sein Lebenswerk ausgezeichnet worden. Hätte ich, ehrlich gesagt, nie gedacht, dass sowas mal geschieht. (Man stelle sich vor Siggi Götz, eine Weile lang durchaus im selben Bereich tätig, und der Deutsche Filmpreis... ... andererseits, die Jungs arbeiten vermutlich schon dran)

Jedenfalls, hier mehr.


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Die (Zeitungs)Spatzen preifen's von den Dächern: Werner Herzogs (ziemlich guter) Encounters at the End of the World ist für den Oscar in der Rubrik "Bester Dokumentarfilm" zwar noch nicht nominiert, aber wenigstens in die Shortlist der 15 Dokumentarfilme aufgenommen, aus denen schließlich die fünf Endnominierten hervorgehen.

Natürlich freut mich das sehr.

Wichtiger als die patriotisch angestrichene Säuselei aber, dass ein "deutscher Regisseur" in Oscarnähe gerückt ist, wären wohl ein paar die Perspektive gerade rückende Hinweise. Beispielsweise, dass Herzog seit Jahren und wohl auch mit bestem Grund nicht mehr in Deutschland produziert und dreht. Und dass Herzogs Filme seit Jahren in Deutschland kaum mehr wahrgenommen und meist auch gar nicht mehr ins Kino gebracht werden (selbst ein dank Christian Bale problemlos vermarktbarer Film wie Rescue Dawn findet mit Verspätung nur als DVD-Premiere seinen Weg hierher). Dass er sich seit einiger einer unglaublichen Aufmerksamkeitswelle in den USA erfreut, die hierzulande so gar keine Entsprechung im Blätterwald genießt (schöne Ausnahmen: 1, 2). Der Prophet, das eigene Land, usw.

Aber gut. Freuen wir uns einfach, drücken wir die Daumen. Und für was gibt es DVD-Importe und das Internet für den Informationsaustausch:





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Dienstag, 18. November 2008
Thema: DVDs
Auf die (relativ) neue DVD-Reihe "Deutsche Thriller" der Süddeutschen Zeitung bin ich erst jetzt bei Einkaufsrecherchen für die Videothek gestoßen. Und ich muss sagen: In der langen Kette bislang einigermaßen sinnbefreiter Zeitungs- und Magazin-DVD-Reihen ist diese, zumindest in Deutschland (die zum Österreichischen Film vom Standard war nämlich zuvor schon richtig Klasse!), wohl wirklich die erste sinnvolle ihrer Art.

So liegen dank dieser Reihe nun endlich auch Christian Petzolds Fernsehfilm Toter Mann (jump-cut.de) und Dominik Grafs Der Skorpion auf DVD vor. Und als wäre das nicht schon genug Grund zur Freude, ist vor wenigen Tagen auch noch Grafs wirklich ganz und gar hervorragender Fernsehkrimi Eine Stadt wird erpresst, zu dem ich hier schon ein wenig geschrieben hatte, erschienen. Meine wärmste Empfehlung!

Überhaupt sind es gerade gute DVD-Zeiten für Dominik Graf: Parallel erschien sein herausragender Das Gelübde (mehr), gefolgt von seinem Die Katze am 04.12.


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Donnerstag, 13. November 2008
Thema: videodrome
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Auf Film Studies For Free ist heute eine ziemlich gute Auflistung von frei zugänglichen (weitgehend) filmwissenschaftlichen Texten (Büchern, Artikeln, etc.) online gestellt worden. Erfreulicherweise ist die Liste nicht statisch, Updates sind für die Zukunft angekündigt.

Definitiv durchforstens-, bookmarkens- und downloadenswert!


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Mittwoch, 12. November 2008
Nach dem doch überaus mäßig geratenen La Terza Madre wartet nun alle Welt, mindestens aber die Freunde des italienischen Genrekinos, auf Giallo, den neuen Film von Dario Argento, und erhofft sich schon des Titels wegen eine Rückkehr zu alten Glanzzeiten.

Ein erstes Promo Reel ist nun dieser Tage aufgetaucht. Bei Peter Noster bin ich drauf gestoßen.

Fazit: Der Hocker befindet sich noch spürbar unter mir.



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Und noch eine Sache, auf die ich längst hinweisen hätte sollen: Das Projekt Kunst der Vermittlung erforscht die die Filmgeschichte supplementierende, flankierende, analysierende und kommentierende Filmgattung des "filmvermittelnden Films", dokumentarische Filme also, deren konkreter Gegenstand andere Filme sind.

