Mittwoch, 11. November 2009
Gerade kam die Pressemitteilung der Berlinale reingeflattert, dass das Festival sich zum 60. Geburtstag selbst zum Thema der Retrospektive machen wird. Unter dem Titel Play it Again sollen 60 Jahre Berlinale-Geschichte in den Blick genommen werden. Die Zusammenstellung mit Filmen aus allen Sektionen des Festivals kuratiert der Filmkritiker David Thomson.

Die bereits feststehenden Filme habe ich im ersten Kommentar zu diesem Posting aus der Pressemitteilung zitiert.


° ° °




Donnerstag, 22. Oktober 2009
Thema: Kinokultur
Ekkehard Knörer antwortet im Perlentaucher auf die gestrige Replik von Wolfram Schütte.

(Ich darf vielleicht anfügen, dass ich diese Debatte für die spannendste seit langer Zeit halte. Den Krempel, den sich da ein paar alte alimentierte Männer in der FAZ gerade um die Ohren hauen? Pff.)


° ° °




Im Überbau habe ich schon darauf hingewiesen, hier will ich's gerne nachreichen: Die Tilsiter Lichtspiele in Berlin/Friedrichshain bringen auch in diesem Jahr eine Reihe mit den Filmen von Roland Klick.

Die Reihe beginnt heute Abend. Bei der Vorführung von Supermarkt (vgl. diese zu Recht euphorische DVD-Kritik) am morgigen Abend wird Klick persönlich anwesend sein und vermutlich wie von ihm gewohnt sehr kurzweilig und ausführlich Anekdoten seines bewegten Lebens zum Besten geben. Ebenso am 29.Oktober, wenn in der Reihe Bübchen läuft. Alle genauen Informationen finden sich auf der Website des Kinos.

Meine wärmste Empfehlung!



° ° °




Mittwoch, 21. Oktober 2009
Thema: Kinokultur
Im Perlentaucher zeichnet sich eine Haneke-Debatte ab.

Letzte Woche erschien Ekkehard Knörers (beißende) Kritik zu Das weiße Band, die darüber hinaus Hanekes Werkkonzeption im Allgemeinen kritisiert (und mir, nebenbei, weitgehend aus der Seele spricht).

Heute schreibt, ebenfalls im Perlentaucher, Wolfram Schütte eine nicht minder beißende Replik zur Errettung Hanekes, die die Kritik an dem Regisseur zu einer Frage der Therapierbarkeit erklärt. Annahme: Der offenbar schwelende deutsche Hass auf Haneke sei, womöglich, in einer Psychose begründet. (etwas eigentümlich muten vor dieser Annahme die hier notierten Jubelarien des - deutschen - Feuilletons an)

Ich bin gespannt auf Ekkehard Knörers Antwort.


° ° °




Samstag, 10. Oktober 2009
Thema: Hinweise
Der Filmgelehrte Christian Keßler bewirbt in einer Ansprache auf YouTube sein nach langen Jahren des Wartens, Hoffens und Bangens offenbar wirklich in absehbarer Zeit erscheinendes Buch Die läufige Leinwand über den us-amerikanischen Pornofilm der 70er Jahre. Ich freue mich!



° ° °




Freitag, 2. Oktober 2009
Das ziemlich großartige Star Wars Uncut-Projekt, dessen Endergebnis ich entgegen fiebere, seit ich drüben bei René davon gelesen habe, nimmt endlich Formen an. Einen ersten Trailer hatte heute DVDuell - und der sieht wirklich große, große Klasse aus:

Star Wars: Uncut Trailer from Casey Pugh on Vimeo.



° ° °




Thema: Hinweise
Mit der 52. Ausgabe präsentiert sich das cinephile (und ziemlich großartige) Onlinemagazin Senses of Cinema im von Grund auf erneuerten Design. Erster Eindruck: Schick und zeitgemäß, ohne zu große Zugeständnisse an ornamentalen Tinnef - der Text, dessen Lesbarkeit und der schnelle Zugriff auf Inhalte stehen noch immer im Vordergrund. Und: Endlich gibt es Feeds! Fazit: Rundum gelungen!
» senses of cinema


° ° °




Donnerstag, 1. Oktober 2009
Thema: videodrome
Das British Film Institute in London zähle ich zu den schönsten und angenehmsten der mir bislang bekannten großen Kinematheken. Derzeit läuft dort eine Reihe mit Sexploitation-Filmen der späten 60er und frühen 70er Jahre (an dieser Stelle ein Wink mit dem Zaunpfahl Richtung Potsdamer Platz), passend dazu hat der "Guardian" ein Videointerview/-feature auf seine Website gepackt, das sich zwar leider nicht einbetten, aber immerhin noch verlinken lässt:
» sexploitation films