Auf der Website stellt sich das Projekt aus dem newfilmkritik-Zusammenhang und seine Arbeit vor und verweist auf filmvermittelnde Filme vermittelnde Filmveranstaltungen (nicht nur) in Berlin.


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Thema: Kinokultur
Vielleicht wurde schon bemerkt, dass die Website von Jump Cut zuletzt nurmehr eine rätselhafte Ankündigung aufwies: "Jump Cut geht, Cargo kommt." (wenn nicht, bemerken Sie's eben jetzt).

Was ich aus privaten Mails bislang zu Ohren, resp. Augen bekommen habe, lässt folgenden Schluss schon jetzt zu: Mit der Website/Zeitschrift-Kombination Cargo kommt was wirklich, wirklich Gutes auf uns zu (dafür garantiert, sag ich jetzt mal so, schon die Redaktion verlässlich: Ekkehard Knörer, Bert Rebhandl und Simon Rothöhler). Und, auch sehr (sehr, sehr!) schön: Es wird multimedial werden. Auf YouTube ist ein Cargo-Channel bereits eingerichtet. Erster Beitrag: Ein Ausschnitt aus einem Gespräch mit dem philippinischen Regisseur Lav Diaz, dem zuletzt im Kino Arsenal eine Werkschau (Programmtext ~ Perlentaucher ~ Lukas) gewidmet war.



Mehr dann zum Website-Launchtermin am 22.11. - die Zeitschrift wird ab Februar 2009 erhältlich sein. Ich freue mich.


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Bereits gestern startete im stets engagierten Berliner Kino Central die Filmreihe In This World - Film, Gegenwart, Politik.. Die Reihe ging als Projekt aus einer gleichnamigen (und von mir aus Zeitgründen schweren Herzens leider nicht besuchten...) Veranstaltungsreihe am quasi benachbarten Kulturwissenschaftlichen Seminar der Humboldt-Universität hervor und wird von Kommiltonen unter der Anleitung von Sebastian Gießmann organisiert.

Besonders empfehlen kann ich den beklemmenden Jesus Camp (9. Dez.) und (blind vertrauend) Hamburger Lektionen (11.Dez.), [und weil ich es ein wenig schade finde, dass das asiatische Kino ziemlich unter den Tisch fällt, empfehle ich noch flankierende Privatsichtungen von Blind Shaft und The World, die in den üblich verdächtigen Berliner Programmvideotheken leicht aufzutreiben sind).


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Thema: Kinokultur
Am 20.11. lädt der Verband der deutschen Filmkritik alle Interessierte ins Berliner Filmhaus beim Potsdamer Platz zum Symposion Im Netz der Möglichkeiten - Filmkritik im Zeitalter des Internet ein.

Unter der Moderation von Claudia Lenssen (u.a. taz, Deutschlandradio, etc.) wird es Rede- und Diskussionsbeiträge von Rainer Rother (Deutsche Kinemathek), Gerhard Midding (VdFk, epdFilm), Ekkehard Knörer (u.a. Perlentaucher, Cargo), Thierry Chervel (Perlentaucher), Frédéric Jaeger (critic.de), Hanns-Georg Rodek (Welt), Ines Walk (moviepilot.de), Volker Pantenburg (newfilmkritik), Michael Baute (newfilmkritik,Kunst der Vermittlung), Sascha Keilholz (critic.de) sowie auch einige Zuckungen eines Totgesagten geben.

Weitere Informationen hier, der Eintritt ist frei.


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Dienstag, 16. September 2008
Thema: Hinweise
Zur besonderen Beachtung - und jede Weiterleitung/Unterstützung durch E-Mails, eigene Blogeinträge, Forenhinweise, Artikel in Zeitungen oder Websiten ist natürlich dringend erwünscht!

Das Wichtigste in aller Kürze: Gedreht werden soll: Ein Dokumentarfilm. Aus dem wahren Leben. Die Zeit drängt. Es fehlen 15.000 Euro. Wir brauchen jede Hilfe.

Die Mühlen der Filmförderung mahlen langsam. Und gerade die guten Geschichten aus dem wahren Leben sind es, für die die Fördermaschinerie hoffnungslos zu langsam mahlt. Zum Beispiel im Falle der Geschichte des Kochs Milosch in Serbien, der 1991 wegen des Bürgerkriegs Kroatien verließ und dabei auch seine Liebe Mirna zurück lassen musste, ohne dass sie ihm seither je aus dem Sinn gegangen wäre. Und der nun die Möglichkeit hat, in Zagreb ein Restaurant zu eröffnen - und somit auch, nach Mirna Ausschau zu halten.

Mein Freund und Arbeitskollege Wolfang Reinke, dessen Film Nicht Böse Sein! zuletzt mit viel Kritikererfolg im Kino lief, plant, den Verlauf dieser Geschichte dokumentarisch festhalten.

Nur: Das Budget muss in zwei Wochen stehen. Benötigt werden 15.000 Euro. Viel zu wenig Zeit für einen Förderantrag.

Aber: Viel Zeit für eine vielleicht viel zu verrückte Idee. Gemeinsam suchen wir nach Filmpaten, die mit 50€ (und gerne mehr) einspringen und diesen Film fördern wollen, die diese Geschichte fördern wollen.


Zu diesem Zweck haben wir ein Weblog eingerichtet, wo sich weitere Informationen finden:

Mirna-Film

Wenn das Internet am laufenden Band Meme hervorbringen kann, dann kann es mit vereinten Kräften doch wohl auch die Geschichte von Milosch und Mirna ins Kino bringen. Vielleicht sind Wolle und ich auch einfach nur zu verrückt und naiv - und an Dir und Dir, und auch an Dir, ist's nun gelegen, das Gegenteil zu beweisen!

Und nochmal: Wenn Du das für eine gute Idee hältst, wenn Du glaubst, dass das ein lohnenswerter Film sein könnte, wenn Du glaubst, dass man Filme auch ungewöhnlich realisieren kann, und wenn Du in irgendeiner Weise einen Schneeball weiterwerfen kannst - sei es im Blog, als Mail an die richtigen Leute, als Sponsor mit einem Faible für ungewöhnliche Ideen, sei es im Webforum oder als Autor für eine Zeitung - , dann meine Bitte: Support us! Danke! :-)


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Sonntag, 14. September 2008
Gerade erst habe ich jene Passage zu Beginn von Musils Mann... gelesen, wie man plangemäß durch eine Tür zu schreiten habe, da stößt nur kurz darauf in Godards Bande à part einer der beiden Ganoven beim Bruch ins Haus der alten Dame so beiläufig wie auffällig an den Türrahmen, als würde er Musils Darlegung ad absurdum führen wollen.


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Mittwoch, 10. September 2008
Thema: Hinweise
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Zwei interessante Kinoempfehlungen für die morgigen Kinostarts von Lukas und Ekkehard.


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Montag, 8. September 2008
Thema: good news


Eher zufällig gewahrte ich gerade, dass am vergangenen 04. September auch Johnnie Tos entzückender Sparrow einen klitzekleinen Kinostart hatte. Die Möglichkeit zur Kinosichtung wird wohl dennoch den wenigsten offenstehen, sollte sie sich aber dennoch bieten, rate ich dringend zum Kinobesuch. Sparrow war für mich eines der Highlights dieser Berlinale. Und jeder Versuch eines hiesigen Filmverleihers, dem Regisseur Johnnie To ein (Kino)Forum zu bieten, sollte unterstützt werden.

[Und doch tut's auch ein bisschen weh: Im Februar noch in den größten Festivalkinos der Berlinale, im September nur mehr bundesweit in einem einzigen, kleinen Programmkino.)


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Deadlock im Tilsiter, ein rabaukiger Film in der eher rabaukigen Kinokammer in Friedrichshains ziemlich rabaukigem Nordkiez. Is' klar, das wird eine Vorführung, an die man noch denken wird. Nicht nur, weil der Berliner Undergroundfilmer Carl Andersen, durchaus berüchtigt, auch im Publikum sitzt und gleich noch zwei Hunde mit im Schlepptau hat. Sondern auch weil Roland Klick, Regisseur des Film, bald 70, doch noch immer agil und hungrig, obwohl ihm schon Dennis Hopper mal den Fuß gebrochen hat, anwesend ist.

Der Film selbst: Großartig, zumal hier, wo er hingehört: Im/ins Kino. Muss man nicht groß drüber reden.

Denn danach: Anderthalb Stunden Anekdoten aus erster Hand. Natürlich: Basteln am eigenen Mythos, aber man will ja auch gar nichts anderes. Klick zunächst im Schneidersitz auf einem Tisch, doch springt er immer wieder auf, spielt nach, gestikuliert, eine unglaubliche Vitalität - die aber nichts aggressives für sich hat. Nur einmal, sagt er, hat er auf einem Set geschrien: Weil der Produzent 1.500 Mark sparen wollte - und damit eine Kettenreaktion in Gang gesetzt hatte, an deren Ende ein Verlust im sechsstelligem Bereich zu verzeichnen stand.