(via)



° ° °






Seit Mitternacht stehen die Zeichen nebenan im Filmkunst-Cinethekenblog auf Halloween: Jede Nacht bis Halloween gibt's pünktlich zur Geisterstunde einen schnieken Trailer aus dem reichen Fundus der, ich sag mal, halloween-affinen Filmgeschichte. Ich freu' mich!
» Halloween Countdown

(und noch ein Hinweis: Countdown to Halloween heißt wirklich nur sehr zufällig so, ist aber ein schickes Ding: Eine Art Halloween-Blogosphären-Kompass für die nächsten vier Wochen)



° ° °




Donnerstag, 24. September 2009
Thema: Hinweise
Heute ist nebenan beim Perlentaucher ein Artikel von Lukas über Liebeswunden und einer von mir über Louise hires a Contract Killer erschienen.


° ° °




Thema: Hinweise
Werner Herzog lädt zur Rogue Film School. Was der Guardian schreibt, kling sympathisch:
"The Rogue Film School is not for the faint-hearted," said the film-maker. "It is for those who have travelled on foot, who have worked as bouncers in sex clubs or as wardens in a lunatic asylum, for those who are willing to learn about lock-picking or forging shooting permits in countries not favouring their projects.

"In short: it is for those who have a sense for poetry. For those who are pilgrims. For those who can tell a story to four-year-old children and hold their attention. For those who have a fire burning within. For those who have a dream.

"Censorship will be enforced," added Herzog, declaring: "There will be no talk of shamans, of yoga classes, nutritional values, herbal teas, discovering your Boundaries and Inner Growth." Students should not bring their laptops, he said, likewise mobile phones or pagers.

Was mir fehlt: Eine Anleitung zum Bankraub. Den hatte Herzog im großartigen Buch Herzog on Herzog noch allen angehenden Filmemachern empfohlen, auf dass sie sich nicht der Filmförderung preisgeben müssen.



° ° °




Thema: festivals


(via)


° ° °




Montag, 21. September 2009
Thema: videodrome
Was für eine seltsame Geschichte BoingBoing da ausgegraben hat:
When we got out of college, my buddy Josh Dolgin and I set out to make an eight-minute cartoon. We figured it would take us three months. The plan was to use the cartoon to get a TV show and become rich and famous. None of this came to pass.

Instead, we spent three years making a 45-minute weirdo sci-fi hiphop buddy film. We nearly lost our minds and our friendship in the process. The resulting cartoon (we were told) was too strange for TV and too long for film festivals. The whole thing amounted to nothing: a fiasco, a waste of time. Had we spent three years playing with Lego and poking each other in the gums, it would have been just as productive. [...]

The other week I watched 500 Pound Planet for the first time in five years. I was afraid it would make me cringe, but it didn't. I like our cartoon! It's messy and ambling, but I think it's got soul and does a pretty good job of capturing what our lives in Montreal were like at the time. Instead of feeling guilty about wasting three years making it, I now feel guilty at having abandoned it.
Und Stück für Stück wandert dieser obskure Film deshalb ins Internet. Kapitel 1:

Prelude ~ 500 Pound Planet from Jesse Brown on Vimeo.



° ° °




Freitag, 18. September 2009
Das Kino Arsenal präsentiert seine, meines Erachtens, Kernreihe - die Magical History Tour, die früher noch den Beisatz "in 365 Filmen" trug - mit neuer Konzeption. Statt eine Reise durch und einen Begriff von Filmgeschichte zu präsentieren/formulieren, steht nun, so lässt der erste Zyklus bereits erahnen, eine zur Beliebigkeit verwässerte Irgendwas-mit-Klassikern-Reihe auf dem Programm. Lukas hat im Überbau bereits seine Gedanken dazu veröffentlicht, denen ich mich im Großen und Ganzen anschließen kann.

Die Reformbedürftigkeit der Reihe steht außer Frage - Lukas kommt auf entsprechende Problemfelder zu sprechen. Die Annäherung ans Publikum, die im ersten Durchlauf der Reihe nach dem (ebenfalls mitunter kritikwürdigen) Relaunch vor einem Jahr spürbar wurde, empfand ich nicht als völligen Fehlgriff (denn genau dieser Widerspruch zwischen Kommerz und Kunst, zwischen subjektiver Vision und kollektivem Arbeitsprozess zeichnet Film meines Erachtens am meisten aus). Aber eine im Endeffekt konzeptuell entkernte, auch vom Umfang her radikal zusammen geschnurrte (im Oktober laufen neun Filme wo früher 31 liefen!) Filmabfolge kann für sich indessen kaum noch den Anspruch vertreten, "Filmgeschichte" abzubilden. Zumindest drängt sich bei Betrachtung der ersten Staffel im Oktober unweigerlich der Eindruck auf, Filmgeschichte sei in Zukunft auch von herkömmlichen Eck-Videotheken mit Arthaus-Ecke ohne weiteres als Zusammenhang transportierbar. Ich kann nicht glauben, dass man im Arsenal das glauben kann.

Ich für meinen Teil finde es schade, endlos schade, dass es fortan im Herbst/Winter keine geballten Stummfilmprogramme, dass es keine dicht programmierten Überblicke mehr über das klassische Hollywood-Genrekino der 30er Jahre geben soll.


° ° °




Dienstag, 15. September 2009
Thema: good news
Ich habe die letzten Tage ein bisschen gebastelt und darf's nun offiziell im Web begrüßen: Das Cinetheken-Blog der Programmvideothek, in der ich mir meine Brötchen verdiene. Laut Qype sind wir immerhin die beste Videothek in Berlin (was ich, der Fairness halber, wenigstens mit einem ganz neidlosen "Aber nicht doch..." quittieren möchte), laut plomlompon zumindest aber "die gemütlichste Cinephilen-Videothek Berlins".

Was ich da vorhabe: Links und Zeug posten, was an interessantem auf meinem Radar auftaucht. Verbunden mit Links in unsere (leider nur Kunden zugängliche) Online-Datenbank als Service für unsere Kunden. So ein bisschen wie das, was da drüben ganz rechts in der Spalte unter "Le salon" mittels delicious-Feed bereits seit geraumer Zeit geschieht, nur eben in Blogform, bunter, multimedialer, ausführlicher, vielleicht sogar noch sexier! Ich denke also, auch Nicht-Kunden sollten Gefallen daran finden (und, hey, Du lebst in Berlin? Dann lässt sich das mit der Nicht-Kundenschaft auch ziemlich einfach ändern!)

Jedenfalls, ich hoffe, mein kleines Baby weiß zu gefallen (ein wenig Bastelei wird's die Tage zudem noch geben). Und wer ein eigenes Blog, Twitter, Facebook, irgendwas-Dingens hat, darf natürlich gerne rüberlinken. All help appreciated! :)

[[Dass dies ein wenig von dem abgeschaut ist, was David Hudson seinerzeit bei GreenCine geleistet hat, lässt sich kaum verhehlen und ich habe das auch nicht vor. Eine so akribische Chronistenarbeit wie David sie derzeit für TheAuteurs hier stemmt werde ich nicht leisten können und es ist auch gar nicht mein Ziel. Eine eigene Note kriege ich hoffentlich dennoch rein. And, David, just in case you read this: There's still a nice cup of coffee waiting for you in Friedrichhain - just drop me a line!]]



° ° °




Sonntag, 13. September 2009
Thema: videodrome
Bei der gestrigen Demo in Berlin kam es am Rande des Geschehens zu Polizeiübergriffen:

freiheit statt angst / freedom not fear - demo 12.09.2009 from Gerd Eist on Vimeo.

Auch einfach, weil ich solche Szenen in meinem bewegten Leben schon häufiger miterlebt habe, bin ich von erschrockenem "Skandal!"-Rufen weit entfernt. Ein ordentlicher Karriereknick sei den betreffenden Beamten dennoch von ganzem Herzen gewünscht.

Update 1: Der Rechtsanwalt Stefan Richter hat Strafanzeige erstattet.

Update 2: In einer sehr wischiwaschi formulierten Pressemitteilung kündigt die Polizei ein Strafverfahren wegen Körperverletzung im Amt an.

International Visitors:

This video was shot yesterday in Berlin at the rally "Freedom not fear". 25.000 people attented this demonstration against the ongoing rise of surveillance in public and in the net. There were no outbursts of violence, nor any riots - the only exception being this display of police brutality against obviously peaceful people on the sidelines.

Everyone's entitled to their own opinion regarding this incident.

Update 1: A lawyer brings charges against the police man.
Update 2: In an official statement, the police announces to conduct criminal proceedings and concedes that the video above shows an unproportional use of violence.



° ° °




Freitag, 11. September 2009
Thema: good news
... Roger Corman! Ja, richtig gelesen: Der Gentleman des B- und Exploitationfilms erhält in der kommenden Runde des Hollywood'schen Tingeltangel einen Ehrenoscar für sein Lebenswerk. Und er sei Onkel Roger von Herzen gegönnt: Nicht nur gehören seine Vincent-Price-Filme zum Schönsten, was der Grusel-Farbfilm hervorgebracht hat, auch als Talentschmiede (Nichsolson, Coppola, Bogdanovich, etc.) waren Cormans Studiohallen vielleicht der maßgeblichste Sparring-Ring für das angehende New Hollywood. Von Cormans Rolle als Importeur und Verleiher europäischer Filmkunst in den USA ganz zu schweigen.