Wie fremd da alles Buhlen um Filmpolitik und Fördergelder wirkt (gerade auch wieder im Blog eines deutschen Regisseurs), wenn man hört, wie Klicks Crew da in Israels Wüste hockte und es keinen Weg zurück gab. Ein Produzent aus Deutschland - ein obskurer Film hatte gerade Kohle in die Kasse geschwemmt - hilft so gerade aus: Wenn Du es da raus schaffst, warten hier 50.000 Mark auf dich. Die Produktionsgelder, läppische 250.000 Mark, hatten gerade mal so den Dreh finanziert, Klick erwarten 1 Million Mark Schulden, zunächst. In Cannes soll der Film gezeigt werden: Ein Strohhalm bei solchem Kontostand. Regisseure, die, so Klick, "lieber ihre Intelligenz verfilmen als einen intelligenten Film zu machen", betreiben Lobbyarbeit: "Läuft dieser Film in Cannes, ist der junge deutsche Film ruiniert." 1 Million Mark Schulden - drei Tage später ist der Film aus dem Festival raus. Klick nimmt's, heute jedenfalls, mit größtem Humor, den nur der immer Außenstehende entwickeln kann. Wie ihm überhaupt nichts Bösartiges eignet, im Gegenteil: Er vertritt noch immer seinen Standpunkt, Häme oder Aggression sprudeln aus ihm indessen nicht. Schlussendlich gelingt diesem Abenteuerfilm/Filmabenteuer doch noch das Unglaubliche: Die Refinanzierung, Klick schuldenfrei.

(Andersen unterdessen, mit Hunden und Muse, hat den Saal verlassen, nicht ohne noch ein lautstarkes "Ihr Vollidioten" von sich zu lassen)

Es gab noch so viel mehr zu erzählen, aus Klick sprudelte es nur so, waren die richtigen Fragen seitens des Publikums erstmal gestellt. Ein bisschen ließ er sich freilich auch feiern, doch sei dieser Ruhm von Herzen gegönnt. Ein wunderbarer Abend: Kino nochmal von unten, von der Seite - mit ordentlich Hunger im Magen. Wenn Du einen Film drehen willst, dann raub eine Bank aus, hat Werner Herzog einmal gesagt.

Die Roland-Klick-Retrospektive läuft in den Tilsiter Lichtspielen mit zahlreichen Wiederholungen der einzelnen Filme noch bis 24. September und ist unbedingt zu empfehlen.



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Thema: Hinweise
Film Studies for Free

Commentary on and links to online open-access film studies resources of note, by Catherine Grant


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Oberhaching. 13-Jährige stürzt sich beinahe in den Tod. Ist Tykwer schuld?

Wolfgangsee. Sascha Hehn schämt sich lautstark, indes nicht dessen: »Seine Filmografie reicht von Heimatfilmen in den Sechzigern über zahlreiche Softsex-Rollen in den Siebzigern ("Mädchen beim Frauenarzt", "Schulmädchen-Report") bis zu den Kult-Schmonzetten "Traumschiff" und "Schwarzwaldklinik".«


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Mittwoch, 3. September 2008


Morgen läuft Andreas Dresens neuer Film Wolke 9 in vermutlich viel zu wenig Kinos an. Ein wirklich schöner Film über Liebe und Sex im Alter, der Spekulation und Tabubruch so beiseite lässt, dass er sie noch nicht einmal ignoriert, und sich in meisterlicher Reduktion den Details und dem Wesentlichen nähert. Mir hat er sehr gut gefallen, weshalb ich ihn dringend empfehlen möchte, einen ausführlicheren Text gibt's im Perlentaucher zu lesen, wo Ekkehard Knörer zugleich noch Tasogare bespricht, den vermutlich ersten Pinku Eiga mit deutschem Kinostart. Von den zeitgenössischen Beiträgen zu diesem Genre hat mich bislang noch nichts begeistern können (viele Expeditionen wurden jedoch noch nicht unternommen), Tasogare könnte hier, auch Lukas' Kritik zufolge, die erste Ausnahme darstellen.


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Dienstag, 2. September 2008
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Er kommt fast jeden Tag. Immer jedenfalls, wenn ich in der Videothek arbeite und an anderen Tagen sehe ich ihn auch oft vor "unserem" Laden sitzen. Manchmal sitzt er auch vor anderen Cafés. Das sei ihm auch gegönnt, variatio delectat. Aber meistens ist er hier.

Meist kommt er schon um die Mittagszeit. Bleibt oft bis abends oder gar bis in die laue Nacht hinein. Dann sitzt er auf einem der Stühle vor dem Laden, dreht sich Kippen, oder holt sich von nebenan eine Mahlzeit. Etwa stündlich kommt er rein und sagt mit unendlicher Demut "Can I have a cup of Grüner Tea mit Sugar, please?". Mit einer fast pergamentenen Stimme. Den kriegt er dann auch und trinkt ihn, wenn sie scheint, in der Sonne. Einen Film hat er, glaube ich, noch nie geliehen.