Was nun fehlt: Eine revidierte Edition seiner Autobiografie, ergänzt um den Zusatz: How I made a Hundred movies in Hollywood, never lost a Dime and even got away with an Oscar.

[via]





° ° °




Mittwoch, 9. September 2009
Thema: Hinweise
Heute ist beim Perlentaucher ein kleiner Text von mir über den morgen anlaufenden südafrikanischen SF/Horror-Grenzgänger erschienen.


° ° °




Freitag, 4. September 2009
» info: imdb ~ wikipedia (en)
» siehe auch: giallo fever ~ the temple of the matmos
» varia: interview w/ martino ~ la musica dello scorpione


Die Blaupause für den Giallo, den italienischen Slasherfilm, ist unverkennbar Hitchcocks Psycho (und es ist kein Wunder, dass De Palmas Quasi-Remake von Psycho, Dressed to Kill, sich sehr deutlich über den Umweg des Giallos Hitchcocks Film nähert). Häufig entpuppt sich der Killer, in Inversion, überraschend als Frau, das Morden selbst wird innerhalb des Films zur ästhetischen Attraktionsinsel - oder man übernimmt einfach ein Strukturelement des geistigen Vaterfilms: Eine junge Frau, die über Nacht zu viel, sehr viel Geld kommt. Und die, zunächst als Hauptfigur eingeführt, nach etwa einem Drittel der Spieldauer nicht mehr am Leben ist. So geschieht dies in Der Schwanz des Skorpions.

Was folgt, ist, rein als Plot betrachtet, ein leicht hanebüchenes Verwirrspiel um einen Versicherungsdetektiv (George Hilton, hier ausnahmsweise nicht im Staub des Italowesterns), der auf die junge Frau angesetzt war und nun selbst unter Mordverdacht steht, die ermittelnde Polizei und eine französische Journalistin (Anita Strindberg), die sich mit dem Verdächtigen einlässt. Sehr exakt springt der Film zwischen Plot und Mordszene hin und her, ein ums andere verlassen Verdächtige den Film mit den Füßen voran.

Als spannender Whodunnit mag Der Schwanz des Skorpions gewiss nichts taugen (aber ist er, wohlgemerkt, unter den Gialli noch immer einer der kohärensten), seine Stärken liegen jedoch in seiner schier wahnsinnigen Gestaltungswut, seinem Willen zum Stil. Sergio Martino (der mit Der Killer von Wien in zeitlicher Nähe einen noch weit besseren Vertreter des Subgenres vorgelegt hat) verlässt sich kaum auf herkömmliche Perspektiven, fast jede Einstellung sucht das letzte aus dem gegebenen Material herauszuholen: Da wird steil von unten ein Dialog gefilmt, mit Handkamera eine Wendeltreppe hinunter gejagt, da werden die Irritationen von Schaufensterspiegelungen zu einem abstrakten Stück Experimentalfilm. Und nicht zuletzt ist Der Schwanz des Skorpions oft harte, krude primitivistisch, völlig überrumpelnd geschnitten.





Den Gipfel dieses entfesselten, völlig sich selbst genügsamen Manierismus stellt eine Verhörszene dar, deren an einem Tisch sich gegenüber sitzenden Parteien die exakt zwischen ihnen positionierte Kamera völlig überraschend um 90 Grad versetzt hochkant filmt und dabei den wechselnden Dialogzeilen im beherzten Schwung hinterher eilt.



Der Schwanz des Skorpions sticht somit, wie bereits Hitchcock mit seiner Duschszene, sehr geradewegs ins Herz des klassischen Hollywood, dem der Nachvollzug einer in sich geschlossenen Handlung alles, das Bemerkbarwerden der ästhetischen Gestalt hingegen nichts war. Jedes Bild, jede Bewegung in diesem Film zielt darauf, die rein formale Ebene vom Diktat der Plotdienlichkeit zu befreien: Man will bald nicht mehr wissen, wie genau das Verwirrspiel um die Personen nun angeordnet ist (die Lösung schließlich wirkt entsprechend wie einmal laut gejohlt), viel lieber lässt man sich, bald im Sekundentakt, davon überraschen, an welchem Ort als nächstes eine Kamera stehen mag und an welchem nicht.

===================


Der ungeheuerliche italienische Trailer des Films, der ihn ganz einfach so in eine Reihe altvorderer Klassiker der Filmkunst einsortiert.


Eine Kostprobe des Soundtracks von Morricone-Schüler Bruno Nicolai.


° ° °