Gerne lädt er mit derselben Stimme Passanten, wildfremde, ein, sich doch zu ihm gesellen. Zum relaxen. Meist lädt er sie auch zum Grünen Tee ein. Letztens saß ein merkwürdiger Clown fast eine Stunde lang neben ihm. Kaum einer geht weiter, fast alle bleiben einen Moment, manche eine Weile. Ein gegenseitiges Kommen und Gehen im jeweiligen Leben.

Ein angenehm rätselhafter Mensch, vielleicht der erste, von dem ich sagen würde, er ist so entspannend wie eine behäbig durch die Wohnung flanierende Katze.


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Sonntag, 31. August 2008
Thema: videodrome
Charles Wilps Werbeclip für Afri-Cola aus den 60er Jahren gehört bis heute zu den sonderbarsten, aber auch großartigsten und vor allem irritierendsten Vertretern seiner Gattung. Auf eine diffuse Art punk avant la lettre - und man kann sich heute vermutlich kaum mehr vorstellen, wie dieses kleine Schmuckstück einer Kunst des Bizarren auf seinerzeitige Gemüter gewirkt haben mag.

In der FAZ befasste sich vor kurzem ein Artikel mit diesem Clip, auf YouTube gibt es zumindest eine Version davon (mir scheint, es gibt noch eine etwas längere, noch fiesere Fassung):



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Soilworker weist in den Kommentaren darauf hin, dass der kürzlich von mir empfohlene Deadlock auf arte nicht nur wiederholt wird, sondern auch im Streamingangebot des Senders zum Abruf steht, wenngleich aus jugendschutzrechtlichen Gründen nur nachts.

Und Markus verdanke ich die Information, dass in meiner Nachbarschaft die erfreulich ambitionierte Kino-Kiezspelunke Tilsiter Lichtspiele eine Klick-Retrospektive veranstaltet, zwei Vorführungen davon in Anwesenheit des Regisseurs (was, wenn sich die Raumbedingungen dort seit meinem letzten Besuch nicht geändert haben, soviel heißt wie: plauschige Wohnzimmer-Gesprächsrunde). Und wer noch ein bisschen Anschubhilfe benötigt, liest einfach Ekkehards schöne Besprechung von Klicks Supermarkt in der taz.

Weiterführend:
rolandklick.de ~ wikipedia ~ imdb



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Donnerstag, 28. August 2008
Thema: TV-Tipps
A

Heute Nacht auf arte: Roland Klicks vom Italowestern beeinflusster Wüstenthriller Deadlock (siehe auch hier) mit einem grandiosen Mario Adorf und dem heimlichsten größten Star des deutschen Nachkriegskinos, Marquard Bohm. Der Schutzheilige des Mitternachtskinos, Alejandro Jodorowsky, meinte über diesen Film einmal: "Deadock ist fantastisch. Ein bizarrer, glühender Film" - Dem ist von meiner Seite an dieser Stelle eigentlich nichts mehr hinzuzufügen (davon abgesehen, vielleicht, dass Supermarkt, auch von Klick, sogar noch einen Tick besser ist).

Mehr Informationen und ein Interview mit Klick auf der Website des Senders.


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Wer als Kind schon Horrorfilme und Gewaltspiele konsumiert, wird als Jugendlicher eher zu Gewalttaten neigen.
So hat es, der taz zufolge, eine Studie als Fazit formuliert.

Eine Kurve weiter scheint allerdings nicht gedacht zu werden: Kinder, die eben als Kinder schon regelmäßig Horrorfilme schauen und "Gewaltspiele" spielen, werden dies kaum in Familien tun, in denen Nestwärme herrscht oder die sich anderweitig durch gefestige Zusammenhänge ausweisen. Ich würde sogar die Vermutung wagen, dass es sich vorwiegend um desolate Familien handelt, in denen Kinder mit ihrem Medienkonsum auf sich alleine gestellt sind, die also von ihren Eltern beim Medienkonsum weder begleitet werden, noch mit ihnen darüber ein Gespräch führen können. Das nennt man soziale Verwahrlosung - und die manifestiert sich eben nur in kleinbürgerlichen, deutschen Spießeraugen in räudigem Erscheinungsbild, kennt in Wahrheit aber noch ganz andere Dimensionen.

Man darf sich auch die Frage stellen, welcher Umgang mit Gewalt in solchen Familien herrscht.


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